TAGEBUCHEINTRAG, ERSTER TAG
DUNKELBLAUE NÄCHTE
Liebster,
ich hoffe sehr, dein Flug war angenehm und du bist gut angekommen. Den ganzen
Tag habe ich an dich gedacht. Trotzdem im Büro heute wieder alles so hektisch
war.
Du
bist nun so weit weg und das mit dem Telefonieren ist auch sehr schwierig, wie
sich heute herausgestellt hat. Die Zeitverschiebung tut dann das Übrige und ich
vergehe vor Sehnsucht nach deiner Stimme, einer Berührung von dir.
Wenn
ich nun zu Bett gehe und der Platz neben mir wird leer sein, werde ich mich
zusammenrollen und die Augen schließen.
Meine
Fantasie und auch teilweise meine Erinnerung an die vergangenen Nächte mit dir werden
mir dann die schönsten Bilder vorgaukeln.
Es ist so, dass Liebende natürlich immer das Bedürfnis
haben, sich nahe zu sein. Ich, z.b., will im Halbdunkel deine Hände auf meiner
Haut spüren, deinen Atem im Gesicht, am Hals und zwischen dem Haaransatz und
dem Nacken. Dort stellen sich dann meine ganz feinen Haare auf und erzeugen ein
kribbelndes Gefühl und die Kopfhaut zieht sich zusammen. So ist das immer wieder
bei mir.
Dann werde ich meine
Augen schließen und spüren, wie deine gespreizten Finger in meinem Haar langsam
versinken. Wie du es immer wieder so zärtlich machst! Deine Fingerkuppen
berühren dann imaginär meine Kopfhaut und tausend Sterne werden hinter meinen
geschlossenen Augenlidern aufglühen.
Dann werde ich deinen sinnlichen Mund auf meiner Haut
nach meinen Lippen suchend spüren, sie werden über meine Wangen streichen und
ich öffne schon, noch bevor du ganz dort bist, meine Lippen
erwartungsvoll. Die Spannung wird fast
unerträglich sein!
Ich
werde mir dann vorstellen, du siehst mir in die Augen, ganz tief und erforscht
meine Gefühle, meine Empfindungen. Dann werde ich mich nach deinen
Fingerspitzen sehnen, auch nach deinen Fingerkuppen, die meinen Körper
erforschen, jede Regung registrieren. Die tief in meine Erregung tauchen und
mich so lange behutsam berühren, bis ich zu seufzen beginne. Dann werde ich
deine Haut mit meinen Lippen berühren, dich ebenfalls zum erzittern bringen,
deine Erregung, dein Begehren spüren.
Ich
werde mir vorstellen, dass sich unsere Körper erwärmen werden, der Duft unserer
Haut sich vereinen wird, und sie sich aneinander reiben werden und es in
Gedanken genießen.
Meine
Gefühle werden langsam von meinem ganzen Körper Besitz ergreifen und mich zum
Wahnsinn treiben, mich auf eine ungeahnte Höhe heben, mir den dunklen Himmel
mit abertausenden Sternen zeigen und mich sterben lassen, wie einen schwarzen
Stern. Doch vorher werde ich in das Universum eintauchen und in einem
Sternenschauer verglühen.
Dann
werde ich mir wünschen, dass du mich wie immer sanft in den Arm nimmst.
Ich würde heute abend
so gerne mit dir hier irgendwo sitzen, angelehnt an die Kacheln des Kamins im
Wohnzimmer oder an unserem großen Kuschel-Polster, über dieses und jenes
sprechen, mit dir flüstern. Ich würde gerne die Wärme deines Brustkorbes
spüren, deine Arme um mich herumgeschlagen und vielleicht zu unseren Füßen wie
immer, zwei Gläser mit Rotwein stehen haben. Wir könnten über den heutigen Tag
sprechen, über irgendwelche Ereignisse lachen und dann wieder schweigen oder
uns küssen.
Irgendwann würden wir
dann zu Bett gehen.
Die Nächte, in denen
wir zusammen die Weichheit und Tiefe der Gefühle ausloten, gehen in die
Ewigkeit unserer Empfindungen ein, sie bleiben uns in Erinnerung. Wir erinnern
uns dann nicht an jede einzelne Nacht, doch es sind einzelne Schleier des
Glückes, die für uns die Abschirmung nach Außen bilden, die das Häßliche
abwehren und nur uns Liebenden gehört.
Diese Schleier bilden
für mich ein dunkelblaues Zelt, spitz zulaufend nach oben, die Seitenwände
bewegen sich im Wind und doch sind wir sind abgeschirmt gegen neugierige Blicke
von außen. Aber auch wir können nicht sehen, was sich draußen abspielt und
wollen es auch gar nicht.
Du weißt, für mich
ist die Farbe Blau in allen Schattierungen, eine sehr wichtige Farbe. Die Tage
sind hellblau, mit einigen weißen Wolken, denen man seine Träume mitgeben kann.
Die Wolken zerrinnen dann am Himmel und die Träume sind weg, oder sie haben ihr
Ziel erreicht. Die Nächte jedoch sind dunkelblau, weich und mit Sternen
übersät, die geheimnisvoll, verheißungsvoll blinken und diese Unendlichkeit in
Blau ist wie eine Decke, die alles zudeckt. Sie läßt immer alle Dinge in diesem
unseren halbdunklen Raum nur als Schatten erscheinen, alles Grelle und Harte
erscheint uns weit weg.
In diesem dunklen
Blau der Nacht können wir unsere Gedanken und Wünsche ausbreiten, wir können
mit den Fingerspitzen Körper berühren, darüberstreichen, die nur in unserer
Phantasie existieren. Wenn du da bist, haben wir das Glück, dass sie
tatsächlich und real sind.
Ich stelle mir auch
vor, ich werde dein Gesicht mit der Innenseite meiner geöffneten Hände berühren
und dich ganz zu mir ziehen, um dir ganz nahe zu sein. Ich werde mich heute
Nacht in Gedanken immer wieder in deine Arme begeben und den Tag ausklingen
lassen, ich zwinge den Traum meinen Wünschen zu folgen.
Ich, dein Pfauenauge,
liebe Dich
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