Freitag, 12. Juli 2019

Ein Mann und sein Papagei, Humor


Ein Mann und sein Papagei

von Joana Angelides

Es war ein anstrengender Tag. Schon die Fahrt in die Stadt mit dem Bus war eine Zumutung. Wie immer kam er viel zu spät, die Menschen drängten beim Einsteigen und Körperkontakte waren unvermeidlich.

Wobei ich es auch als unerwünschten Körperkontakt betrachte, wenn diverse Gerüche sich mischen und als Belästigung meine Nase beleidigen.

Das von mir aufgesuchte Geschäft stand da den Gerüchen im Bus in keiner Weise nach, vermittelte sogar ähnliche Eindrücke und auch die Geräusche die Hunde, Katzen und diverse Vögel erzeugen, sind fast der Geräuschkulisse im Bus nachempfunden.

Aber ich habe gefunden, was ich suchte.
Ich kann nun einen großen, bunten Papagei, der mehrere Sprachen spricht, mein Eigen nennen. Ich brauche einen Dolmetsch, der mir zu jeder Zeit zur Verfügung seht.

Der Verkäufer hatte sofort verstanden, was ich suchte!
Nach seinen Angaben, hatte er ein Prachtexemplar von einem Papagei in seinen Bestand und natürlich sprach er einige Sprachen, wie der Verkäufer, namens Gonzales, mir versicherte. Und da saß er nun, ein Prachtexemplar in Rot, Grün und Blau. Ich konnte nicht umhin, ihn unter seinem Schnabel zu kraulen.
Sofort erwiderte er meine Zärtlichkeit entsprechend.

Gonzales hat dann meinen rechten Zeigefinger mehr oder minder fachgerecht verbunden, nach dem der liebe sympathische Vogel sofort geschnappt hat. Ich muss eben das nächste Mail schneller sein, empfahl der Verkäufer.


„Sagen Sie Guten Tag in einigen Sprachen“, zwinkerte er mir zu, „er wird es sofort richtig übersetzen!“

„Buenas Dias“, sagte ich bedächtig, mit meinen spärlichen spanischen Sprachkenntnissen, damit er es auch versteht.

„Guten Tag!“

Na, das hat ja geklappt.

„Bonjour“, mein Französisch klang perfekt.

„Guten Tag!“ Ohja, das kam ja prompt.

„Buon Giorno“, ich klang wie ein Römer

Der Vogel zögerte leicht, doch dann kam es prompt:

„Guten Tag!“


„Good morning, how are you?“  In Englisch bin ich auch sehr versiert.

„Guten Tag!“   Der Vogel auch, wie es scheint.


„Ja, ich sehe, er ist wirklich perfekt, ich nehme ihn!“

Ich legte ein kleines Vermögen hin. Aber ich bekam dafür einen Papagei, der vier Sprachen spricht, einen voluminösen Käfig, zwei Säcke mit verschiedenen Kernen und Mischfutter, eine lange Kette und ein pultartiges Gestell, auf dem der Vogel gerne sitzt, wie mir Gonzales versicherte.
Dass der Vogel so viele Dinge benötigt, damit habe ich nicht gerechnet.
Aber immerhin, er spricht ja vier Sprachen.
„Sagen Sie, hat er auch schon einen Namen?“ 
„Ja, er heißt Sokrates!“ Sagte Gonzales.

Ich ließ mir ein Taxi rufen, denn mit all diesen Dingen im Bus zu fahren, schien mir nun doch sehr gewagt.

Nachdem alles unter den ängstlichen Blicken des spanischen Chauffeurs verstaut war, nahmen ich und Sokrates auf dem Rücksitz Platz.

„Ich hoffe, er ist nicht unruhig da rückwärts? Hat sie das blöde Vieh gebissen?“.  Der Chauffeur klang mitfühlend, er hatte meine verbundene Hand erst jetzt bemerkt. Fast alle Taxichauffeure können hier Deutsch, gut für den Tourismus!

„Guten Tag, Scheißkerl!“  Ja, das hatte er nun davon, wenn er einen Vogel der vier Sprachen spricht, beleidigt.

Naja, wenn er so beschimpft wird, muss er sich ja wehren. Aber wir werden da ein anderes Wort lernen.

Ich sah Sokrates missbilligend tief in sein, mir zugewandtes Auge.

„Guten Tag, Scheißkerl!“

Ich nehme nicht an, dass er mich damit meinte, senkte aber meinen Blick, um ihn nicht noch mehr zu reizen.
Die Ampel zeigte Rot und der Polizist hob die linke Hand, um uns zu stoppen. Irgend etwas musste meinen Dolmetsch aber doch sehr gereizt haben. Er trippelte am Rücksitz zum rechten Fenster, spreizte seine Flügel und schrie laut und kreischend:

„Guten Tag, Scheißkerl!“

Ich denke, der Polizist kann auch Deutsch. Jedenfalls hat er sich die Autonummer notiert und der Chauffeur schloss das hintere Fenster.

„Guten Tag, Scheißkerl!“ 

Also, ich werde mit Gonzales telefonieren und mich beschweren. Er sollte nur übersetzen und nicht selbst Worte kreieren.

„Sei ruhig Sokrates, wir bekommen sonst Probleme!“ Ich hob den Zeigefinger meiner unverletzten Hand und zog sie aber rasch wieder zurück, denn Sokrates kam ihm mit seinem starken, gebogenen Schnabel sehr nahe.

Der Fahrpreis war entsprechend hoch. Ich vermute, der Chauffeur hat die zu erwartende Geldstrafe gleich mitgerechnet.

Rositta, meine Perle, schlug beide Hände zusammen, als sie Sokrates sah.

„Senior, der wird den ganzen Tag kreischen und die Körner durch die Gegend spucken, ich kenne das von meiner Schwester, die hat auch so ein Untier!“

Das hätte sie nicht sagen sollen.
Sokrates breitete beide Flügel aus, sein Kopf fuhr nach vorne und er kreischte laut:

„Guten Tag, Xanthype!“ Also, gebildet war er schon, mein Sokrates, oder war es sein verschüttetes Trauma?

Meine Perle war ich los, sie hatte das für einen Fluch gehalten. Sie wußte nicht, dass er zu allen weiblichen Wesen Xanthype sagt und zu allen männlichen Scheißkerl.

Aber er sagte immer vorher Guten Tag. 

Das waren aber auch die einzigen Worte, die er konnte.

Ich muss mich nun noch sehr bemühen, den Sprachschatz von Sokrates, dem Papagei mit den vier Sprachen, auszubauen.

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Dialog mit einem Vampir, Groteske


Dialog mit einem Vampir

von Joana Angelides



"Ist hier jemand?"

"Nein"

"Oh! Wo ist denn hier der Lichtschalter?"

"Gibt’s keinen, brauchst Du nicht erst zu suchen!"

"Wer bist Du?"

"Bin gar nicht da!"

"So ein Blödsinn!"

"Doch. Für Dich bin ich nicht da. Lebe schon zweihundert Jahre hier, brauche kein Licht"

"Zweihundert Jahre??? Du bist der Schlossgeist! Und ich kenne Dich gar nicht? Ich bin der Schutzengel für dieses Schloss".

"Nein, der Hausvampir! Ein Engel? Brauchen wir hier nicht!"

"Oh Gott! Ich will raus!!"

"Jetzt bleibe einmal da. Welche Blutgruppe hast Du denn?"

"Lass mich ja in Ruhe, ich habe mich nur verirrt!“

"Haben die Anderen auch gesagt! Dann hat es ihnen hier eine Weile gefallen."

"Die Anderen? Waren das auch Engel? Wo sind denn die Anderen nun?"
"Nein, ich glaube, Du bist mein erster Engel! Keine Ahnung wo die anderen sind, ich glaube einer ist in Ägypten, weil es dort auch nachts warm ist und ein anderer ist nach England gegangen, dem gefallen die Schlösser dort besser."

"Und warum bist du nicht mitgegangen, anstatt hier herumzuspuken!?"

"Ich warte auf Leute wie Dich, zur Blutauffrischung! Außerdem bin ich sehr heimatverbunden, kenne mich hier in diesem Schloss, so nach zweihundert Jahren schon aus. Obwohl sie es jetzt zu einem Hotel umgebaut haben. Jetzt ist auch nachts keine Ruhe hier und die Hotelgäste haben oft soviel Alkohol im Blut, das man kann es gar nicht richtig genießen kann, ich bin nämlich Antialkoholiker."

"Ich kann gar kein Vampir werden,  Oder? Ich will raus!! Wo geht’s denn hier raus!?"

"Bleib´ doch hier, überlege, bei den Preisen des Hotels hast Du hier kostenloses Logis, Jahrhunderte lang. Du musst nur die Sicherung raus schrauben und hier warten, bis sich einer im Weinkeller verirrt. So wie ich heute."

"Ich will aber kein Vampir sein, ich kann Blut nicht einmal sehen! Und kostenlose Logis habe ich für alle Ewigkeit im Himmel, steht in meinem Vertrag."

"Musst Du ja nicht, aber es schmeckt warm und süß! Wieso wankst du?"

"Ja, siehst Du mich denn? Ich kann nichts sehen"

"Na, wieder ein Nachteil deiner Spezies! Wir können fliegen, ohne Flügel. Wenn Du die Schwelle zu uns überschreitest, kannst Du auch nachts sehen und ohne Flügel fliegen!"

"Ich glaube, ich bekomme die Panik, dieses Gespräch ist sicher nicht real!"

"Ich komme näher, strecke die Hand aus und berühre mich. Wenn Du mich spürst, dann merkst Du, dass ich real bin! Du bist schön, ich liebe blonde Vampire, besonders wenn sie männlich sind!“

"Nein, bleibe wo Du bist. Ich werde die Treppe schon finden. Engel haben kein Geschlecht!"

"Wieder ein Nachteil! Bei uns gibt es weibliche und männliche Vampire. Wäre ja auch schrecklich, so Jahrhunderte lang!  Komm, ich stehe auf der Treppe und erwarte Dich! "

"Bist du männlich oder weiblich?"

"Weiblich, sehr weiblich! Meine Stimme ist aber tief. Vielleicht weil es hier unten immer sehr kühl und feucht ist."

"Oh. Lebst Du immer hier im Keller?"
"Nein, ich wohne im ganzen Schloss. Mir gehörte früher nachts jeder Raum. Nun nach dem Umbau muss ich mich in den Nebenräume aufhalten. Oder im Keller oder im Dachgeschoß"

"War das eben Deine Hand auf meinem Hals?"

"Ja, Du hast einen wunderbaren Haaransatz, kräftige Nackenmuskeln. Ich liebe das, sind alle Engel so muskulös?"

"Hilfe!!! Hört mich denn keiner?"

"Hier hört Dich keiner. Das ist ein Nebenraum des Kellers, links von Dir steht mein Sarg und im Regal hängen meine Kleider. Hörst Du es rascheln? Das ist der Taftunterrock. Vorsicht, Du stehst mit dem Rücken zur Wand, hier geht’s nicht mehr weiter".

"Um Gottes Willen, hör auf damit, lass mich die Treppe finden! Oh, hast Du einen weichen Körper, ich dachte Vampire fühlen sich kalt an!"

"Nicht immer, es ist ja noch früh am Abend und das Bewusstsein eines männlichen Körpers in meiner Nähe, bringt mich zu innerlichem Glühen! Ein männlicher Engel..............."

"Ich bekomme keine Luft! Ich habe Angst und Du hast deinen Arm um mich geschlungen und Dein Atem auf meinem Gesicht....."

"Sag jetzt nichts mehr, halt nur einen Moment still!"

"Ich will aber kein Vampir............"

Es war ein kurzer stechender Schmerz, dann war alles vorbei.

"Es ist zu spät, mein Engel!"

"Hast Du auch einen Namen? Als Engel hatte ich einen Namen! Wir könnten zusammen nach Paris gehen? Dort kenne ich ein Schloss in der Champagne...“

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