Ödön von Horvaths Begräbnis
von Joana Angelides
Da gibt es ein Buch von Peter Turini, in dem er die endgültige Heimstätte der Knochen von Öden von Horvath beschreibt. Nämlich in einem Ehrengrab der Gemeinde Wien!
Abgesehen davon, dass es Menschen geben soll, die gar nicht wissen, wer
dieser Ödön denn eigentlich war, ist es natürlich von kulturpolitischer
Bedeutung, dass seine Gebeine schlussendlich dort zum Ruhen kommen, wo er sich
schon immer wohl gefühlt hat, nämlich nicht weit von einem Wiener Heurigen
entfernt. Dort versammeln sich bis spät in die Nacht Lügner und Spieler,
angeberische Verführer, Verführte, Hoffnungslose und Hoffende, Trinker und
solche die dies noch werden wollen. So
beschreibt Turini sein jetziges Umfeld.
Er verrät uns auch, dass Horvath ursprünglich, nachdem er von einem
herunterstürzenden Ast erschlagen wurde,
auf einem kleinen Pariser Friedhof, namens St.Ouen, begraben wurde und die Totenrede von dem Dichter Joseph Roth
gehalten wurde, der so besoffen war, dass er in die offene Grube fiel.
Vielen „Ondits“ zu Folge, soll das
auch schon einigen Geistlichen anlässlich einer ganz normalen Bestattung
passiert sein.
Wie es nun Dichtern oft geht, werden sie erst nach ihrem Tode als solche
erkannt und auch erst dann posthum geehrt und geschätzt. So kam es dann eben,
dass ihm ein Ehrengrab auf dem Heiligenstädter Friedhof gewidmet wurde und die Exhumierung und
Überführung in das Selbige im Jahre 1988, also 50 Jahre nach seinem Tode
angeordnet wurde. Dies wurde einstimmig im Wiener Gemeinderat beschlossen, auch
von jenen, die vielleicht noch nie was von ihm gehört oder gar gelesen hatten.
Das war natürlich schnell so dahingesagt! Man musste nun das Grab und die
Gebeine erst finden. Der Totengräber bemühte sich auftragsgemäß, die
angefragten Knochen gegen einen adäquaten Schmattes, sprich drei Kisten „Grünen
Veltliners“, auszubutteln. Leider konnte man nicht mehr alle Knochen finden,
aber der halbe Schädel, ohne Unterkiefer, einige Rippen, Speiche und
Unterschenkelknochen, sowie ein Paar Mittelfußknochen konnten gefunden und vom
Totengräber einwandfrei identifiziert werden. Was die Frage aufwirft, ob dies
nach oder vor dem Genuss des Veltliners geschah?
Die nun identifizierten Reste des
großen Dichters wurden, da sie ja nicht
viel Platz benötigten, in einen Kindersarg verstaut. Eine sorgfältig
erarbeitete Bestandsliste wurde angefertigt und alles dem Beauftragten für die
Überführung übergeben. Der trat nun, mit dem Kindersarg unter dem Arm seine
Reise nach Wien an. Natürlich erregte sein Handgepäck einiges Aufsehen bei der
Zollabfertigung, besonders, da ein Hund der Zollfahndung sein Interesse an den
Knochen durch lautes Gebell und Schwanzwedeln kundtat. Trotz Protest des Boten
wurde der Sarg geöffnet und es konnte nicht verhindert werden, dass sich der
Hund einen der Unterschenkelknochen schnappte und davonlief. Er wird sicher ein
Disziplinierverfahren am Hals gehabt haben, doch das änderte nichts daran, dass der Knochen verschwunden
war.
So dezimiert landete der Kindersarg dann bei einem Wiener
Bestattungsinstitut, das die Beerdigung im Ehrengrab vollziehen sollte.
Leider verzögerte sich die Bestattung, da der Bürgermeister immer wieder
andere Termine hatte. Im Zuge der längeren Lagerung der Gebeine verschwanden
noch einige Teile von Ödön, die man nie wieder auffinden konnte.
Doch letztendlich gelang es doch, unter Beisein des so genannten
kulturellen Wiens, den prachtvollen Sarg mit den letzten verbliebenen Knochen
und dem halben Schädel Ödön von Horvaths langsam in die Grube des Ehrengrabes
zu versenken.
Horvaths Gebeine, oder der Rest, der noch da war, fanden so ihre ewige
Ruhe.
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