Die letzte Liebe
von Joana Angelides
Er sitzt auf der Terrasse
seines Hauses, das direkt am Meer liegt und lässt seine Blicke über die Bucht
streichen.
Er ist ein alter Mann, weit
über siebzig Jahren und spürt, wie die Kraft und das Leben langsam aus seinem
Körper weichen. Wie viel Zeit wird ihm noch verbleiben?
Doch im Moment ist er
glücklich und gelöst. Sie sitzt neben ihm und erzählt ihm die Ereignisse des
Tages. Er lauscht ihrer Stimme, hört aber nicht was sie sagt. Es ist belanglos.
Alleine dass sie da ist, ihre
Wärme an ihn verströmt, macht ihn glücklich. Die letzte Nacht war eine einzige
Symphonie an Gefühlen, ein Eintauchen in ihren warmen weichen Köper, ein
stiller Kampf mit seinen Kräften um sie glücklich zu machen.
Seine Hand greift nach der
ihren und hält sie fest. Er hat die Augen geschlossen und wünscht sich, dass
diese Augenblicke nie wieder vergehen werden. Wohl wissend, dass dies ein
Wunsch bleibt.
Er hat Angst. Die Tage sind
gezählt, an denen er der Einsamkeit noch entfliehen kann. Sie wird in einigen
Tagen wieder wegfliegen und nur der Klang ihrer Stimme wird in den Räumen eine
Weile spürbar sein, dann immer mehr abnehmen, bis ihn die Monotonie wieder
einholen, ja anspringen wird.
Er liebt sie, wissend auch,
dass es die letzte Liebe seines Lebens sein wird und Bedauern macht sich in
seinem Inneren breit. Bedauern darüber, dass sie sich erst jetzt, in der
letzten Phase ihres Lebens begegnet sind.
„Hörst Du mir überhaupt
zu?“ ihre Stimme klingt fragend und
erstaunt.
„Ja, ich höre Dir zu, ich liebe
den Klang Deiner Stimme“, er drückt ihre Hand und lächelt ihr zu. Dann steht er
auf und füllt die beiden Gläser mit dem
Gold des Weines.
Sie weiß, was er denkt, sieht
die stumme Trauer in seinen Augen und es bedrückt sie. Doch das Leben geht seine
eigenen Wege und die kann man nicht beeinflussen.
Es war nicht vorgesehen und
auch nicht vorhersehbar, dass sie sich verlieben würden. Obwohl sie beide
einsam und im letzten Drittel ihres Lebens stehen, ist dieses schon lange
vergessen geglaubte Gefühl plötzlich da und lässt alle Bedenken verschwinden.
Ist es deswegen, weil sie beide alleine und verwitwet sind, ist es nur der
Wunsch, kurzfristig der Einsamkeit zu entfliehen? Nein, es ist nicht nur so
eine Sommerliebe, oberflächlich, nur dem Jetzt alleine untertan. Nein, dieses
Gefühl verbindet sei beide mit unendlicher Zärtlichkeit und veranlasst sie,
sich aneinanderklammern, wohl wissend, dass sie
wieder loslassen werden müssen!
Sie wird wegfliegen, wird ihn
im Winter seines Alltages alleine lassen müssen, weil dort in
ihrer Heimat ein anderes Leben auf sie wartet.
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