3. Die kleine Hexe bekommt einen Namen
von Joana Angelides
Über dem großen
Märchenwald lag das silberne Licht des Mondes. Es war Nacht und alles schlief
bereits. Alle Feen lagen in ihren weißen Bettchen, hoch oben im Märchenschloß,
zwischen Blütenblättern und kleinen Polstern, welche mit Blütenstaub gefüllt
waren. Sie waren zugedeckt mit zarten grünen Farnblättern und träumten von den
Ereignissen des vergangenen Tages.
Nur die kleine
Hexe konnte nicht schlafen. Sie war ganz traurig, daß sie heute soviel Unsinn
angestellt hatte. Leise mußte sie schmunzeln, als sie sich erinnerte, wie die
dicke Köchin in der Salatschüssel landete. Aber das Lächeln war schnell wieder
verschwunden. Wie sollte es nur weitergehen?
Sie hatte nicht
einmal einen Namen. Alle sagten nur immer „die kleine Hexe“ wenn sie von ihr
sprachen. Sie wollte unbedingt auch einen Namen, sowie die Fee Silva!
Sie setzte sich
in ihrem Bettchen auf und angelte nach ihren kleinen Schuhen.
„Ich werde zur
Eule gehen. Vielleicht weiß die einen Namen für mich, sie ist die Klügste im
ganzen Wald, scheint mir. Sie ist ja die Lehrerin.“
Sehr leise
schlich sie sich aus dem Schlafsaal, um die anderen nicht zu wecken.
Aber wo wollte
sie den suchen? Sie wußte nicht, wo sie die Eule finden konnte.
Wahrscheinlich
ist sie im tiefen Wald, dachte sie. Sie schlich sich zum Ausgang.
Das Tor im Feenschloss
war nur einen Spalt geöffnet, sie mußte sich durchzwängen und hätte fast ihr
neues, schönes Nachtkleid zerrissen. Aber es ging noch einmal gut
Jetzt war sie
draußen, die großen dunklen Tannen standen in großen Abständen, zwischen ihnen
gab es Büsche, Moos und Farne.
Sie schritt
zögernd in die Dunkelheit hinein.
„Hallo, was
machst Du da?“ kam plötzlich eine Stimme unter dem Farn hervor, das Farn teilte
sich und ein kleiner Waldkobold kam hervor.
„Du hast mich
aufgeweckt, warum schläfst Du nicht?“
„Es tut mir leid,
ich suche die Frau Eule.“ Sagte die kleine Hexe mit zittriger Stimme.
„Jetzt mitten in
der Nacht? Da fliegt sie über den Baumwipfeln des Waldes und sucht Mäuse, da
hat sie für Dich keine Zeit Komm´ morgen in die Waldschule, da kannst Du mit
ihr sprechen.“
„Morgen kann ich
nicht, ich muß mich bei der Feenkönigen melden, sie sucht eine neue Arbeit für
mich. Aber ich habe keinen Namen und habe Angst, dass mich die Feenkönigin nach
meinem Namen fragen wird. Und da wollte ich die Frau Eule fragen, ob sie nicht
einen Namen für mich weiß.“
„Was, du hast
keinen Namen?“ er kugelte sich vor lauter Lachen auf dem weichen Waldboden.
„Siehst Du, auch
Du findest es unmöglich, daß ich keinen Namen habe.“ Die kleine Hexe war ganz
traurig und es kollerten dicke Tränen über ihr Gesicht.
„Also hör sofort
zu weinen auf. Das hilft überhaupt nicht.“ Der Waldkobold machte eine
energische Bewegung.
Es raschelte im
Gebüsch und die Schlange Birr kam hervor.
„Was ist da los, warum
macht ihr so einen Wirbel?“ Sie hatte wie immer nur ein Auge geöffnet, mit dem
anderen Auge schlief sie noch.
„Die kleine Hexe
sucht einen Namen für sich, sie ist sozusagen „namenlos“ und da sucht sie jetzt
die Eule, damit sie ihr einen Namen sagt, der zu ihr paßt.“ sagte der Waldkobold.
„Ja, wieso haben
den Hexen keinen Namen?“ fragte der Kuckuck, der aus seinem Baumloch
hervorlugte.
„Sie haben schon
einen Namen, aber erst, wenn sie die kleine Prüfung abgelegt haben. Aber
ich....“ die kleine Hexe mußte schlucken, „ich habe noch gar keine Prüfung
abgelegt. Ich kann einfach nicht hexen oder zaubern, weil ich gar nichts Böses
denken oder tun kann. Daher hat man mir noch keinen Namen gegeben und dann bin
ich zusammen mit den Feen von der Zauberinsel, wo mich die böse Hexe Bora
eingesperrt hat, auf dem Zauberpferd geflohen und jetzt bin ich da.“
„Warte hier,“
sagte der Kuckuck, „ich werde die Eule suchen.“ und schwang sich aus dem
Baumloch hoch hinauf in die Luft und verschwand in den Wipfeln.
„Komm, setz Dich
hierher,“ sagte der Kobold und holte zwei große Farnblätter. Das erste rollte
er zusammen und machte einen kleinen Hocker draus. Das andere Blatt schwang er
um ihren Rücken und deckte sie damit zu „sonst wird es Dir hier zu kalt.“
Sie setzte sich
dankbar hin und hielt das Farnblatt fest.
„Hier ich bringe
Dir einen warmen Kräutertee, mit einem Tropfen Bienenhonig. Der ist von unseren
Bienen, die den Waldhonig den ganzen Tag in Gläser füllen und einlagern. Da
habe ich eine Freundin, Biene Mojo, die bringt mir immer wieder ein Töpfchen
voll.“
Dankbar nahm die
kleine Hexe das Glas zwischen ihre Hände und trank den Tee in kleinen
Schlückchen.
Plötzlich lag ein
Schatten über ihnen und es landete die große Eule unter der Tanne.
„Wo ist die
kleine Hexe?“ krächzte sie und schlug kurz mit ihrem linken Flügel.
„Hier,“ flüsterte
diese
„Du musst schon
lauter sprechen, damit ich Dich hören kann. Also du bist die kleine Hexe ohne
Namen?“
„Ja,“ sagte diese
so laut sie konnte.
„Eigentlich habe
ich noch nie jemand einen Namen verliehen. Aber laß mich nachdenken.“
Sie hob den
rechten Flügel, bedeckte ihre Augen und die Stirn und schien angestrengt
nachzudenken.
„Also da fallen
mir nicht sehr viele ein. Warte einmal. Also was sagst du zu Lope?“
Die kleine Hexe
schüttelte den Kopf.
„Bora?“
Da schüttelte die
kleine Hexe ganz energisch den Kopf. Sie wollte nicht so heißen wie die große
böse Hexe.
„Assunta?“
„Esmeralda ?“
„Samantha ?“
„Ach ja, der Name
gefällt mir,“ strahlte die kleine Hexe.
„Na gut, dann
kann ich ja wieder fliegen,“ sagte die große Eule, „und komm in den nächsten Tagen
bei der Waldschule vorbei, dann werde ich Dich in die dritte Klasse geben, ich
glaube schreiben und lesen kannst Du ja?“
Da dachte die
kleine Hexe an das Zauberbuch. „Ja schreiben und lesen kann ich, muß ich denn
noch andere Sachen lernen?“
„Na, sowieso,“
krächzte die Eule, „ich werde gleich morgen mit der Elfenkönigin sprechen,
damit sie Dich anmeldet“
Sprach sie und
schwang sich über die Tannen fort.
„Samantha ist ein
sehr schöner Name,“ riefen alle im Chor.
„Ich danke Euch,“
lächelte die kleine Hexe, nun Samantha genannt.
„Ich muß jetzt
aber wieder zurück ins Feenschloß, bevor mich jemand vermißt.“
Sie drehte sich
um und lief auf das Schloß zu. Als sie zum Tor kam und sich wieder durch den
kleinen Spalt hineinzwängte, stand vor ihr der Elfe Feno. Er hatte heute
Pförtnerdienst.
„Wo kommst Du
denn jetzt her? Es sollen doch alle schon in ihren Zimmern und in ihren Betten
sein? Ich muß Dich eintragen. Wie ist Dein Name?“
Da strahlte die
kleine Hexe, sah zu ihm auf, schloß ihre Augen und sagte laut und deutlich:
„Ich bin die
kleine Hexe Samantha.“
Dann lief sie die
Treppe hinauf zu ihrem Schlafsaal und schlüpfte rasch unter die Decke und
schlief sofort ein.
Es gibt zahlreiche
Kurzgeschichten, Märchen, Erotik-e-Books, einige Romane und Gedichte von mir!
Fast alles in e-Books zusammengefasst! Download von amazon, Thalia Libri und
allen Großhändlern!Großes Lesevergnügen um wenig Geld!
Auch über https://www.bookrix.de/-joanavienna/