Kaleidoskop
des Lebens
von Joana Angelides
Wenn ich abends nach Hause komme, frage ich mich seit einiger Zeit ob diese
Menschen, die da in meinem Hause herumlungern wirklich alle zu meiner Familie
gehören.
Da steht eine Frau in der Küche die in einem Topf herumrührt. Sie ist
rundlich, mehr als rundlich und ihre Haare sind rückwärts zusammengebunden,
oben hat sie vier Lockenwickler befestigt.
Die Haarfarbe? Wechselnd.
Sie summt meist ein Lied vor sich hin und hält ein Kleinkind am Arm, das
schreit. Als ich mich ihr nähere, streckt sie mir ihre Lippen entgegen, was der
Forderung nach einem Kuss gleichkommt.
Sollte ich sie kennen? Ich drücke meine Lippen auf die ihren und gehe ins
Wohnzimmer.
Wo ist meine liebe süße Frau geblieben, die ich einmal geheiratet habe? Ich
vermisse sie irgendwie.
Dort sitzt auf der Bank ein Irokese. Sein Kopf ist seitwärts links und
rechts rasiert, das Haar am Oberkopf steht wie der Kamm eines Hahnes in die
Höhe und ist giftgrün. Er trinkt eine Kola aus der Dose und wirft diese
dann hinter sich. Sie landet auf meiner
Stereoanlage.
Seine Finger sind beringt, alle zehn. Um seinen Hals und seine Handgelenke
sind schwarze Lederriemen geschlungen und in seiner Nase steckt ein Nasenring.
Ist er vielleicht mit einem Zirkusbären verwandt? Das kann nicht sein, er ist
nicht behaart. Seine Kleidung ist aus schwarzem Leder und an seinem linken Bein
steckt im Stiefel ein Jagdmesser.
Bevor ich ihn fragen kann, ob er auf mich wartet, erscheint auf dem
Treppenabsatz zum Obergeschoß eine dünne Gestalt, offenbar einer Gruft
entstiegen. Sie hat langes schwarzes Haar, schwarz umrandete Augen, tiefrot
gefärbte Wangen und schwarze Lippen, mit unzähligen Ringen gepirct. Jedes Mal,
wenn ich sie anstarre, streckt sie mir ihre Zunge entgegen, ebenfalls an der
Spitze gepirct und spreizt mir drohend ihre schwarz lackierten, langen Fingernägeln
entgegen. Sie ist ebenfalls schwarz
gewandet und begrüßt mich mit zu einem „V“ gespreizten Fingern. Das muss sie
von Churchill haben, obwohl ich nicht weiß, woher sie ihn kennen sollte.
Mit einem gegrunzten Laut erhebt sich der Irokese und verlässt das Haus und
fährt weg. Man hört es am Aufheulen des Motors einer Harley. Das beruhigt mich
ein wenig. Vielleicht war das doch ein Fremder und mein Sohn kommt gleich durch
die Türe und begrüßt mich mit einem freundlichen Hallo.
Da sich alle offenbar hier sehr wohl fühlen, muss das wohl meine Familie
sein. Nur ich bin offensichtlich ein Außenseiter, ein Fremder hier. Mein
Psychologe, den ich seit einiger Zeit regelmäßig konsultiere sagt, dass man
die Jugend gewähren lassen solle, sie müssen erst ihren Weg finden. Ich bin da
sehr skeptisch. Quo vadis?
Dann nehme ich meine Zeitung und ziehe mich in meinen Ohrensessel zurück.
Die feuchte warme Schnauze von Aris meinem Hund legt sich tröstlich auf meine
Knie. Wenigstens ist er nicht gepirct und hat sich nicht verändert.
Auch über https://www.bookrix.de/-joanavienna/
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