2. Teil
der Trilogie Höhlen, Spalten und Tiefen
von Joana Angelides
Poseidon, Mon amour
Ich habe dir schon
von meinen Träumen erzählt, die mich durch Wände und Felsen gehen, in sich
plötzlich auftuende Meerestiefe
versinken lassen.
Seit meinen
Kindheitstagen vermutete ich schon immer Poseidon, den Gott der Meere und
Tiefen in der Dunkelheit der See.
Nun bin ich erwachsen
und wenn ich am Strand liegend, vor mich hin träume und mich das von weit
draußen zu hörende Kreischen der Möwen nur wenig im Halbschlaf stört, höre ich
manchmal sein Rufen.
Es kommt aus der
Tiefe, ist lockend und doch herrisch zugleich.
Er ruft mir zu, die
Bettstatt ist bereit, die Kutsche aus der Tiefe steigt auf und wird mich holen.
Dann sehe ich im dunklen Wasser seinen
Fünfzack leuchten, seine mächtige Gestalt verschwommen sich bewegen. Und ich
bin bereit.
Immer, wenn ich mich
dann in die Fluten werfe, mit meinen Armen das Wasser teile, höre ich Klänge
aus einer anderen Welt, gurgelnd, hell und rauschend. Die Strudel ziehen mich
hinab und ich besteige diese wunderbare, grüne Kutsche mit den weißen Pferden
der Wogen und versinke in dem sich
öffnenden Schlund.
Poseidon selbst
reicht mir seine mächtigen Hände, trägt mich in sein Unterwasserschloß und wir
sinken auf das mit Schlingpflanzen und
Algen gepolsterte Bett.
Neugierige riesengroße Fische, Oktopusse und
schemenhafte Gestalten umkreisen uns,
grüne Schleier und Seeanemonen zittern um uns herum und ich versinke in
den mächtigen Armen Poseidons. Die unterirdische Strömung des Meeres lässt mich
unter kühlen Prisen erschauern und wärmeren Strömungen vergehen. Er nimmt mich einfach, seine Kraft
strömt in mich und es beginnt eine unendliche Reise in die dunkle,
geheimnisvolle Tiefe der
Leidenschaft. Seine kräftigen Hände
streichen sanft und doch fordernd über
meinen Leib, erzeugen Druck und Zittern.
Die Entladung unserer
Höhepunkte erzeugen an der Oberfläche plötzliche starke Wellen, läßt die Möwen erschrocken auffliegen und sich
weiter draußen, an Ufernähe niederlassen.
Der Wind hält den Atem an und die Farbe des Wassers färbt sich dunkelgrün.
Oh, welch süße Worte
kann Poseidon flüstern. Sie plätschern an meinen Ohren wie leise Sinfonien
dahin und lassen in meinem Blut Blasen aufsteigen und diese im Kopf zerplatzen.
Er lässt sich Zeit,
erweckt immer wieder dieses ungeheure Verlangen in mir, geniesst es, wenn ich
wild um mich schlage, das Wasser in Bewegung kommt und die Fische sich
erschrocken in Nischen und Höhlen zurück ziehen. Er bindet Schlingpflanzen wie Taue
um meine Arme, ringt Muscheln und Seegras in mein Haar und beginnt mich immer
wieder zu erforschen, meine Schreie der Lust und Auflösung verlieren sich in
den Weiten des Meeres. Danach trägt er mich
zärtlich auf seinen Armen an die Oberfläche und legt mich sanft in die
Wogen.
Plötzlich wird das
Wasser aufgepeitscht, riesige Wellen zerstören die Wasseroberfläche.
Das tägliche Schiff
vom Festland und zerstört meinen Traum, vertreibt Poseidon aus ihm.
Ich hasse dieses
Schiff immer in solchen Momenten. Aber ich weiß, Poseidon ruft mich wieder und ich werde ihm wieder folgen.
Denn ich bin ihm
völlig hilflos ausgeliefert.
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