Werden Prominente im Himmel
bevorzugt?
von Joana Angelides
Es heißt doch immer, vor dem Höchsten Richter sind alle gleich. Doch
als gelernter Mann des Volkes kann man getrost daran zweifeln.
„Da, schau der „Sowieso“ steht da auch auf der Leiter!“ tuscheln die Engel.
Gemeint ist damit die Himmelsleiter. Die vor ihm Stehenden drehen sich
um, die unter ihm recken die Hälse.
Der eine oder andere wird dabei runterfallen, so verrenken sie sich.
Aber das ist ihnen wert, einmal den Prominenten so direkt ins Antlitz zu
schauen.
Natürlich hat er das Lenkrad eines Mercedes in der Hand und nicht eines
vom Volkswagen. Tot ist er zwar auch, aber tot ist nicht gleich tot.
Er kommt direkt aus der Klinik, die anderen aus dem Spital.
Sein Pyjama ist aus Krawatten-Seide, mit
Stecktuch, versteht sich. Und hinter dem
Stecktuch lugt ein goldener Kuli hervor. Man leistet sich ja sonst nix!
Beim Himmelstor wird ihm mehr Aufmerksamkeit geschenkt, als den anderen
dahinter, wie im irdischen Leben.
„Oh, sie sind ja der „Sowieso“, auch schon da?“ Petrus widmet ihm
jedenfalls mehr Zeit als den anderen und er winkt ihm zu, nach oben zu kommen.
Schließlich haben Prominente ja nicht so viel Zeit, wie normal Gestorbene, sind
es nicht gewöhnt, in der Schlange zu warten.
Himmel hin oder her.
Im Hintergrund stehen einige Engel und riskieren den einen oder anderen
Blick auf den prominenten Ankömmling.
Ganz wie im irdischen Leben.
Sicher bekommt er ein schöneres Hemdchen, er ist ja prominent. Auf
jeden Fall auch eine komfortablere Wolke, schließlich ist er ja einen gewissen
Luxus gewöhnt. Bereits reserviert ist eine Wolke im Zentrum, damit Engel ihn
besser sieht, wenn Engel vorbeifliegt. Schließlich waren Engel ja auch einmal
Menschen!
Und ein Parkplatz ist auch schon reserviert, denn Prominente bekommen
auch ein eigenes Himmelsauto. Sollen sie mit den öffentlichen Kometen
mitfahren, am Ende noch am Schweif sitzen?
Himmel hin oder her.
Vielleicht kann man auch einen Blick von ihm erhaschen? Vielleicht
spricht er sogar mit einem?
Es werden sich alle anderen drum reißen in seiner Nähe zu logieren. Sie
werden dann bei den Himmelsbewohnern damit angeben, ihn zu kennen, mit ihm
schon den einen oder anderen Blick gewechselt zu haben.
Natürlich nimmt der prominente Anwärter das alles huldvoll, ja wie
selbstverständlich entgegen, man ist ja schließlich prominent. Will denn keiner
ein Autogramm?
Dass man in den Himmel kam, war ja ausgemachte Sache. Und schon bei Lebzeiten klar. Oder?
Gerechtigkeit hin oder her.
Die Leiter nach oben war zwar voll und alle Sprossen besetzt, aber so
ein paar Ellenbogentricks und ein gestelltes Bein hatten einem dann
schlussendlich doch ein paar Stufen weiterkommen lassen. Das ist Erfahrungssache
und wurde auch im Leben oft angewandt.
Learning by doing!
So blasse Typen, nichtssagend und unbedeutend, aus den unteren Etagen
des Bürohauses haben ja nichts im Himmel verloren, so ein Fußvolk aber auch!
Man müßte dringend telefonieren, Frau und süßes Häschen anrufen! Aber
weit und breit kein Telefon und das Handy liegt im Auto.
Auch in dem Flugzettel, den man beim Besteigen der Leiter bekommen hat,
steht nichts von einem Telefon. Kontaktaufnahme ist sowieso verboten, bzw. wird so schwer gemacht, dass man es gar nicht
erst versuchen soll. Da sollte man intervenieren, wozu ist man denn prominent!
Oh, da bemühen sich ja ganz reizende Engelhäschen um den Prominenten,
sie schubsen und stützen ihn, strahlen ihn an, fast wie auf Erden!
Jaaaa, schaut gut aus, eine Obstschale zur Begrüßung auf der
Wolke. Eine VIP- Karte für besondere
Räume, und auch schon Einladungen zum Treffen einiger aus dem Hochadel.
Die sind auch da? Naja.
Was tut sich denn da drüben?
Laute Musik und Spots, Engel jede Menge und ein reichhaltiges Buffet.
Nicht für jedermann, nur für Musikstars. Die sterben schließlich auch
irgendwann einmal. Ob sie selbst es glauben oder nicht.
Elvis, John oder Karajan.
Also, wenn man nicht Prominenter ist, dann wartet man auf der Leiter,
still und geduldig, bis man drankommt, nimmt sein Hemdchen, die Herrgotts-Schlapfen
und die Flügel entgegen und wartet wieder geduldig, bis man eine Wolke
zugewiesen bekommt. Ohne Obstschale und keiner VIP-Karte natürlich.
Genauso hat man es erwartet, man ist ja schließlich nicht prominent.
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