Montag, 10. Dezember 2018

Hexlein Samantha und die Kräuter, Märchen


Hexlein Samantha und die Kräuter
von Joana Angelides 

Hexe Samantha, Tante Monika und der Märchenwald, Teil 2

Die kleine Hexe Samantha ging ganz betrübt durch den Märchenwald nach Hause ins Schloss.  Heute hatte sie in der Schule die Lehre von den Kräutern abgeschlossen. Aber es waren so viele Kräuter, wer sollte sich das alles merken? Sie hatte über das Wochenende frei und am Montag war die große Prüfung, das heißt, sie musste über das Wochenende noch viel lernen,

Da es sehr warm war und die Sonne auf der Lichtung schien, setzte sie sich am Fuße der großen Tanne nieder um auszuruhen. Als sie nun so dasaß, beschloss sie einige der Kräuter auszuprobieren, um dann bei der Prüfung gute Noten zu bekommen. Sie öffnete ihre Tasche und nahm das Kräuter-Schulbuch heraus. Sie blätterte eine Weile darin und beschloss dann einen Trank aus Baldrian und Melisse zu brauen. Dieser Trank sollte beruhigend wirken und kann sicher keinem schaden, dachte sie.

Außerdem gab es da auch noch Hirse und Malz und Honig, da konnte man ein würziges Honig-Bier herstellen, das sicher den Kobolden gut schmecken würde. Ganz aufgeregt machte sie das Buch wieder zu, verstaute es in der Tasche und lief zum Feenschloss. Sie musste die Köchin noch erreichen, bevor diese die Küche schloss und zum Mittagsschlaf ging. Bevor sie jedoch ins Schloss ging, musste sie noch im Wald die nötigen Kräuter holen.
Als sie die Küche betrat waren schon alle emsig dabei, die Töpfe und Pfannen, die Teller und Gläser in die Regale zu verstauen. Alles war bereits abgewaschen und abgetrocknet und die Küche war blitzblank geputzt.

„Was willst du denn?“ fragte die Köchin misstrauisch. Wenn die Köchin die kleine Hexe Samantha zu Gesicht bekam, hatte sie immer das ungute Gefühl, es wird sicher sofort irgendwas passieren. „Ach ich muss für die Prüfung am Montag noch was praktisch ausprobieren, kann ich nur ganz kurz in der Küche etwas Wasser aufkochen und Kräuter darin ziehen lassen.“
„Wasser aufkochen?“ Die Köchin runzelte die Stirne und dachte nach. Also, wenn sie nur Wasser aufkochen will, kann eigentlich nichts passieren, dachte sie. Aber sie wollte trotzdem schon den Kopf schütteln.

„Ach bitte!“ sagte Samantha in diesem Augenblick und ihre großen Augen sahen die Köchin so flehentlich an, da konnte diese nicht „Nein“ sagen. „Also gut, aber halte dich nur hier in diesem Bereich auf. Hier hast du einen Topf für das Wasser und eine Schüssel für die Kräuter. Nachdem du fertig bist, stelle den Topf und wasche die Schüssel gut aus und stelle sie hier her.“ Sie zeigte mit den Fingern genau auf die Stelle, wo sie die beiden Geschirre stehen haben wollte.

„Und hast du vielleicht auch zwei Flaschen, wo ich dann die Kräutersäfte hineingießen kann?“ „Ja, hier.“ Sie zeigte auf ein Regal mit lauter leeren Flaschen, „Nimm dir was du brauchst, aber ich will diese Flaschen nach deiner Prüfung wieder zurückhaben!“ Sie erhob ihre Stimme ein wenig, um ihr einen drohenden Klang zu geben. „Ja, natürlich, oh ich danke dir vielmals.“ „So ich gehe jetzt und ruhe mich aus, wenn ich wiederkomme, möchte ich dich hier nicht mehr sehen!“ Sie drehte sich um und verließ die Küche.

Samantha breitete die mitgebrachten Kräuter fein säuberlich auf dem Tisch aus und wusch dann jedes einzelne sehr sorgfältig.  Sie ließ sie die Kräuter in einem Sieb abtrocknen. Nun stellte sie Wasser auf den Herd und wartete bis es kochte. Sie nahm die gewaschenen, in einem Tuch abgetrockneten Baldrianblätter und die Melisse und legte sie in eine Schüssel. Dann nahm sie den Topf mit dem kochenden Wasser und machte den Aufguss.  Baldrian war ja fast eine Medizin, es wirkte beruhigend und half bei Schlaflosigkeit. Sie holte rasch das Kräuterbuch heraus und schaute nach, wie lange die Kräuter ziehen mussten. Das schrieb sie auf einen Zettel und legte ihn daneben.  Sie nahm die anderen Kräuter für das Kräuterbier und mischte es genau nach den Angaben des Buches und suchte, obwohl ihr die Köchin verboten hatte in der ganzen Küche herum zu gehen, etwas Honig von den Bienen des Waldes und gab einen großen Löffel Honig dazu. So, das musste nun einmal gären. Aber so viel Zeit hatte sie nicht, sie musste schon heute Nachmittag die Küche verlassen!

Während nun die beiden Schüsseln mit den Kräutern so dastanden, der Baldrian musste ziehen, das Bier sollte gären, überlegte sie sich, dass ein kleiner Zauberspruch aus ihrem Zauberbuch helfen würde, dass das Honigbier schneller gären würde. Sie schloss die Augen und dachte nach. Wie war doch der Spruch, der die Zeit übersprang und die Minuten zu Sekunden und die Stunden zu Minuten machte?

„Chronos multipassos, abradrum“
Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen sah sie schon wie sich in der Schüssel die Flüssigkeit verdoppelte und die Kräuter zerfielen und sich oben ein Schaum bildete.
 „Es hat geklappt“ jubelte sie und klatschte in die Hände. Aber jetzt musste sie das alles noch in Flaschen füllen! Sie nahm sich einige Flaschen vom Regal und füllte das Bier dort ein, verschloss die Flaschen mit Korken und verstaute sie in ihrer Schultasche.

Sie nahm auch eine Flasche für den Baldriansaft. Doch leider war diese Flasche zu klein, es blieb etwas Flüssigkeit übrig, sie wollte den Rest aber nicht wegschütten, sondern suchte ein Glas oder eine Schale. Ach, da stand ja eine Porzellanschale, gleich neben dem Herd. Dort hinein goss sie den Baldriansaft. Sie wollte diesen Rest dann später abholen, weil sie nicht alles tragen konnte. Es war ihr zu schwer.

Sie hatte allerdings nicht bemerkt, was auf der Rückseite der Schale stand: NUR FÜR KÖCHIN. Es war die Kaffeeschale der Köchin.

Nachdem sie alles abgewaschen und wieder an den Platz gestellt hatte, verließ sie die Küche, um die Flaschen für Montag aufzubewahren. Sie war ganz sicher, nun die Prüfung zu bestehen, weil sie ja auch mit praktischen Beispielen aufwarten konnte. Dann überlegte sie aber, dass sie nun die schweren Flaschen hinauf in den Schlafsaal schleppen musste und am Montag wieder runtertragen musste. Sie beschloss, die Flasche mit dem Baldriansaft in der Schultasche zu belassen, aber den Honigwein im Wald zu verstecken und am Montag dann zur Schule mitzunehmen. Sie ließ die Schultasche in der Küche stehen und ging mit den Bierflaschen hinaus in den Wald bis zur großen Tanne und versteckte sie dort in der Wurzelhöhle. Sie deckte sie mit Laub zu und war sehr zufrieden.

„Was versteckst du da?“ hörte sie plötzlich hinter sich eine leise Stimme. Es war die Schlange Birr. Diese hing am letzten Ast der Tanne faul herunter und hatte wie immer nur ein Auge offen, mit dem sie aber alles sah.

„Ach ist nur ein Experiment für die Schule, nichts Interessantes.“ sagte Samantha. „Ein Experiment?“ rief da der Kobold, der zugehört hatte. Er wohnte auf der anderen Seite des Baumes und beobachtete immer alles, was rundherum geschah. „Ja und lass das in Ruhe dort liegen, es ist nur Limonade“, sagte Samantha und ging zurück zum Schloss.

„Soso, Limonade“, sagte der Kobold und näherte sich den Flaschen neugierig. Bei einer Flasche war der Kork sehr lose und er roch daran. Es roch süß und ein wenig würzig. Er fuhr mit den Fingern am Kork entlang und steckte diesen dann in den Mund. „Oh, schmeckt aber gut“, sagte er dann.
„Was schmeckt gut?“ fragte das Eichhörnchen, das eben nach Hause kam und den Stamm entlang zu seinem Nest laufen wollte. „Na die Limo von der kleinen Hexe“, sagte der Kobold. „Wo ist eine Limo?“ fragte da der kleine Hase Haseputz. Er hoppelte gerade so im Wald herum und suchte Freunde zum Spielen und Limonade trank er für sein Leben gerne.

Im Nu hatten sich einige Tiere des Waldes versammelt und alle wollten die Limonade kosten. „Die Flaschen gehören euch nicht, lasst sie in Ruhe“, rief die Amsel, die gerade vorbeiflog. Doch in diesem Augenblick hörten sie „Plup“ und der Stoppel flog aus der Flasche heraus. Alle liefen weg und schauten ganz verschreckt. Das Bier gärte immer noch und der Stoppel war nicht fest genug im Flaschenhals. Durch das Bewegen des Koboldes flog er in hohem Bogen heraus und das Getränk schäumte heraus.

Der Kobold lief zurück und hob die Flasche in die Höhe. Er konnte nicht widerstehen, die vermeintliche Limonade mit seinem Mund aufzufangen. Wäre ja schade gewesen, wenn die gute Limonade verloren ging. „Oh, das ist aber eine seltsame Limo“, sagte er und machte noch einen kräftigen Schluck aus der Flasche. „Lass mich auch kosten“, rief das Eichhörnchen. Sie tranken beide aus der Flasche und schnell war die Flasche leer.
Da kam der Bär vorbei und wunderte sich, dass alle im Kreise standen und auf den Kobold blickten. „Was ist denn hier los?“ brummelte er. „Samantha hat eine wunderbare Limo gemacht und wir haben sie gekostet! Uuups!“ sagte der Kobold. „Ja, smeckt, smeckt guuuut“, lallte das Eichhörnchen. „Gib mir auch eine Flasche, muss ja eine tolle Limo sein, wenn ich euch so anschaue!“ Der Bär griff nach der nächsten Flasche öffnete den Korken und trank diese mit einem Zug leer.

„Wow, die schmeckt ja phäno... phäno... phänomenal!“ stellte der Bär fest und musste sich niedersetzen. Er saß nun mit dem Rücken zum Baum und seine Augen rollten rundherum. Der Kobold lag auf dem Rücken gleich neben ihm und seine Zipfelmütze ist ihm über das Gesicht gerutscht. Die Schlange Birr ließ sich langsam vom Ast herunter und schlängelte sich durch das Gras zu der liegenden Flasche neben dem Kobold. Mit ihrer langen Zunge leckte sie den Rest aus der Flasche, die neben dem Kobold lag und verdrehte beide Augen. Nach einer Weile konnte sie sich nicht mehr auf den Ast hinaufziehen und blieb auch im Gras liegen.

Papa Hase kam herbei und konnte grade noch im letzten Augenblick Klein-Haseputz daran hindern, ebenfalls von der Flasche zu trinken. Nachdem er davon nur gekostet hatte, stellte er fest: „Ist aber stark, diese Limonade.“
Ein paar Bienen kamen auch herbei, sie hatte der Duft des Honigbieres angelockt und sie naschten an den Tropfen auf der Flasche. Als sie wieder zurückflogen, machten sie einige Loopings und trällerten laut vor sich hin. Aufmerksam geworden durch den Lärm im Märchenwald kam auch Frau Eule herbeigeflogen und setzte sich auf den untersten Ast der Tanne. Mit ihren großen Augen betrachtete sie erstaunt das Treiben zu Füßen des Baumes und auf der Lichtung.

„Ah, ihr seid ja alle von diesem Bier beschwipst!!“ rief sie empört. „Oh, das ist Bier?“ brummelte der Bär und betrachtete die Flasche genauer. „Ja, und durch die Sonne und wahrscheinlich wieder unrichtigen Hexenspruch von Samantha ist das ein ganz starkes Getränk geworden! Hört sofort auf und lasst die Flaschen in Ruhe!“ rief sie streng. Doch leider war es schon zu spät. Jeder der von der vermeintlichen Limo gehört hatte kam herbei und wollte sie kosten. Im Nu waren alle Bewohner des Waldes beschwipst.

Auch die Waldfeen eilten herbei und staunten. Alles bewegte sich, alles lief im Kreis herum oder stolperte über Grashalme und fiel hin. „Schnell Silja, fliege zurück und sage der Köchin, sie soll eine Suppe für alle kochen, mit viel Reis drin, die müssen dann alle essen!“ sagte Fari, die Älteste der Feen, die erkannt hatte, was los war.

Silja flog zurück zum Schloss, kam aber gleich wieder. „Ach, die Köchin sitzt in der Küche und ist nicht wach zu kriegen, sie schläft! Sie hat den Baldriansaft von Samantha ausgetrunken, der in ihrer Schale war und jetzt wird sie schlafen bis morgen früh! Der Saft war so stark, dass er als Schlafmittel wirkt!“
„Samantha!!!!!“ rief Fari die Fee in den Wald hinein. Doch Samantha, die durch den großen Wirbel im Wald und in der Küche schon alles wusste, hatte sich im Wald versteckt. Sie wollte warten bis der Bär in seine Höhle kam, um sich auszuschlafen.  Sie wollte sich dann hinter ihm verstecken.

„Ach“, dachte sie, „warum gelingt mir kein Zauberspruch?!“ Die Feen bemühten sich nun alle gemeinsam mit den Elfen die Tiere des Waldes zu ihren Behausungen zu bringen und schärften ihnen ein, bis morgen früh zu Hause zu bleiben. Frau Kobold griff herzhaft zu und packte ihren Mann am Hemdkragen und zerrte ihn gleich in die Höhle neben den Wurzeln hinein und man konnte durch den ganzen Wald ihre Stimme hören. Die Schlange Birr blieb gleich im Gras liegen und schlief dort ein. Nur das Eichhörnchen hatte es gerade noch geschafft, ihre kleine Baumwohnung zu erreichen und plumpste hinein.
Auch der große Bär rappelte sich hoch und schwankte von Baum zu Baum zu seiner Höhle. Die kleine Hexe Samantha bemerkte er gar nicht.  Sie hatte sich ganz hinten in der Höhle versteckt.

Heute Abend und die ganze Nacht über war es unheimlich still im Märchenwald.



Freitag, 7. Dezember 2018

Die Eiche im Walde, Kurzgeschichte, Traumhaftes


Die Eiche im Walde
von Joana Angelides

„Paul, wohin gehst du denn?“ Anna schaut ihn fragend an. Eigentlich bräuchte sie ihn gar nicht fragen, sie weiß es.
Er geht, wie fast jeden Tag, zu der alten Eiche auf der Lichtung im Walde.
Es schien, als hätte ihn dieser Baum in seinen Bann gezogen. Er erklärte ihr, er spüre den Geist der Druiden, wenn er unter dem Baum stand.

Doch sie versteht ihn nicht, sie schüttelt immer nur den Kopf.

„Ich gehe ein wenig spazieren, bin ja mittags wieder da!“
Sagt er halb abgewandt, nimmt seinen Hut und den Stock von der Ablage und schließt die Türe.

Der Wald beginnt mittelbar hinter dem Haus, das sie nun seit zwei Jahren bewohnten, nachdem sie nach der Pensionierung aus der Stadt hier her gezogen waren.
Angenehme Kühle umfängt ihn, als er den schattigen Weg zwischen den Bäumen erreicht. Die Geräusche des Waldes waren für ihn anfangs geheimnisvoll, doch nun schon sehr vertraut. Es knacken Äste, es zwitschern Vögel und er merkt, dass immer wieder kleine Bewohner des Waldes zwischen den Bäumen hin und her huschen. Die Geräusche von außen werden von den Bäumen und dem Moos rundherum an ihrer Rinde verschluckt.

Die Sonne dringt nicht wirklich durch die Äste der Bäume, sie zaubert aber, sich durch den leichten Wind bewegende Kringel auf den Waldboden.
Das Geheimnisvolle dieses Waldes für ihn ist, dass ihm gerade diese Kringel immer wieder den Weg weisen zu jener Eiche, die er nun seit Wochen täglich besucht.
Es leuchtet immer abwechselnd ein Lichtpunkt nach dem Anderen inmitten einer größeren Anzahl auf und er beschreitet diesen imaginären Pfad, benutzt ihn als Wegweiser.

Unter der mächtigen Eiche am Rande der Lichtung erlöschen sie plötzlich immer und er ist am Ziel.
Das erstaunt ihn jedes Mal und er beschließt eines Tages, sich aus einer anderen Richtung dem Baum zu nähern.
Doch auch da waren zwischen den Kringel am Boden, immer wieder hellere Punkte die leuchteten und ihn leiteten.

Diese Eiche zieht ihn magisch an. Es ist, als würde sie auf ihn warten. Ihre Blätter scheinen zu ihm zu sprechen, sie wispern und flüstern. Es ist wie eine Heimkehr zu fernen Orten aus fernen Tagen. Aufwühlende Gefühle aus seinem Innersten kommen hoch und legen sich drückend wie ein Ring um seine Brust. Eine seltsame Erregung erfaßt ihn jedesmal.

Der kleine Bach hinter der Lichtung plätschert dahin und unterbricht die Stille.

Nicht weit weg von dem Baum liegen einige große Steine, wie zufällig angeordnet und doch bilden sie einen Halbkreis, nach Osten offen.
Sie scheinen wie mit gewaltiger Faust dort hingeschleudert worden sein.
Der dichte Nebel der sich manchmal zwischen den Steinen am Boden bildet raubt ihm jedes Mal fast die Sinne.

Er lehnt sich gerne an diese Steine an und stellt dabei fest, dass sich die Geräusche rundum veränderten, je nachdem, welchen der Steine er wählt.

Wenn er an dem großen Mittelstein des Halbrundes lehnt, hört er viele Stimmen ohne jedoch die Worte zu verstehen, auch Geräusche, wie aufeinander schlagende Schwerter glaubt er zu hören.
Nach einer Weile dess sich der Stimmung hingebend, sammeln sich meist rings um ihn einige Leute, die scheinbar im Wald leben. Sie sprechen nie mit ihm, sammeln Holz und Kräuter und verschwinden wieder in der Tiefe der Waldes. Es ist jedes Mal, als würden sie ihn gar nicht wahrnehmen.

Als er diese Begegnungen einmal im Gasthaus erwähnt, bekommt er keine Antwort. Sie sehen sich an und beginnen dann von anderen Dingen zu sprechen.
Nur der alte Sebastian, der immer neben dem großen keramischen Kamin in der Ecke sitzt, blickte ihn lange an und es schien ihm, als wollte er etwas sagen. Doch dann beschäftigte er sich wieder intensiv mit seiner Pfeife. Er hatte sein langes weißes Haar rückwärts zusammen gebunden, seine nackten Füße steckten in ganz alten Sandalen.


Heute ist es sehr still im Wald, es ist als würde der Wald den Atem anhalten. Es fällt ihm wieder ein, was er über Eichen gelesen hatte. Die Kelten nannten die Eiche „Dru“ und „id“ heißt Weisheit. Das erinnert an „DRUIDEN“. Also war die Eiche das Symbol der Weisheit für die Kelten. Wieso spürte er hier, zwischen der Eiche und der Anhäufung der Steine diese geisterhafte Verbindung.

Er lehnt wieder an seinem Lieblingsstein, dem Mittelstein, der am größten ist und lauscht in den Wald hinein, als ihn eine weibliche Stimme aus seinen Träumen reißt:

„Kommst du heute Nacht zur Bezeugung einer Partnerschaft? Heute ist zunehmender Mond. Der Druide kommt auch um diesen Bund für ein Jahr und einen Tag zu bestätigen. Der Bach ist klar und rein, die Beiden werden ihre Hände und Füße in den Bach strecken und sich unter Wasser die Hände reichen. Das Versprechen wird in dem Wasser bis zu den Weltmeeren getragen. Das Ritual ist dann beschlossen.“
Er ist so erstaunt, dass er nur nicken kann, doch bevor er Näheres erfragen kann, war die Frau wieder im Wald verschwunden, ihre Gestalt löste sich zwischen den mächtigen Stämmen auf. Es war das erste Mal, dass er direkt angesprochen wurde, ja beachtet wurde.

**********

Anna konnte nur den Kopf schütteln, als er ihr mitteilt, er werden abends noch einmal in den Wald zur Eiche gehen.
„Es wird doch dann dunkel, du siehst nichts am Rückweg. Ich verstehe das nicht, die Eiche wird auch morgen noch dort auf dich warten!"
Er antwortete ihr nicht und machte sich bei einbrechender Dunkelheit auf den Weg.


Als er bei der Eiche ankam, waren schon einige Leute versammelt. Einige kannte er schon vom Sehen, einige waren ihm fremd. Das Paar stand in der Mitte, war mit Blumenkränzen geschmückt, in das lange blonde Haar der Frau waren Blüten und Blätter des Waldes befestigt. Sie trug ein langes, fein gewebtes Gewand, durch einem Gürtel gehalten. Der Mann hatte ein grob gewebtes Hemd, das ihm bis zu den Knien reichte und ebenfalls mit einem Gürtel gerafft war.

Ein alter Mann mit weißem Bart und langem Haar stand neben ihnen und die anderen hielten respektvollen Abstand. Er erinnerte ihn an irgend jemand. Doch er kam nicht dahinter.

In der Mitte des Steinrundes war ein Scheiterhaufen aufgebaut und brannte lichterloh. Die Frauen brachten unentwegt Holz, um das Feuer am Leben zu halten.

Es war ein allgemeines Gemurmel zu hören. Er wurde wie immer, kaum beachtet und blieb an den Baum gelehnt, stehen.

Das Paar in der Mitte beugte sich zu dem Bach und reichte sich unter Wasser einige Male die Hände. Der alte Mann beugte sich ebenfalls vor und hielt ihrer beiden Hände in den seinen und murmelte unverständliche Worte, dann formte er seine Hände zu einer Kelle und ließ das Wasser über die Köpfe der beiden abfließen.

Die Umstehenden klatschten in die Hände und die Stimmen wurden immer lauter. Sie verteilten sich auf der Lichtung, in respektvollem Abstand zu den Steinen und begannen die mitgebrachten Spesen zu verzehren.
Das Paar mit den Blumenkränzen im Haar mischte sich unter die anderen und wurde immer wieder von ihnen berührt, geküsst und mit weiteren Blumen überschüttet.
Ihm schien es, als würde dieses Fest Stunden dauern. Die Männer tanzten um das Feuer, entledigten sich ihrer Kleider, es sah unwirklich aus im Schein der Flammen.
Es kam zu Scheinkämpfen mit Fäusten und Schwertern. Es wurde gegessen und getrunken, sie sangen ihm unbekannte Lieder, sie klangen melancholisch-tragend.

Er drückte sich an den Baumstamm und beobachtete das unwirkliche Treiben mit großen Augen. Da er kaum beachtet wurde, beschloß er, sich mit fortschreitender Nacht und nach diesem Rausch der Sinne, wieder auf den Heimweg zu machen. Der Wald war dunkel, geheimnisvoll und er stolperte auf dem Wege mehr oder weniger mühsam wieder zum Haus zurück.
Erst zu Hause merkte er, dass seine Jacke durch den Funkenflug einige kleine Brandlöcher davon getragen hatten.
Auch sein Gesicht war von Ruß geschwärzt und seine Augenbrauen waren beeinträchtigt.

Als er am nächsten Tag seine Geschichte im Gasthaus erzählte, wurde er mehr oder weniger ausgelacht.

„Ach Paul, nein, das müssen Sie geträumt haben. Sie sind sicher eingeschlafen, und die Schatten des Waldes gaukeln abends die absonderlichsten Bilder vor. Gehen sie da nicht mehr hin, mitten in der Nacht!“ Der Apotheker, schüttelte den Kopf.

„Aber, wenn ich Ihnen sage, ich bin nur deswegen in den Wald gegangen um an diesem Ritual teilzunehmen. Wenn man jetzt in den Wald gehen würde, man würde Spuren finden, das Feuer war ja sehr mächtig. Das Gras müßte niedergetreten sein, Reste des Festes müßte man dort finden!“

Betretenes Schweigen und Achselzucken war die Folge. Sie wandten sich wieder ab und langsam kamen die Gespräche wieder in Gang.


Es zog ihn zurück in den Wald. Er konnte es gar nicht erwarten, die Stelle in Augenschein zu nehmen.
Der Wald war wie immer voll der Geräusche, die er schon kannte. Die Sonnenkringel lagen auf dem Fußboden und veränderten stetig ihre Gestalt. Doch heute fehlten die hellen Punkte, die ihn immer leiteten. Doch er kannte den Weg auch so und stürmte voran um rasch zu seinem Baum zu kommen.

Da stand Sebastian mit einem Rechen in der Hand, sammelte allerlei Dinge ein und warf sie in einen großen Plastiksack. Kehrte die Reste eines Lagerfeuers zusammen und grüßte ihn freundlich.
„Was machen sie da?“ Er schaute Sebastian erstaunt an.
„Ach, da waren vor einigen Tagen eine Gruppe von Kindern da, die haben soviel Mist und Reste zurück gelassen, das kann man nicht so lassen. Der Wald muß sauber bleiben. Ich kehre zusammen.“

Er warf den Kopf nach rückwärts, das Band löste sich und seine weißen Haare fielen ihn auf die Schulter. So im Gegenlicht sah er sehr würdig und sehr alt aus.

Paul schloß seine Augen und rief sich die Bilder der Nacht wieder in Erinnerung. Sollte dies alles ein Geheimnis zwischen ihm und Sebastian bleiben? Wußten denn die Anderen im Dorf nicht, was sich im Wald abspielt?
Wenn ja, dann wollten sie scheinbar nicht darüber sprechen.




Ein Unwetter im Märchenwald, Märchen


Ein Unwetter im Märchenwald
von Joana Angelides


Es regnete ganz fürchterlich im Märchenwald. Seit Tagen war der Himmel bewölkt und ganze Sturzbäche ergossen sich zwischen den Bäumen und viele kleine Wohnungen standen unter Wasser.
Die Wühlmäuse mußten ihre Höhlen verlassen und sich in höher gelegene, von anderen Tieren verlassene Höhlen begeben.
Der kleine Kobold hatte zwar einen Baldachin  vor seine Wohnung im hohlen Stamm des großen Baumes angebracht, doch gegen diese Sturzfluten war auch der machtlos. In seinem Wohnzimmer stand wieder einmal alles unter  Wasser. Frau Kobold hatte den Teppich aufgerollt und versucht nun  mit dem Besen das Wasser aus dem Wohnzimmer ins Freie  zu schieben.

Die kleinen Finken in ihren Baumnestern durften gar nicht die Köpfchen raus strecken, sie wurden von der Mutter sofort wieder hinein geschickt.
Nur die Frösche im See fühlten sich in ihrem Element. Sie sprangen von Seerose zu Seerose und versuchten Insekten zu fangen.
Die Schlange Birr hatte sich zusammengerollt und lag in einer Astgabelung und ließ das Wasser an sich abrinnen.
Die Waldfee Fari flog über die Lichtung in Richtung der großen Tanne und versuchte sich vor dem strömenden Regen mit einem großen Blatt zu schützen. Doch sie war bereits pitschnass. Sie wollte schauen, ob irgendwer im Wald Hilfe brauchte. Sie mußte lächeln. Die Heuschrecke Bren hatte sich eine der herumliegenden Nußschalen der Eichhörnchen geschnappt und versuchte in dieser sitzend  auf die andere Seite des Waldweges zu gelangen. Sie verwendete einen kleinen Ast zum Rudern, aber da sie allein in der Nußschale saß, mußte sie immerfort einmal auf der linken und dann auf der rechten Seite des kleine Bootes rudern, und das war sehr sehr anstrengend. Gerade noch konnte sei einem Blatt ausweichen, auf dem einige Waldameisen saßen.

Die Hasenfamilie mit ihren Jungen saß neben ihrer überschwemmten Erdhöhle auf einem Stein und Vater Hase hatte große Mühe den kleinen zappelnden Haseputz immer wieder aus dem Wasser zu ziehen und neben sich auf den Stein zu halten.

Im Märchenschloß hatte die Feenkönigin angeordnet, daß der große Saal  mit Schlafgelegenheiten für alle Tiere des Waldes hergerichtet wird. Sie hatte einen großen Kessel mit heißem Tee  in der Küche bestellt und der Köchin aufgetragen ihre guten Kekse mit Zimt und Honig zu backen.  Alles war emsig bemüht das Schloß für die armen Tiere des Waldes als Zuflucht zu öffnen.
„Samantha!“ Rief die Köchin. „Komm sofort hierher und nehme die Kekse aus dem Ofen und stapele sie auf die großen Teller und trage sie dann einzeln in den großen Saal und stelle sie hin.“
„Ja gerne,“ rief Samantha und freute sich, daß sie auch etwas helfen konnte und vor allem, daß die Köchin wieder mit ihr sprach und nicht mehr böse auf sie war, nachdem sie sie in den See  fallen ließ beim großen Frühlingsfest.
Samantha ging neugierig zum großen Backofen und schaute durch das beleuchtete Glasfenster in den Ofen hinein. Da lagen die Kekse fein säuberlich in Reih´ und Glied und der Duft zog sich durch das ganze Schloß. Sie nahm die Handschuhe und öffnete die Türe des Backofens. Oh, wie sollte sie nur das heiße Blech anfassen, trotz des Handschuhs hatte sie große Angst.
„Ich werde ein wenig zaubern und das Backblech soll alleine aus dem Backrohr heraus kommen,“ dachte sie sich.
„Hudribuzidollidei, Backblech komm heraus,“ sagte sie ganz leise.
Und wirklich, da  rutschte das Backblech aus dem Ofen und schwebte vor der kleinen Hexe her. Doch wenn diese sich etwas rückwärts bewegte, so kam das Backblech hinter ihr her, wenn sie stehen blieb, blieb auch das Backblech stehen. Sie wollte nach den Keksen greifen, aber das Backblech folgte ihrer Handbewegung und ging zurück. Sie konnte die Kekse nicht erreichen.
„Wie soll ich denn die Kekse auf die Teller legen, wenn ich sie nicht erreichen kann?“ Überlegte Samantha ganz verzweifelt.
„Samantha! Wo bleiben denn die Kekse?“ Hörte sie die Köchin rufen.
Sie ging ganz langsam rückwärts auf die Treppe zu und das Backblech hinter ihr her. Leider merkte sie nicht, daß sie bereits am Treppenabsatz stand und ging  noch einen Schritt nach rückwärts. Hätte sie nicht der Elfe Mo im letzten Moment aufgefangen, wäre sie die Treppe hinuntergefallen. Mo hielt sie fest und schwebte mit ihr die Treppe hinunter, das Backblech hinter ihnen her.
„Oh Gott, sie hat schon wieder zu zaubern versucht,“ rief die Köchin händeringend.
„Mo, stelle Samantha wieder runter,“ befahl sie mit vor Zorn bebender Stimme.
Der Elfe Mo stellte Samantha vorsichtig hin und  stibitzte gleichzeitig eines der Kekse vom Backblech.
„Also,  Samantha, wie willst du nun die Kekse auf die Teller legen?“ Vor Zorn  bebend stemmte die Köchin beide Hände in die Hüften.
„Hudribuzidrallalla,“
„Hudribuzihoppala“
„Hudribuzitetrita“

Alles half nichts, das Backblech schwebte genau vor Samantha und die Kekse waren für die kleine Hexe unerreichbar.

Inzwischen hatte sich der große Saal im Schloß mit den Tieren des Waldes gefüllt und alle schnatternden durcheinander und erzählten sich  ihre schrecklichen Erlebnisse durch das Unwetter. Frau Eule hatte in einer Ecke  ihre Kleinsten versammelt und übte mit ihnen das Lied von der Vogelhochzeit ein.
„Alle Vögel sind schon da....“  hallte es durch den Raum.
Der Specht machte den Takt dazu  und die Grillen zirpten. Die Waldfeen  teilten den Tee in  den vorbereiten Kelchen der Glockenblumen aus und auch zarte Decken wurden ausgeteilt, damit die kleinen Waldbewohner nicht frieren mußten.
Da wollte  auch der große Bär hereinkommen. Sein Fell war ganz mit Wasser durchdrängt  und er wurde gerade noch im letzten Moment vom Pförtner Feno dazu angehalten  sich auszuschütteln. Er hätte sicher eine große Pfütze im Saal hinterlassen. Erst als er sich abgeschüttelt hatte, durfte er herein.

Er blickte sich im großen Saal um  und grüßte nach allen Seiten. Er nahm auch dankbar einen Becher vom heißen Tee. Dann erblickte er in der Ecke die Hexe Samantha. Sie stand dort, mit dem Rücken zur Wand, vor sich das Backblech mit den Keksen und wollte gerade zu weinen beginnen.
Der Duft der Kekse drang in seine Nase, besonders der Duft nach Honig hatte es ihm angetan. Er ging zu Samantha hin, nahm einfach das Blech in die Pranke und aß alle Kekse alleine auf. Dann stellte er das Blech an die Wand und lehnte sich an den warmen Kamin und schlief sofort ein.

Samantha hatte das alles mit großen staunenden Augen beobachtet. Das Blech lehnte nun an der Wand und bewegte sich nicht. Sie machte einen vorsichtigen Schritt nach vor, um aus der Ecke raus zukommen und es gelang ihr auch.
Sie kuschelte sich ganz eng an den Bären an, legte ihren Kopf auf seine Schulter und flüsterte ihm zu:
„Du hast mich gerettet.“  Doch der Bär  war schon eingeschlafen und glaubte zu träumen. Er brummte nur leise zurück.

„So, hier sind die restlichen Kekse, Kinder greift zu!“  rief die Köchin.
Sie hatte die restlichen Kekse aus der Küche geholt und selbst auf die Teller gelegt. Alle eilten herbei und jeder nahm sich einige der warmen duftenden Kekse und man hörte alle schmatzen.
Eigentlich hatte sie die Absicht die kleine Hexe Samantha dort in der Ecke zur Strafe stehen zu lassen bis in den Abend hinein. Aber da sie sie nicht mehr sah, vergaß sie darauf. Eigentlich hatte sie die kleine Hexe ja recht gerne und verzieh ihr immer wieder ihre kleinen Streiche.

Inzwischen hatte sich das Wetter wieder beruhigt, der Regen hatte aufgehört und die  Tiere des Waldes verließen wieder das schützende Schloß.
Bis zum Abend  war auch das Wasser wieder abgeronnen und die Höhlen der Tiere waren wieder frei.
Nur mehr an den zum trocknen aufgehängten Kleidungsstücken der Kobolde und  Heinzelmännchen aus dem Walde konnte man noch das Unwetter vom Nachmittag erahnen.
Und natürlich an den großen Wassertropfen, die hin und wieder von den Tannenzapfen auf die Erde fielen. Die Sonne kam durch die Baumwipfel und tauchte den Märchenwald in goldenen Glanz und die Sonnenkringel tanzten auf dem Moosboden.


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