2. Die kleine Hexe, die nicht böse sein wollte.
Der Märchenwald hatte Besuch
vom Zauberwald erhalten. Jedes Jahr
besuchten sie sich einmal gegenseitig und erzählten sich Geschichten und
alle Neuigkeiten.
Schon einige Mal sprachen die Gäste darüber, dass
sie eigentlich nach Hause fliegen sollten, da man sich in ihrem Märchenwald
bestimmt große Sorgen um sie machen
wird. Doch sie wurden dann immer wieder von den Anderen überredet und mit kleinen
Geschenken überhäuft, so dass sie dann doch noch blieben.
Da war zum Beispiel die Fee
Sabi, sie kam aus Indien und hatte anstelle eines Schleierkleides, wie es die
Fee Silja anhatte, einen Sari an. So nennt man die Kleider, welche dort alle
Frauen tragen. Dieser Sari war wunderschön, türkisfarben mit goldenen Sternen
in den Stoff eingewebt. Ihr Haar
war schwarz und glänzend und wenn sie so
über die Wiese schwebte und dabei sang, blieben alle stehen und bewunderten
sie.
Dann gab es noch Beba, sie
kam aus Afrika und ihre Hautfarbe war braun und
ihr Kleid war wunderschön. Es schwebte hinter ihr nach und schimmerte in
den Farben des Sonnenunterganges, Gold, Orange und Dunkelrot. Dazu trug sie
einen Turban in denselben Farben, unter dem sie ihr Haar versteckte.
Auch eine Fee hoch vom Norden
war unter ihnen; sie kam aus Schweden. Sie leuchtete buchstäblich von innen
heraus, hatte wunderschönes langes blondes Haar und einen kleinen Lichterkranz
im Haar. Ihr Kleid war aus silbernen Fäden gewoben und wenn sie sich zu den
anderen gesellte, dann klirrte ihr Kleid als wäre es aus Eis und Silber. Sie
hieß Luxa.
Dann war auch noch die Fee
Amina, sie kam aus Jordanien und war eine ganz besondere Fee. Sie war die
Tochter der Feenkönigin in Jordanien und hatte ganz große Sehnsucht nach ihrer
Mama der Königin und den Geschwistern, die natürlich auch alle Prinzessinnen
und Prinzen waren. Und weil sie sozusagen eine kleine Prinzessin war, hatte sie
ein kleines Krönchen am Kopf und ihr Kleid war aus purem Gold.
Jeden Nachmittag trafen sie
sich alle am kleinen See. Sie saßen dann auf dem Stein am Rande des Wassers,
der der Lieblingsplatz von Silja war, lachten, betrachteten sich im Wasser und
es versicherte immer eine Fee der
anderen, dass diese die Schönste sei.
Natürlich kamen auch immer
die Elfen dazu, doch manchmal
versteckten sie sich hinter dem Gebüsch und hörten dem lustigen Plaudern der
Feen zu, wie sie lachten und sich Geschichten erzählten.
„Es gibt bei uns einen ganz
großen Märchenwald, da gibt es Tiger und Affen und auch Elefanten“, erzählte Saba und
schilderte, wie sie die Affen neckte, sie dann immer von Ast zu Ast flog, die Affen jedoch immer langsamer waren als
Saba. Oft warfen die Affen dann mit Bananenschalen nach ihr, aber getroffen hat
noch keiner.
„Oh, Elefanten und Affen gibt
es bei uns auch“, sagt Beba, „und außerdem Löwen und Nashörner und Giraffen!“
„Oh, was sind Giraffen?“
Rufen alle Anderen und schauen Beba ganz erstaunt an.
„Na ja, das sind ganz große
Tiere mit einem ganz langen Hals und langen Beinen, damit sie die Blätter von
den Bäumen fressen können. Und sie warnen
auch kleine Tiere, wenn Löwen im Busch versteckt sind, weil sie so weit
ins Land hinein sehen können.“
„Oh, interessant“, sagte
Silja, die kleine Waldfee ganz furchtsam. Solche Tiere hatte sie noch nie gesehen.
Im Märchenwald wo Silja zu Hause ist, da gibt es höchstens Rehe und kleine Bambi, die immer mit der Mutter
mitlaufen, den Fuchs oder die Eule, Vögel, die von Ast zu Ast hüpfen, Häschen
oder Eichhörnchen die den Baum hinauf huschen oder den Frosch vom Teich. Die
alte Schlange Birr, die meistens schläft. Der Braunbär, die weißen Pferde der
Feen und Libellen, die über den See huschen. Aber Löwen, Tiger, Elefanten und
Affen, solche Tiere hatte sie noch nie gesehen.
Luxa aus Schweden erzählte von
ganz großen Herden mit Rentiere, die sich aber selten in den Wald verirrten,
Dafür gab es Elche mit riesigen Geweihen und tief im Wald gab es auch Bären und
Füchse
Und so erzählten sich die
Feen gegenseitig, wie es bei ihnen zu Hause so zuging und alle lauschten ganz
neugierig.
So wurde es langsam Abend und
sie wollten gerade wieder zum Feenschloss hinauf fliegen, als sie bemerkten, dass sich hinter dem großen
Himbeerstrauch jemand versteckte.
„Hallo, komm´ doch heraus, wir sind auch fremd hier und Du brauchst keine Angst
zu haben. Wir wollen auch Deine Geschichte hören und hören wo Du herkommst“,
rief Amina, die Fee aus Jordanien und
machte einen Schritt in die Richtung vom Himbeerbusch.
„Nein, lieber nicht“, kam es ganz leise zurück. „Ich bin keine Fee,
ich bin eine böse, böse...“, dann versagte die Stimme.
„Eine böse, böse w a s?“ Fragte die kleine Fee Amina.
„Naja, eine böse, böse Hexe,
zwar eine kleine, aber eine Hexe.“
„Ohje“, riefen alle und
flogen mindestens einen Meter in die Höhe.
Nur Amina war mutig und
setzte sich wieder auf den Stein.
„Also komm jetzt heraus und
lasse Dich anschauen. Na, was ist?“ Sie runzelte die Stirne und spähte hinter
den Busch.
Da teilten sich die Zweige
und ein kleines Hexlein kam heraus. Sie hatte einen bunten Rock an, eine weißen Bluse, ihre Haare waren blond
und zottelig und lugten unter ihrem spitzen Hut hervor.
„Hallo“, sagte sie leise.
Alle schauten zu ihr hinüber
und wie sie so ängstlich dastand, konnte niemand glauben, dass sie eine böse
Hexe war und alle brachen in befreites Gelächter aus.
„Das ist mein Problem, ich
sollte eine böse Hexe werden. Aber ich kann und will das nicht. Die böse Hexe
Bora hat mich deshalb bestraft und dann eingesperrt. Ich sollte das Hexenbuch
auswendig lernen und dann alle verhexen. Aber ich verwechselte immer alles. Ich
merke mir nur die guten Zauberformeln und vergesse auch immer, was ich alles
zum Hexen und Zaubern brauche. Ich bin
nun Gott sei Dank, mit all den anderen geflohen, als Lamis mit dem Traummännchen
kam, um den Goldstaub zurückzuholen“
Sie stand ganz traurig da,
das Hexenbuch unter den Arm geklemmt.
„Ach, lass das Hexen, bei uns brauchst Du das
nicht“, sagte die kleine Fee Silja, „wir werden Dich auf das Schloss mitnehmen
und die Feenkönigin bitten, Dir eine Aufgabe zuzuordnen, wenn Du bei uns
bleiben willst.“
Sie nahmen die kleine Hexe
bei der Hand und eilten mit ihr zum Schloss hinauf.
Die Feenkönigin hat dann
entschieden, dass die kleine Hexe in der Küche helfen sollte. Sie bekam eine
weiße Schürze, ihre Haare wurden geschnitten, gewaschen und verschwanden dann
unter einer weißen Haube. Denn in der Küche musste alles sauber sein und es
dürfen keine Haare ins Essen fallen.
Das alte schwarze Gewand und
der grässliche schwarze Schlapphut wurden im großen Ofen verbrannt.
Heute gab es Hühnchen mit
Kartoffelpüree und Salat. Die kleine
Hexe musste die Kartoffel schälen. Sie saß schon seit früh morgens auf einem kleinen Schemel und schälte und
schälte......
Sie war schon ganz müde und da fiel ihr ein Zauberspruch aus dem
Hexenbuch ein.
„Ich werde jetzt zaubern und
alle Kartoffel werden sofort geschält sein“, überlegte sie. Sie schaute sich in
der Küche um, alle waren sehr
beschäftigt und keiner beachtete sie. Sie schloß die Augen und sprach den
Hexenspruch.
Da sprang ihr das
Kartoffel-Schälmesser aus der Hand und schnitt wie wild an den Kartoffeln
herum. Aber anstatt sie zu schälen, zerschnitt es alle Kartoffel in kleine
Chips und diese flogen in der Küche
herum.
„Was ist denn hier los?“, schrie
die Chefköchin und kam mit großen Schritten auf das Hexlein zu.
„Es, es tut mir leid“, stotterte diese und versteckte sich hinter dem großen Sack
Kartoffel, „ich wollte schnell fertig sein, ich muss den Zauberspruch
verwechselt haben.“
Sie schloß die Augen und
dachte schnell nach. Sie musste einen Zauberspruch finden, um die Köchin wieder
zu versöhnen. Sie wollte sie freundlich stimmen und einen großen Blumenstrauß
herbeizaubern.
Sie sprach den Zauberspruch
ganz leise und öffnete die Augen um der Köchin die Blumen zu überreichen, aber
wieder hatte sie sich geirrt und vor den Augen aller erhob sich die Köchin in
die Luft und flog bis an die Decke.
Alle blickten hinauf und es
ging ein Gelächter und ein Gekicher los. Es sah ja auch urkomisch aus, als die
kleine dicke Köchin an der Decke hing und mit dem Kochlöffel herum fuchtelte.
„Lass mich sofort
herunter!“ Schrie die Köchin mit
hochrotem Gesicht und ihre Augen sprühten Blitze.
„Ja, sofort“, sagte das kleine Hexlein, „es tut mir so leid.
Ich habe wieder die Sprüche verwechselt.“
Sie schloß wieder die Augen
und sagte einen neuen Spruch. Die arme Köchin fiel daraufhin sofort von der
Decke in eine große Schüssel mit grünem Salat.
„Raus aus meiner Küche,
sofort raus!“ schrie diese, zwischen den grünen Blättern hervor lugend und
schleuderte den Kochlöffel nach der kleinen erschrockenen Hexe.
Die kleine Hexe lief weinend
hinaus und direkt in die Arme der Feenkönigin.
„Ich glaube, die Küche ist
nicht das Richtige für Dich.“ Sagte diese streng, musste aber ein wenig
lächeln, als sie durch die Türe in die Küche hinein blickte und die Köchin aus der Salatschüssel
krabbeln sah.
„Du wirst im Garten arbeiten,
da kannst Du vielleicht nicht so viel
anstellen. Auf keinen Fall darfst Du
wieder zaubern. Komme heute zu mir und bringe mir das Zauberbuch, wir
werden es wegsperren.“
„Ja, gut“, sagte das Hexlein
und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Wir werden sehen, wie es dem
kleinen Hexlein bei den Gartenarbeiten gehen wird.
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