Gegenwart und Vergangenheit
von Joana Angelides
Brief an einen Freund
Erinnerst du dich
an die Debatte unter uns Freunden vom Sonntag über das Thema, wie schlecht die
Zeiten nun sind? Und dass man Angst vor der Zukunft haben muss?
Wie angekündigt,
schreibe dir mal meine Überlegungen dazu, da ich bei einer solchen Übermacht
von negativen Meinungen und Stimmungen mich nicht exponieren wollte. Du weißt
ja, wenn polemische Aussagen kommen, ist man meist im Nachteil, weil sie nicht
so leicht zu widerlegen sind.
Ich für meinen Teil
finde, dass die Zeit nun für das einzelne Individuum in unserem Lebensraum noch
nie besser war!
Man muß ja auch
anerkennen, dass der Mensch noch nie einen solchen Wert hatte, wie heute. Niedergeschrieben und gesetzlich verankert in
vielen Ländern, wie das in der Praxis aussieht ist eine andere Sache!
Ich erinnere da nur
an die Zeiten, wo es Feudalherren, Klerus und imperiale Strukturen gab, von da
abwärts der Einzelne mehr oder weniger ein 'Ding' war, das man töten, verkaufen
oder schinden konnte. Heute sind in allen Demokratien und Verfassungen die
Menschenrechte festgeschrieben! Zumindest per jure! Das es sich leider in der
Praxis nicht so klar abspielt ist leider erwiesen. Aber es gibt sie, die
Gesetze! Was ja in früheren Zeiten eben nicht so war.
Ich weiß nicht, ob du
Ken Follet kennst? Einen englischen Schriftsteller. Der hat unter anderem das
Buch 'Die Säulen der Erde' geschrieben. Die Handlung spielt im 11-12, Jhdt. Da
wird einem klar, in welchem Horror-Szenarium die Menschen damals gelebt haben.
Hunger und Verzweiflung waren an der Tagesordnung. Und trotzdem haben sie
gigantische Kathedralen gebaut, Bauwerke in jahrzehntelanger Schinderei
geschaffen. Aber um welchen Preis!
Wir brauchen aber gar
nicht so weit zurückzugehen. Du kennst sicher 'Die Weber' von Hauptmann? Über
die böhmischen Tuchweber? Mit welcher Brutalität die ausgenutzt wurden?
Noch im vorigen
Jahrhundert waren Arbeiter, Saisonarbeiter oder Knechte und Mägde in der
Landwirtschaft Eigentum des Bauern. Oder die sogenannten 'Schwabenkinder',
verkauft ab 7 Jahren in die Fremde zur Fronarbeit? Die Liste ist lange......
Das alles hat sich,
zumindest in unserem Kulturkreis, weitgehend aufgelöst. Leider gibt es das und
Ärgeres in den Ländern der zweiten und dritten Welt noch immer. Doch die
Hoffnung ist das Letzte das stirbt.
Man konnte früher
nicht von einer Provinz in die andere reisen, ohne gewiss zu sein, überfallen
zu werden. Ich weiß, gibt es heute auch, lach, aber da sind wir uns doch einig,
dass das eine andere Dimension hat.
Oder nehmen wir die
Medizin. Über diese Fortschritte und unsere Lebenserwartungen brauchen wir
nicht zu diskutieren.
Daher finde ich, dass
wir in einer wundervollen Zeit leben!
Ich weiß ja auch, dass
die Zeiten für viele schlecht sind. Doch sind nicht viele, nicht alle
natürlich, oft selbst schuld, wenn sie abrutschen, nicht Fuß fassen? Viele
Menschen fahren Autos, manche Familien haben zwei oder drei. Sie können auf
Urlaub fahren, haben ein warmes Heim mit allen möglichen Finessen. Das zählt
für mich auch als Vorteil unserer Zeit. Vor allem muß allen klar sein, dass Bildung für alle das Zauberwort ist.
Wissen ist Macht, ist
ein wichtiges Dogma, finde ich und sicher du auch, lach
Dass wir, in der
Festung Europa nun bedroht sind vom Elend und Gier von 'draußen', ist leider
eine Tatsache, doch war das immer schon so. Einmal waren es die Hunnen, lach,
dann wieder irgendwelche Horden.….
Wir liegen nun da,
wie die Schlange vor dem Mungo, gegenüber dem Haß der Fundamentalisten, daraus
müssen wir uns befreien!
Also, ich glaube an
den Überlebenswille unserer Zivilisation und unserer Kultur und hoffe auch, dass
wir über kurz oder lang, eher langfristig, diese Probleme lösen werden.
Wer hat uns denn die
Garantie gegeben, dass alles für immer schön bleibt und wir nie Probleme haben
werden? Gerade in schlechten Zeiten, oder für Völker in der Diaspora, ist der
Zusammenhalt wichtig.
Naja, da könnte man
noch seitenlang schreiben!!
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