Schlangen
von Joana Angelides
Schlangen - Boten der
Finsternis, Verkörperung des Bösen für viele Menschen, für andere Glücksbringer
und Zeichen des Heils. Vom mystischen Dunkel des Aberglaubens bei vielen
Völkern umgeben, spannt sich aus grauer Vorzeit über die Antike bis in unsere Tage
ein weiter Bogen von Sagen und Legenden, Fabeln und Märchen über die zumeist
recht farbenprächtigen, züngelnden Reptilien.
In der
Schöpfungsgeschichte schon, im ersten Buch Mose, war es die Schlange,
"& listiger denn alle Tiere auf dem Felde", die Eva veranlaßte,
die süßen Früchte am Baum der Erkenntnis zu kosten. Mose errichtete gar das
eherne Schlangenmal als Symbol göttlicher Hilfe gegen die "feurigen
Schlangen", die das verdrossene Volk Israel in karger Wüste durch giftige
Bisse quälten.
Die alten Ägypter
ehrten Schlangen als Beschützer ihrer Felder, das Bildnis der giftigen
Uräusschlange galt als Wahrzeichen königlicher Macht über Leben und Tod und
fehlte an keinem Pharaonen-Diadem. Kleopatra schließlich, ein halbes
Jahrhundert vor Christi Geburt Regentin im Lande am Nil, setzte ihrem Leben
durch den Biß der Brillenschlange ein schnelles Ende, hatte doch der Einsatz
all ihrer Reize - erfolgreich erprobt bei Caesar und Antonius - gegenüber
Octavian nicht zum gewünschten Erfolg geführt
So charakterisiert Hans Werner Kraft
die Schlangen im Allgemeinen.
Manche bewundern,
andere wieder verabscheuen und fürchten sie.
Doch durch unser
aller Leben schlängelt sich eine unsichtbare Linie, die man sich auch als
Schlange vorstellen kann. Oft nicht gleich erkennbar, durch dauerndes Häuten
sich als glänzender unberührter Leib darbietet.
In allen Stationen
unseres Lebens schlängelt sich diese schillernde Linie als Symbol der
Verführung. Ob sie uns nun einen Apfel
präsentiert, oder glänzende Goldstücke, Träume aus der Retorte verspricht oder
trügerischen Rauch, sie züngelt und zischt, speit den grünen Schleim des
Verderbens.
Doch jedes Lebewesen hat in unserer Welt seine
Berechtigung, wir müssen nur rechtzeitig erkennen und lernen, wie wir es
bändigen, uns zunutze machen können. Viele Schlangen produzieren für uns das
Gift, das wir in der Medizin so dringend brauchen, oder schenken uns jenes
Serum, dass wir benötigen, um uns gegen sie zu schützen.
Drogen sind solche
Schlangen. Sie präsentieren sich als schillernde Träume, lassen uns hoch hinauf
fliegen zu den Wolken um uns dann grausam in die Tiefe zu stürzen. Sie
schlängeln sich durch die Felder und Täler in jenen Ländern, aus denen der
Stoff des Verderbens zu uns kommt. Sie häuten sich, rascheln im Unterholz und
sind blitzschnell verschwunden.
Es gibt keine
Freundschaft zwischen Schlangen und ihren Opfern, Ihre Pupillen sind starr auf
das Opfer gerichtet und sie warten nur jenen Moment ab, der günstig erscheint.
Sie haben die unterschiedlichsten Methoden, den Tod zu bringen. Der sicher
grausamste Tod ist das langsame Erdrücken, vergleichbar mit dem langsamen Tod
durch Sucht und Krankheit. Der Tod wird zur Erlösung, er wird mit offenen
Wunden, offenem Mund und Ersticken eintreten.
Oft treffen wir auch
auf Schlangen in Menschengestalt. Sie zeigen uns ihre Schönheit, ihre
Geschmeidigkeit in Worten und sorgfältig gemalten Bildern und in einem für sie
günstigen Moment schlagen sie ihre Zähne tief ins Fleisch und oft sterben wir
dann einen langsamen Tod, manchmal seelisch, manchmal körperlich.
Und doch gehören sie
zur Schöpfung, wie alle Lebewesen und verdienen unseren Schutz, aber eben mit
wachem Auge und entsprechender Distanz.
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