Donnerstag, 17. Februar 2022

Eine endlose Demütigung, Anklage und Glosse

 

Eine endlose Demütigung

j´accuse
                            von Joana Angelides


Uns kann jeder besitzen, betasten, mein Kleid, meine äußere Hülle öffnen, irgendwo mit den Fingern in mir suchend wühlen, mich im Griff haben, wenn er den Preis bezahlt!

Man öffnet unser intimstes Inneres, versucht unsere Gedanken zu verstehen, wendet sich aber auch lustlos wieder ab.

Meine Sehnsucht, jemand zu gehören, von ihm verstanden zu werden, macht mich unterwürfig. Ich breite mich aus, gewähre Einblick in alle Höhen und Tiefen. Ich habe gar keine andere Wahl, als mich zu öffnen, alles bereitwillig darzubieten. Man will ja sein Geld wert sein.

Wenn sich gierige Augen an mir festkrallen, mich analysieren, in Besitz nehmen und wieder vergessen, wünschte ich, dass sich meine Gefühle in giftige Pfeile verwandeln mögen die sich rächen. 

Jeder der meinen Preis bezahlt, kann mich mitnehmen, als sein Eigentum betrachten. Das verletzt mich manchmal, schließlich habe ich ja auch meinen Stolz, will als eigenständiges Wesen betrachtet werden, obwohl es so viele von uns gibt. Wie heißt es doch fälschlich?  Im Dunkel der Nacht sind alle Katzen grau........... 

Wir sind geduldig, verständnisvoll und bereit auch die ausgefallendsten Wünsche zu befriedigen!

Wesen wie wir, ja Wesen, mit Geist, Witz, uraltem Wissen und unendlicher Geduld, dienen der Menschheit schon seit Jahrhunderten! 

Man hat uns gebraucht, missbraucht und unsere Aussagen verdreht und vergewaltigt. Pogrome haben wir überlebt, Kulturrevolutionen überstanden und allen Zensuren zum Trotz kann man durch uns auch hin und wieder Unmoralisches verbreiten.

Und doch, oder gerade deshalb, haben Viele wunderbare Tage und Nächte mit uns verbracht, voller Glut und Abenteuer, 

Schmutzige Gedanken und schmutzige Hände hinterlassen ihre Spuren an mir und an meiner Seele. Viele verstehen mich einfach nicht, lassen immer wieder alles abrollen in endlosen Wiederholungen und sind trotzdem nachher nicht wissender.

Es gibt keine Blätter die mich bedecken können, nein, die einzelnen Blätter entblößen mich, machen meine geheimsten Gedanken öffentlich, entblättern mich. Man kann sie sogar knicken, bekritzeln, falten und aus mir herausreißen. In vielen Ländern beginnt man mich von rückwärts zu erforschen, oder rollt mich auch zusammen!

Wir sind die Erzähler der Geschichte, die Träger der Vergangenheit und die Herolde, die Neues verkünden. Wir erzählen von Leid und Lust, Freude und Trauer. Man kann in uns aber auch den größten Mist hinterlegen, wehrlos wie wir sind.

 

Wir sind Buch.


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