Die kleine Wasserhexe
von Joana Angelides
„Schau,
Klaus, diesen Brunnen gibt es gar nicht mehr vor dem Haus. Das ist sicher ein
sehr altes Bild.“ Sagte Lisa gerade, als Tante Monika das Häuschen betrat.
„Ja,
dieses Bild ist schon dreißig Jahre alt, da gab es den Brunnen noch. Das heißt,
den Brunnen gibt es noch immer, aber ich habe ihn abgetragen und den Schacht,
der sehr tief ist, abdecken lassen, damit niemand hineinfällt. Das ist eine
sehr traurige Geschichte gewesen!“ Sie seufzte tief auf und erweckte damit die
Neugierde der Kinder.
„Ach, erzähle sie uns, bitte!“ riefen die Beiden
gleichzeitig aus.
„Ach,
Kinder ein anderes Mal, heute nicht.“ Sagte sie und ging mit ihrem Einkaufskorb
in die Küche.
Klaus
und Lisa waren sehr enttäuscht. Bisher war Tante Monika immer bereit gewesen,
ihnen die unglaublichsten Geschichten zu erzählen und gerade diese eine
Geschichte über einen Brunnen, wollte sie ihnen vorenthalten.
Sie
zwinkerten sich zu und gingen geradewegs in die Küche.
„Bitte,
bitte, wir wollen diese Geschichte hören. Bisher hast Du uns ja auch immer
alles erzählt!“
Tante
Monika setzte sich zum Küchentisch, wischte ihre nassen Hände in der Schürze,
die sie umgebunden hatte, ab und bedeutete den Kindern, sie sollen sich
ebenfalls setzen.
„In
diesem Brunnen wohnten die Wassergeister aus dem ganzen Tal. Sie sorgten dafür,
dass immer genug Wasser vorhanden war, sie bewässerten die Felder in der Umgebung und ließen das
Wasser im Brunnen fallen oder steigen, je nach Bedarf und Jahreszeit. Da gab es
auch eine junge Wasserhexe, die hatte immer nur Unsinn im Kopf.“ Tante Monika
lächelte.
„Einmal
in der Nacht schlich sie sich in die Stadt und brachte einen ganzen Kübel rosa
Farbe mit und schüttete diese Farbe oben in den Fluß und der kleine Wasserfall,
der den Eingang zum Märchenwald verdeckt,
war plötzlich ganz rosa.“
„Oh,
wie lustig!“ Riefen Klaus und Lisa und lachten herzlich.
„Naja,
das sagt ihr, aber der große Wassergeist
wurde sehr böse. Er nahm ihr das
Versprechen ab, dass sie niemals wieder so einen Unsinn anstellen werde. Sie
versprach es hoch und heilig.
Onkel
Eduard kannte die kleine Wasserhexe und setzte sich oft auf den Rand des Brunnens und warf kleine
Margariten-Blumen hinunter. Dann kam die kleine Hexe herauf und sie
unterhielten sich. Sie war sehr schön, hatte immer einen langen Schleier aus
grünem Organza mit vielen kleinen Wassertropfen benetzt, umgewickelt. Immer
hatte sie zwei Champagner-Gläser dabei, mit reinem Wasser und prostete Onkel
Eduard zu. Onkel Eduard war damals noch sehr jung und auch immer zu Späßen
aufgelegt. Sie erzählten sich lustige Geschichten und lachten und neckten sich
gegenseitig.
Ihr
müsst wissen, die Wassergeister lassen sich nicht gerne von den Menschen
beobachten, sie sind sehr scheu. Nur die kleine Wasserhexe suchte immer wieder
die Gesellschaft der Menschen, und besonders die von Onkel Eduard und
einem jungen Handwerksbursche aus dem
Nachbarort namens Hans, der immer Wiesen-Blumen hinunter warf, um mit der
kleinen Hexe zu sprechen.
Die
kleine Wasserhexe heckte nun einen
Streich aus. Sie erzählte Onkel Eduard,
dass in diesem Brunnen Goldstücke zu finden seien. Die Wasserhexe hatte
vom Berg einige Steine geholt die Glimmer enthalten und sie in den Brunnen
geworfen. Diese glänzten nun durch das Wasser herauf, wenn der Mond sich darin
spiegelte und Onkel Eduard glaubte, es
ist wirklich Gold darin.“ Tante Monika seufzte tief, „Onkel Eduard erzählte es
nun am nächsten Tag im Dorf.“
„Ja, und? Haben die Menschen es denn
geglaubt?“ Fragte Lisa und Klaus gleichzeitig.
„Ja,
und es sind Viele gekommen, rund um mein Haus haben sie einen großen Wirbel
veranstaltet, Einige wollten sogar in den Brunnen klettern, um die glitzernden
Steine, von denen sie annahmen sie seien Gold, heraufholen. Ganz besonders
eifrig war der junge Handwerksbursche Hans aus dem Nachbarort. Er kam mit einem
Seil und warf es in den Brunnen und wollte hinunter klettern, doch als er in
der Mitte des Brunnenschachtes war, der Brunnen ist sehr tief, müsst ihr
wissen, ist das Seil gerissen und er fiel ganz tief in den Brunnen hinein und niemand
hat ihn je wieder gesehen. Man hat versucht hinunter zu klettern, man hat nach
ihm gerufen, aber ohne Erfolg. Es heißt, die Wasserhexe hat in unten behalten.
Der große Wassergeist wurde sehr sehr böse und hat die Wasserhexe bestraft für
diesen Streich. Sie durfte nie wieder nach oben kommen.
Alle
Menschen waren sehr traurig, dass der junge Mann verschwunden war und Onkel
Eduard hat es sehr Leid getan, dass er diese Geschichte damals im Dorf erzählt
hat. Er hat dann viele Nächte am Brunnen gesessen und immer wieder Margariten
hinunter geworfen, aber die Wasserhexe ist nie wieder noch oben gekommen. Er
wollte sie fragen, ob sie weiß, was mit dem jungen Mann denn geschehen ist.
Dann haben wir eines Tages den Brunnen abgetragen und verschlossen. So, das ist
die ganze traurige Geschichte.“ Sagte Tante Monika und wischte sich mit der
Schürze ein paar Tränen aus dem Gesicht.
Die
beiden Kinder waren sehr beeindruckt. Das war doch eine sonderbare Geschichte!
Wie konnte denn ein Mensch in einem Brunnen so einfach verschwinden?
Am
Nachmittag schlichen sie sich heimlich zum Brunnen. Klaus verschob zwei Bretter
etwas und versuchte in die Tiefe zu blicken. Doch es war sehr dunkel und er
konnte nicht sehr weit hinunter sehen.
Er
nahm einen Stein und warf ihn hinein. Es dauerte eine ganze Weile, bis er das
Aufklatschen auf dem Wasser hörte.
„Huch,
muss ganz schön tief sein!“ Sagte er.
Sie
legten die Bretter wieder zurück und gingen ins Haus.
„Sag,
Tante Monika, hast du nie versucht, zu erfahren, was wirklich mit dem jungen
Mann geschehen ist? Hast du nie mit den Wassergeistern sprechen können?“ Lisa
schaute Tante Monika fragend an.
„Nein,
die sind sehr scheu und sprechen nicht mit uns Menschen. Aber das ist so viele
Jahre her, da war ich auch noch sehr jung und habe mich gar nicht getraut, das
zu versuchen.“
„Aber
heute, da würdest du dich doch trauen? Oder?“ Klaus schaute sie fragend an.
„Naja,
heute schon. Aber die Geschichte ist ja schon lange vergessen.“
„Komm,
wir versuchen es, wir steigen in den Brunnen hinunter und suchen die
Wassergeister!“ Riefen die beiden Kinder.
„Oh,
ihr seid ja richtig mutig und unternehmungslustig, der Brunnen ist sehr tief!
Das ist viel zu gefährlich! Aber, wir könnten vielleicht die Frösche fragen.
Vielleicht wissen die was.“
„Welche
Frösche?“
„Naja,
die Frösche leben ja im Brunnen und im Teich gleich hinter dem Dorf und die
haben viele Freunde unter den Wassergeistern! Aber das geht erst morgen, ganz
zeitig in der Früh. Ich werde euch wecken, wenn ihr das wirklich wollt?“
„Ja,
das wollen wir, wecke uns nur ruhig auf.“
Diese
Nacht schliefen sie sehr unruhig, Klaus träumte immer wieder, dass er in den
Brunnen gefallen ist, Lisa sah immer nur Frösche rundherum.
Es
war noch nicht ganz hell, als sie von Tante Monika geweckt wurden. Nach dem
eilig eingenommenen Frühstück stiegen sie in das kleine Auto und fuhren zu dem
kleinen Teich, hinter dem Dorf. Schon von weitem hörten sie die Frösche quacken.
Tante
Monika parkte das Auto ein wenig weiter weg, um die Frösche nicht zu
erschrecken und sie stiegen aus.
Durch
die ungewöhnlichen Geräusche gestört, hörten die Frösche sofort auf zu quacken
und beäugten die Neuangekommenen neugierig. Lisa und Klaus setzten sich an den
Rand des Teiches und Klaus versuchte mit einem kleinen Ast, eine der Wasserrosen
heranzuziehen auf der ein Frosch saß.
„Lass
das, ich falle runter!“ Quakte dieser und Klaus ließ sofort voller Schreck los, das Blatt der Wasserrose schnellte
zurück und der Frosch fiel wirklich ins Wasser.
„Ich
kann ihn verstehen, ich kann ihn verstehen!“ Rief Klaus ganz beigeistert aus.
„Ja
natürlich, wenn Du mit mir da bist, dann kannst du sie verstehen, hast Du das
vergessen?“ Fragte Tante Monika.
„Ich
habe ihn auch verstanden", sagte Lisa.
„Also,
wir werden jetzt unsere Bitte vortragen.“ Sagte Tante Monika und setzte sich
auf einen Stein, der am Ufer des Teiches lag.
„Wer
von euch erinnert sich noch an die kleine Wasserhexe, die vor vielen Jahren
immer heraufkam und lustige Streiche ausdachte?“
„Ich.“
Rief Quax der Größte der Frösche.
„Ich
auch.“ Bekräftigte Quick der Schnellste von den Dreien.
„Ja,
ich auch.“ Quickste Quecksi, er war der Kleinste.
Sie waren schon sehr alt, man konnte es an
ihren vielen Falten unter dem Maul sehen.
„Was
ist mit der Wasserhexe?“ Fragte der Größte von ihnen neugierig.
„Nach
der Geschichte mit dem verschwundenen Handwerksburschen Hans wurde sie nie wieder gesehen, ich habe
erfahren, der große Wassergeist hat sie bestraft, sie darf nie wieder an die Oberfläche
kommen.“
„Hmmmm,
ja, seit damals haben wir sie auch nie wieder gesehen.“ Sagte Quax, „aber wir
werden einmal den kleinen Wassergeist Auala aus dem Waldbach fragen, der weiß
immer alles, was so vorgeht in der Welt der Wassergeister.“
Quack
hüpfte in den Teich und verschwand unter der Oberfläche. Es gab ein paar große
Luftblasen, eine Menge kleinere Luftblasen, dann wirbelte die Oberfläche auf
und auf ihr erschien ein seltsames Wesen.
Es bewegte sich im Wasser hin und
her, schien mit der Wasseroberfläche zu verschmelzen, dann nahm es
wieder Konturen an und plötzlich erhob sich aus dem Teich ein wunderliches
Männchen, durchsichtig, mit langen Haaren, die wir Schlingpflanzen aussahen,
aus denen das Wasser hervorperlte. Es blieb halb im Wasser und schaukelte mit
den Bewegungen der Wasseroberfläche hin und her.
„Wer
wollte was wissen?“ Seine großen wasserblauen Kulleraugen schauten von einem
zum anderen.
„Wir“,
sagte Klaus und trat hervor, „wir haben gehört, Hans der Handwerksbursch ist in
dem Brunnen von Tante Monika zu Tode gekommen, aber man weiß nichts genaues.
Weißt du, was damals geschah?“
„Ja natürlich. Das war eine aufregende
Geschichte! Alle dachten er sei tot. Die Wasserhexe wurde bestraft, weil sie
den Tod eines Menschen verursacht hatte, alle suchten den Grund des Brunnens
ab, aber ohne Erfolg. Wir wollten ihn retten, ihn wieder an die Oberfläche
tragen. Aber wir haben ihn nicht gefunden. Aber der Handwerksbursche ist gar
nicht verschwunden. Er lebt schon viele Jahre in der großen Stadt. Er fiel zwar
ganz tief in den Brunnen, wurde aber durch den darunter liegenden,
unterirdischen Fluß ins Freie gespült. Er blieb dann betäubt und bewußtlos am
Ende des Tales, wo der Fluß ins Freie tritt, liegen und erwachte erst wieder
nach Stunden. Doch er schämte sich sehr, dass er nach dem falschen Gold
getaucht war und beschloß, nie wieder zurück zu kehren. Er bestieg den
vorbeifahrenden Zug und blieb in der großen Stadt. Der große Wassergeist weiß
das alles leider nicht, weil er uns
verboten hat, jemals wieder darüber zu sprechen. Ich habe es nur durch Zufall erfahren,
als dieser Hans es einem anderen Holzfäller bei der Arbeit erzählte.“
„Ja aber, alle haben geglaubt, dass er
verschwunden sei, ja sogar tot im Brunnen liegt.“ Tante Monika war ganz
entsetzt über das was sie da vom Wald-Wassergeist hörte. „Oh, Gott, das ist ja
schrecklich! Alle haben gedacht er sei tot, auch Onkel Eduard hat sich immer
wieder Vorwürfe gemacht. Die kleine Wasserhexe wurde bestraft, ich habe den
Brunnen verschlossen. Dabei war alles ganz anders!“
Es
gluckerte und rauschte und der Wald-Wassergeist vereinigte sich wieder mit dem
Teich und langsam verloren sich seine Konturen an der Oberfläche. Nur ein paar
Schlingpflanzen blieben übrig.
Klaus
und Lisa hatten zugehört und auch sie waren ganz erstaunt, über das Gehörte.
„Also,
wir müssen diesen Mann finden, er muss wieder zum Brunnen kommen und
Wiesenblumen hineinwerfen, damit der große Wassergeist und die Wasserhexe
wissen, dass er gar nicht tot ist. Dann müssen wir es Onkel Eduard sagen, damit
er sich keine Vorwürfe mehr zu machen braucht. Außerdem müssen wir es im
Gemeindeamt anschlagen, dass alle wissen, dass er gar nicht tot ist!“ Sprudelte
es aus Klaus heraus.
„Ja,
Klaus, du hast vollkommen Recht, das müssen wir tun!“ Bekräftigte Tante Monika
die lange Rede von Klaus.
„Also,
wir danken euch, ihr lieben Frösche, ihr habt uns sehr geholfen! Wir werden
jetzt einmal zu Onkel Eduard fahren und ihm diese Neuigkeit erzählen. Dann
werden wir Hans den Handwerksburschen im Wald suchen.“ Sagte Tante Monika.
„Quack,
quack, quaaaack“, hörten sie noch lange hinter sich. Die Frösche waren ganz
aufgeregt und unterhielten sich noch lange über diese längst vergessen geglaubte Geschichte.
Sie
stiegen in das kleine Auto ein und fuhren sofort zu Onkel Eduard.
Dieser
war vor seinem Haus mit dem Zerhacken von Holz für den Winter beschäftigt.
„Eduard,
komm steig ein, wir fahren nach Hause und werden Kaffee trinken, ich muss dir
was sehr Wichtiges erzählen.“ Rief Tante Monika.
Onkel
Eduard blickte fragend, ließ aber dann von dem Holz ab, nahm seine Weste, pfiff
nach Snief und sie stiegen beide in das kleine Auto.
Zu
Hause angekommen, machte Tante Monika zuerst Kaffee für sich und Onkel Eduard
und eine große Kanne Kakao für die Kinder. Sie schnitt den duftenden Kuchen an,
den sie am Morgen gebacken hatte und gab jedem ein großes Stück. Snief bekam
ein Stück Wurst, die Tante Monika immer für ihn bereit hatte.
„Also,
was gibt es so Interessantes?“ Fragte nun Onkel Eduard mit vollem Mund.
„Mit
vollem Mund spricht man nicht!“ riefen beide Kinder gleichzeitig aus.
Er
schwieg gleich ganz schuldbewusst und schluckte den Bissen im Munde hinunter.
Tante
Monika erzählte ihm nun die ganze Geschichte und seine Augen wurden immer
größer und erstaunter.
„Ja,
das ist ja fürchterlich, ich meine, es ist natürlich gut, dass Hans der
Handwerksbursche nicht tot ist, aber wir haben es doch alle geglaubt! Was
machen wir denn jetzt?“
„Also,
du wirst erkunden, wann die Männer wieder in den Wald kommen und wir werden
dann alle hingehen und ihn suchen. Dann
muss er zum Brunnen kommen und wieder Wiesenblumen hineinwerfen, zum Zeichen, dass
er lebt. Wir werden sehen, was dann passiert!“
Am
nächsten Morgen machte sich Onkel Eduard auf den Weg in den Wald. Aber die
Männer waren nicht da. Auch nicht am nächsten und am übernächsten Tag. Sie
wurden schon ganz mutlos.
Doch
am vierten Tag kam Onkel Eduard ganz atemlos angerannt.
„Sie
sind da, sie sind da!“ Rief er schon von weitem.
Sofort
machten sie sich auf dem Weg in den Wald. Sie ließen das kleine Auto am
Waldesrand stehen und gingen den Geräuschen der Holzfäller nach.
Sie
kamen dann auf eine kleine Lichtung, wo bereits einige Stämme gestapelt waren.
Es waren fünf Männer, die mit den Holzarbeiten beschäftigt waren. Es war ein
schrecklicher Lärm. Die Sägen durchschnitten die Ruhe des Waldes und störten
alle Tiere. Viele sind geflüchtet, oder haben sich in Erdhöhlen versteckt.
Besonders laut war die Maschine, die die Stämme von den Ästen befreiten. Die
kleinen Vogelnester waren herunter gefallen, die kleinen jungen Vögel piepsten
jämmerlich, doch es hörte sie keiner.
Als
es eine kleine Pause gab, weil wieder neue Stämme herbei geschafft wurden, rief
Onkel Eduard einem der Männer zu:
„Wir
suchen Hans, er soll hier arbeiten!“
Einer
der Männer deutete zu einem großem hageren Manne hin, der gerade damit
beschäftigt war, die Maschine zum Entfernen der Äste an einem Baumstamm
anzubringen.
Onkel
Eduard ging zu ihm hin.
„Hallo
Hans, erkennst Du mich wieder? Ich bin Eduard aus dem Dorf!“
Hans
schaute auf und blickte Onkel Eduard eine Weile fremd an. Dann erhellte ein
Lächeln sein Gesicht.
„Oh,
ja, Eduard! Mein Gott ist das lange her! Was machst Du denn da?“ Fragte er
dann.
„Wir
haben Dich gesucht. Alle dachten Du bist tot als Du damals in den Brunnen
gefallen bist. Wir haben auch nie wieder was von Dir gehört!“
Onkel
Eduard erzählte ihm nun, was geschah, nachdem er verschwunden war. Hans war
sehr erschrocken und setzte sich auf den Baumstamm.
„Ja,
und was kann ich jetzt machen?“
„Du
musst mitkommen und zuerst einmal am Gemeindeamt die Meldung machen, wo Du dich
jetzt aufhältst und dann komm zu Tante Monika und dem Brunnen beim Haus. Wir
werden dann wieder unsere Blumen hineinwerfen, vielleicht kommt die kleine
Wasserhexe wieder?“
Beide
lachten und Hans versprach, das sofort, wenn die Arbeit hier im Wald erledigt
sein wird, so zu machen.
Nach
einigen Tagen, Tante Monika, Onkel Eduard und die Kinder saßen vor dem Haus und
Onkel Eduard erzählte eine Geschichte, kam Hans. Er hatte einen wunderschönen
Strauß mit Wiesenblumen in der Hand.
„Hallo,
guten Tag euch allen. So wo ist denn nun der Brunnen?“ Er konnte ihn nirgendwo
sehen, weil ihn Tante Monika damals abbauen hat lassen und den Schacht mit
Brettern verschlossen hatte.
„Komm
mit, Hans, hier ist der Brunnen. Du musst nur die Bretter wegnehmen", sagte Onkel Eduard.
Während
Hans die Bretter wegnahm, lief Onkel Eduard in das Haus und holte seine
Margariten aus der Vase in der Küche, die er vorbereitet hatte.
Sie
nahmen nun die letzten Bretter gemeinsam weg. Hans und Onkel Eduard stellten sich nun an den Rand
des Schachtes, die Kinder und Tante Monika daneben und blickten hinunter.
„Also,
los, werft die Blumen nach unten!“ Sagte Tante Monika.
Die
beiden Männer beugten sich nach vorne und ließen die beiden Blumensträuße
hineinfallen. Alle hielten den Atem an. Doch es geschah nichts. Man hörte auch
gar nicht, ob die Blumen nun auf dem Grund des Brunnens ankamen, dazu waren die Blumen wohl zu
leicht.
Enttäuschung
machte sich auf allen Gesichtern breit.
Sie standen noch eine Weile da und schauten hinunter, dann drehte sich
Tante Monika um und sagte:
„Das
war leider nichts. Entweder ist die Wasserhexe gar nicht mehr da, oder sie darf
nicht heraufkommen. Na kommt ins Haus, ich mache wieder eine gute Jause.“
Sie
wollten sich schon alle wieder ins Haus begeben, da hörten sie aus dem Schacht
ein helles Lachen, leises Klirren, wie wenn zwei Gläser zusammen stießen und
aus dem Schacht kam ein helles grünes Organzatuch, über und über mit
Wassertropfen benetzt, herauf und schwebte in der Luft. Onkel Eduard lief schnell
hin und wollte danach greifen, doch da fiel es schon wieder in den Brunnen
zurück und wieder kam ein helles Lachen herauf.
„Oh,
sie ist wieder da!“ Strahlte Onkel Eduard über das ganze Gesicht.
Am
nächsten Morgen kam er mit einer Scheibtruhe voller Ziegel an, mit einer Winde,
einem Seil und einem Wasserkorb. Er mauerte einen neuen Brunnen und brachte
auch die Winde wieder an. Dann ließ er den Wasserkorb an dem langen Seil hinab.
Er
betrachtete sein Werk wohlwollend, setzte sich auf den Rand des Brunnens und
zündete sich seine Pfeife an.
Tante
Monika schaute hin und wieder aus dem Küchenfenster und lächelte. Sie wusste, dass
er nun wieder jeden Abend kommen wird
und immer wieder Margariten hinab werfen wird. Ob aber die Wasserhexe
wiederkommt?
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