Die
Liebe schmeckt salzig.
von Joana Angelides
Es war bereits sein
vierter Versuch, das Blau des Himmels mit dem Pinsel auf die Leinwand zu
bannen. Es lag einfach am Licht, das sich immer wieder veränderte und durch die
sich bewegenden Blätter der Olivenbäume zu immer neuen Leben erweckt wurde.
Am Horizont war der
Himmel heller und vermischte sich mit dem Dunst des Wassers und der
aufsteigenden Hitze. Dann ging die Farbe in ein Stahlblau über und vertiefte
sich dann in eine wundervolle tiefblaue Kuppel.
Das Sonnenlicht
flimmerte und schickte Lichtbündel zwischen die Schatten auf den Boden zwischen
den Bäumen. Die weitausladenden Kronen der Olivenbäume mit ihren zerklüfteten
Stämmen schienen sich mit dem Licht und der Hitze zu vereinen. Es regte zum
Träumen an, holte alte Erinnerungen hervor.
Man konnte das Salz
des Meeres auf der Zunge spüren. Die Schreie der Möwen durchdrangen die Stille
und das leise Plätschern der kleinen Wellen schien die Stimmen aus der Tiefe
des Meeres an die Oberfläche zu tragen.
Er legte den Pinsel
auf die Staffel und lief geradewegs ins Wasser. Es umfing ihn mit
schmeichelnden Wellen, angenehme Kühle umspülte ihn und er schloß die Augen bis
auf einen Spalt um das Sonnenlicht auf den Wellen reiten zu sehen.
Es war ein
unglaublich angenehmes Gefühl, sich von den Wellen tragen zu lassen, sich
umzudrehen, unterzutauchen und wieder empor zu kommen.
Er schwamm, alles
rundherum vergessend und teilte die Wellen mit kraftvollen Tempi.
„Oh!“ Es war eine
angenehme Stimme, ein wenig erschrocken klingend aber mit einem durchaus
freundlichen Unterton.
Sie wären fast zusammengestoßen,
er und eine junge Frau, die vor ihm aus den Wellen auftauchte.
Sie lachten beide und
brachten ein wenig Abstand zwischen sich.
„Ich habe sie noch
nie hier gesehen?“ Er schaute sie fragend an.
„Oh, ich bin
eigentlich immer da. Vielleicht haben sie mich noch nie gesehen, ich schwimme
eher weiter drüben und meist weit hinaus, ich liebe das Meer sehr“
„Sie sollten aber
nicht alleine so weit hinausschwimmen, das kann gefährlich werden!“
„Nein, nicht für
mich. Ich bin sozusagen im Meer aufgewachsen, fühle mich ganz zu Hause darin!“
Sie lachte und warf den Kopf und beide Arme zurück.
Sein Blick blieb an
ihren wundervoll geformten Schultern hängen und es wurde ihm plötzlich bewusst,
dass sie nackt war.
Im ersten Moment
blieb ihm vor Überraschung die Luft weg. Sie war nackt und es schien für sie
vollkommen normal zu sein.
War da ein
belustigtes Lächeln in ihren Augenwinkeln zu sehen? Amüsierte sie sich über
ihn? Es erschien ihm so.
Nicht sie war
verlegen, sondern er. Er brauchte einige Sekunden um sich zu fangen und
ertappte sich dabei, wie er seinen Blick auf ihr Gesicht heftete, in dem
Bemühen sich nicht anmerken zu lassen, dass er ihre Nacktheit bemerkt hatte.
2 Sie lächelte in die
entstandene Stille hinein und näherte sich ihm, bis sie ihn berührte. Er spürte
wie ihre Beine die seinen berührten und ihn ermunterte, mit ihr gemeinsam,
Körper an Körper dahin zu gleiten.
Er ließ es geschehen
und gab sich diesem wundervollen Gefühl des kühlen Meeres, der schlanken sich
bewegenden Frauengestalt an seiner Seite hin und hatte auf einmal das Gefühl,
den Horizont berühren zu können.
Er merkte plötzlich,
dass sie ihre Arme um ihn geschlungen hatte, spürte ihre festen Brüste auf
seinem Brustkorb gepresst und vergaß die Welt um sich.
Sie drehten und
bewegten sich im Wasser, als würden sie mit den Wellen schwingen. Sie tanzte
mit ihm, als gäbe es keinen Widerstand in diesem Element, sie erzitterte unter
seinen Berührungen und er spürt das Salz ihrer Haut auf seinen Lippen.
Ein kleines
Vibrieren, ein leiser Seufzer, eine sanfte Berührung, sie löste sich von ihm,
tauchte kurz unter und schwamm davon.
Da sie der Sonne
entgegen schwamm, er konnte nicht genau sehen, wohin sie verschwunden war. Er
dreht sich schließlich um und schwamm zurück.
Er lag noch eine
Weile im warmen Sand und blickt hinaus auf das Meer. Wohin war sie wohl
entschwunden?
Erst als die Sonne im
Meer versank, verließ er den Strand, nicht ohne noch suchende Blicke hinaus zu
schicken.
Am nächsten Tag kam
er an den Strand, jedoch ohne seine Malutensilien. Er wusste, er würde nicht
malen können, ohne an sie zu denken. An diese Frau, die wie ein Traum aus dem
Meer aufgetaucht und dorthin auch wieder verschwunden war.
Er tauchte ein und es
zog ihn hinaus, reine Lebenslust verspürend, auf den Wellen gleitend.
Da war sie plötzlich
wieder. Sie kam von rückwärts auf ihn zu und umarmte ihn. Ihre Hände glitten unter
seinen Armen vorbei nach vorne zu seiner Brust und glitten langsam auf und ab
und er spürte ihre Lippen über seinem Rücken streichend.
Er nahm zart eine
ihrer Hände und dreht sich um. Sie lag auf dem Wasser, er konnte ihre Zehen
sehen, wie sie spielend auf der Oberfläche hin und strichen. Oder war es
vielleicht eine Schwanzflosse, mit grünen und silbernen Schuppen? Das Wasser
war beweglich, das Sonnenlicht spielte und spiegelte sich. Sein Blick glitt
langsam hinauf bis zu ihren Kniekehlen und ließ den Blick entzückt weiter
hinauf über ihren entzückenden Po gleiten, der immer wieder aus den darüberstreichenden
Wellen auftauchte. Es war zwar unglaublich, doch inzwischen selbstverständlich
geworden, sie war wieder vollkommen nackt. Die Konturen ihrer schlanken Gestalt
wirkten verschwommen durch das Spiegeln der Wasseroberfläche. Die Sonne warf
helle Kringel auf ihre Haut und ihren schlankeren Körper, der in dauernder
Bewegung zu sein schien.
Nun glitt sie wieder
tiefer in das Wasser und schmiegte sich zärtlich an ihn. Dieses unglaubliche
Gefühl der Berührung und Bewegung unter Wasser ließ seinen Körper in einen
Zustand der ungeheuren Erregung fallen und sie ließen sich wieder von den
Wellen tragen, hinab ziehen in die Tiefe, atemlos wiederauftauchen um
ineinander zu verschmelzen.
In dieser
unwirklichen Szenerie wurde es wie zur Selbstverständlichkeit, dass sie sich
wie ein Liebespaar benahmen, eng umschlungen dahinglitten, sich küssten und er
ihre langen Haare, die im Wasser schwebten durch seine Finger gleiten ließ und
ihren Kopf zurückbog und sein Gesicht an ihren Hals presste und seine Zunge
spielen ließ. Das Salz ihrer Haut auf seinen Lippen erregte ihn.
Und wieder, nachdem ihrer
beiden Körper durch den gemeinsamen Höhepunkt erzitterten, zu einer Einheit
verschmolzen waren, löste sie sich unvermittelt aus seinen Armen, tauchte kurz
unter, um dann wieder aus dem Wasser zu schnellen und der Sonne entgegen, davon
zu schwimmen.
Wo war sie wieder
hin? Er ließ sich noch eine Weile auf dem Wasser treiben und strebte dann wieder
dem Ufer zu.
Als er dann wieder im warmen Sand lag und seine Blicke
über dem Wasser zum Horizont glitten, spürte er dieses Ziehen in seiner Brust,
das er schon sehr lange vermisst hatte. Er hatte Sehnsucht nach einer Frau,
deren Namen er nicht einmal kannte.
Oder war es
vielleicht doch eine Meerjungfrau, aus der Tiefe der See, ohne Namen?
Er schüttelte den
Kopf und lächelte.
Die nächsten beiden
Tage kam er vergebens an den Strand, sie kam nicht wieder. Vielleicht war es
doch ein Traum, ein Vorgaukeln der Sinne, ähnlich einer Fata Morgana? Dem
Wunsch und Traum entsprungen, der Traum eines einsamen Herzens?
Am letzten Abend vor
seiner Abreise zog er sich noch einmal in die gemütliche Bar zurück und hing
seinen Gedanken nach.
„Darf ich mich zu
Ihnen setzen, Sie sitzen so alleine hier?“ Sie stand vor ihm, das Licht hinter
sich; es umspielte ihre goldene Haarpracht, ihre schlanke Gestalt wurde von
einem silberglitzernden, engen, bodenlangem Kleid eingehüllt. Sein Herz begann
laut und unregelmäßig zu klopfen. Er richtete seinen Blick zum Saum ihres
Kleides und erwartete eigentlich dort irgendetwas anderes als die schmalen
Riemchenschuhe die sie anhatte.
Also doch keine Fata
Morgana, keine Meerjungfrau!
Er stand auf und
rückte den Stuhl zurecht.
„Selbstverständlich,
ich freue mich. Kennen wir uns nicht?“
Sie lächelte ihn
völlig unbefangen an.
„Nein, ich glaube
nicht. Ich bin tagsüber fast nie im Hotel, bin meist in einer kleinen Bucht,
weiter weg vom Hotel.“
Er lächelte sie an.
„Ich glaube schon,
dass wir uns kennen.“
Er nahm ihre kleine
Hand und deutete einen Handkuss an. Er spürte den Duft von Salz und Meer, der
von ihrem Haar ausging.
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