Mittwoch, 7. April 2021

Patient gestorben, Satire

 

Patient gestorben.

von Joana Angelides

 


Es wäre natürlich interessant zu wissen, woran ich gestorben bin.
Ins Spital eingeliefert wurde ich an einem Samstagnachmittag mit Schmerzen in der Magengegend. Was Genaues wußte man nicht, man hat mich durchleuchtet, abgehorcht und abgeklopft. Ich sehe noch immer den ratlosen Blick des Arztes und das bedeutungsvolle Hinaufrutschen der linken Augenbraue.

Die Schmerzen hatte ich danach immer noch.

Dann wurde ich stationär aufgenommen und in ein Bett gelegt. Man kommt sich gleich viel kränker vor, wenn man in einem Bett liegt.
An das Bett wird eine Tafel angehängt und geheimnisvolle Zeichen und Zahlen werden darauf geschrieben. Damit ich nicht verloren gehe, bekam ich ein Armband aus Plastik mit Name, Spital und Station drauf geschrieben. Also registriert wie ein Paket in der Paketaufbewahrung.
Besonders beruhigend ist, dass das Spital drauf steht. Denn es könnte ja sein, dass man irrtümlich in einem Krankenwagen landet, der dann in der ganzen Stadt herumirrt, weil man nicht weiß, wohin der Patient gehört. Das könnte Tage dauern. Ob ich jemand abgehen würde?
Dann kam eine kleine süße Schwester, eine so genannte Karbolmaus, mit Mandelaugen und lispelnd und stellte mir viele Fragen, deren Beantwortung sie in einen Bogen eintrug.

Die Schmerzen hatte ich immer noch.

Danach kam ein Arzt und begann mir neuerlich Fragen zu stellen. Er zählte meinen Puls, las meinen Blutdruck ab und ging wieder. Hoffentlich haben ihm die Resultate gefallen, gesagt hat er nichts. ich habe nicht gefragt. Man will ja schließlich nicht negativ auffallen.
Nach einer Weile kommt eine Schwester, schaut auf die Tafel am Fußende des Bettes und will meine Bettdecke wegziehen, da ich ein Klistier bekommen soll.
Ich verweigere dies. Warum auch soll ich zustimmen?
Nach neuerlicher Kontrolle der Tafel stellte sie fest, dass der Vorname nicht stimmt. Es gab
scheinbar noch einen Herrn Berger auf der Station. Ich vergönnte ihm das Klistier.

Die Schmerzen sind ärger geworden.

Ich läutete der Schwester, die diesmal ohne Klistier hereinkam und erklärte ihr meine Schmerzen. Sie lächelt und kommt ein wenig später mit einer Infusionsflasche herein. Sicherlich hat sie sich in der Zwischenzeit die Hände gewaschen. Sie hängte diese an den über mir hängenden Galgen.
"Der Doktor kommt gleich und hängt Ihnen die Infusion an“
Diesen Satz kenne ich von meinem Stammlokal.
„Kollege kommt gleich“, heißt es da auch immer. Ich wartete.

Die Schmerzen sind unverändert.

Die abendliche Visite ergab auch nichts Besonderes. Der Chefarzt nahm die Tafel vom Ende des Bettes und murmelte mit dem Assistenzarzt einige beiläufige Sätze. Eigentlich wollte ich fragen, was mir fehlt, doch am Samstagabend wird sich das wohl nicht klären lassen.
Nachher bekamen wir das völlig geschmacklose Abendessen serviert, die Frage nach einem Salzstreuer wurde mit einem Kopfschütteln quittiert. Eigentlich wollte ich aber gar kein Diätessen.

Die Schmerzen haben inzwischen Dank der Infusion, nachgelassen.

Vielleicht wäre es besser die Ursache zu bekämpfen, anstatt der Wirkung. Doch mit wem sollte man das diskutieren?
Durch die offene Türe drangen plötzlich laute Stimmen herein, einige Schwestern liefen vorbei und schoben einen Notfall-Wagen. Hektik war ausgebrochen. Dann plötzlich Stille.
Die restliche Nacht war sehr ruhig, nur hin und wieder hörte man das leise Geräusch der Summer, wenn jemand die Schwester rief.

Gegen Morgengrauen kamen meine Schmerzen wieder zurück.

Sie waren hartnäckig und so eine läppische Infusion konnten sie nicht dauerhaft vertreiben.
Ich läutete panisch nach der Schwester. Sie kam fast sofort. Ich wurde nochmals untersucht und danach brach auch hier die Panik aus. In meinem Bett liegend wurde ich den Gang entlang gefahren. Die Beleuchtung lief über mir hinweg, das grelle Licht des Operationssaales tat mir in den Augen weh. Der Arzt von gestern Abend schaut mich besorgt an und versuchte zu lächeln. Ich schloß meine Augen und nahm nur mehr sehr vage die Narkosemaske auf meinem Gesicht wahr.

Die Schmerzen waren weg.

Ich fand mich wieder in einem großen Raum, rundherum weiße Polster und gleißendes Licht.
Nachdem ich wieder einige Fragen beantworten mußte, einige Formulare ausfüllen und mir eine kleine freundliche Person das Plastikband mit Nummer von der großen Zehe abschnitt, wurde ich hinausgeschickt und durfte mir eine Wolke aussuchen.
Ich nahm die Wolke neben der von Herrn Berger, meinem Namensvetter, den ich ja schon aus dem Spital kannte und mit dem ich fast ein Klistier geteilt hätte!
Wir sind offenbar beide tot!

Leider weiß ich noch immer nicht, woran ich eigentlich gestorben bin!

 

Aufgeblüht, amüsante Kurzgeschichte

 

Aufgeblüht

von Joana Angelides




 

Ich war schon sehr gespannt, was Tante Olga so dringend mit mir besprechen wollte.  Auch, warum sie es am Telefon nicht einmal andeuten konnte.

Ich parkte meinen Wagen vor der Villa, links von der Treppe. Offenbar war ich nicht der einzige Gast von Tante Olga. Abschätzend betrachtete ich den alten Ford rechts von mir und kam zu dem Resultat, dass sein Besitzer sicher nicht viele Geldmittel zur Verfügung haben dürfte, oder aber ein Snob war.

Ich eilte die wenigen Stufen der Treppe hinauf und läutete drei Mal. Das tat ich immer bei Tante Olga, dann wusste sie immer, dass ich es war.

Sie öffnete nach wenigen Augenblicken die Türe und bat mich rein.

Im Vorraum sah ich schon diesen fremden Mantel und einen überdimensionalen schwarzen Schirm.

Als wir das Wohnzimmer betraten, sah ich ihn. Er war ein sehr hagerer, groß gewachsener älterer Mann mit einem Schnurbart und Brille.

„Darf ich dir Herrn Gröbner vorstellen, er arbeitet für mich. Das ist meine Nichte Anna!“

Ich nickte Herrn Gröbner zu und streckte ihm meine Hand entgegen, die er elegant nahm und gekonnt einen Handkuss darauf andeutete.

Wir nahmen Platz und Tante Olga servierte Tee.

Nach einem kurzen belanglosen Small-Talk kam Tante Olga unmittelbar zum Grund ihrer Einladung.

„Hattest du in letzter Zeit Kontakt mit deinem Vater?“

 Diese Frage traf mich unerwartet. Seit dem Tode meiner Mutter lebte er sehr zurück gezogen und ließ keine Annäherung zu.  Wir telefonierten sporadisch miteinander, sahen uns nur zu den großen Feiertagen.

„Kann man nicht so einfach sagen, er ist sehr verschlossen und ich habe auch sehr wenig Zeit“, versuchte ich mich irgendwie besser dastehen zu lassen.

„Dein Vater, mein Bruder, ist eben dabei, den guten Ruf unserer Familie aufs Spiel zu setzen, er will, glaube ich, eine um dreißig Jahre jüngere, unglaublich blonde Frau heiraten, die keiner kennt. Eine Frau aus dem Nichts, sozusagen!“

Also, das überraschte mich doch sehr! Ich hatte ja keine Ahnung, dass Papa in dieser Richtung unterwegs war. Ich hüstelte und hielt mir die Hand vor den Mund, damit Tante Olga mein amüsiertes Lächeln nicht sehen konnte.

„Also, lass ihn doch. Es macht ihn sicher glücklich. Kennst du sie denn?“

„Nein, ich kenne sie nicht, will sie auch gar nicht kennen lernen! In seinem Alter, das ist ja skandalös!“

„Was heißt, in seinem Alter, Tante Olga! Er ist kaum über sechzig, sieht gut aus, ist fit und gesund, also ich gönne ihm das aus vollem Herzen.“

Sie starrte mich an, als würde sie mich jeden Moment ermorden wollen. Dann nippte sie an ihrem Tee.

„Ich bin sogar um zwei Jahre jünger als er, aber mir fällt so was nicht ein. Ich könnte meinem Gustav, Gott habe ihn selig, das nicht zumuten.“

Sie hob leicht den Kopf an und rümpfte ihre Nase und rückte das Bild des seligen Onkel Gustav ein wenig am Tisch hin und her. Die kleine Haarsträhne die sich aus ihrem streng nach rückwärts gekämmten Haar gelöst hatte, steckte sie wieder fest.

„Sind eben nicht alle Menschen gleich, Tante Olga. Darf doch jeder nach seiner Facon leben. Am besten du wartest einmal ab und bittest Papa, dir die Dame vorzustellen.“

Tante Olga nippte wieder an ihrem Tee. Ich hatte sie im Verdacht, sie benützte diese kleinen Pausen um nachzudenken.

„Ich werde nicht zuwarten, ich werde etwas unternehmen, wenn du schon nichts zu tun gewillt bist.“

Ich wusste nicht, was ich da unternehmen sollte und wollte es auch gar nicht. Eigentlich freute ich mich für Papa.

Sie wandte sich nun „Herrn Gröbner“ zu und legte ihre Hand vertrauensvoll auf seinen Arm.

„Ich habe Herrn Gröbner, er ist Privatdetektiv, nun beauftragt, diese Dame zu durchleuchten. Ich will alles aus ihrer Vergangenheit wissen und werde diese Informationen dann deinem Vater zukommen lassen.“

„Also Tante Olga, das wirst du nicht tun. Ich finde das ungeheuerlich. Ich verbiete dir das!“

„Zu spät. Herr Gröbner hat bereits begonnen und einiges erfahren! Hier ist der Akt und du kannst ruhig reinschauen.“

„Nein danke. Ich werde das keinesfalls tun und du solltest diese Unterlagen sofort vernichten.“

Für mich war das Gespräch erledigt und ich erhob mich.

„Tante Olga, Herr Gröbner, ihr entschuldigt mich. Ich habe noch einen Termin.“

Mit diesen Worten verließ ich das Haus von Tante Olga und nahm mir vor, es so bald nicht wieder zu betreten.

Am Rückweg überlegte ich fieberhaft, ob ich Papa anrufen, ihn einfach fragen sollte, was es damit auf sich hatte. Doch ich kam zu dem Entschluss, mich nicht einzumischen, den Dingen ihren Lauf zu lassen.

Ich traf Papa in der Folge einmal in einer Galerie, anlässlich einer Gemäldeausstellung. Die Dame an seiner Seite war allerdings rothaarig und nicht ganz so jung, wie sie Tante Olga beschrieben hatte. Das nächste Mal traf ich ihn in der Pause eines Konzerts, ebenfalls in Begleitung, allerdings war die Dame nun schwarzhaarig und fast so alt wie Papa.

Ich warf Papa einen belustigten Blick zu und er zwinkerte fast unsichtbar mit seinem linken Auge und lächelte mir zu.

Langsam begann mich das Spiel zu amüsieren. Papa schien sein Leben zu genießen und Tante Olga ihm das zu missgönnen.

So weit so gut.

Doch plötzlich überstürzten sich die Ereignisse

An einem wieder einmal hektischen Morgen, klingelte das Telefon und Papa war am Apparat.

„Können wir uns zum Mittagessen treffen, wir haben etwas sehr Wichtiges zu besprechen!“

Natürlich war ich sofort Feuer und Flamme, ich würde sicher endlich erfahren, welche der drei Begleiterinnen Papa nun ehelichen wird. Ich stellte mir schon das empörte Gesicht von Tante Olga vor.

Wir trafen uns auf der Terrasse des Schlosshotels. Man hatte einen wunderbaren Blick auf den See.  Die Bäume warfen ihre Schatten auf die Wasseroberfläche, die kleinen Boote zogen ihre Spur darauf. Es war ein wundervoller Frühsommertag.

Papa sah umwerfend aus. Er sprühte vor Lebensfreude, lächelte mir entspannt zu und rückte meinen Stuhl zurecht.

Da kam die unerwartete Frage:

„Wann hast du denn zuletzt Tante Olga gesehen?“

Ich spürte, wie zarte Röte mein Gesicht überzog. Ich hätte Papa die schändlichen Versuche von Tante Olga, sein Privatleben zu erschnüffeln, gerne verheimlicht.

„Vor ca. vier Wochen, aber Papa……“, ich wollte weitersprechen, doch Papa winkte ab.

„Da wirst du sie ja heute gar nicht wiedererkennen, schau da kommt sie schon!“ Er winkte mit der Hand und als meine Blicke dieser Hand folgten, erkannte ich Tante Olga.

Sie hatte ein weit schwingendes Sommerkleid an und einen entzückenden Hut auf einer neuen Frisur und stützte sich am Arm „Herrn Gröbner´s“ ab.

Papa flüsterte in mein Ohr:

„Sie wird heiraten, stell dir das vor! Meine Schwester wird heiraten!“

Ihn amüsierte es sichtlich, ich dagegen war sprachlos.

Das Mittagessen begann ein wenig verkrampft, doch im Laufe der Unterhaltung löste sich die Verkrampfung und es wurde ein angenehmes Treffen.

Tante Olga verteidigte das Recht von Menschen auch wenn sie schon etwas älter waren, sich wieder zu verheiraten. Man hat ja schließlich nur ein Leben!

Wir gaben ihr Recht und gratulierten den beiden herzlich.

Als sich Tante Olga und „Herr Gröbner“ verabschiedeten, flüsterte sie mir ein „Danke“ ins Ohr und drückt meine Hand.

„Jaja, mein Kind, ich liebe das Unerwartete!“ sagte Papa und griff zum Telefon. Aus dem Gespräch war leider die Haarfarbe der Dame, mit der er sprach, nicht ersichtlich.

 

 

 

 

 

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