Dienstag, 9. Oktober 2018

Der Diebstahl der Pyamide, Weltraummärchen


Der Diebstahl der Pyramide
von Joana Angelides


Von Stern zu Stern

Auf dem Weltraumplaneten Gamma gab es große Aufregung! Die Pyramide der Energie war verschwunden.
Die Pyramide war das Zentrum, in welchem die Energie zur Versorgung mit Energie      des Planeten erzeugt wurde. Sie stand bisher auf einem Sockel vor der Halle des Parlamentes von Gamma.
Der Sockel wurde vom Hüter des Lichtes heute am frühen Morgen leer vorgefunden.

Die Bewohner wurden durch ihn mittels eines lauten Signals aus dem Schlaf geschreckt. Die Männer versammelten sich auf der Agora, dem zentralen Platz und debattierten eifrig miteinander, was denn los ist.
Doch plötzlich rief jemand:
„Die Pyramide ist weg, sie ist verschwunden!“

Alle drehten sich zu dem vor dem Parlament stehenden Sockel aus rosa Marmor um und stellten erschrocken fest, er war leer.
Sofort ging ein Raunen durch die Menge, welches dann langsam   in ein bedrohliches Grollen überging. Manche regten sich ganz furchtbar auf. Vor allem waren es die Älteren, die sich noch an jene Zeiten zurück erinnern konnten, wo der Planet kalt und unwirtlich war und sie nur mühsam Nahrung für sich und ihre Familien finden konnten.

Wenn nun die Pyramide weg war und keine Energie erzeugt werden konnte, befürchteten sie, nicht zu unrecht, dass der Planet wieder erkalten könnte. Der Kern war erkaltet, die drei Sonnen, die am Himmel standen waren sehr klein und gaben nicht viel Energie ab. Sie gaben gerade Licht und etwas Wärme.

Langsam öffneten sich die beiden vergoldeten Flügel des Parlamentgebäudes. Sie leuchteten in dem Licht der drei aufgehenden Sonnen und heraus trat die Gemeinschaft der Ältesten mit dem Obersten Richter an ihrer Spitze.

Er war mit einem weißen langen Mantel gekleidet, verbrämt mit Gold und vielen bunten Federn vom Goropa-Vogel.
Diese Vögel waren das Wappentier des Planeten. Sie nisteten ausschließlich in den Bergen, doch an schönen klaren Tagen konnte man sie immer über der Stadt kreisen sehen. Durch ihre Größe und der ungewöhnlich großen Spannweite der Flügel, waren sie der Garant dafür, dass die Wolken am Himmel immer wieder verteilt wurden und das Sonnenlicht hindurch dringen konnte. Die Strahlen der Sonne brachen sich in der geschliffenen Pyramide und wurden im Inneren des Sockels aufgefangen und in Energie umgesetzt.
Sie standen unter dem persönlichen Schutz des Obersten Richters. Sie durften von niemandem erlegt werden und ihre Federn wurden von extra dafür bestimmten Jünglingen eingesammelt. Nichts durfte von diesem heiligen Vogel verloren gehen. Diese Federn überreichten sie dann dem Beauftragten für die Weitergabe an den Obersten Richter. Denn nur dieser durfte sie an seine Kleidung heften.

Zusammen mit der Goldverbrämung und dem gleißenden Weiß des weiten Mantels erschien der Oberste Richter wie eine Lichtgestalt aus einer anderen Welt und alle verbeugten sich. Die Menge verstummte sofort, als er gebieterisch den Arm hob.

In diesem Augenblick schwenkten die beiden Sternenwanderer, Tim und Tom gerade in die Umlaufbahn des Planeten ein, und einen kurzen Moment wurde Tim, oder war es Tom, von dieser Lichtbündelung geblendet.

„Schau Tim! Auf Delta muss was los sein, so am frühen Morgen senden die Lichtsignale aus. Ich glaube die brauchen Hilfe!“

„Nein Tom! Lass uns weiterfliegen. Wenn sie Hilfe brauchen würden, dann hätten sie uns ja angefunkt. Sie konnten ja nicht wissen, dass wir gerade jetzt vorbeifliegen. Ich bin heute zu müde, um wo zu landen und die ganze Begrüßungszeremonie über mich ergehen zu lassen.“

„Naja gut, aber ich habe trotzdem das Gefühl, da geht es nicht mit rechten Dingen zu.“ Tim schwenkt leicht verärgert das kleine Raumschiff wieder in eine andere Flugbahn und macht sich daran, den Orbit über Delta zu verlassen.

Doch plötzlich gab vor ihm ein Riesenraumschiff seine Deckung auf. Tom hatte es vorher gar nicht gesehen. Er konnte es gar nicht sehen, da es seine Tarnvorrichtung eingeschaltete hatte.

„Oh, Tim! Was soll ich denn nun machen?“
„Versuche unter ihm durch zu tauchen, wahrscheinlich hat es uns gar nicht gesehen, so klein wie wir sind.“

Omega, der kleine Hund hatte vor Schreck sofort zu bellen begonnen und wollte gar nicht mehr aufhören.

„Omega sei sofort still. Du wirst uns noch verraten, wenn sie die Umgebung scannen! Jetzt müssen wir ganz still sein!“
Doch der kleine Hund hatte sich so erschrocken, er konnte gar nicht mehr aufhören zu bellen.
„Ach ich wollte, Tante Monika wäre hier! Bei ihr folgt der Hund immer!“  Sagte Tom und schaute gegen die Decke des kleinen Raumschiffes.

„Ja und da gehört nun noch ein wenig Zitronensaft dazu!“ Sagte in diesem Moment Tante Monika und rührte kräftig in der großen Rührschüssel auf ihrem Schoße um.
„Oh, Tante Monika!“ Sagten Tim und Tom zur gleichen Zeit.

„Na, jetzt habt ihr es wieder gemacht! Jetzt bin ich aber zornig. Habe ich nicht gesagt, ihr sollt uns nicht mehr rufen. Die Kinder müssen lernen, ich muss kochen und erzählen kann man das auch niemand, glaubt einen ja keiner.“

„Bitte verzeih, Tante Monika, es ist mir nur so herausgerutscht. Weil Omega nun einmal nur dir gehorcht. Er wird uns noch verraten.“

„Omega sei ruhig!“ Rief Tante Monika und der kleine Hund hörte sofort zu bellen auf und legte sich hin.
„Na also, das hätten wir, “ sagte Tante Monika und rührte weiter in ihrem Teig herum.

„Schickt mich wieder zurück, ich kann die Kinder nicht so lange allein lassen. Öffnet das Weltentor, aber bitte schnell!“ Sie klang sehr ungeduldig.

Tim, oder war es Tom, drückte auf das gelbe Feld im Display des Schaltpultes und das Weltentor öffnete sich.

„Tante Monika, mache schnell, du weißt es ist nur zwei Minuten offen! Dann erst wieder morgen, um die gleiche Zeit.  Lass Omega!“
Tante Monika hatte begonnen den kleinen Hund zu streicheln und dieser knurrte leise.
Und in diesem Moment überschlugen sich die Ereignisse.
Lisa und Klaus hatten die Küche betreten, sie wollten Tante Monika was fragen, als sie das offene Weltentor sahen. Sofort liefen sie drauf los und konnten es gerade noch passieren,
bevor es sich wieder schloss.

„Na Bravo, jetzt sind wir wieder alle da!“ Tante Monika hatte den Rührteig einfach auf das Schaltpult gestellt und sich niedergesetzt.

Sie wollte aus der Schürzentasche ein Taschentuch herausnehmen, doch sie war bereits wieder in eines dieser silbernen Raumanzüge gekleidet und auch Lisa und Klaus erstrahlten in Silber. Scheinbar geschieht das immer automatisch beim Durchgang durch das Weltentor.


Es war ihnen nicht gelungen, unter dem großen Schiff hindurch zu tauchen. Sie hatten sie schon bemerkt und sie mit einem Lichtkegel erfasst.
Nun waren sie nicht mehr in der Lage selbständig zu manövrieren und wurden in ein großes Tor mittels des Lichtstrahles getragen.

Als sie endlich standen und Tim, oder war es Tom? Die Türe aufmachten, waren sie sofort umringt von einigen böse blickenden Männern.

„Hallo, was ist denn los? Warum schaut ihr den so streng? Ist was passiert? “  Fragten Tim und Tom gleichzeitig.
„Ja, unsere Pyramide wurde gestohlen! Unser Energiespender. Es muss heute Nacht geschehen sein und nun sind wir allen Fremden gegenüber sehr vorsichtig und misstrauisch!“

„Erstens sind wir keine Fremden, ihr kennt uns doch! Und außerdem waren wir heute Nacht viele Lichtjahre entfernt, in der Möbus-Galaxy und haben dort Sternenpulver eingekauft!“

„Und ich war in meiner Küche und habe einen Kuchen gebacken und die Kinder haben noch geschlafen!“ Tante Monika fuchtelte mit dem Kochlöffel so energisch herum, dass die Männer unwillkürlich einen Schritt zurückwichen.

„Also, wenn wirklich jemand da war heute Nacht und die Pyramide gestohlen hat, dann werden wir ihn finden. Wir werden einmal rund um den Planeten fliegen und das Sternenpulver hinter uns ausstreuen. Wenn da jemand weggeflogen ist, werden die Spuren sichtbar werden! “ Tom sagte es und Tim nickte zustimmend.

„Oh, das macht ihr für uns?“ 
„Natürlich!“ Nickten die beiden.
Da trat aus der Reihe der Männer der Hüter des Lichtes hervor und sagte:
„Aber ich werde mitfliegen, ich will dabei sein. Ich bin ja schließlich verantwortlich für die Pyramide!“

„Wie groß ist denn die Pyramide? Wenn wir sie wiederfinden, können wir sie dann auch in unser Weltraumschiff einladen? “ Tante Monika, die Praktische, stellte diese Frage.

„Ohja, das geht sich aus, so groß ist sie nicht.“, sagte der Hüter des Lichtes.

Sie besteigen nun wieder das Raumschiff, allen voran Tom und Tim, dann der Abgesandte und dann die Kinder und zuletzt Tante Monika.
Omega, der Hund war erst gar nicht heruntergeklettert, er war viel zu ängstlich und hatte sich unter den Sitzen versteckt.

Lisa und Klaus setzten sich ganz rückwärts in die beiden Reservesitze und schnallten sich an, Tante Monika nahm neben dem Abgesandten Platz und Tim und Tom an den Schaltpulten.

Die Türe schloss sich hydraulisch und das Raumschiff begann zu zittern und hob sich langsam und glitt hinaus in den Orbit.
Tim ging nach rückwärts und füllte ein wenig Sternenpulver in ein Ventil und hinter ihnen war ein golden und silbern schimmernder Schweif zu sehen.
„Oh, schau, Lisa, in dem Schweif sind Flugspuren in der Atmosphäre zu sehen, die geradewegs in den Nebel dort gegenüber führen. Wir sind den Tätern auf der Spur! “ Jubelte Klaus.
Tim und Tom hatten die Spur auch gesehen und schon tauchten sie bei der nächsten Umrundung von Delta in den Nebel ein.

Sofort waren sie von dem Nebel umgeben, sie konnten fast nichts sehen, es war wie eine weiße Wand. Sogar der Lärm des Raumschiffes klang nur mehr gedämpft.
Tim und Tom drosselten die Maschinen und sie schwebten lautlos dahin. Plötzlich lichtete sich der Nebel und schwaches Licht war zu sehen.
Sie waren in den Mittelpunkt des Nebels gelangt. Vor ihnen lag ein bisher unbekannter Planet in diesem gedämpften Licht. Sie glitten direkt auf ihn zu. Man konnte nicht sehen, woher das Licht kam, der Nebel hüllte alles rundherum ein.

Es waren große Plätze zu sehen, hohe Türme und runde Kuppeln. Sie hielten den Atem an, als Tim und Tom auf einem dieser Platz das Raumschiff landete.

Und wieder wurden sie umringt, aber diesmal von einer großen Menschenmenge in unscheinbarer Kleidung, alle mit Pfeil und Bogen ausgestattet. Sie wurden schweigend betrachtet und niemand sprach auch nur ein Wort.
Als Tim und Tom die Türe öffneten und die Treppe herunterließen, wichen sie zurück und ließen einen Durchgang frei.

Durch diesen Durchgang kam ein großer Mann, in dunklem golddurchwirktem Gewande und sehr strengen Gesichtszügen. Er wartete ab, bis Tim und Tom, gefolgt von dem Abgesandten und Tante Monika, die Stiegen herunterkamen.

„Halt, nicht weiter!“ Seine Stimme klang laut und streng, „was wollt ihr?“ Sein Blick war forschend und abwehrend.

„Wie ist dein Name, großer Mann? Warum stellst du dich nicht vor und wo sind wir hier?“ Tim und Tom blickten sehr böse, „habt ihr heute Nacht auf Delta die Pyramide der Energie gestohlen?“ Fragten Tim und Tom gleichzeitig.


 „Ich bin Turban, der Verantwortliche für die Energie hier auf unserem Planeten Sigmat. Wir haben sie nicht gestohlen, wir haben sie uns nur ausgeborgt. Wir möchten wissen, wie sie funktioniert. Aber leider können wir das nicht erkennen, bei uns funktioniert das nicht“

„Ja aber so geht das nicht. Warum habt ihr nicht gefragt? An sich seid ihr ja fast Nachbarn. Die 50 Lichtjahre die ihr voneinander entfernt seid, sind ja nicht viel! “ Tim, oder war es Tom, sagte es streng und runzelte dabei seine Stirne.

Der große Mann blickte betreten zur Seite.
„Wir dachten, wir können sie noch vor dem beginnenden Morgen wieder zurückbringen. Aber ihr seht ja selbst, auf unserem Planeten ist es so dunkel geworden, dass wir gar nicht merken, wann es Morgen und wann es Abend ist!“

„Wieso ist es denn nun so dunkel?“ Tim und Tom waren sehr verwundert.

„Dieser Nebel hält uns gefangen und die Strahlen unserer Sonne können nicht mehr durchdringen. Dadurch wächst nichts bei uns, es wird immer kälter und wir werden erfrieren oder vor Hunger sterben.“ Seine Stimme wurde immer leiser.

Da stemmte Tante Monika die Arme in die Hüften und trat hervor.

„Also, was soll denn das! Anstatt sich mit den Bewohnern von Delta, die ja eure Nachbarn sind, zu verständigen, sie zu besuchen und ihnen euer Problem zu schildern, fliegt ihr einfach bei Nacht und Nebel hin und entwendet ihnen die Pyramide? Schändlich ist das. Außerdem hilft euch die Pyramide alleine gar nichts, da braucht ihr schon auch die Goropa- Vögel, die den Nebel vertreiben, damit die Strahlen der Sonne wieder durchkommen können.“

„Oh, das wussten wir nicht!  Naja, wenn das so ist! Glaubt ihr die Bewohner von Delta werden uns verzeihen, wenn wir die Pyramide wieder zurückbringen? Und glaubt ihr, sie werden uns helfen?“
„Natürlich“, sagte Tante Monika zuversichtlich, „ihr müsst nur mit Ihnen reden und euch entschuldigen!“

„Oh, Tante Monika, wieso weißt du das alles?“ Lisa und Klaus waren ganz erstaunt.
„Naja, das hat mir einer der Goropa-Vögel erzählt, als wir auf Delta waren!“, und dabei zwinkerte sie mit dem linken Auge den beiden zu.


Sie bestiegen wieder alle das Raumschiff und nahmen Turban, gleich mit, damit er mit den Bewohnern von Delta sprechen kann. Zwei Männer folgten ihnen und trugen die Pyramide die Stufen hinauf.
Als sie wieder auf Delta landeten und die Bewohner sahen, wie die zwei Träger die Pyramide über die Stufen heruntertrugen, brach großer Jubel aus. Die beiden Männer trugen die Pyramide zum Parlament und stellten sie wieder vorsichtig auf den Sockel.

Tim und Tom stellten Turban dem Obersten Richter von Delta vor und erzählte ihm, welche Probleme die Bewohner von Sigmat haben.
Turban entschuldigte sich sehr wortreich und mit einer tiefen Verbeugung und sie schlossen Freundschaft.

Der Oberste Richter von Delta vereinbarte mit ihm, dass sie einige der Goropa-Vögel vorübergehend an Sigmat verleihen werden, bis sich die Vögel so vermehrt hätten, dass sie durch ihre Flüge den Nebel vertreiben konnten um die Sonnenstrahlen durchzulassen. Sie mussten allerdings versprechen, dass sie die Goropa-Vögel auf ewige Zeiten schützen und verehren werden.

Außerdem wurde vereinbart, dass man ihnen beim Bau einer eigenen Pyramide helfen wird.

Als Tim und Tom mit ihrem Raumschiff wieder aufstiegen, wurden sie unter Jubelrufen verabschiedet. Sie fuhren noch bei Sigmat vorbei und brachten Turban und seine Helfer nach Hause und dann schwenkten sie wieder in das Weltall ein, um ihre Reise fortzusetzen.
Sie mussten den Sternenstaub zu einer entfernten Galaxy bringen, denn dort wurden daraus Träume gemacht, die dann wieder im ganzen Weltraum an die Kinder verteilt wurden.

„Halt, wo fährt ihr denn hin?“ Tante Monika stand inmitten der Kabine und hatte wieder ihre Schüssel und den Kochlöffel in der Hand. „Wir müssen nach Hause, das Backrohr ist schon aufgeheizt und wartet auf den Kuchen!“

Tim und Tom lachten und verabschiedeten sich von Tante Monika und den Kindern und öffneten für zwei Minuten das Weltentor, damit sie hinübergehen konnten, in ihre Welt.

„Danke euch, dass ihr uns geholfen habt!“ Hörten sie noch und schon standen sie wieder in der Küche von Tante Monika.

„Das wird uns Mama nie glauben!“ Sagte Klaus, oder war es Lisa?

Tod auf den Schienen, Krimi


Tod auf den Schienen.
von Joana Angelides 

Tod auf den Schienen: Kriminalerzählungen


Seit einiger Zeit, genau genommen, seit dem Moment, wo ich den Unfall in der U-Bahn miterleben mußte, habe ich das Gefühl, verfolgt zu werden. Ich habe dauernd das Gefühl, dass jemand hinter mir steht, mit mir im Lift fährt oder neben mir über die Straße geht.

Ich drehe mich nun öfter schnell um, oder bleibe vor einem Schaufenster stehen um mein Spiegelbild darin zu betrachten und um zu sehen ob jemand hinter mir oder auf der gegenüberliegenden Straßenseite steht und mich beobachtet.

Der Unfall vor 4 Wochen an einem Montagmorgen, geschah ohne Vorwarnung, ohne dass es irgendein Anzeichen dafür gab. Einige Augenblicke zuvor stand der Mann noch bewegungslos und  dicht neben mir und dann stürzte er plötzlich, die Arme wie zum Schutze vorgestreckt, nach vorne. Der Schrei, den er dabei ausstieß verfolgt mich seither jede Nacht in meinen Albträumen. Seine Aktenmappe flog in weitem Bogen auf die Schienen voraus und kurz bevor der Zug ankam, lag sein Körper auf den Schienen und der Zug braust über ihn hinweg.
Das Kreischen der Bremsen, die  einsetzenden Schreie der wartenden Menschen, höre ich noch immer bei Tag und besonders bei Nacht, in der Dunkelheit, wenn ich das Licht lösche.

Es spielt sich immer gleich ab. Zuerst höre ich den entsetzten Schrei des stürzenden Mannes und danach die Schreie der Menschen hinter mir.

Es ist immer der gleiche Traum. Ich stehe auf den Geleisen und starre in den dunklen Tunnel der U-Bahn. Ich höre den Zug aus der Dunkelheit kommen, er rast auf mich zu und überrollt mich. Er hat vorne eine große Uhr, die genau die Uhrzeit des Unfalles zeigt, 17.50h. Mein Schrei mischt sich mit den Schreien der Menge und dem Kreischen der Bremsen.
Ich wache Nacht für Nacht auf, schweißgebadet und nach Luft ringend.

Zweimal wurde ich bereits zur Aussage auf das Polizeirevier vorgeladen. Jedesmal betrat ich es mit einem beklemmenden Gefühl.

 Ob ich etwas bemerkt habe? Nein, ich habe nichts bemerkt, es geschah alles zu plötzlich.

Dann gehe ich wieder nach Hause.


Meine Gedanken kreisten in den folgenden Stunden immer wieder um das Geschehen. Ja doch,  da war eine Hand  in meinem Traum, die von rückwärts kommend in meinem Blickfeld auftauchte. Doch es war sicher nur eine Reflexion meiner Nerven, ich bildete mir das sicher nur ein. Aber die Uhr? Eine große goldene Uhr am Handgelenk einer gepflegten Hand mit einem Siegelring, sie zeigte 17,50h.

Je intensiver ich versuche mich daran zu erinnern, desto schneller verschwindet dieses Bild wieder im Nebel meiner Erinnerung. Es wird eiskalt im Raum, Luft streicht über mich hinweg, der Mann neben mir blickt, wie wir alle, in die Richtung des Zuges und fällt, und fällt und fällt und ich wache schreiend auf.

Was hatte es mit dieser Uhr auf sich?
Und war da nicht auch dieser herbe, holzige Geruch in der Luft? Ein sehr intensiver, männlicher Geruch, den ich sicher wieder erkennen würde. Die Erinnerung daran ließ mich aufwachen und ich mußte mich übergeben.

Ja, das war es! Dieser Geruch nach herbem, trocknendem Holz ist in meiner Erinnerung haften geblieben und nun an die Oberfläche meines Bewußtseins gekommen. Ich werde morgen doch meine Aussage revidieren, diese langsam zurück kehrenden Bruchstücke aus meiner Erinnerung zu Protokoll geben.

Dieser Mann mit der goldenen Uhr am Handgelenk und dem Siegelring nimmt im Laufe des Tages immer mehr Gestalt an. Er tritt aus der anonymen Masse der Fahrgäste deutlich heraus.
Es ist jener Mann, der vor mir die Rolltreppe hinunter fuhr, fiel mir ein. Ja, ich sehe ihn nun ganz deutlich vor mir, zwar nur von hinten, aber doch deutlich. Er hat schütteres dunkles Haar, trägt einen leichten, beigefarbenen Mantel und hat es eilig zum Bahnsteig zu kommen. Das fiel mir damals nicht sonderlich auf, da es fast alle Menschen im Bereich der U-Bahn eilig haben. Aber nun im Nachhinein…….

Irgendwie erleichtert trat ich heute Morgen meinen Weg zur Polizeistation an. Ich ordnete unterwegs meine Gedanken und Erinnerungen, um dann bei dem Gespräch nicht unsicher zu erscheinen.

Seit diesem Unfall meide ich die U-Bahnstation in der Nähe meiner Wohnung, sondern gehe immer zu der weiter weg liegenden vorherigen Station.

Ist da nicht wieder jemand, der mich verfolgt? Die Angst ist zu meinem ständigen Begleiter geworden. Wie immer bleibe ich einige Mal bei Auslagen stehen, drehe mich plötzlich um oder blicke auf die gegenüber liegende Straßenseite.
Einige Male sehe ich Männer, auf die meine Beschreibung passt, doch es ist unmöglich sie wirklich einzuordnen.

Ich bleibe vor der Auslage des Hutgeschäftes stehen und beobachte in der Glasscheibe die gegenüber liegende Straßenseite. Da ist er, ich bin mir ganz sicher. Er steht da und blickt geradewegs zu mir herüber. Er trägt wieder diesen leichten, beigefarbenen Mantel und streicht sich soeben das schüttere Haar aus dem Gesicht. Seine Augen sind auf mich gerichtet und es liegt ein kaltes Lächeln auf seinem Gesicht.
Er muss mir gefolgt sein; sicher nicht das erste Mal. Nur heute fällt er mir zum ersten Mal auf, da ich mich an Einzelheiten zu seiner Person erinnere.

Die Angst nimmt Besitz von mir. Als ich mich jedoch umdrehe, ist er verschwunden. Die Menschen rund um mich beachten mich nicht und gehen, ohne mich zu bemerken an mir vorbei und auf der anderen Straßenseite ist niemand Verdächtiger mehr zu sehen.
Wenn das nicht aufhört, werde ich noch vor Angst verrückt werden.


Ich bin entschlossen, nun auf dem direkten Wege zur Polizeistation zu gehen, meine Aussage zu machen und die ganze Sache dann zu vergessen.

Es ist der übliche Morgenverkehr, die Menschen eilen vorbei, stoßen einander an und überholen sich gegenseitig. Nun ist gerade ein Zug abgefahren und ich muss auf den nächsten warten. Der Bahnsteig füllt sich rasch und das übliche Gedränge und Geschiebe setzt wieder ein.

Der kommende Zug schickt wie immer diesen kalten Luftstrom voraus und alle blicken gespannt in die Dunkelheit des Tunnels.

Da! Da ist er wieder dieser herbe Geruch! Es würgt mich plötzlich in der Kehle, ich verspüre einen leichten Druck im Rücken, stolpere und werde nach vorne gestoßen.
Im Fallen drehe ich mich erschrocken um und sehe in die spöttischen Augen eines Mannes mit dunklem schütterem Haar, bekleidet mit einem leichten beigefarbenen Mantel.

Ich falle und falle und da ist der Zug plötzlich da. Vor meinem Auge erscheint wieder diese große, imaginäre Uhr, sie zeigt 17,50h. Das Kreischen der Bremsen wird immer lauter und lauter.

Wieso zeigt diese riesige Uhr eigentlich 17,50h? Es ist früh am Morgen, Rush-Hour und ich wollte doch zur Polizeistation? Wieso schreien denn die Menschen schon wieder?

Doch dann wird es dunkel um sie und es ist für alle Zeiten vollkommen gleichgültig, wie spät es ist.

ASIN: B018EF4EYA

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