Der Zwillingsplanet
von Joana Angelides
Das silberne Raumschiff von Tim und Tom war heute Nacht in einen
Asteroidensturm geraten und die beiden waren
eifrig bemüht, alle Instrumente und Anzeigen am Cockpit zu prüfen, ob es
eine Beschädigungen gab.
Omega, der kleine Hund
war sehr aufgeregt. Das Hin- und Herlaufen der Beiden machte ihn ganz nervös
und immer wenn Tim oder Tom ein Werkzeug weglegte, schnappte er es sich und
trug es in seinen Korb um damit zu spielen.
„Bringe sofort wieder
meinen Schraubenzieher her, ich kann nicht weitermachen!“ Rief Tim, oder war es
Tom?
Omega wedelte mit dem
Schwanz und brachte das kleine Hämmerchen her, denn er wusste nicht, was ein
Schraubenzieher war.
„Omega, bringe sofort
alles wieder her und lege es da hin!“
Tim und Tom standen in
der Mitte des kleinen Raumes und schauten sehr böse auf Omega. Beide hatten
ihre Zeigefinger ausgestreckt und zeigten in zwei verschiedene Richtungen.
Das verwirrte Omega, er
legte sich hin und vergrub seine Schnauze in den beiden Vorderpfoten.
Seufzend kamen die Beiden
zu ihm und holten sich ihre Werkzeuge selbst.
Omega war ganz still,
klopfte nur leise mit dem Schwanz auf den Boden.
„Ach, ich verstehe das
nicht, er folgt nur Tante Monika!“ Rief Tom, oder war es Tim?
„Ja, ich wollte sie wäre
da. Wir könnten sie so gut gebrauchen, sie könnte zwischen Anuf und Benuf vermitteln!“
Kaum hatte er
ausgesprochen, öffnete sich das Weltentor einen Spalt und sie sahen Tante
Monika in der Küche stehen, wie sie gerade in einem großen Topf umrührte und
sich die Hände in der weißen Schürze abwischte. Klaus und Lisa saßen am großen
Küchentisch und spielten ein Brettspiel.
„Es zieht, wo kommt denn
nur der kalte Hauch her?“ Tante Monika hob erstaunt und suchend den Kopf und da
sah sie das offene Weltentor und Tim und Tom dahinter.
„Nein, wir haben keine
Zeit, schließt das Tor gleich wieder!“ Sie war zornig, wenn sie an die letzten
Abenteuer dachte und wie viel Zeit sie dafür aufwenden mussten.
Die Kinder, Klaus und
Lisa hatten das Tor ebenfalls gesehen.
„Oh, Tim und Tom!“
Sie sprangen fast
gleichzeitig auf und liefen einfach durch den Spalt des Weltentores zu den
Beiden hinüber in das Raumschiff.
Tante Monika konnte
gerade noch den Schalter am Herd umlegen, die Schürze wegwerfen um den Kindern
nachzulaufen. Sie konnte die Beiden doch nicht alleine lassen!
„Ach, Tante Monika, Lisa
und Klaus!“ Die beiden Sternenwanderer freuten sich sehr, dass ihre Freunde da
waren.
Und wie immer,
erstrahlten die Kinder und Tante Monika plötzlich in silbrig glänzenden Raumanzügen. Das geschah jedes Mal, wenn sie
das Weltentor passierten.
Auch Omega war
herbeigeeilt und sprang an Tante Monika und den Kindern hoch. Er konnte gar
nicht mehr aufhören vor lauter Freude zu
bellen.
„Ich nehme an, ihr
braucht schon wieder meine Hilfe, oder?“ Tante Monika schaute zwischen Tim und
Tom hin und her und die Beiden glaubten ein Zwinkern des linken Auges
beobachtet zu haben.
Inzwischen war Klaus nach
vorne gelaufen zu den Instrumenten und dem großen Fenster, das die Weite des
Weltraumes ahnen ließ.
„Klaus, berühre nichts,
du weißt, wir können sonst nicht mehr zurück!“ Riefen Tim und Tom gleichzeitig.
„Ja, wir müssen gestehen,
wir haben dich herbei gesehnt. Es gibt da ein Problem auf dem Zwillingsplanet Anuf und Benuf. Die beiden
Länder auf dem Zwillingsplaneten sind seit über einer Sternenzeit, das sind
ungefähr zwei Erdenjahre, zerstritten und wir würden gerne vermitteln.“
„Oh! Worüber haben sie
sich denn zerstritten?“ Tante Monika schaute die Beiden neugierig an.
„Die Prinzessin Astra von
Anuf und der Prinz Bestro von Benuf
wollen heiraten. Sie lieben sich nämlich. Aber der Ministerrat von Anuf will die Heiratsverträge nicht unterzeichnen.
Der Rat von Benuf besteht nämlich auf Mitgift der Prinzessin und zwar wollen sie
auch Wasser von der „Quelle des Lachens“, das es derzeit nur auf
Anuf gibt, für den Planeten Benuf haben.
Das Wasser heißt deshalb
so, weil die Kinder immer fröhlicher werden, wenn sie dieses Wasser trinken und
dann helles Lachen überall zu hören ist.
Doch das geht nicht, denn
Anuf will das Wasser nicht mit Benuf teilen,
sie haben Angst, dass das Kinderlachen von ihrem Teil des Planeten verschwinden wird, sollte das
Wasser nicht reichen“.
„Ja, aber wie wollen sie
denn das Wasser von einem Planeten zum anderen bringen?“ Klaus hatte diese
Frage gestellt.
„Nein, nein! Das sind nicht zwei Planeten, sondern es ist ein
Zwillingsplanet. Die beiden Planeten sind in der Mitte zusammengewachsen. Das
geschah schon vor vielen, vielen Sternenzeiten. Aber es gibt eben an der
schmalen Stelle, wo sie sich berühren eine Grenze zwischen ihnen. Nun sind der
König und der Ministerrat von Benuf der
Meinung, Anuf hätte lange genug diese Quelle genutzt, nun seien sie an der Reihe
und wollen das Wasser umleiten. Sie wollen auch so helles Kinderlachen hören.“
„Ja, aber sie könnten
sich das Wasser doch teilen?“ Tante Monika schüttelte den Kopf vor solcher
Uneinsichtigkeit, „und außerdem brauchen Kinder kein besonderes Wasser, um Lachen
zu können!“
„Naja, aber leider sind
auf beiden Seiten uneinsichtige Regierungsbeamte und sehen es als ihre Pflicht
an, für „ihr Volk“ wie sie es nennen, das Beste zu tun. Sie haben Angst, die
Quelle würde nicht für beide Seiten reichen.“
„Na gut, dann versuchen
wir einmal unser Glück!“ Tante Monika deutete den Kindern an, sich zu setzen
und sich anzuschnallen und tat das Gleiche. Immerhin waren sie ja schon mehrere
Male mit dem Raumschiff unterwegs und wussten was sich gehörte.
Als sie auf Anuf landeten,
wurden sie freudig begrüßt, denn Tim und Tom bringen immer was Neues von den
anderen Planeten mit, wenn sie kommen. Einmal sind es neue Bücher, dann wieder
Spiele, oder auch Briefe von Freunden aus anderen Galaxien.
Aber bisher haben sie
noch nie Besucher mitgebracht. Tante Monika und die beiden Kinder wurden
neugierig betrachtet und ihre silbrig glänzenden Anzüge leicht berührt, denn
sie hatten noch nie Kinder in solchen Anzügen gesehen.
Der ganze Ministerrat war
angetreten, sieben ehrwürdig wirkende Herren, alle hatten sie lange Bärte und
jeder einen spitzen Hut auf dem Kopf.
Lisa und Klaus kicherten
leise und stießen sich an. Klaus meinte leise, sie sehen aus wie der Zauberer
aus dem Märchenbuch.
Der Mann in der Mitte
machte einen Schritt nach vor und begrüßte Tim, Tom und Tante Monika.
„Oh, Tim und Tom, wen
bringt ihr denn da mit? Wir sind sehr erfreut!“
„Darf ich vorstellen, das
ist Tante Monika, sie ist weit gereist, hat Freunde in der ganzen Galaxis und
kommt vom Planet Erde“.
„Soso. Vom Planet Erde.
Wir hatten noch nie Besuch von diesem Planeten. Das heißt, wir bekommen aber
auch von keinem anderen Planeten Besuch. Seid willkommen.“
Sie verneigten sich alle
ein wenig und auch Tante Monika neigte ihren Kopf.
Inzwischen waren einige
Kinder herbeigeeilt und liefen sofort zu Lisa und Klaus hin.
„Wollt ihr mit uns
spielen?“ Fragten sie
„Ja! Was wollen wir den
spielen?“
„Wir könnten Ball
spielen, oder wir könnten auch Verstecken spielen?“
„Ohja, das wird lustig“,
sagte Klaus, „Tante Monika, wir spielen hier und warten auf dich!“
„Ja, ist in Ordnung. Ich
gehe mit Tim und Tom zum Ministerrat und wir versuchen da das Problem mit dem
Wasser zu klären.“
Tante Monika war sehr
erstaunt darüber, dass sie sofort vom Ministerrat empfangen wurden. Man führte
sie in einen großen Saal, mit einem runden Tisch in der Mitte und fünfzehn
hohen goldenen Stühlen rundherum.
Sie wurden begrüßt und
nahmen dann Alle Platz.
Sofort ergriff Tante
Monika das Wort.
„Ich habe gehört, dass
ihr ein Zwillingsplanet seid, mit einer Grenze in der Mitte. Außerdem habe ich
gehört, dass ihr eine Quelle habt, aus der Wasser sprudelt, das Kinder zum
Lachen bringt. Unsere Kinder trinken natürlich auch Wasser, doch sie lachen
deswegen nicht mehr als ohne Wasser. Was
ist das für ein Wasser? Ich möchte es einmal kosten“.
Da trat einer der Männer
an sie heran und überreichte ihr ein Glas Wasser, das viele Luftblasen, also
Kohlensäure, enthielt.
Als Tante Monika das Glas
an den Mund führte und trank, stiegen ihr die Perlen der Kohlensäure in die
Nase und sie musste lachen.
„Ach, das ist also das
Geheimnis eures Wassers!“ Rief sie aus und lachte laut, „das ist eine
Mineralwasserquelle und sie wird nicht
versiegen. Es ist sicher genug Wasser für beide Teile eures Planeten
vorhanden“.
„Ja, du siehst ja, dass
sogar du lachen musst, wenn du dieses Wasser trinkst“.
„Aber Kinder lachen ja
auch, wenn sie dieses Wasser nicht trinken. Das Wasser enthält viel natürliche
Kohlensäure, die in die Nase steigt. Deswegen muss jeder, der das trinkt,
lachen. Schaut einmal aus dem Fenster. Die Kinder spielen und lachen, und Klaus
und Lisa, die ja das Wasser nicht getrunken haben, lachen ebenfalls!“
Alle traten ans Fenster
und sie waren sehr erstaunt über diese Tatsache.
„Und außerdem ist so viel
Kohlensäure für die Kinder gar nicht gesund!“
Sagte Tante Monika ernst.
Der Ministerrat zog sich
nun in eine Ecke des Raumes zurück und sie tuschelten und flüsterten
miteinander.
Tante Monika, Tim und Tom
blieben beim Fenster stehen und sahen weiter den Kindern zu, wie sie auf der
Wiese vor dem Ratshaus spielten. Mitten drin lief auch Omega herum und
versuchte auch den Ball zu bekommen. Sein lustiges Bellen war gut zu hören.
Da kamen die Herren des
Ministerrates wieder aus der Ecke und ihr Sprecher sagte:
„Scheinbar hast du Recht.
Du bist eine weise Frau vom Planet Erde. Wir werden die Quelle mit Benuf
teilen.“
„Oh, schön! Wenn nun
Prinzessin Anuf und Prinz Benuf heiraten, könntet ihr dich auch gleich die
Grenze verschwinden lassen. Das macht doch dann alles leichter“.
Die Männer vom Ministerrat sahen sich ganz erstaunt an und
zogen sich wieder in die andere Ecke des
Raumes zurück und flüsterten und tuschelten miteinander.
Dann kamen sie wieder
zurück.
„Wir danken dir für
deinen guten Rat, du weise Frau vom Planet Erde. Wir werden das mit dem
Ministerrat von Benuf besprechen und wenn auch sie einverstanden sind, dann
werden wir unsere Grenze aufheben, das Wasser teilen und dann
die Hochzeit gemeinsam feiern“.
Tante Monika, Tim und Tom
waren sehr stolz darauf, bei einer Lösung geholfen zu haben.
Als sie dann wieder zu
dem Raumschiff zurückkehrten, verabschiedeten sich Klaus und Lisa von den
Kindern und waren sehr glücklich, da sie neue Freunde gefunden hatten.
Sie versprachen sich
gegenseitig, mit Tim und Tom sich gegenseitig Briefe und Bilder zu schicken.
Als sie starteten,
konnten sie noch einen Blick auf das Ratshaus werfen und sahen dort die
Prinzessin auf dem Balkon stehen. Sie winkte ihnen mit einem weißen Tuch zum
Abschied zu.
„Danke Tante Monika, wir
sind sehr glücklich über diese Lösung! So können wir weiter den Zwillingsplaneten anfliegen und die
Neuigkeiten verteilen“. Tim und Tom umarmten Tante Monika und drückten sie
fest.
Omega wusste nicht
richtig was los war, aber vor lauter Freude bellte er laut und sprang herum.
„Oh, habe ich gerne
gemacht. Ihr werdet sehen, das wird noch ein ganz glücklicher Planet werden,
ohne Grenzen und vielen glücklichen Kindern. Bei unserem nächsten Treffen müsst
ihr uns dann über die Hochzeit berichten!“
„Ja, das machen wir
gerne!“ Sagten Tim und Tom gemeinsam.
„Öffnet wieder das
Weltentor, wir wollen wieder nach Hause, ich muss fertig kochen!“
Tim, oder war es Tom,
machten eine ausladende Bewegung mit der linken Hand, das Tor öffnete sich wieder und Tante Monika,
Lisa und Klaus durchschritten es und waren wieder in der Küche.
Sofort band sich Tante
Monika wieder die Schürze um, machte das Feuer unter dem Topf wieder an und
rührte langsam um.
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