Besuch im Zirkus.
von Joana Angelides
Lisa und Klaus waren schon
sehr aufgeregt. Heute morgens hat sie Tante Monika mit den Worten aufgeweckt:
„Beeilt euch, wir gehen heute
in den Zirkus.“
Die Kinder freuten sich schon
sehr, denn sie waren erst einmal in einem Zirkus und dass war bereits einige
Monate her.
Lisa half dann den Tisch
abzuräumen und Klaus trug auftragsgemäß den Korb in, dass Auto. Was da wohl
drin war?
Sie mussten sich wieder auf
den Rücksitz setzen und Tante Monika fuhr los. Sie hatte wieder ihren großen
Hut auf den Kopf und den Schirm neben sich liegen. Nach einigen Minuten
Fahrzeit sahen sie schon in der Ferne, dass große Zirkuszelt. Klaus stand vom Rücksitz
auf und schaute ganz aufgeregt nach vorne.
Tante Monika parkte, dass
Auto auf dem großen Parkplatz, der noch fast ganz leer war, denn die
Vorstellung begann erst in ca. einer Stunde. Sie stiegen aus und Tante Monika
nahm den großen Korb aus dem Kofferraum, ihren Schirm auf den Arm und bedeutete
den Kindern, ihr zu folgen.
Sie ging zielstrebig um das
große Zirkuszelt herum und direkt zu den Ställen, wo die Tiere waren. Dort
stellte sie den Korb auf den Boden und öffnete den geflochtenen Deckel. Sie
nahm eine Plastikdose heraus und öffnete sie. Darin lag ein großes Stück
Fleisch.
Sie ging damit zum Löwenkäfig
und verneigte sich vor dem Löwen.
„Majestät, wie geht es Ihnen?
Ich habe für sie ein kleines Geschenk mitgebracht.“
Sie trat ganz nahe an den
Käfig heran und es schien Lisa, als ob sie ganz leise etwas flüsterte, dann warf
sie das Fleisch durch die Gitterstäbe durch, der Löwe packte es mit seinen
Pranken und begann, es zu verschlingen.
Plötzlich hob er den Kopf und
schaute alle drei nacheinander an.
„Danke, mir geht es so weit
gut. Ich bin nur sehr traurig, weil ich schon lange keine Nachrichten von
meiner Familie in Afrika habe. Der letzte Löwe, der aus Afrika in den Zirkus
kam, war von einem ganz anderen Landstrich. Er kannte meine Familie gar nicht.“
Er schaute ganz traurig.
Lisa und Klaus konnten es gar
nicht fassen, dass sie den Löwen verstanden und dass Tante Monika so
selbstverständlich mit ihm sprach.
„Wenn du willst“, sagte Tante
Monika nun, „dann werden wir mit Hilfe des Zauberers eine kleine Reise tun und
nachsehen, wie es deiner Familie geht.“
„Ja, bitte, tu dass.“ Flehte
sie der Löwe an.
„Ja, gut. Wir werden, dass
heute während der Vorstellung machen. Der Zauberer wird uns da helfen. Ich
kenne ihn, er ist mir einen Gefallen schuldig. Wo sind denn die Kamele?“
„Genau gegenüber“, sagte der
Löwe, legte sich wieder hin und ließ seinen Kopf auf die Pranken sinken.
Tante Monika hob wieder ihren
Korb auf und sie gingen zu den gegenüberliegenden Ställen.
Dort standen vier Kamele
nebeneinander und kauten vor sich hin. Sie stellte wieder den Korb nieder,
öffnete den Deckel und nahm einige Büschel Heu und Disteln heraus.
Sie trat wieder ganz nahe an
den Käfig heran und flüsterte wieder etwas vor sich hin.
„Hallo Freunde, wie geht es
euch?“ Sagte sie und hielt ihnen die Büschel entgegen.
„Ach, mir geht es gar nicht gut.“ Sagte eines der Kamele, „mir tut der linke
Knöchel am Vorderfuß weh, habe ihn mir verstaucht.“
„Zeige her“, sagte Tante
Monika und streckte ihre Hand aus.
Das Kamel hob den Fuß, Tante
Monika nahm ihn in die linke Hand und strich mit der rechten Hand darüber.
„Aha, ich sehe schon was dir
fehlt.“ Sie stellte den Fuß vorsichtig nieder, nahm aus ihrem Korb eine Tube
heraus und schraubte sie auf.
Dann nahm sie wieder den Fuß
und strich die Salbe sorgfältig auf.
„So, dass wird dir guttun. Du
musst nur vorsichtig auftreten und bei der Vorstellung halt aufpassen.“
„Danke Dir.“ Sagte das Kamel.
Lisa und Klaus wunderte gar
nichts mehr. Tante Monika sprach mit Löwen und Kamelen!
„Wieso kannst Du mit den
Tieren sprechen? Wieso verstehen sie Dich und wieso können auch wir alles
verstehen?“ Fragte Lisa
„Das kann ich, weil ich das
Zauberwort kenne und Ihr, weil ihr mit mir da seid“, sagte sie, „und außerdem
komme ich sehr oft hierher. Der Zirkus war den ganzen Winter über hier, im
Winterquartier. Da haben wir uns angefreundet.“
„Und wie lautet, dass
Zauberwort?“ Fragten Lisa und Klaus gleichzeitig.
„Das kann ich euch nicht
sagen“, schmunzelte Tante Monika, „das ist ein Geheimnis.“
Dann hob sie wieder den Korb
auf.
„Kommt, wir gehen jetzt zu
den Seehunden, denen habe ich einige Fische mitgebracht.“
Lisa musste lachen.
„Sag, was hast Du denn da
alles in der Tasche drin?“ wunderte sie sich.
„Tja das ist eine große
Zaubertasche, da passt viel rein.“ Schmunzelte sie.
Sie gingen nun zum
Wasserbecken, ganz rückwärts hinter dem Zelt. Dort planschten einige Seehunde
und unterhielten sich scheinbar miteinander. Obwohl sich die Kinder sehr
bemühten, sie konnten nichts verstehen. Erst als Tante Monika herantrat und
irgendetwas murmelte, wurde die Sprache klarer und sie konnten plötzlich der
Unterhaltung folgen.
Sie stritten sich, wer von
ihnen der bessere Ballfänger war.
Tante Monika trat wieder
zurück und holte aus dem Korb zwei große Fische heraus, die sie dann in die
Höhe hob. Sofort waren die Seehunde ruhig und versuchten die Fische zu
erhaschen.
Sie streckten und reckten
sich und stellten sich auf die Schwanzspitze. Da warf Tante Monika die Fische
in die Luft und sie wurden von zwei Seehunden aufgefangen. Sie hatte noch viele
Fische in der Tasche und warf sie einen nach dem anderen den Seehunden zu.
Lisa und Klaus klatschten in
die Hände vor Entzücken.
„Hallo, Patt und Pitt“, sagte
sie zu zwei großen Seehunden, „ich freue mich schon sehr auf die heutige
Vorstellung.“
Sie nahm nun ihren Korb
wieder auf und bedeutete den Kindern, ihr zu folgen.
Als sie zum großen Eingang
beim Zirkuszelt kamen, waren schon sehr viele Menschen da. Sie lachten und
redeten durcheinander, die Kinder zappelten ganz aufgeregt hin und her. Der
Luftballonverkäufer stand an der Ecke und band die Luftballons an den Händen
der Kinder fest, damit sie nicht davonfliegen konnten.
Tante Monika nahm drei
Eintrittskarten einfach aus ihrem Korb heraus und sie gingen hinein.
Das Zelt war schon halbvoll
und über dem Eingang in die Manege nahm eben das Orchester Platz. Unten in der
Manege stellten die Arbeiter einige Holzbarrieren auf und liefen geschäftig hin
und her.
Tante Monika holte aus dem
Korb eine große Tüte mit Kartoffelchips heraus und gab sie Klaus. Die Kinder
wunderten sich gar nicht mehr, was alles in dem Korb Platz gefunden hatte.
Inzwischen hatte sich das Zelt gefüllt und die großen Lichter gingen an. In die
Manege ritten nun einige Pferde ein und sprangen elegant über die Holzbarrieren
und machten einige Kunststücke. Zwei Artisten sprangen auf den Rücken der
Pferde und machten einen Handstand während des Rittes.
Nach den Pferden kamen dann
die Clowns, die die Kinder zu wahren Lachstürmen hinrissen.
Besonders als der kleine
Clown in einen Holztrog voll mit Wasser fiel.
Die beiden Seehunde, die die
beiden schon kannten machten Kunststücke auf einer goldenen Leiter und
balancierten verschiedene Bälle dabei.
Hoch oben im Zirkuszelt
flogen ein paar Artisten von einem Seil zum anderen und eine Seiltänzerin lief
ganz schnell auf einem gespannten Seil von einer Seite des Zeltes zum anderen.
Nach der Pause kamen die
Raubtiere, Löwen und Tiger. Dazu mussten die Arbeiter einen großen Käfig
aufstellen. Klaus beobachtete, wie die Raubtiere durch einen Tunnel mit
Gitterstäben in den Käfig einliefen. Es sah sehr aufregend und gefährlich aus.
Doch sie folgten dem Tompteur aufs Wort und auf jede Bewegung, die er mit der
Peitsche machte.
Sie sprangen durchbrennende
Reifen und über große Hürden hinweg. Dann verließen sie den Käfig wieder durch
die Gittertunnel. Nicht, ohne kurze Weigerung, sie wollten die Manege nicht
verlassen.
Dann kamen wieder die Clowns
und machten ihre Kunststücke. Nebenbei räumten die Arbeiter den großen
Raubtierkäfig wieder weg.
Die Kamele wurden dann in die
Manege geführt, sie machten ein Wettrennen und einen Hürdenlauf. Nur Tante
Monika, Lisa und Klaus konnten sehen, dass eines der Kamele sehr vorsichtig
auftrat.
Es kamen noch viele Artisten,
Jongleure und ein großer Zauberer.
Der Zauberer war ein sehr
großer Mann mit einem weiten goldenen Mantel und einem langen Bart. Er stellte
seinen Tisch und ein großes Zelt mitten in der Manege auf und kam langsam,
unter lautem Trommelwirbel zur Mitte.
Als Tante Monika den Zauberer
sah, nahm sie die beiden Kinder bei der Hand und ging mit ihnen hinunter zur
Manege. Sie blieben dort stehen und warteten. Lisa und Klaus wurden etwas
ungeduldig, denn sie wussten nicht genau, worauf.
Doch da forderte der Zauberer, dass Publikum auf, sich
für einen kleinen
Zaubertrick zu melden und schon trat
Tante Monika in Aktion. Sie schob die beiden Kinder vor sich her und betrat mit
ihnen die Manege. Lisa konnte sehen, wie sie dem Zauberer etwas zuflüsterte und
dieser nickte.
„Ich werde Euch von hier
wegzaubern, in ein fernes Land, über Berge und Meere hinweg, durch die Luft.
Ihr werdet dann hier verschwunden sein und nach einem Befehl von mir, kehrt ihr
wieder hierher zurück.“
Tante Monika tat, als wäre
sie einverstanden und so wurden sie von dem Zauberer in das große Zelt
geschoben und der Vorhang heruntergelassen. In dem Zelt war es sehr finster und
die Beiden begannen sich zu fürchten. Trommelwirbel war zu hören und
beschwörende Worte des Zaubers. Tante Monika nahm sie beide links und rechts
unter den Arm und plötzlich fühlten sie sich leicht und frei und hatten, dass
Gefühl zu fliegen.
Sie schwebten über den Wolken,
sahen unter sich die Alpen, das Mittelmeer und am Horizont tauchte die Wüste
auf. Dann hatten sie das Gefühl, abwärts zu schweben. Tante Monika hatte den großen
Schirm aufgespannt und da landeten sie doch tatsächlich leicht und sanft im
Wüstensand, am Rande einer Oase.
„Oh“, sagte Lisa, „das ist
aber ein guter Zauberer. Er hat uns wirklich weit weg gezaubert.“
„Kommt, wir müssen uns
beeilen, wir müssen die Löwenfamilie finden, bevor uns der Zauberer wieder
zurückholt.“
Am Rande der Oase standen
einige Kamele und zupften an sehr trocken aussehenden Graspüschel herum. Tante
Monika ging geradewegs zu ihnen und Lisa konnte sehen, wie sie mit den Kamelen
sprach. Das funktioniert scheinbar hier auch, dachte sie sich ganz erstaunt.
„Da müssen wir hinuntergehen,
dort unter dem großen Brotbaum bei der Wasserstelle sind alle Löwen heute
versammelt.“
Lisa und Klaus jedoch
begannen sich zu fürchten.
„Tante Monika, Du kannst doch
nicht einfach zu freilebenden, wilden Löwen hingehen und mit ihnen sprechen.
Die anderen Löwen im Zirkus waren im Käfig, aber die sind frei und wild!“
„Ach, Ihr braucht keine Angst
zu haben, ich habe ein Losungswort vom Zirkuslöwen mitbekommen, da werden mir
die Löwen nichts tun.“ Sie nahm die
Beiden wieder einmal bei der Hand und zog sie weiter.
Lisa und Klaus hatten
schreckliche Angst und wollten lieber stehen bleiben. Doch wenn Tante Monika weiterging,
dann waren sie hier ganz alleine und was ist, wenn dann andere Löwen oder
andere wilde Tiere kamen? So gingen sie lieber mit Tante Monika mit.
Und tatsächlich, unter dem
großen Brotbaum, neben der Wasserstelle, lagerte eine größere Anzahl von
Löwinnen, Löwen und kleinen Löwen faul herum. Sie beachteten sie gar nicht. Nur
der große Löwe, mit der mächtigen Mähne hob den Kopf und blickte zu ihnen
herüber.
Tante Monika ging mit kleinen
vorsichtigen Schritten näher und vermied jede hastige Bewegung. Lisa und Klaus
blieben nun doch in einiger Entfernung vorsichtig stehen. Tante Monika
flüsterte ganz leise, es war scheinbar das Losungswort und sofort richteten
sich alle Löwen auf und kam langsam näher. Sie stellen sich im Halbkreis rund
um die Drei auf und richteten ihre fragenden Blicke auf Tante Monika.
„Also mich schickt euer Cousin,
der Zirkuslöwe Leon. Ich soll ihm berichten, wie es euch geht und was es Neues
gibt.“
Da begannen alle
durcheinander zu sprechen. Einige Löwinnen führten ihre Jungen in die Mitte des
Halbkreises und stellten sie Tante Monika vor. Der große Löwe erzählte von den
neuen Löwenweibchen, die sich dem Rudel angeschlossen hatten und von einigen
großen Jagden, die sie in letzter Zeit veranstaltet hatten und der Beute, die
sie geschlagen hatten. Auch von einigen kranken Rudelangehörigen erzählten sie.
Tante Monika machte sich eifrig Notizen und verabschiedete sich dann mit einem
Nicken von allen.
„Kommt Kinder schnell, wir
müssen wieder zurück zum Ausgangspunkt, denn wenn uns der Zauberer nicht
findet, dann müssen wir hierbleiben.“
Sie nahm die Beiden bei der
Hand und sie liefen gemeinsam wieder zu der Oase zurück. Gerade noch
rechtzeitig, denn als sie dort ankamen, spürten sie schon, wie sie sich wieder
in die Luft hoben, Tante Monika sie unter ihre beiden Arme nahm und so flogen sie
wieder über, dass Meer und die Berge zurück. Mit einem plötzlichen Ruck wurden
sie in dem dunklen Zelt wieder auf den Boden gestellt, der Vorhang ging auf und
sie traten hinaus in, dass grelle Licht der Manege.
Lisa musste die Augen
schließen, das Licht blendete sie. Als sie die Augen wieder aufmachte, sah sie das
Zirkuspublikum, hörte die Musik und meinte, alles nur geträumt zu haben.
Das Publikum applaudierte,
als sie wieder im Rampenlicht standen, der Zauberer bedankte sich und Lisa
dachte nach, ob sie das nun geträumt hatte, oder nicht?
Tante Monika ging schon zum Ausgang
der Manege und Lisa musste sich beeilen, um sie nicht aus den Augen zu
verlieren.
„Kommt, wir müssen ja noch dem
Löwen alles berichten, was uns seine Familie erzählt hat.“
Die Vorstellung war
inzwischen zu Ende gegangen, es lief nur mehr die große Abschiedsparade der
Künstler ab.
Sie gingen gleich hinaus und
gingen um das große Zelt herum zu den Ställen. Der Löwe Leon erwartete sie
schon und war ganz neugierig, ob sie es geschafft hatten, in der Zwischenzeit
mit seiner Familie zu sprechen. Lisa wunderte sich, dass er es als
selbstverständlich fand, dass Tante Monika so an einem Abend nach Afrika und
wieder retour kam!
Tante Monika zog ihren
Notizblock hervor und erzählte ihm alles, was sie erfahren und notiert hatte.
Der Löwe bedankte sich bei
Tante Monika ganz überschwänglich, er klopfte dabei mit seinem Schwanz auf den
Boden des Käfigs, dass es nur so staubte,
Sie verabschiedeten sich dann
und gingen wieder hinaus. Als sie bei den Ställen der Kamele vorbeikamen, rief
ihnen ein Kamel noch ein „Dankeschön“ nach. Wahrscheinlich hatte die Salbe von
Tante Monika dem Fuß Linderung gebracht.
Am Heimweg mit dem Auto
kuschelten sich die Kinder auf dem Rücksitz gegeneinander und dösten so vor
sich hin.
„Vielleicht haben wir das
alles nur geträumt?“ flüsterte Lisa
„Glaube ich nicht, ich habe
den linken Schuh voller Sand.“ Sagte Klaus.
Eines war jedoch sicher, Mama
wird ihnen dies Alles nie glauben.
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