Freitag, 7. Dezember 2018

Die Eiche im Walde, Kurzgeschichte, Traumhaftes


Die Eiche im Walde
von Joana Angelides

„Paul, wohin gehst du denn?“ Anna schaut ihn fragend an. Eigentlich bräuchte sie ihn gar nicht fragen, sie weiß es.
Er geht, wie fast jeden Tag, zu der alten Eiche auf der Lichtung im Walde.
Es schien, als hätte ihn dieser Baum in seinen Bann gezogen. Er erklärte ihr, er spüre den Geist der Druiden, wenn er unter dem Baum stand.

Doch sie versteht ihn nicht, sie schüttelt immer nur den Kopf.

„Ich gehe ein wenig spazieren, bin ja mittags wieder da!“
Sagt er halb abgewandt, nimmt seinen Hut und den Stock von der Ablage und schließt die Türe.

Der Wald beginnt mittelbar hinter dem Haus, das sie nun seit zwei Jahren bewohnten, nachdem sie nach der Pensionierung aus der Stadt hier her gezogen waren.
Angenehme Kühle umfängt ihn, als er den schattigen Weg zwischen den Bäumen erreicht. Die Geräusche des Waldes waren für ihn anfangs geheimnisvoll, doch nun schon sehr vertraut. Es knacken Äste, es zwitschern Vögel und er merkt, dass immer wieder kleine Bewohner des Waldes zwischen den Bäumen hin und her huschen. Die Geräusche von außen werden von den Bäumen und dem Moos rundherum an ihrer Rinde verschluckt.

Die Sonne dringt nicht wirklich durch die Äste der Bäume, sie zaubert aber, sich durch den leichten Wind bewegende Kringel auf den Waldboden.
Das Geheimnisvolle dieses Waldes für ihn ist, dass ihm gerade diese Kringel immer wieder den Weg weisen zu jener Eiche, die er nun seit Wochen täglich besucht.
Es leuchtet immer abwechselnd ein Lichtpunkt nach dem Anderen inmitten einer größeren Anzahl auf und er beschreitet diesen imaginären Pfad, benutzt ihn als Wegweiser.

Unter der mächtigen Eiche am Rande der Lichtung erlöschen sie plötzlich immer und er ist am Ziel.
Das erstaunt ihn jedes Mal und er beschließt eines Tages, sich aus einer anderen Richtung dem Baum zu nähern.
Doch auch da waren zwischen den Kringel am Boden, immer wieder hellere Punkte die leuchteten und ihn leiteten.

Diese Eiche zieht ihn magisch an. Es ist, als würde sie auf ihn warten. Ihre Blätter scheinen zu ihm zu sprechen, sie wispern und flüstern. Es ist wie eine Heimkehr zu fernen Orten aus fernen Tagen. Aufwühlende Gefühle aus seinem Innersten kommen hoch und legen sich drückend wie ein Ring um seine Brust. Eine seltsame Erregung erfaßt ihn jedesmal.

Der kleine Bach hinter der Lichtung plätschert dahin und unterbricht die Stille.

Nicht weit weg von dem Baum liegen einige große Steine, wie zufällig angeordnet und doch bilden sie einen Halbkreis, nach Osten offen.
Sie scheinen wie mit gewaltiger Faust dort hingeschleudert worden sein.
Der dichte Nebel der sich manchmal zwischen den Steinen am Boden bildet raubt ihm jedes Mal fast die Sinne.

Er lehnt sich gerne an diese Steine an und stellt dabei fest, dass sich die Geräusche rundum veränderten, je nachdem, welchen der Steine er wählt.

Wenn er an dem großen Mittelstein des Halbrundes lehnt, hört er viele Stimmen ohne jedoch die Worte zu verstehen, auch Geräusche, wie aufeinander schlagende Schwerter glaubt er zu hören.
Nach einer Weile dess sich der Stimmung hingebend, sammeln sich meist rings um ihn einige Leute, die scheinbar im Wald leben. Sie sprechen nie mit ihm, sammeln Holz und Kräuter und verschwinden wieder in der Tiefe der Waldes. Es ist jedes Mal, als würden sie ihn gar nicht wahrnehmen.

Als er diese Begegnungen einmal im Gasthaus erwähnt, bekommt er keine Antwort. Sie sehen sich an und beginnen dann von anderen Dingen zu sprechen.
Nur der alte Sebastian, der immer neben dem großen keramischen Kamin in der Ecke sitzt, blickte ihn lange an und es schien ihm, als wollte er etwas sagen. Doch dann beschäftigte er sich wieder intensiv mit seiner Pfeife. Er hatte sein langes weißes Haar rückwärts zusammen gebunden, seine nackten Füße steckten in ganz alten Sandalen.


Heute ist es sehr still im Wald, es ist als würde der Wald den Atem anhalten. Es fällt ihm wieder ein, was er über Eichen gelesen hatte. Die Kelten nannten die Eiche „Dru“ und „id“ heißt Weisheit. Das erinnert an „DRUIDEN“. Also war die Eiche das Symbol der Weisheit für die Kelten. Wieso spürte er hier, zwischen der Eiche und der Anhäufung der Steine diese geisterhafte Verbindung.

Er lehnt wieder an seinem Lieblingsstein, dem Mittelstein, der am größten ist und lauscht in den Wald hinein, als ihn eine weibliche Stimme aus seinen Träumen reißt:

„Kommst du heute Nacht zur Bezeugung einer Partnerschaft? Heute ist zunehmender Mond. Der Druide kommt auch um diesen Bund für ein Jahr und einen Tag zu bestätigen. Der Bach ist klar und rein, die Beiden werden ihre Hände und Füße in den Bach strecken und sich unter Wasser die Hände reichen. Das Versprechen wird in dem Wasser bis zu den Weltmeeren getragen. Das Ritual ist dann beschlossen.“
Er ist so erstaunt, dass er nur nicken kann, doch bevor er Näheres erfragen kann, war die Frau wieder im Wald verschwunden, ihre Gestalt löste sich zwischen den mächtigen Stämmen auf. Es war das erste Mal, dass er direkt angesprochen wurde, ja beachtet wurde.

**********

Anna konnte nur den Kopf schütteln, als er ihr mitteilt, er werden abends noch einmal in den Wald zur Eiche gehen.
„Es wird doch dann dunkel, du siehst nichts am Rückweg. Ich verstehe das nicht, die Eiche wird auch morgen noch dort auf dich warten!"
Er antwortete ihr nicht und machte sich bei einbrechender Dunkelheit auf den Weg.


Als er bei der Eiche ankam, waren schon einige Leute versammelt. Einige kannte er schon vom Sehen, einige waren ihm fremd. Das Paar stand in der Mitte, war mit Blumenkränzen geschmückt, in das lange blonde Haar der Frau waren Blüten und Blätter des Waldes befestigt. Sie trug ein langes, fein gewebtes Gewand, durch einem Gürtel gehalten. Der Mann hatte ein grob gewebtes Hemd, das ihm bis zu den Knien reichte und ebenfalls mit einem Gürtel gerafft war.

Ein alter Mann mit weißem Bart und langem Haar stand neben ihnen und die anderen hielten respektvollen Abstand. Er erinnerte ihn an irgend jemand. Doch er kam nicht dahinter.

In der Mitte des Steinrundes war ein Scheiterhaufen aufgebaut und brannte lichterloh. Die Frauen brachten unentwegt Holz, um das Feuer am Leben zu halten.

Es war ein allgemeines Gemurmel zu hören. Er wurde wie immer, kaum beachtet und blieb an den Baum gelehnt, stehen.

Das Paar in der Mitte beugte sich zu dem Bach und reichte sich unter Wasser einige Male die Hände. Der alte Mann beugte sich ebenfalls vor und hielt ihrer beiden Hände in den seinen und murmelte unverständliche Worte, dann formte er seine Hände zu einer Kelle und ließ das Wasser über die Köpfe der beiden abfließen.

Die Umstehenden klatschten in die Hände und die Stimmen wurden immer lauter. Sie verteilten sich auf der Lichtung, in respektvollem Abstand zu den Steinen und begannen die mitgebrachten Spesen zu verzehren.
Das Paar mit den Blumenkränzen im Haar mischte sich unter die anderen und wurde immer wieder von ihnen berührt, geküsst und mit weiteren Blumen überschüttet.
Ihm schien es, als würde dieses Fest Stunden dauern. Die Männer tanzten um das Feuer, entledigten sich ihrer Kleider, es sah unwirklich aus im Schein der Flammen.
Es kam zu Scheinkämpfen mit Fäusten und Schwertern. Es wurde gegessen und getrunken, sie sangen ihm unbekannte Lieder, sie klangen melancholisch-tragend.

Er drückte sich an den Baumstamm und beobachtete das unwirkliche Treiben mit großen Augen. Da er kaum beachtet wurde, beschloß er, sich mit fortschreitender Nacht und nach diesem Rausch der Sinne, wieder auf den Heimweg zu machen. Der Wald war dunkel, geheimnisvoll und er stolperte auf dem Wege mehr oder weniger mühsam wieder zum Haus zurück.
Erst zu Hause merkte er, dass seine Jacke durch den Funkenflug einige kleine Brandlöcher davon getragen hatten.
Auch sein Gesicht war von Ruß geschwärzt und seine Augenbrauen waren beeinträchtigt.

Als er am nächsten Tag seine Geschichte im Gasthaus erzählte, wurde er mehr oder weniger ausgelacht.

„Ach Paul, nein, das müssen Sie geträumt haben. Sie sind sicher eingeschlafen, und die Schatten des Waldes gaukeln abends die absonderlichsten Bilder vor. Gehen sie da nicht mehr hin, mitten in der Nacht!“ Der Apotheker, schüttelte den Kopf.

„Aber, wenn ich Ihnen sage, ich bin nur deswegen in den Wald gegangen um an diesem Ritual teilzunehmen. Wenn man jetzt in den Wald gehen würde, man würde Spuren finden, das Feuer war ja sehr mächtig. Das Gras müßte niedergetreten sein, Reste des Festes müßte man dort finden!“

Betretenes Schweigen und Achselzucken war die Folge. Sie wandten sich wieder ab und langsam kamen die Gespräche wieder in Gang.


Es zog ihn zurück in den Wald. Er konnte es gar nicht erwarten, die Stelle in Augenschein zu nehmen.
Der Wald war wie immer voll der Geräusche, die er schon kannte. Die Sonnenkringel lagen auf dem Fußboden und veränderten stetig ihre Gestalt. Doch heute fehlten die hellen Punkte, die ihn immer leiteten. Doch er kannte den Weg auch so und stürmte voran um rasch zu seinem Baum zu kommen.

Da stand Sebastian mit einem Rechen in der Hand, sammelte allerlei Dinge ein und warf sie in einen großen Plastiksack. Kehrte die Reste eines Lagerfeuers zusammen und grüßte ihn freundlich.
„Was machen sie da?“ Er schaute Sebastian erstaunt an.
„Ach, da waren vor einigen Tagen eine Gruppe von Kindern da, die haben soviel Mist und Reste zurück gelassen, das kann man nicht so lassen. Der Wald muß sauber bleiben. Ich kehre zusammen.“

Er warf den Kopf nach rückwärts, das Band löste sich und seine weißen Haare fielen ihn auf die Schulter. So im Gegenlicht sah er sehr würdig und sehr alt aus.

Paul schloß seine Augen und rief sich die Bilder der Nacht wieder in Erinnerung. Sollte dies alles ein Geheimnis zwischen ihm und Sebastian bleiben? Wußten denn die Anderen im Dorf nicht, was sich im Wald abspielt?
Wenn ja, dann wollten sie scheinbar nicht darüber sprechen.




Ein Unwetter im Märchenwald, Märchen


Ein Unwetter im Märchenwald
von Joana Angelides


Es regnete ganz fürchterlich im Märchenwald. Seit Tagen war der Himmel bewölkt und ganze Sturzbäche ergossen sich zwischen den Bäumen und viele kleine Wohnungen standen unter Wasser.
Die Wühlmäuse mußten ihre Höhlen verlassen und sich in höher gelegene, von anderen Tieren verlassene Höhlen begeben.
Der kleine Kobold hatte zwar einen Baldachin  vor seine Wohnung im hohlen Stamm des großen Baumes angebracht, doch gegen diese Sturzfluten war auch der machtlos. In seinem Wohnzimmer stand wieder einmal alles unter  Wasser. Frau Kobold hatte den Teppich aufgerollt und versucht nun  mit dem Besen das Wasser aus dem Wohnzimmer ins Freie  zu schieben.

Die kleinen Finken in ihren Baumnestern durften gar nicht die Köpfchen raus strecken, sie wurden von der Mutter sofort wieder hinein geschickt.
Nur die Frösche im See fühlten sich in ihrem Element. Sie sprangen von Seerose zu Seerose und versuchten Insekten zu fangen.
Die Schlange Birr hatte sich zusammengerollt und lag in einer Astgabelung und ließ das Wasser an sich abrinnen.
Die Waldfee Fari flog über die Lichtung in Richtung der großen Tanne und versuchte sich vor dem strömenden Regen mit einem großen Blatt zu schützen. Doch sie war bereits pitschnass. Sie wollte schauen, ob irgendwer im Wald Hilfe brauchte. Sie mußte lächeln. Die Heuschrecke Bren hatte sich eine der herumliegenden Nußschalen der Eichhörnchen geschnappt und versuchte in dieser sitzend  auf die andere Seite des Waldweges zu gelangen. Sie verwendete einen kleinen Ast zum Rudern, aber da sie allein in der Nußschale saß, mußte sie immerfort einmal auf der linken und dann auf der rechten Seite des kleine Bootes rudern, und das war sehr sehr anstrengend. Gerade noch konnte sei einem Blatt ausweichen, auf dem einige Waldameisen saßen.

Die Hasenfamilie mit ihren Jungen saß neben ihrer überschwemmten Erdhöhle auf einem Stein und Vater Hase hatte große Mühe den kleinen zappelnden Haseputz immer wieder aus dem Wasser zu ziehen und neben sich auf den Stein zu halten.

Im Märchenschloß hatte die Feenkönigin angeordnet, daß der große Saal  mit Schlafgelegenheiten für alle Tiere des Waldes hergerichtet wird. Sie hatte einen großen Kessel mit heißem Tee  in der Küche bestellt und der Köchin aufgetragen ihre guten Kekse mit Zimt und Honig zu backen.  Alles war emsig bemüht das Schloß für die armen Tiere des Waldes als Zuflucht zu öffnen.
„Samantha!“ Rief die Köchin. „Komm sofort hierher und nehme die Kekse aus dem Ofen und stapele sie auf die großen Teller und trage sie dann einzeln in den großen Saal und stelle sie hin.“
„Ja gerne,“ rief Samantha und freute sich, daß sie auch etwas helfen konnte und vor allem, daß die Köchin wieder mit ihr sprach und nicht mehr böse auf sie war, nachdem sie sie in den See  fallen ließ beim großen Frühlingsfest.
Samantha ging neugierig zum großen Backofen und schaute durch das beleuchtete Glasfenster in den Ofen hinein. Da lagen die Kekse fein säuberlich in Reih´ und Glied und der Duft zog sich durch das ganze Schloß. Sie nahm die Handschuhe und öffnete die Türe des Backofens. Oh, wie sollte sie nur das heiße Blech anfassen, trotz des Handschuhs hatte sie große Angst.
„Ich werde ein wenig zaubern und das Backblech soll alleine aus dem Backrohr heraus kommen,“ dachte sie sich.
„Hudribuzidollidei, Backblech komm heraus,“ sagte sie ganz leise.
Und wirklich, da  rutschte das Backblech aus dem Ofen und schwebte vor der kleinen Hexe her. Doch wenn diese sich etwas rückwärts bewegte, so kam das Backblech hinter ihr her, wenn sie stehen blieb, blieb auch das Backblech stehen. Sie wollte nach den Keksen greifen, aber das Backblech folgte ihrer Handbewegung und ging zurück. Sie konnte die Kekse nicht erreichen.
„Wie soll ich denn die Kekse auf die Teller legen, wenn ich sie nicht erreichen kann?“ Überlegte Samantha ganz verzweifelt.
„Samantha! Wo bleiben denn die Kekse?“ Hörte sie die Köchin rufen.
Sie ging ganz langsam rückwärts auf die Treppe zu und das Backblech hinter ihr her. Leider merkte sie nicht, daß sie bereits am Treppenabsatz stand und ging  noch einen Schritt nach rückwärts. Hätte sie nicht der Elfe Mo im letzten Moment aufgefangen, wäre sie die Treppe hinuntergefallen. Mo hielt sie fest und schwebte mit ihr die Treppe hinunter, das Backblech hinter ihnen her.
„Oh Gott, sie hat schon wieder zu zaubern versucht,“ rief die Köchin händeringend.
„Mo, stelle Samantha wieder runter,“ befahl sie mit vor Zorn bebender Stimme.
Der Elfe Mo stellte Samantha vorsichtig hin und  stibitzte gleichzeitig eines der Kekse vom Backblech.
„Also,  Samantha, wie willst du nun die Kekse auf die Teller legen?“ Vor Zorn  bebend stemmte die Köchin beide Hände in die Hüften.
„Hudribuzidrallalla,“
„Hudribuzihoppala“
„Hudribuzitetrita“

Alles half nichts, das Backblech schwebte genau vor Samantha und die Kekse waren für die kleine Hexe unerreichbar.

Inzwischen hatte sich der große Saal im Schloß mit den Tieren des Waldes gefüllt und alle schnatternden durcheinander und erzählten sich  ihre schrecklichen Erlebnisse durch das Unwetter. Frau Eule hatte in einer Ecke  ihre Kleinsten versammelt und übte mit ihnen das Lied von der Vogelhochzeit ein.
„Alle Vögel sind schon da....“  hallte es durch den Raum.
Der Specht machte den Takt dazu  und die Grillen zirpten. Die Waldfeen  teilten den Tee in  den vorbereiten Kelchen der Glockenblumen aus und auch zarte Decken wurden ausgeteilt, damit die kleinen Waldbewohner nicht frieren mußten.
Da wollte  auch der große Bär hereinkommen. Sein Fell war ganz mit Wasser durchdrängt  und er wurde gerade noch im letzten Moment vom Pförtner Feno dazu angehalten  sich auszuschütteln. Er hätte sicher eine große Pfütze im Saal hinterlassen. Erst als er sich abgeschüttelt hatte, durfte er herein.

Er blickte sich im großen Saal um  und grüßte nach allen Seiten. Er nahm auch dankbar einen Becher vom heißen Tee. Dann erblickte er in der Ecke die Hexe Samantha. Sie stand dort, mit dem Rücken zur Wand, vor sich das Backblech mit den Keksen und wollte gerade zu weinen beginnen.
Der Duft der Kekse drang in seine Nase, besonders der Duft nach Honig hatte es ihm angetan. Er ging zu Samantha hin, nahm einfach das Blech in die Pranke und aß alle Kekse alleine auf. Dann stellte er das Blech an die Wand und lehnte sich an den warmen Kamin und schlief sofort ein.

Samantha hatte das alles mit großen staunenden Augen beobachtet. Das Blech lehnte nun an der Wand und bewegte sich nicht. Sie machte einen vorsichtigen Schritt nach vor, um aus der Ecke raus zukommen und es gelang ihr auch.
Sie kuschelte sich ganz eng an den Bären an, legte ihren Kopf auf seine Schulter und flüsterte ihm zu:
„Du hast mich gerettet.“  Doch der Bär  war schon eingeschlafen und glaubte zu träumen. Er brummte nur leise zurück.

„So, hier sind die restlichen Kekse, Kinder greift zu!“  rief die Köchin.
Sie hatte die restlichen Kekse aus der Küche geholt und selbst auf die Teller gelegt. Alle eilten herbei und jeder nahm sich einige der warmen duftenden Kekse und man hörte alle schmatzen.
Eigentlich hatte sie die Absicht die kleine Hexe Samantha dort in der Ecke zur Strafe stehen zu lassen bis in den Abend hinein. Aber da sie sie nicht mehr sah, vergaß sie darauf. Eigentlich hatte sie die kleine Hexe ja recht gerne und verzieh ihr immer wieder ihre kleinen Streiche.

Inzwischen hatte sich das Wetter wieder beruhigt, der Regen hatte aufgehört und die  Tiere des Waldes verließen wieder das schützende Schloß.
Bis zum Abend  war auch das Wasser wieder abgeronnen und die Höhlen der Tiere waren wieder frei.
Nur mehr an den zum trocknen aufgehängten Kleidungsstücken der Kobolde und  Heinzelmännchen aus dem Walde konnte man noch das Unwetter vom Nachmittag erahnen.
Und natürlich an den großen Wassertropfen, die hin und wieder von den Tannenzapfen auf die Erde fielen. Die Sonne kam durch die Baumwipfel und tauchte den Märchenwald in goldenen Glanz und die Sonnenkringel tanzten auf dem Moosboden.


Drehtüre in die Vergangenheit, unheimlich


Drehtüre in die Vergangenheit
von Joana Angelides

Nachdem Albert Gabini das Hotel durch die breite Drehtüre betreten hatte, saß er nun in der Hotellounge in einer der Fauteuils und betrachtete die sich ihm darbietende Geschäftigkeit und die sich rundum bewegenden Personen. Die Geschäftigkeit in der Hotellounge erstaunte ihn. Irgendwas war anders, als in den vergangenen Tagen. Er konnte das beurteilen, denn er las jeden Abend noch in den herumliegenden Zeitungen, bevor er sich in seine Suite begab.
Nachträglich schien es ihm, als wäre die Drehtüre heute schlecht eingestellt, denn er wurde zweimal hindurch geleitet. Es war wie ein großer Schwung, der ihn hinein führte, wieder hinaus und dann gleich wieder hinein.
Er fand außerdem, dass sich ungewöhnlich viele Personen in der Halle und auf der Treppe befanden.
Manche der Personen gingen aneinander vorbei, als würden sie sich nicht sehen, andere wieder grüßten sich, blieben stehen und sprachen sogar miteinander.
Irgendwie passten einige nicht herein; sie waren in einer Art gekleidet, die ihn an frühere Zeiten erinnerten, die er nur von Bildern oder alten Filmen kannte.
Teilweise schienen sich einige Gäste langsamer, wie zeitverzögert zu bewegen. Oder doch nicht? Dies betraf vor allem jene Gäste und auch das Personal, welche so anders gekleidet waren.
Es musste an der Hitze liegen die seit einigen Tagen die Stadt lähmte, dass er solche Eindrücke hatte, anders war das nicht zu erklären.
Durch die Drehtüre, die dauernd in Bewegung war, trat nun eine Dame, eine junge sehr elegante Dame ein, gefolgt von einem Mann im Chauffeur-Livree, der vier Koffer schleppte. Zwei kleinere hatte er unter den Armen eingeklemmt und zwei große schob er vor sich hin.
Er sah sie bewundernd an, konnte seinen Blick kaum von ihr wenden.
Die junge Frau würdigte ihm keines Blickes, sondern ging langsam und sich ihrer Wirkung bewusst auf die Rezeption zu.
Sie war groß gewachsen, hatte ein knöchellanges, enges Kleid an, das vorne etwas kürzer war und ihre schlanken Beine ahnen ließ. Ein langer Pelzschal war um ihren Hals geschlungen und hing ihr rückwärts bis zur Kniekehle hinab.
Sie trug eine enge Kappe, glitzernd und funkelnd mit einer schräg angebrachten Feder, in der Hand einen langen Zigarettenspitz aus Jade. Sie wirkte wie aus einem Film über den Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts.
Er sah sich um, vielleicht wurde auch wirklich hier ein Film über diese Zeit gedreht, das würde diese seltsamen Kostümierungen erklären.
Es bewegten sich zwei Hotelpagen in der Mitte der Halle. Er bemerkte, wie einer der beiden sofort mit seinem Kofferwagen zu dem Mann mit den vielen Gepäckstücken eilte, der andere schien ihn gar nicht zu bemerken, ja er blickte einfach durch ihn hindurch.
Die junge Dame war inzwischen an der Rezeption angelangt und schlug mit der Hand auf die Klingel. Einige der Gäste, aber ausschließlich jene die ein wenig nostalgisch gekleidet waren, drehten sich um, die anderen wieder beachteten sie gar nicht, als würden sie sie nicht einmal sehen.
Es schienen sich zwei verschiedene Ebenen gleichzeitig in einem Raum zu bewegen. Es war unfassbar!
In der Rezeption waren zwei Angestellte tätig. Der eine war ein etwas älterer Mann, offenbar der Chef-Portier, mit einem Schnurrbart und enger gestreifter Weste, der andere war ein junger Mann, etwas salopper gekleidet, mit offenem Hemdkragen, Schal und schwarzer Weste.
Zu seiner Überraschung beachtete der jüngere Angestellte die wirklich sehr attraktive junge Dame gar nicht und beschäftigte sich weiter mit dem Einordnen von Briefen in die Fächer der Gäste. Der Ältere jedoch begrüßte die junge Dame überschwänglich, als würde er sie schon lange kennen.
Der Chauffeur stellte die Koffer nun ab und bedankte sich bei dem Pagen und er konnte sehen, wie er ihm einen Geldschein gab. Dann drehte sich der Chauffeur um und ging durch die Drehtüre nach draußen.
Albert stand sofort auf und ging ebenfalls durch die Drehtüre nach draußen, um zu sehen, welchen Wagen er fuhr.
Die Hitze schlug ihm entgegen, es flimmerte die Luft. Der Chauffeur war nirgendwo zu sehen. Er schloss für einen Moment die Augen und beschloss, wieder in das Hotel zurück zu gehen. Er konnte auch keinen Wagen sehen, der wegfuhr, oder sich am Parkplatz einparkte. Er schüttelte den Kopf und verstand gar nichts mehr.
Als er durch die Drehtüre wieder die Hotelhalle betrat, blieb er verwundert stehen.
Es waren nun nicht mehr so viele Gäste da, auch der zweite Page war verschwunden und der junge Rezeptionist war auch nicht zu sehen.
Vielleicht träumte er auch nur? Doch auch nach einigen Augenblicken und zweimaligem tief Einatmen, war die Situation unverändert.
Die Gäste unterhielten sich und bewegten sich wie vorher, bedächtig und langsam, doch sie waren nun alle in dieser nostalgischen Mode gekleidet, die er schon vorher registriert hatte. Die anderen Gäste waren nicht zu sehen.
"Gehen sie mit mir auf einen Drink in die Bar?" Sie stand vor ihm, jung und elegant, wie sie ihn bereits vorher beeindruckt hatte Sie hielt wieder diesen langen Zigarettenspitz aus Jade zwischen ihren langen Fingern, hielt ihn mit ihren weißen kräftigen Zähnen fest und lächelte. Sie hatte grüne Augen und erinnerte an eine Tigerin.
"Ja, ich würde mich freuen!" Sagte er das wirklich?
Sie hakte sich unter und sie gingen in die kleine Bar links neben der Rezeption.
Sie schwang sich auf den Barhocker und dabei rutschte ihr enges Kleid ziemlich weit nach oben und ihre Beine schienen überhaupt nicht enden zu wollen.
War es hier immer so heiß?
"Wir möchten zwei Gläser Champagner, Kellner!" Ihre Stimme war etwas schrill und eine Spur zu laut.
"Monsieur Alfredo hat schon nach Ihnen gefragt, Mademoiselle!" Ihm fiel auf, dass der Kellner  einen tiefen warnenden Ton in der Stimme hatte,  oder täuschte er sich da?
"Achja? Ich bin eben erst gekommen. Nun habe ich aber keine Zeit, habe einen Freund getroffen, sehen sie das nicht?"
Der Kellner zuckte mit der Achsel und wand  sich wieder seinen Gläsern zu. Er konnte bemerken, wie ihm der Kellner einen seltsamen Blick aus den Augenwinkeln schenkte und seine linke Augenbraue leicht nach oben zog.
Die junge Dame hielt das Glas in ihrer Hand und schenkte Albert ein charmantes Lächeln.
"Prost, mein Freund! Wie heißen sie eigentlich?"
"Mein Name ist Albert, Albert Gabini, auf Ihr Wohl", er verneigte sich leicht und stieß mit ihr an.
"Michelle Rochas", sie neigte leicht den Kopf zur Seite und schenkte ihm ein kleines Lächeln.
Sie setzten beide das Glas an die Lippen und er spürte das Kribbeln des Champagners auf seiner Zunge.
In diesem Augenblick flog die Glastüre der Bar auf und es betraten drei Männer den Raum.
Er wusste sofort, der Mann in der Mitte war Monsieur Alfredo!
Sein weißer Anzug saß tadellos, sein Hut hatte eine etwas größere Krempe, die tiefrote Blume an seinem Jackett hatte dieselbe Farbe, wie sie die Lippen von Michelle zeigten.
In der Hand trug er einen schwarzen Stock mit einem Silberknauf, den er nervös drehte.
Seine Füße steckten in schwarzweiß gemusterten Schuhen und er wippte mit ihnen leicht von vorne nach rückwärts.
Die beiden Männer hinter ihm blickten streng und wie es Albert schien, drohend in seine Richtung und hatten jeweils beide Hände lässig in den Jackentaschen.
Es war wirklich heiß hier drin!
Michelle war von Barhocker gerutscht. In einer Hand hielt sie nach wie vor das Glas, in der anderen Hand ihren Zigarettenspitz.
"Wer ist das?" Alfredos Stimme war leise und drohend und sein Blick verhieß nichts Gutes.
"Ein sehr charmanter und lieber Freund!" Sie warf den Kopf nach hinten und lachte laut.
"Ja, ist schon gut, du bist betrunken, wie immer! Verabschiede dich und komm her!" Seine Stimme war nun lauter, herrischer und klang, als würde sie keinen Widerspruch vertragen. Er schnippte mit den Fingern und drehte sich halb um.
"Komm´ doch du her, ich stelle dich vor! Und außerdem will ich dir sagen, dass ich keine Lust mehr habe, immer sofort zu kommen, nur wenn du mit den Fingern schnippst. Ich bin ja kein Schoßhündchen!"
Albert hielt die Luft an und seine Blicke gingen zwischen den beiden hin und her. Es war eine ungeheure Spannung im Raum.
Er griff in seine Jackentasche auf der Suche nach dem Feuerzeug. Eine Zigarette war im Moment das Einzige für ihn, um die Spannung abzubauen.
Er hat es nicht bemerkt, als der Mann im weißen Anzug gleichzeitig in die Tasche seines Jacketts griff und einfach durch den Stoff hindurch auf ihn schoss.
Doch Michelle hatte es bemerkt, vielleicht sogar erwartet. Sie warf sich dazwischen und sank im nächsten Moment getroffen zu Boden.
Der Schuss war laut und sein Widerhall blieb sekundenlang im Raum.
Albert beugte sich über Michelle, schob seinen Arm unter ihren Rücken und hielt ihren Kopf.
"Sie haben zu lange gezögert, sie hätten schneller schießen müssen!" Flüsterte sie, bevor das Leben aus ihr entwich.
"Kellner, so holen sie doch die Polizei und einen Krankenwagen, sie stirbt!"
Der Kellner beugte sich über die Theke und sah ihn fragend an.
"Was machen Sie denn da unten? Sind sie vom Barhocker gestürzt?"
Albert schaute erstaunt um sich und erhob sich. Er war der einzige Gast in der Bar. Der Kellner war herbei geeilt und stützte ihn besorgt.
"War ich nicht mit einer jungen Dame an der Bar, und waren da nicht gerade noch drei Männer an der Türe?"
"Nein sie waren alleine, haben aber seltsamer Weise zwei Gläser Champagner bestellt. Ich dachte sie erwarten jemand."
Der Gast legte eine Banknote auf die Theke und wandte sich der Türe der Bar zu. Als er in die Hotelhalle hinaustrat bot sich ihm ein verändertes Bild dar.
Es war noch immer ein lebhaftes Treiben in der Halle. Doch die Leute von der Filmgesellschaft waren scheinbar alle verschwunden.
Er trat an die Rezeption.
"Meinen Schlüssel bitte, Zimmer 332", bat er den jungen Rezeptionisten, der ältere Portier war scheinbar auch nicht mehr da.
"Hier bitte! Ist ihnen nicht gut, sie sehen so blass aus?"
"Ich war eben in der Bar, dort ist es ein wenig dunkel."
"Ach, in unserer Michelle-Bar!" Der junge Mann lächelte geheimnisvoll.
"Michelle-Bar?" Seine Neugier war geweckt.
Es war wirklich heiß hier drin!
"Ja, so heißt sie", er senkte die Stimme zu leisem Flüstern, "es wird erzählt, dass im Jahre 1923 in dieser Bar Michelle, die Geliebte des damaligen Hotelbesitzers Monsieur Alfredo, erschossen wurde. Es wurde nie eindeutig geklärt, wer sie erschoss. Man nahm an, es war ein Fremder, der in der Bar war. Doch der Fremde konnte flüchten und wurde nie gefunden. Monsieur Alfredo verkaufte in der Folge das Hotel. Er verschwand dann irgendwann und wurde niemals wieder gesehen. Man sagt, Michelle spukt noch immer im Hotel, weil ihr Tod nie gerächt wurde".
"Eine sehr interessante Geschichte!" Er nahm seinen Schlüssel und begab sich zum Lift.
Das Feuerzeug in seiner Tasche fühlte sich kalt und fremd an.

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