Freitag, 26. Oktober 2018

Die Hexe Bora wird besiegt, Märchen


Die Hexe Bora wird besiegt.
von Joana Angelides 

Hexe Samantha, Tante Monika und der Märchenwald, Teil 2

Samantha, die kleine Hexe ging langsam durch den Wald und summte ein Lied, das sie noch gelernt hatte, als sie im Reich der bösen Hexe Bora gelebt hatte.
Sie mußte nun täglich vormittags in die Schule gehen, wo sie von der Feenkönigin angemeldet worden wurde und war nun auf dem Heimweg. Nachmittags arbeitete sie im Garten.
Heute war es in der Schule sehr interessant. Sie hatten Kräuterkunde. Sie lernten welche Pflanzen für guten Zauber und welche Pflanzen für bösen Zauber verwendet werden.
Die Pflanzen für bösen Zauber durfte man aber nur verwenden, wenn Böses abgewendet werden soll, nie jedoch um selbst Böses zu tun. Das war im Feenreich so niedergeschrieben und mußte von allen eingehalten werden. Ihr war das nur recht, denn sie wollte eine gute Hexe sein und keine böse.
Besonders die Glockenblume war ganz unheimlich, mit dieser konnte man durchs Schloß spuken und Hexenzauber anwenden.
Dagegen war das vierblätterige Kleeblatt notwendig um eben diesen Zauber und Hexenspuk, wenn er für Böses angewendet wurde, abzuwenden.
Sie setzte sich unter einen hohen Tannenbaum, legte die Schultasche unter ihren Kopf und legte sich auf den Rücken. Die Hände legte sie unter dem Kopf und blickte hinauf zu den Wipfeln der Bäume, wo der blaue Himmel durchblinkte. Ganz oben saß eine Lerche und trällerte ihr Lied.
Doch plötzlich riß das Lied ab und die Lerche flog ängstlich piepsend davon. Es war auch jetzt ganz still im Walde, so als würden alle den Atem anhalten. Samantha setzte sich erschrocken auf. Was war denn los?
Da verdunkelte ein großer Schatten den Himmel und sie sah direkt über ihr den Schatten eines großen schwarzen Raben kreisen. Es war der Wächter und Gehilfe der bösen Hexe Bora, der die Hexe beschützte und ihr immer alles berichtete, was sich so ereignete.
Die böse Hexe Bora verwendete ihn auch dazu, um ihre Befehle auszuführen oder etwas Böses zu tun.
Samantha wollte sich verstecken, doch da hatte der Rabe sie schon bemerkt. Er schoß im Sturzflug herunter und landete auf den untersten Ast der Tanne, unter der Samantha saß.
„Na, da bist du ja,“ krächzte er und schlug mit seinen Flügeln zweimal ganz aufgeregt.
Samantha duckte sich vor lauter Angst und drückte sich an den Stamm der Tanne.
„Laß mich in Ruhe, Rabe,“ schrie sie ihn an.
„Was ist? Soll ich mich fürchten?“ Krächzt er wieder. „Wo residiert denn eigentlich die Feenkönigin?“
„Was willst du von der Feenkönigin?“
„Gar nichts. Ich will nur wissen, wo sie wohnt.“
Samantha kannte den Raben noch aus der Zeit als sie noch unter der Macht der Hexe Bora stand. Wenn er das wissen wollte, führte die Hexe Bora etwas Böses im Schilde.
„Von mir erfährst du nichts, weil ich nicht haben will, dass der Königin etwas geschieht.“
„Ich werde das auch ohne dich herausfinden.“ Er krächzte zweimal und flog davon. Samantha nahm sofort ihre Schultasche und lief so schnell sie konnte zum Schloß, um die Feen und die Feenkönigin zu warnen.
Sie stolperte über eine Baumwurzel und fiel hin. Ach, das hatte weh getan und nun konnte sie nicht mehr auf den rechten Fuß auftreten. Sie jammerte laut und rief um Hilfe.
„Ja was ist denn los,“ rief der kleine Kobold und kam unter den Farnen hervor.
„Schnell, schnell, lauf zum Schloß und warne die Elfen und Feen. Der schwarze Rabe der Hexe Bora ist hier und vielleicht will er ihr was antun!“
„Was, der schwarze Rabe ist da?“ Zischte die Schlange Birr ganz aufgeregt und ließ sich vom Baum fallen.
Der Specht, der auf der großen Fichte saß, hämmerte sofort die Nachricht in den Baum und benachrichtigte damit den ganzen Wald.
„Ja aber warum will sie denn unserer Feenkönigin was Böses antun?“ Flüsterten alle. Die kleinen Hasen zitterten und versteckten sich hinter der Hasenmama, die Eichhörnchen liefen ganz aufgeregt den Baumstamm rauf und runter. Selbst die Eule riß ihre großen Augen noch weiter auf und wackelte hin und her.
Durch das Klopfen des Spechtes waren auch die Elfen und Feen informiert und flatterten ganz aufgeregt durcheinander.
„Ich weiß warum!“ Rief die Fee Fari.
Alle starrten sie erwartungsvoll an.
„Wie Lamis und die anderen den Goldstaub für die Kinderträume von der Hexe zurückgeholt haben, haben sie ihr auch den Zauberstab und den Edelstein weggenommen und seither ist sie ganz machtlos und kann nichts Böses mehr anrichten. Das alles wird sie zurückhaben wollen.“
„Ohja,“ rief die kleine Hexe ganz erschrocken.
„Wir müssen versuchen, sie in einen Spiegel zu bannen, diesen dann zerschlagen und in den Großen Ozean werfen,“ sagte die kleine Hexe Samantha, „das habe ich im Hexenbuch gelesen. Aber mein Hexenbuch hat die Feenkönigin in den großen Schrank gesperrt, damit ich keinen Unfug mehr anstellen kann. Dort hat sie auch den Zauberstab und den Edelstein hineingetan“
„Versuche dich zu erinnern!“  Die Fee Fari nahm die kleine Hexe bei den Schultern und rüttelte sie.
Samantha schloß die Augen und dachte nach. Aber es wollte ihr nicht einfallen.

In diesem Augenblick ertönte ein wilder Schrei aus dem Wald. Blätter wirbelten durch die Luft, Tannenzapfen fielen von den Ästen und urplötzlich stand eine riesige Gestalt im Halbdunkel des Waldes, mit wehenden Gewande, aus den Augen sprühten Blitze und ihre langen Fingernägel fuhren wild durch die Luft. Es war die Hexe Bora.
„Ich werde die Feenkönigin vernichten, sie in das dunkle Reich verbannen. Alle Elfen werden im tiefen Brunnen verschwinden und die Feen werden zum Himalaya ins ewige Eis verbannt. Nie wieder werdet ihr mir in die Quere kommen. Aber zuerst muß ich mir den Zauberstab und den Edelstein holen.“
Sie stemmte beide Hände in den Hüften und stampfte auf. Der schwarze Rabe flog um sie herum und krächzte laut.
Alle starrten sie gebannt an und rissen vor Schreck die Augen auf.
„Wo ist diese kleine, unfähige Hexe aus meinem Reich?“ Schrie die Hexe Bora laut und ließ ihren Blick herumschweifen. Aber sie konnte sie nicht sehen, denn der kleine Kobold hatte blitzschnell ein großes Farnblatt über die kleine Hexe heruntergebogen und saß drauf.
Der kleine Kobold war der einzige, der noch da war. Alle anderen hatten sich in den Wald und zum Feenschloss geflüchtet.
Blitzschnell drehte sich die Hexe um und lief quer durch den Wald zum Feenschloß hinauf, begleitet von ihrem Raben.
Dort hatten sich alle in der großen Halle beim Eingang versammelt und berieten mit der Feenkönigin, wie sie die Hexe besiegen können.
„Die kleine Hexe hat gesagt, man muß sie in einen Spiegel verbannen und diesen dann zerschlagen und dann in den Großen Ozean werfen. Steht alles im Hexenbuch.“  Sagte Fari, die Waldfee.
„Den einzigen großen Spiegel, den wir haben, der steht in meinem Garderobe-Raum bei den Kleiderkästen. Dorthin müssen wir die Hexe locken.“ Die Feenkönigin lief die Treppe hinauf zum großen Schrank um das Buch herauszunehmen und alles nach zu lesen. Alle liefen mit ihr hinauf.
Sie legte das Buch auf den Fußboden und alle setzten sich rundherum und warteten, was die Feenkönigin sagen wird.
„Also, wir gehen jetzt in den Garderobe-Raum und stellen den Spiegel so auf, dass er die Hexe sofort erfaßt, wenn sie ins Zimmer kommt. Dann drehen wir die große Lampe auf, damit ihre ganze Gestalt im Spiegel erscheint.“

Alle sprangen auf und liefen hinüber in den Garderobe-Raum. Dort stand der große Spiegel an der Seite. Alle zogen und ruckten an dem Spiegel, bis er genau gegenüber der Eingangstüre zum Stehen kam.
Die Feen nahmen ihre Schleier zur Hand und polierten den Spiegel auf Hochglanz. Dann versteckten sie sich im Raum.

Eine versteckte sich in einem der großen Garderobe-Kästen, eine andere kroch unter das kleine Ruhebett an der Wand eine andere wieder schlüpfte in die große Vase und lugte vorsichtig über den Rand. Lamis, die ganz große Angst hatte, öffnete die Truhe, wo verschiedene Schleier und Hüte der Feenkönigin lagen und versteckte sich dort drinnen.

Alle hielten den Atem an. Man konnte die Luft zittern hören.

Da hörten dann alle, wie das große Tor unten in der Eingangshalle aufflog und die Hexe Bora die Halle betrat.
„Wo bist du, Feenkönigin?“ schrie sie wild fauchend
„Du hast etwas, was mir gehört!!“

Der Elfe, der Dienst hatte heute an der Pforte des Schlosses hatte sich hinter seinem Tisch versteckt und gab keinen Laut von sich. Er hatte den Auftrag die Hexe vorbeizulassen. Ihm zur Seite stand nur ein Wachmann aus dem Nest der Hornissen, der ihm helfen sollte, falls die Hexe ihn doch entdeckten sollte.
Doch diese stürmte an der Pförtnerloge vorbei, die Treppe hinauf. Sie stampfte und fauchte laut und dann zerriss sie sich sogar das Kleid an einem der Holzpfeiler. Ihre Augen spuckten Feuerblitze und fast hätte sie die schönen Vorhänge in Brand gesetzt, wenn nicht der kleine Kobold, der hinter ihr herlief, blitzschnell nach einer Vase mit Blumen gegriffen hätte und das Wasser auf die Vorhänge geschüttet hätte.
So stand sie nun auf dem Treppenabsatz. Hatten die Hände in die Hüfte gestützt, den schwarzen Raben auf ihrer linken Schulter, die Augen, fast so groß wie Wagenräder sprühten vor Zorn und ihre langen Finger, mit ihren schwarzen Fingernägeln fuhren in der Luft umher.
Da hörte sie ein Geräusch aus dem Garderobe-Raum, dass die Feenkönigin absichtlich gemacht hatte. Die böse Hexe drehte sich blitzschnell herum.
„Aha, hier versteckst du dich.“ Und ohne lange nachzudenken, ganz in ihren Zorn gefangen, stürmte sie in diesen Raum. Der Raum war aber dunkel und sie konnte im ersten Augenblick nichts sehen und blieb wie angewurzelt stehen.
Dort hatten schon alle zitternd auf sie gewartet. Der Elfe Mo war versteckt in der Fensternische und hatte seinen Pfeil und Bogen genau auf den Lichtschalter gerichtet.
„Bitte lieber Gott,“ sprach er ganz leise,“ laß mich ja sofort den Lichtschalter treffen. Sonst sind wir alle verloren.“
Er visierte den Schalter an, fast hätte er die Augen geschlossen, und schoß.
Der Pfeil flog schnurgerade und leise schwirrend durch den Raum direkt auf den Lichtschalter zu. Alle hielten den Atem an und man hätte eine Stecknadel fallen hören können.
Und da, es wurde Licht, er hatte getroffen. Der Raum wurde in gleißendes Licht getaucht, die Hexe schloß für einen Augenblick die Augen und fuhr sich mit der Hand zum Gesicht.
Dann, als sie die Augen wieder öffnete, sah sie sich im Spiegel, in helles Licht getaucht.
Sie erkannte blitzschnell die Gefahr und wollte fliehen, doch da war es schon zu spät. Das Licht zog sie mit ungeheuerlicher Stärke in den Spiegel und sie war darin gefangen.
Sie tobte und schrie, stieß Verwünschungen aus und bedrohte alle mit dem Tode. Doch sie konnte den Spiegel nicht verlassen, sie war darin gefangen.
Ganz langsam kamen alle aus ihren Verstecken hervor und versammelten sich vor dem Spiegel um die böse Hexe anzusehen.
Auch die Feenkönigin trat hervor und stellte sich vor den Spiegel.
Sofort öffnete die Hexe wieder ihren Mund, so dass man die großen häßlichen Zähne sehen konnte und es kam ein Hauch, wie Flammen aus ihm hervor.
„Laß mich sofort hier raus, drehe das Licht aus, damit ich den Spiegel verlassen kann, sonst wird es dir schlecht ergehen,“ schrie sie.
„Nein, das werde ich nicht tun. Du bist so böse, du darfst keinen Platz in unserer Welt mehr haben.  Wir wollen, dass alle Menschen und Tiere und Pflanzen und die Wesen der Zwischen- und Traumwelt sich lieben. Doch du zerstörst das immer wieder. Wir werden jetzt den Spiegel zerschlagen und die Scherben werden wir in den Großen Ozean bei der Insel Avalon versenken. Da wirst du nie wiederauftauchen können und in der Unterwelt, ohne Tageslicht dahinsiechen. Du wirst erst wieder errettet werden können, wenn du allem Bösen abschwörst und 10.000 Jahre Gutes tust. In dieser Zeit wird niemand mit dir reden und du wirst keinen Freund dort haben. Sogar die Hexen und Druden und bösen Geister werden nichts mit dir zu tun haben wollen.“
Sie sah zu Elfen Mo hinüber. Dieser hatte schon den Pfeil im Bogen gespannt und wartete nur mehr auf das Zeichen der Feenkönigin.
Nun hob sie die Hand und gab ihm das Zeichen auf den Spiegel zu schießen. Er zog ganz stark den Pfeil nach hinten, visierte den Spiegel, der ja Gott sei Dank, viel größer als der Schalter war und schoß. Und wieder verließ der Pfeil den Bogen und flog mit leisem zischenden Geräusch auf den Spiegel zu. Alle hielten wieder den Atem an. Die Hexe sah ihn mit weit aufgerissenen Augen auf sich zukommen und konnte nichts Anderes machen als die Arme zu heben und vor das Gesicht zu halten.
In diesem Moment zerbarst der Spiegel in viele Stücke und fiel zu Boden. Augenblicklich war das Geschrei der Hexe verstummt. Alle starrten auf die Scherben am Boden. Sie konnten gar nicht glauben, dass der Hexenspuk nun vorbei war. Als es ihnen klar wurde, fielen sie sich um den Hals und weinten vor Freude. Sie tanzten noch eine Weile im Kreise und freuten sich.



 
„So, jetzt ist aber Schluß, meine Kinder,“ sagte die Feenkönigin.
„Wir werden die Scherben des Spiegels in eine Holztruhe geben, diese gut verschließen und in Begleitung von Mo wird unser weißes Märchenpferdchen diese Truhe  nach Avalon bringen und dort im Ozean versenken. Damit haben wir unsere Pflicht getan.“
Sie liefen alle die Treppe hinunter und waren sichtlich erleichtert.
Die kleine Hexe saß noch immer im Walde unter dem Farnblatt und zitterte vor Angst. Sie hatte das alles nicht miterlebt da ihr Fuß noch immer schmerzte, konnte sie nicht laufen und ließ es sich nun von den anderen erzählen.
„Ich bin so froh, „sagte sie, „dass nun alles vorbei ist. Und am meisten freue ich mich, dass ich mich diesmal richtig erinnern konnte, an die Sache mit dem Spiegel.“

Alle gratulierten ihr und brachten ihr  Waldblumen und Beeren zum Geschenk.

Diese Fröhlichkeit wurde ganz plötzlich durch ein lautes Krächzen unterbrochen. Dem schwarzen Raben der Hexe war es gelungen zu entkommen und nun zog er seine Kreise über dem Wald und flog dann mit seinem lauten Krächzen, aus dem man ein Wehklagen über die Verbannung der Hexe heraushören konnte, davon.



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Dienstag, 23. Oktober 2018

Der schwarze Tod, Yersina pestis


Der schwarze Tod.
Yersina pestis

Kapitel  1

Wenn unter Städten, die Jahrhunderte Geschichtsträchtiges erlebt haben, sich Erdschicht auf Erdschicht gebildet hat, plötzlich mit Baggern und Maschinen eben diese Erdschichten aufgegraben und abgehoben werden, werden Kräfte frei, die sich das menschliche Gehirn gar nicht vorstellen kann und auch gar nicht möchte.
In hochmodernen Bürohäusern werden auf dem Reißbrett Pläne und Skizzen geschaffen, die in die Tiefen dieser niemals toten, nur oberflächlich schlafenden Unterwelt, das Eindringen planen, um Tunnels und U-Bahnen zu bauen.
Die Menschen in der pulsierenden österreichischen Hauptstadt Wien hatten keine Ahnung, welche schrecklichen Kräfte bereit sind, aus den Höhlen und natürlichen Gefängnissen auszubrechen um sich an der Oberfläche auszubreiten und Tod und Verderben zu bringen. Der Bau des U-Bahnnetzes weckte diese lauernden Kräfte und dunklen Geschöpfe jäh aus ihrem Halbschlaf.
Unter dem Dom zu St.Stephan verbergen sich Gewölbe aus frühchristlichen Zeiten. Gebeine wurden bei Grabungsarbeiten oder Umbauten immer wieder zu Tage gefördert, sodass sich die Arbeiter aus Aberglauben und Angst oft weigerten noch tiefer in die unübersichtlichen Gänge und Höhlen vorzudringen.
Bereits im Jahre 1137 n.Chr. wurde der Dom zu St.Stephan urkundlich erwähnt, doch ergaben spätere Forschungen, dass bereits seit dem Jahre 800. hier eine Kirche bestand, auf deren Grundmauern dann die heutige Kirche zu stehen kam.  Die Archive der Kirche sind nicht für jedermann zugänglich und es ist in den vergangenen Jahrhunderten immer wieder gelungen, stattgefundene, unheimliche Begegnungen oder unerklärliche Ereignisse oder Erscheinungen geheim zu halten.
Manche Menschen vermeinten in mondlosen und stürmischen Nächten Grollen und Brüllen aus den Tiefen der Katakomben gehört zu haben, manche führten sogar Todesfälle auf diese Wahrnehmungen zurück. Es kursieren unzählige, unheimliche und unerklärliche Geschichten und Sagen bis in die heutigen Tage.




Niemand hörte jemals auf die mahnenden Stimmen von Wanderpredigern, oder abtrünnigen Mönchen, die behaupteten, dass das Böse schlechthin tief unter den Gassen und alten Häusern hause und immer wieder aus Spalten oder Ritzen entwich. Sie predigten Verdammnis und Tod, Strafe Gottes für gottloses Leben und hielten so die zahlreichen Geschichten im Bewusstsein der Menschen am Leben. Heerscharen von Ratten und der Schmutz in den Strassen der Städte taten ihr Übriges dazu, um das Ausbrechen von allerlei Krankheiten zu fördern.
Und so kam es im Jahre 1679 zum Ausbruch der Pest in Wien. Denn das Böse, eine körperlose schwarze Masse mit unendlich verlängerbaren Armen und gierigen Fingern, das sich durch die Erde wühlte, verzweifelt Ausgänge und Schächte nach oben suchte, brach zuerst in der „Leopoldstadt“, einem Vorort der damaligen Stadt Wien aus, infizierte Ratten und Ungeziefer und schickte die todbringenden Boten so an die Oberfläche.
Dadurch, dass die Seuche über einen längeren Zeitraum im wahrsten Sinne des Worts, totgeschwiegen wurde, starben rund 100.000 Menschen daran; zuerst die Armen und Schwachen, bis sie dann schließlich auch die Salons und Paläste der Wohlhabenden erreichte und ausgiebige Ernte machte.
Ärzte schilderten sie in den Annalen als eine „Heimsuchung der Menschen mit Beulen, Drüsen-Karfunkeln, braunen und schwarzen Flecken, riesigen aufplatzenden Beulen, gefüllt mit stinkendem Eiter und Blut“ Die Menschen in der Stadt waren voll Entsetzen und in Panik. Noch dazu lagen die Leichen todbringend oft tagelang auf den Straßen, denn es fehlte an Siechenknechten und Totengräbern.
Durch die engen Gassen der Altstadt, am Dom vorbei wälzten sich die Menschenmassen, mit Karren voller Leichen und begruben sie in den vor der Stadt vorbereitenden Gruben, die eilig ausgehoben wurden. Die Leichen wurden einfach hinuntergekippt und man eilte davon.
Mit gierigen Armen und geifernden Mäulern wurden die Leichen von den bösen Kräften und Gestalten der Unterwelt darin aufgenommen und dienten dem Bösen als Nahrung und zur Vermehrung.

In den Nächten, so man sich ins Freie traute, konnte man auf den noch offenen Leichengruben unheimliche, schwarze Gestalten und Schatten mit funkelnden Augen tanzen sehen
Diese Seuche konnte erst eingedämmt werden, als man begann, die Straßen und Häuser zu reinigen, keinen Unrat mehr einfach aus dem Fenster zu werfen.
Da mussten sich diese bösen Kräfte wieder in den Untergrund zurückziehen und auf ihre neue Chance warten.
Es vergingen Jahrhunderte, in denen sie als drohende geifernde Gefahr unter unseren Füßen lauerten und auf die Gelegenheit, nach oben zu kommen warteten.

Der moderne Mensch verweist diese Dinge natürlich in der Reich der Fabeln und Sagen und setzt sich über alle Warnungen der Wissenden hinweg. Beim Bau der geplanten U-Bahn wurden Baumaschinen, Riesenbagger und Erdbohrer eingesetzt und die Erde unter großem Getöse und intensiven Erschütterungen aufgewühlt. In dem auftretenden Lärm und dem Getöse gingen das Fauchen und Stöhnen dieser unterirdisch lauernden Bewohner der Stadt unter.

Im Zuge der Bauarbeiten entstand vor dem Dom ein riesiger Krater von ca. dreißig Metern Tiefe oder mehr. Es wurden Tonnen von Erde nach oben geschafft und mit ihr Extremente der Ratten und anderem Getier und Gewürm. Aus den entstandenen Erdspalten drang Ekel erregender Gestank in diese Luft und wurde von den Männern eingeatmet.

Auch als aus einem tiefen Hohlraum ein Heer von Ratten entwich, sich auf die Männer in den Overalls stürzten, wurden sie mit den modernsten Mitteln der Schädlingsbekämpfung getötet oder scheinbar vertrieben. Das Einzige was geholfen hätte, wäre Feuer gewesen, das wurde unterlassen! Rundum gingen die Menschen ahnungslos ihren Geschäften nach, saßen in den Kaffees und plauderten über Belangloses, während über ihnen der Hauch des Todes seine Bahnen zog.

                                                  ++++++++++++++++

Kapitel 2
Erschrocken fuhr Sabine in die Höhe. Das Telefon läutete ausdauernd und furchtbar laut.
Sie blickte auf die Uhr neben sich. Es war kurz nach zwei Uhr morgens.
Im Halbschlaf griff sie nach dem Telefon.
„Ja, wer stört?“
„Sabine, hier ist Robert. Ich brauche Deine Hilfe!“
„Weißt Du, wie spät es ist? Hat das nicht Zeit bis morgen früh?“
„Nein, wir stehen vor einer Katastrophe, tausende Menschen sind gefährdet und es soll vertuscht werden.“
Sabine war inzwischen hellwach geworden, hatte das Licht angemacht und saß am Bettrand. Warum überraschte sie dieser Anruf nicht wirklich?  Es klang ganz nach Robert, immer dramatisch, immer enthusiastisch und immer übereifrig. Ein engagierter Journalist, der aber auch immer wieder in neue Schwierigkeiten taumelte.
„Robert, bist Du schon wieder dabei, etwas aufzudecken? Aber um Gottes Willen, wozu brauchst Du da mich, und noch dazu so mitten in der Nacht?“
„Was weißt Du über die Pest?“
„Die Pest?  Bist du verrückt, hast Du kein Internet um da nachzusehen?“
„Sabine, wir haben die Pest mitten in Wien, es gibt Tote und Erkrankte und alles soll vertuscht werden!“
„Das wäre ja eine Katastrophe, aber ich habe bisher davon nichts gehört und sitze doch einigermaßen mitten im Geschehen.“
„Es gab bereits drei Tote, die bereits beerdigt wurden, es waren alles Feuerbestattungen und weitere fünf Erkrankte liegen auf der Isolierstation der Uni-Klinik und werden mit Antibiotika behandelt.“
 „Und was steht auf den Totenscheinen?“ fragte Sabine.

 „Diphtherie, einfach Diphtherie. Ich habe keine Ahnung, was sie den Angehörigen über die näheren Umstände gesagt haben, ich finde es nur seltsam, dass alle drei Verstorbenen eine Feuerbestattung bekamen! Das kann doch kein Zufall sein!“

Sabine dachte kurz nach.
„Wenn das stimmt, dann ist das tatsächlich seltsam. Gibt es denn einen Zusammenhang oder eine Verbindung zwischen den erkrankten Personen?“

„Ja, es sind ausschließlich Bauarbeiter und Techniker von der U-Bahn-Baustelle am Stephansplatz, die in derselben Nacht Dienst hatten.  Man hat heute Morgen die Arbeiten vorübergehend, mindestens für einige Stunden, ausgesetzt und die Baustelle gesperrt.“ Sagte Robert.
„Mit welcher Begründung?“
„Technische Probleme und Prüfung. Aber wenn sie Gerede vermeiden wollen, müssen sie sie bis spätestens morgen früh wieder öffnen!“
„Robert, ich habe da einen Studienkollegen, der arbeitet im Gesundheitsamt. Den werde ich anrufen, vielleicht weiß er irgendwas. Aber nicht jetzt, mitten in der Nacht, morgen früh! Gute Nacht!“
„Das kannst Du dir sparen, sie mauern! Zieh Dich an, ich hole Dich ab und wir schauen uns das an Ort und Stelle an der Baustelle direkt an“.
„Bist Du verrückt? Da gibt es wohl Einiges, das dagegenspricht. Erstens wird die Baustelle sicher bewacht sein, zweitens könnte es für uns ebenfalls gefährlich sein, uns dort irgendwelchen Seuchen, es muss ja nicht gleich die Pest sein, auszusetzen; und drittens riskiere ich meine Anstellung im Labor der Uni-Klinik!“
„Also, wenn es doch die Pest sein sollte, dann ist das alles völlig gleichgültig. Du wohnst keine hundert Meter von der Baustelle entfernt, kannst sie sogar sehen, und du bist sicher bereits infiziert! Wir steigen da einmal hinunter und nachher gehen wir in dein Labor und du spritzt uns ein Gegengift!“
Sabine musste lachen, ja so stellte es sich der kleine Moritz vor!
„Sabine, bitte versuche doch einmal, über Deinen eigenen Schatten zu springen, hast Du gar keine Eigeninitiative, keine Abenteuerlust?“
„Robert, Du übertreibst wieder einmal maßlos! Aber OK, ich werde mir das mit dir ansehen, wie lange brauchst Du, bis Du hier bist?“
„Ich stehe vor deiner Haustüre, ziehe auf jeden Fall Gummistiefel an“, sprach Robert und klickte sich weg.

Seufzend erhob sich Sabine, nicht ohne einen sehnsüchtigen Blick auf den Pölstern zu werfen und suchte ihre Jeans und ein T-Shirt mit Jacke zusammen, zog auch die erwähnten Gummistiefel an.
Ihre Wohnung lag tatsächlich im Zentrum der City, keine 100 Meter vom Dom entfernt.  Nachdenklich blickte sie in den Spiegel beim Stiegenabgang. Sollte   tatsächlich aus der Tiefe der Baugrube etwas so Grauenhaftes wie die Pest entwichen sein und einfach einige Menschen befallen haben?
Als sie vor das Haus trat, löste sich der Schatten Roberts aus dem Torbogen vom gegenüberliegenden Haus. Er war ebenfalls mit einer Jacke mit Kapuze und Gummistiefeln, sowie dem für Robert unvermeidlichen Fotoapparat bestückt.

Sie nickten sich stumm zu und Robert ging sofort in Richtung des schwach beleuchteten Platzes vor dem Dom.

Es war gespenstig ruhig, niemand war zu sehen. Sabine begann bereits zu bedauern, Robert nachgegeben zu haben. Aber irgendwie reizte das ihre Abenteuerlust und ihre Neugierde doch.

Robert gab den Weg vor. Er drückte sich an die Hausmauern gegenüber des Domes, um an seine Rückseite zu kommen. Dort war es dunkler als an der Vorderseite und dann lief er, geduckt über den kleinen Platz und drückte sich an die Mauer der Kirche.
Sabine war stehen geblieben und blickte sich suchend um. Es war niemand zu sehen. Immerhin war es ja inzwischen fast drei Uhr morgens,
„Komm herüber“, rief Robert leise und winkte ihr zu.
Wie von Geisterhand gestoßen, lief nun auch Sabine geduckt zur Kirche hinüber und drückte sich ebenfalls an die Mauer neben Robert.
Sie schlichen sich nun, Robert voran, langsam zur Vorderseite und der Baugrube immer näher.
„Hörst Du auch was?“, murmelte Robert
Tatsächlich konnte Sabine ein Geräusch wahrnehmen, es war das schwere, mühsame Atmen eines Lebewesens, das anscheinend mit dem Tode ringt.
„Es ist der Hauch des Todes!“, flüsterte Robert.
„Sei nicht so kindisch, das wird ein Wind sein“, sagte Sabine, doch es kam auch ihr ein wenig unheimlich vor.

Sie hatten inzwischen die hölzerne Umrandung der Baugrube erreicht und blickten hinunter. Von hier oben erschien sie sehr tief und eigentlich drohend, musste Sabine zugeben.
Robert hatte sich in der Zwischenzeit gebückt und war durch die Absperrung in den inneren
 Kreis der Baustelle vorgedrungen. Von einer Wache war nichts zu sehen. Nur die Baumaschinen, die am Grund der Grube standen, waren mit Warnleuchten schwach beleuchtet, man konnte kaum ihre Konturen sehen.
Ich muss verrückt sein, da mitzumachen!  Sabine schüttelte den Kopf über sich selbst, tat es Robert jedoch gleich.
„Hier ist eine Leiter, komm und gib Acht, dass Du nicht abstürzt!“ Robert war bereits die Leiter einige Sprossen abwärts geklettert.
Dieser dumpfe Ton des schweren Atems verstärkte sich. Es war auch ein leises, gleichmäßiges Klopfen zu hören. `Wie ein Herzschlag`, dachte Sabine nachdenklich, doch es war sicher nur eine Pumpe, die vielleicht irgendwo Wasser abpumpte, beruhigte sie sich gleich selbst.
Sie kletterten nun schweigend abwärts, bis sie endlich am Grund der Baugrube standen. Es erschien ihnen alles überwältigend, überdimensioniert.
Sabine war nun froh, Roberts Ratschlag gefolgt zu sein und Gummistiefel anzogen zu haben, denn der Boden war feucht, mit Wasserlachen übersät und rutschig.
„Merkst Du, dass die Luft hier schwer zu atmen ist und nach Verwesung riecht?“ Robert hatte seine Stimme gesenkt, als wollte er niemand wecken.
„Naja, ja irgendwie schon, aber wir sind ja eigentlich unter dem Niveau der Straße und da ist eben alles feucht“, Sabine wiegte den Kopf hin und her.

Plötzlich nahmen sie ein seltsames Geräusch wahr. Es war als würde man eine große Menge von Menschen essen und schmatzen hören, als würden tausend Füße in eine Richtung laufen. Und da kamen sie, es mussten Hunderte sein. Es waren große, fast schwarze Ratten, ihre Augen leuchteten in der Dunkelheit. Sie kamen aus Erdlöchern, aus Spalten und hinter den Baumaschinen hervor. Es war, als würden sie nur auf sie gewartet haben. Die spärlichen Lampen der Notbeleuchtung machten, dass ihre Augen glühten.
Sabine und Robert ergriffen in ihrer Panik herumliegende Eisenstangen und Holzlatten und schlugen auf die Tiere ein. Sabine sah entsetzt, dass sich eines der
Tiere am Rücken von Robert festgekrallt hatte und schlug mit voll Wucht zu. Sie hätte Robert fast zu Fall gebracht, doch das Biest ließ doch los und sprang nach unten.
„Wir sollten schleunigst nach oben verschwinden“, rief Sabine. Doch die Ratten hatten sich nun am Rande der Grube zurückgezogen und blockierten den Weg zur einzigen Leiter, die aus der Baugrube nach oben führte.
Sie hatten sich gegenüber mit dem Rücken zur Wand gestellt und hielten ihre einzigen Waffen, die Eisenstangen und Holzlatten drohend erhoben in den Händen hoch.
„Sie sind klug, sie beobachten uns und warten auf ihre Chance!“, flüsterte Robert.
Das dumpfe schwere Atmen verstärkte sich kontinuierlich und drang von überall herbei, es kam aus den Wänden und Rissen und Spalten des sie umgebenden brüchigen Erdwalles. Aus verschiedenen Ritzen drang eine schwarze zähflüssige Masse, die sich am Boden formierte und langsam in ihre Richtung kroch.
„Was ist das?“, die Stimme Sabines war nun schrill und man hörte, dass sie Angst bekam.
„Ich weiß es nicht, doch es stinkt schrecklich und scheint intelligent zu sein, es versucht, uns einzuschließen, uns hier festzunageln!“. Auch Robert spürte, wie Panik und Kälte langsam von seinen Zehen beginnend, seine Beine aufwärts krochen. Nun begannen die Ratten wieder diese schmatzenden Geräusche zu machen und es kam Bewegung in die homogene Masse der Tierleiber. Sie formierten sich wieder zum Angriff.
„Sie kommen, oh Gott, sie kommen wieder!“ Robert verlor nun ebenfalls völlig die Fassung und versuchte in seiner Angst die feuchte, abbröckelnde Wand der Baugrube zu erklimmen
„Wir haben nur eine Chance, wenn wir vielleicht die Baumaschinen erreichen und uns in einer der Kabinen einschließen könnten“, Sabine versuchte ruhig zu bleiben, „ich verstehe das nicht, Du wolltest ja da runter und erforschen, was da lost ist und jetzt hast Du Angst?“

 „Ja, Du hast ja recht, aber ich erwartete nicht, so frontal damit konfrontiert zu werden. In den Baumaschinen sind wir nicht sicher, die sind nach unten hin offen.  Sag, wenn uns diese Biester beißen und infizieren, gibt es da ein Gegengift?“
„Ja, ja beruhige Dich doch, sollten sich die ersten Anzeichen von Pest zeigen. Husten und Bläschen im Mund, wird Antibiotika verabreicht und Du kommst in Quarantäne.  Unbehandelt ist es sicher tödlich. Wahrscheinlich ging es den drei Toten aus irgendeinem Grund so und sie wurden Tage vorher schon von den Ratten gebissen. Man kann nur hoffen, dass sie niemand infiziert haben! Aber die, die in der Intensivstation liegen, werden sicher wieder gesund.“
Das wirkte beruhigend auf Robert.
Sie hatten inzwischen den großen Tunnel, der ins Erdinnere führte erreicht und drückten sich dort wieder an die Wand. Aus der Finsternis formierte sich plötzlich ein schwarzer Schatten, der sich nach oben hin verbreiterte und nun drohend über ihnen, wie der berühmte Geist aus der Flasche, schwebte.
 „Da vorne Sabine, siehst Du das?“ flüsterte Robert.
„Ja, ich sehe einen Schatten, wie er sich vorwärtsbewegt. Im Lichte der Taschenlampen verändert er seine Gestalt dauernd“, flüsterte Sabine zurück.
„Oh nein, es ist nicht das Licht, der Schatten verändert wirklich seine Gestalt. Manchmal ist er hoch aufgerichtet, dann wieder zerfließen die Konturen und sein unteres Ende bewegt sich am Boden dahin. Es sieht aus, als wäre es eine homogene Masse, die sich so fortbewegt“. Robert richtete den Strahl der Lampe wieder nach vorne. Keuchend machte er einen Schritt zurück und die Lampe entglitt seiner Hand. Diese schwarze homogene Masse hielt inne, drehte sich um und aus der dunklen Masse starrte ihnen ein Totenkopf aus leeren Augenhöhlen mit aufgerissenem Mund entgegen. Aus dem Mund kam grauer Schleim heraus, der Hauch der Pestilenz lag in der Luft.
Die Arme des Schattens wurden dünner, aber dafür länger und wuchsen ihnen entgegen, als würde er nach ihnen greifen wollen. Am Boden breitete sich diese dunkle teerähnliche Masse immer mehr aus und erreichte fast ihre Beine. Sie schrieen und wichen zurück, vergessend, dass draußen in der Baugrube die Ratten auf sie warteten.
Sie tasteten sich langsam weiter und fanden plötzlich den Eingang in einen längeren Nebengang, in dem sie einbogen, von dem bedrohlichen Schatten sich fortbewegend
Hier war es dunkel und sie fühlten wieder diesen modrigen kühlen Luftzug an sich vorbei streifen.
„Oh, siehst Du das Robert? Auch hier gibt es diese dunklen klebrigen Schatten, sie kriechen an den Wänden und am Boden entlang, sie ähneln suchenden Fingern. Sie kommen immer näher!“ Sabine war das Grauen anzusehen. Sah so die Pest aus, wenn sie sich verbreitete, ihre Opfer suchte?
„Wir sollten doch versuchen wieder die Baugrube und die Leiter nach oben zu erreichen!“ flüsterte Robert.

Als sie hinausliefen, war das schmatzende, geifernde Geräusch stärker geworden und sie blieben wie angewurzelt stehen. Die Tiere hatten ein Objekt für ihre Gier gefunden. Es war allem Anschein nach der Wachmann, der die Baustelle zu bewachen hatte, der da am Boden lag. Die Tiere hatten sich in ihm verbissen, rissen Fleischstücke aus seinem Gesicht heraus, tranken das herausquellende Blut an seinem Hals und waren überall in seiner Kleidung, zwei dieser Bestien rauften um einen Finger. Es war ein grauenhaftes Bild. Und über allem schwebten diese schwarzen Schatten, wogten bedrohlich hin und her. Es schien, dass sie sich an diesem Anblick weidete.
Die beiden ergriffen wahllos je eine jener Eisenstange, die zahlreich herumlagen und versuchten die Tiere von dem Manne weg zu jagen. Doch wie es ihnen gelang, einige zu verjagen, waren sofort wieder andere da. Sie mussten sich auch gegen Angriffe auf sich selbst wehren, die Situation schien hoffnungslos.
Sie versuchten es auch mit Schreien, doch ohne Wirkung auf die Tiere.
„Robert, der Mann ist tot, wir müssen weg!“ schrie Sabine und zerrte nun ihrerseits den Freund am Ärmel
Dieser ließ die Eisenstange fallen und sie liefen so rasch als sie konnten zur Leiter, an der sie herabgestiegen waren. Als sie bereits einige Stufen erklommen hatten, blickten sie voll Angst zurück und sahen, wie aus dem großen Tunnel und auch aus mehreren kleinen Nischen und Spalten sich noch mehr solche schwarzen Schatten heraus wälzten und einige der Totenschädel zu ihnen aus schwarzen Augenhöhlen heraufsahen.  Ihre langen Arme schwangen in der Luft und es schien als würden sie die Ratten nach oben treiben wollen.
„Es ist, als würden ihnen die Ratten gehorchen, sie versuchen die Wände der Baugrube hinauf zu klettern, sie werden Tod und Verderben weitergeben, sie werden in die Kanäle und Keller der Häuser gelangen, die Pest wird sich verbreiten!“ flüsterte Robert.
Sie waren sehr froh, als sie wieder oben waren und setzten sich erschöpft auf den Boden, um Atem zu holen und das Entsetzliche zu verkraften.
Als eine der Ratten die Oberfläche erreichte, stieß Robert mit seinem Fuß nach ihr und schleuderte sie über den Rand hinunter.
Er nahm dann sein Telefon aus der Tasche und rief die Polizei an, meldete den Vorfall und den Toten in der Baugrube. Seine Stimme war unbeherrscht, schrill und laut und es dauerte eine Weile bis er sich wirklich verständlich machen konnte.
Binnen kurzer Zeit waren dann einige Polizeiautos und ein Rettungswagen da.
Einer der Polizisten in Zivil nahm die Beiden zur Seite.
„Was haben Sie denn, um Gottes Willen da unten gesucht? Können Sie das Schild nicht lesen? Hier steht groß und deutlich: Betreten der Baustelle verboten. Was haben Sie da unten gemacht?“
Robert zeigte seinen Presseausweis her und versuchte seine Beweggründe zu erklären.
„Aha, die Pest! Und da dachten sie, sie treffen die Pest da unten zu einem Plausch?“ die Stimme des Beamten war schneidend und höhnisch.
„Sie werden es nicht glauben, wir haben die Pest auch getroffen in all ihrer Hässlichkeit!“ Sabine schrie es fast.
 „Haben Sie Bilder gemacht?“, fragte der Beamte nun, mit einem Blick auf den Fotoapparat, ohne auf diese Bemerkung einzugehen, „wenn ja, dann muss ich Sie bitten, mir den Film oder die Karte   auszuhändigen!“
Doch Robert hatte keine Bilder gemacht, da sie ja von einem Entsetzen ins andere fielen und daran ja nicht zu denken war. Es wurde ihm erst bewusst, als er die Frage hörte und da tat es ihm leid, dass er keine Bilder hatte. Sie würden das Erlebte niemals beweisen können, wurde ihm sofort klar
Inzwischen hatten die Männer der Rettung den Körper des schrecklich zugerichteten Wachmannes heraufgeholt, in den vorbereiteten Metallsarg gelegt und den Deckel geschlossen.
„Ich muss Sie bitten, mit aufs Revier zu kommen, ich muss ein Protokoll anfertigen und Ihre Aussagen aufnehmen!“ Der Beamte schien keinen Widerspruch zu dulden.
Auf dem Revier schilderten die beiden ihr Erlebnis und stießen bei den Beamten auf Kopfschütteln und Unglauben.
„Das mit den Ratten muss untersucht werden, ebenso der Tod des Wachebeamten. Sie dürfen die Stadt nicht verlassen, wir haben sicher noch einige Fragen an Sie. Außerdem wurde vorhin eine Nachrichtensperre aus dem Ministerium erlassen. Sie dürfen also vorläufig nicht darüber berichten“.


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Kapitel 3
Noch im Morgengrauen konnten Sabine und Robert durch die zugezogenen Gardinen die anrückende Feuerwehr sehen, konnten beobachten wie eine größere Mannschaft in die Baugrube stieg. Sie warfen zusätzliche Strickleitern hinab. Die Männer waren mit schwarzen Schutzanzügen bekleidet, hatten Sauerstoff-Flaschen am Rücken und Flammenwerfer in den Händen. Der Graben, die Kärntnerstraße und die Singerstraße, Seitengassen des Platzes, wurden abgesperrt, um sämtliche Neugierigen fern zu halten.
Sie bekämpften offenbar die Ratten, die zweifellos vorhandenen dunklen Schatten und die sich ausbreiten wollenden, unheimlichen schwarzen Massen mit Feuer.
Die Beiden konnten den Feuerschein durch die Gardinen deutlich sehen. Es war wohl die einzige und wirksamste Möglichkeit. Als sie dann auch noch pfeifende Geräusche, Heulen und Stöhnen hörten, drückte sich Sabina an Roberts Brust und begann endlich hemmungslos zu weinen.

Sabine und Robert saßen am nächsten Abend in ihrem Stammlokal und starrten gemeinsam in die von Robert mitgebrachte Zeitung.

Auf Seite drei, als fast unscheinbare Nachricht, konnten sie Folgendes lesen:

„Aufgrund von Wasser- und Schlammeinbrüchen bei der U-Bahn-Baustelle am Stephansplatz, wurde diese für zwei Tage gesperrt. Immer wieder dringen Erdmassen und Wasser nach. So werden die Wände nun mit Beton und Bitumen ausgekleidet. Durch Unachtsamkeit ist auch ein kleiner Brandherd entstanden, der jedoch von der Feuerwehr sofort unter Kontrolle gebracht werden konnte.“

Sabine stocherte in ihrem Essen herum, sie hatte seit gestern Abend keinen Appetit.



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