Donnerstag, 12. Dezember 2019

Alte Bilder, Träumerei


Alte Bilder
von Joana Angelides



Wenn ich so hinüber schaue zu ihm, dann bewegt sich zwischen uns beiden ein fluoreszierendes Licht, silberne, rote und blaue Funken bewegen sich in Zeitlupe im Raum.

Ich denke, dass nur ich es sehen kann. Denn wie kann es sonst sein, dass er vollkommen unbeteiligt an mir vorbei auf das Bild an der gegenüber liegenden Wand starren kann, dann im Katalog blättert und es wieder ansieht, ohne mich zu bemerken.

Nun begegnen wir uns schon das dritte Mal. Das Museum ist der ideale Platz um sich im selben Raum länger aufhalten zu können, ohne ein Wort miteinander sprechen zu müssen.
Es erscheint mir nur rätselhaft, dass er mich so offensichtlich übersieht!

Ich liebe dieses Museum, es gibt mir die Möglichkeit mit interessanten Menschen in Kontakt zu treten. Ich liebe die fachkundigen Äußerungen der Besucher, bin oft erstaunt, wenn sich mir dadurch immer wieder neue Perspektiven auftun. Ich sehe die Bilder hier dann immer mit anderen Augen und aus neuen Blickwinkeln an.


Vielleicht liegt es aber auch an mir, dass er mich einfach übersieht, kein Kommentar über Bildkompositionen von sich gibt.
Ich sollte mich bemerkbar machen. Nur alleine meine Kleidung, obwohl etwas auffallend und extravagant, schafft es scheinbar nicht. Vielleicht gefällt sie ihm auch nicht.
Ich sollte meine Beine besser ins Licht bringen, den Rocksaum etwas höher schieben. Doch vielleicht würde ihn das abschrecken?

Was interessiert ihn denn so an dem Bild an der gegenüber liegenden Wand?
Es ist eine Landschaft, mit lachenden, gutgelaunten Menschen beim Picknick auf einer Lichtung.
Die Mädchen sind in duftigen, leichten Kleidern gehüllt, zwei von ihnen spielen ein Art Federballspiel, die Sonnenstrahlen verfangen sich in ihren Haaren.
Das muss es sein, die Bewegung gefällt ihm, die dünnen Kleider, die fliegenden Brüste, bewegt durch das schnelle Atmen der Spielerinnen.
Oder gefallen ihm die erhitzten Gesichter der jungen Männer, die mit offenen Hemden, ihre begehrliche Blicke auf die fast schwebenden Mädchenkörper richten, die im Gras halb liegen und Weingläser in ihren Händen halten?

Da ist es schwer zu konkurrieren. In den Saal des Museums können die Sonnenstrahlen nur spärlich herein finden, es wäre schlecht für die Bilder, es würde ihnen schaden.
In meinen Haaren verfangen sich leider keine Sonnenstrahlen und Bewegungen sind ebenfalls sehr eingeschränkt.
Besonders wenn die strengen Blicke der Aufsichtsorgane durch den Raum gleiten, die jeden Versuch rascher Gangweise oder lauter Unterhaltung im Keime ersticken.

Nun blättert er wieder in dem Katalog und geht auf das nächste Bild zu. Er streift sich eine überlange Strähne aus dem Gesicht und macht einen Schritt zurück. Oh, wie gefallen mir seine Bewegungen, seine verhaltene Erregung. Er will offenbar das gesamte Bild besser auf sich einwirken lassen.

Wahrscheinlich wird er heute wieder nicht sehr viel Interesse an mir zeigen. Dabei bin ich aus der selben Periode wie die beiden anderen Bilder, mein Rahmen ist wunderschön und wenn er sich mehr Zeit nehmen würde mich anzusehen, würde er sehen, welch einen wundervollen Faltenwurf mein Kleid hat und meine blonden Locken sehr verführerisch über meine Schulter fallen.
Vielleicht würde er sehen, dass sich meine Brüste ebenfalls leicht heben und senken, wenn er den Saal II im oberen Geschoss des Museums betritt und seinen prüfenden Blick über die Bilder gleiten lässt.

Eines Tages wird es sicher so weit sein und er wird auch vor mir stehen bleiben und im Katalog nachlesen, wer mich malte und wann.


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