Ein Klangkörper
von Joana Angelides
Mein Name ist Magritt.
Magritt, wie der belgische Maler. Mein
Vater, ein Belgier, war Sammler von seinen Bildern und Bewunderer. Er hätte
lieber einen Sohn gehabt, hätte ihn dann René Magritt genannt. So musste ich
dann mit diesem Namen leben, was immer wieder zu Verwechslungen mit Marquerite führte.
Das Einzige, was wir beide gemeinsam haben, ist unsere unbändige Abhängigkeit
von Erotik und Sex. Er ließ keine Gelegenheit und keine Frau aus, um das
ausleben zu können, was dazu führte, dass sich meine Eltern trennten und er aus
meinem Leben verschwand.
Und eben diese Gene beherrschten auch mein
Leben!
Nun,
ich lebe aus Überzeugung als Single, das heißt eigentlich tue ich das temporär!
Es
gibt immer wieder Männer in meinem Leben, manche vorübergehend, manche länger,
manche begleiten mich schon jahrelang!
Ich
liebe diese Augenblicke, wo ich mich fallen lassen kann, in starken Armen
versinken oder als beherrschender Faktor den Mann unter mir beherrschen kann.
Das
geht natürlich nur in einer Großstadt wie Paris. Sie hat das richtige Flair und
auch die richtigen Menschen dafür, die diese Leichtigkeit der Sinnlichkeit
lieben und auch gewähren lassen.
Mein
Leben als Journalistin erlaubt mir, dass ich mir die Tage und auch die Nächte
einteile, sie manchmal meiner Lust unterwerfe. Eigentlich sind wir drei
Freundinnen die sich völlig tabulos alles erzählen und die sich gegenseitig
beraten, auch trösten oder bestärken.
Heute
ist ein regnerischer Tag und ich blicke durch die halbgeschlossenen Jalousien
ins Freie und höre die Regentropfen, wie sie auffallen, manche auf mein Sims
klopfen. Obwohl es noch früh am Morgen ist, höre ich von nebenan über die offene
Balkontüre wie mein Nachbar seinem Cello leise, tiefe Töne entlockt. Er ist ein
junger Musiker an der Pariser Oper und lebt ganz seiner Musik. Alles in seinem
Leben ist Musik! Je nach inneren Gefühlen, Lust und Sturm in seinem Inneren,
bedient er sich eines anderen Instrumentes. Das Cello ist ein suchendes Instrument,
mit dem sein brunftiges Verlangen nach einem Ventil für seine Erfüllung sucht.
Seine Geige erklingt, wenn er gerade glücklich ist, wenn sich seine Glückgefühle
in die Höhe schwingen und dem Klavier entströmt sein Schmerz und seine Verzweiflung,
ergießt sich im Warschauer Konzert oder irgendwelchen russischen Tänzen und
reißt ihn wie ein tosender Fluss dahin.
Ich
weiß das deswegen, weil ich bei all diesen Ausbrüchen und Höhenflügen schon
dabei war.
Ich
schließe meine Augen und höre das Locken des Cellos, höre diese tiefen lockenden
Töne und spüre seine Gedanken und seine Sehnsucht durch die dünne Wand, die uns
trennt hindurch.
Ich
stehe langsam auf und presse mich an die Wand. Es ist als würde sie zittern,
als würden seine sehnsüchtigen Rufe durch das Gemäuer dringen und meine Haut
berühren. Ich drücke meinen Leib, meine Brüste dagegen und meine Handflächen
liegen flach auf und ich flüstere irgendwelche Worte.
Nach
endlos scheinenden Minuten, in denen er weiterspielt und lockt, löse ich mich
von der Wand und gehe, wie von unsichtbarer Hand geleitet, auf den Balkon,
lehne mich an die Brüstung zu seiner Seite und übersteige sie.
Als
ich, ein wenig nass vom Regen und fröstelnd dann barfuß in seinem Salon stehe
legte er das Cello weg und nimmt mich in den Arm. Es ist klar zwischen uns,
dass er auf mich gewartet hat, er weiß, dass sein Rufen nicht vergebens war.
Seine Hände streichen über meine feuchte Haut, seine Zunge leckt die
Feuchtigkeit weg und seine Lippen vibrieren auf den meinen.
Wir
sinken auf die Liege und ich atme seinen Duft, der immer ein wenig nach
Moschus, Holz und Lust riecht, gierig ein. Im Raum ist noch immer das leise
Rufen des Cellos spürbar!
Er
gehört zu jenen Liebhabern, die es sehr langsam angehen lassen. Sein Vorspiel
beginnt an den äußersten Fingerspitzen, breitet sich über meine Brüste und den
Brustspitzen aus und verliert sich in den Achselhöhlen. Sein Mund findet sich
im Nabel wieder, kreist dort und seine feinen, aber kräftigen Finger machen
meine Nervenbahnen an den Lenden und an den Rückenwirbeln zur Achterbahn. Er schafft
es immer wieder, meinen ganzen Körper wie einen Klangkörper zum Klingen zu
bringen, mir die höchsten Töne zu entlocken und alles dann in einem Furioso
ausklingen z lassen! Die Vereinigung endet in einem Vulkanausbruch und das
Feuer danach glost noch minutenlang.
Auch über https://www.bookrix.de/-joanavienna/
Aus den e-Books ÉROTIQUE FOU Teil1 und 2