Der Engel mit der Geige.
von Joana Angelides
Also, eine Aufgabe war das wieder! Der Engel zweiter Klasse, mit der Nummer 046 sollte dafür Sorge tragen, dass der junge Mark Baumann in der Musikakademie Aufnahme fand. Er war sehr begabt, aber unsicher.
Der junge Mann stand
mitten im Raum, hatte den Notenständer vor sich liegen und spielte
selbstvergessen und wunderschön. So war das immer, wenn er alleine war, wenn es
keinen Prüfungsstreß gab.
Also, so wird das
nichts, erkannte der Engel, sitzend auf der Fensterbank zum Garten und
beschloß, endlich Taten zu setzen, erhob sich und flog davon.
Plötzlich hielt der
junge Mann inne und horchte nach draußen.
Irend jemand spielte Mozart. Es war eine Fuge, gespielt auf einer Geige. Unvermittelt brach die Musik jedoch immer wieder an der selben Stelle ab.
Wenn dieser Jemand dann nach einigen Sekunden wieder ansetzte, ertappte sich der junge Mann dabei, wie er innehielt und unwillig den Kopf wiegte.
Ja, was ist denn
das, wieso kann denn dieser Spieler, die ohnehin leichte Passage noch immer
nicht!
Es mußte vom
Nachbargrundstück kommen.
Mark, genervt von den
dauernden Störungen durch die Musik in seinem eigenen Musizieren,
ging durch den Garten
auf das, nur durch Tujen abgegrenzte Nachbargrundstück zu.
Er zwängte sich durch
die Tujen durch und ging auf das kleine Gartenhäuschen zu und spähte durch das
Seitenfenster hinein.
Da stand sie! Ein
schlankes Mädchen, lichtumflutet wie ein Engel im Kirchenchor, die Geige
gehalten zwischen Kinn und Schulter, das gelockte blonde Haar über den Rücken
fallend. Er konnte die Hälfte ihres, der
Geige zugewandten Gesichtes sehen. Sie hatte die Augen geschlossen und spielte
mit Hingabe ihren Mozart.
Seine Blicke glitten
über ihren Rücken, stockten an der leicht geknickten schlanken Hüfte und nahmen
fasziniert die leicht nach außen führende Linie ihrer Beine wahr.
Sie trug ein langes dunkelgrünes Kleid mit einem
Schlitz seitwärts und ihr rechtes Bein war halb sichtbar. Sie wippte mit dem Vorderfuß
zum Takt. Sie erschien ihm so unglaublich zart, zerbrechlich wie eine
Porzellanfigur aus Großmutters Vitrine. Und es ging ein Leuchten von ihr aus.
Durch den Stoff
hindurch konnte man die Linie des sanft gebogenen Rückens sehen und den Verlauf
ihres Rückgrates, der sanft in die weiche Linie des Po´s überging. Ihr Körper
schien gespannt wie eine der Saiten ihres Instrumentes. Er verspürte plötzlich
Lust, mit der Hand dieser sanft verlaufenden Linie zu folgen. Dieser Wunsch
stieg in ihm hoch, ohne dass er sich dagegen wehren konnte und verwirrte ihm.
Zu ihren Füßen lag
Pharao, sein eigener schwarzer Kater namens Pharao.
Er schien sich hier
wohl zu fühlen. Hatte die Augen geschlossen, nur di Schwanzspitze ging im Takt
hin und her.
Er mußte auf einen
kleinen Ast gestiegen sein.
„Ist jemand da?“ Sie legte die Geige über den Geigenkasten am
Tisch und kam ebenfalls zur Türe.
„Geh einen Moment
weg, Luzifer!“ Sie berührte Pharao leicht mit den Zehen und dieser rückte leise
schnurrend ein wenig auf die Seite.
„Pharao!“ Sagte Mark
laut und kam um das Haus herum.
„Oh, sie sind ein
Pharao? So schauen sie aber gar nicht aus!“
Belustigt schaute sie ihn an.
„Nein, der Kater
heißt so, er gehört mir!“ Er war leicht
verlegen.
„Oh! Und wie heißen S
i e und wie kommen Sie in meinen Garten?“
Er machte eine vage
Handbewegung in Richtung des Nebengrundstückes
„Ich habe sie noch
nie hergesehen, sind sie neu eingezogen?“
„Ich bin ganz neu
hier und auch nur gelegentlich,“ sagt sie wahrheitsgetreu. „Ich hörte sie auch
Geige spielen, heute zum ersten Mal. Sie spielen wunderbar, ich möchte auch so
spielen können!“
Er lächelte leicht
verlegen.
Pharao bzw. Luzifer
schmiegte sich an die langen Beine des schönen Mädchens und schnurrte leise.
„Wie kommen sie den
auf Luzifer, als Namen für meinen Kater?“
„Weil er schwarz ist
und grüne Augen hat“
Sie mußten beide
lachen
„Ich werde nun wieder
gehen, gute Nacht! Komm Pharao!“
Nur widerwillig erhob
sich der Kater. Er schmeichelte noch einmal an den Füßen des Mädchens entlang
und ließ seinen Schwanz über ihr rechtes Bein, streifen.
„Wie heißen sie denn
nun? Ich heiße Angela für meine Freunde.“
„Sehr erfreut Angela,
ich heiße Mark“ Er streckte ihr seine Hand entgegen, die sie ergriff.
Sie mußte elektrisch
aufgeladen sein, meinte er, denn er spürte, wie ein starker Impuls durch seinen
Körper strömte, der ihn fast lähmte.
„Gute Nacht! Sagen sie Mark, darf ich morgen
zu Ihnen rüberkommen und wir spielen das gemeinsam durch?“
„Ohja, ich freue mich.
Ich erwarte sie dann morgen früh!“
Sie blickte ihm nach,
wie er sich wieder durch die Thujen zwängte, Pharao hinter ihm.
Wo ist Pharao schon
wieder, so am frühen Morgen? Sicher ist er wieder bei Angela! Liebte er ihr
Geigenspiel? Nicht sehr wahrscheinlich,
Kater sind nicht sehr musikalisch.
Angela.... Angela...
Klingt wie Engel und so schaut sie auch aus, mit ihrem blonden Haar und der
schlanken Gestalt, so gegen das Licht gesehen gestern abend, war ein heller
Schein rund um sie geflossen.
Wie Recht er doch
hatte!
Er entschloß sich,
nicht bis mittag zu warten, nahm eine Gartenschere mit, schnitt eine Rose für
sie ab und schlüpfte wieder durch die grüne Trennwand zwischen den beiden
Gärten.
Sie tat als bemerke
sie ihn nicht als er in die offene Türe trat, wo er fasziniert stehen blieb.
Sie bot ein traumhaft
unwirkliches Bild.
Sie stand im
Halbdunkel des Raumes, wieder halb mit dem Rücken abgewandt, vor sich den
Notenständer mit den Notenblättern.
Das offene helle Haar
lag teils auf ihren Schultern und ihrem Rücken. Sie hatte heute ein kurzes
Minikleid an, das genau unter der Wölbung ihres Po´s endete. Sie wird es nicht
im Bericht erwähnen, es ist sicher viel zu kurz.
Die langen schlanken
Beine schienen aus der Hüfte herausfließend gemeißelt worden zu sein.
Sie stand wieder in
der scheinbar für sie typischen Haltung da, in der Hüfte geknickt, den Kopf
seitwärts die Geige haltend und die Arme in Bewegung, die Töne dem Instrument
entlockend.
Pharao erhob sich und
ließ ein leises „Miau“ hören und verließ den Raum. Es war, als wollte er sie
beide alleine lassen.
Sie unterbrach ihr
Spiel und drehte sich zu ihm um.
„Sie spielen sehr
schön! Darf ich?“ Er lächelte sie an und
streckt seinen Arm vor, um ihr die Rose zu geben.
„Oh, danke, Blumen
sind immer schön!“ Sie roch daran.
Sie nahm ihm die
Blume ab und stellte sie in eine Vase.
Dann nahm sie wieder
die Geige zur Hand und begann zu spielen. Er stand hinter ihr und ihr goldenes
Haar streifte seine Wangen. Er legte eine Hand auf ihre Hüfte und spürte, wie
sie den Druck ein wenig erwiderte.
Das gefiel ihm. Es
gefiel ihm auch, dass es ihm gelang, sie über die schwierige Stelle ohne Fehler
führen konnte.
Er fühlte sich wie
ein Maestro, wie ein Virtuose auf der Geige.
Als er wieder gemeinsam
mit Pharao hinüber ging war sein Schritt fest und bestimmt. Morgen wird er die
Aufnahmeprüfung für das Konservatorium sicher bestehen.
Der Engel saß wieder
an seinem offenen Fenster und strich seine Flügel glatt.
Leider war er für Mark
nun unsichtbar.
Also, seine Hand auf
der Hüfte, sein Atem in ihrem Nacken beim Spiel, war schon aufregend.
Wird aber da oben
keine Zustimmung finden, befürchtete der Engel und schickte einen besorgten
Blick nach oben. Aber, wie heißt es so schön?
DER ZWECK HEILIGT DIE
MITTEL!
Nur schade, dass er
sie morgen vergebens in dem Gartenhäuschen suchen wird.
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