Christl von der Post, oder
ein Automat?
von Joana Angelides
eine satirische Betrachtung
Welches Interesse hat
manches Unternehmen am Konsument noch, außer dass man auf sein Geld aus ist?
Um dieses Verlangen
effizienter befriedigen zu können, wurden Automaten erfunden. Sie bekommen kein Gehalt, gehen nie auf
Urlaub, sind nie krank, vielleicht einmal defekt. Da kann man sie dann auch
austauschen und entsorgen, ohne dass die Gewerkschaft etwas dagegen machen
kann.
Ein kalter
Blechkasten meist in Gelb oder Blau, hängt einfach stumm an der Wand, oder ist
bei den Banken eingebaut. Er grüßt
nicht, lächelt nicht und sagt niemals „Danke“, ist aber Tag und Nacht
funktionsfähig. Was man von den Dienstleistern im Allgemeinen nicht erwarten
kann.
Um ihn jedoch einmal
auf sich aufmerksam zu machen, muss man irgendwo mit ausgestrecktem Finger
darauf drücken. Das konnte man früher, z.B. bei der Christl von der Post nicht,
auch wenn einem danach war. Das ist schon ein gewisser Vorteil.
Da er das direkt
erwartet, gibt’s auch keine Ohrfeigen dafür.
Nur, die innere
Befriedigung beim Drücken ist nicht die Gleiche wie es bei der Christl von der
Post wäre, das ist wiederum der Nachteil.
Oder hat schon irgendjemand
einen Automaten dabei seufzen gehört?
Erhebt sich die
Frage, sind Automaten frigide?
Irgendwie zögern wir
oft, unseren Brief in diesen breit grinsenden Schlitz des Postkastens zu
werfen. Bleibt uns aber nichts Anderes über. Aber Achtung, vorher am Automat
die richtige Briefmarke lösen und natürlich selbst ablecken!
Briefmarken gibt es
ja nur mehr auf den Postämtern und auch, wenn man gerne am Schalter die
Briefmarke kaufen und den Brief dort auch gleich aufgeben würde, gibt es diese,
oh Schreck, nur mehr auf Verlangen, oder oft gar keine mehr. Ein weißer,
häßlicher Streifen kommt aus dem Kassenautomat, der wird einfach auf den Brief
geklebt.
Wo sind sie
geblieben, die schönen, kunstvollen Marken? Arme Sammler!
Aber vielleicht gibt
es irgendwann einmal unterschiedliche, kunstvolle Poststempel auf diesen
Streifen aus dem Kassenautomat.
Preisunterschiede
gibt es ja keine, diese unpersönlichen Preiszettel sind genau so teuer, wie die
wunderschönen Marken von früher. Die Post will ja schließlich verdienen und
nicht Freude machen. Kennen Sie sich aus?
Vielleicht gibt es
eines Tages auch keine Briefträger mehr, wo doch die Rechnungen und Briefen
schon per Mail kommen und von uns selber ausgedruckt werden müssen; auch der
Brief von Tante Mitzi, die sich auf jeden Fall einen Computer kaufen muss, wenn
sie Briefe an die Rosi schreiben will. Weil es in ihrem Dorf kein Postkästchen
mehr gibt.
Automaten in den
Verkehrsbetrieben und bei der Bahn sind ja schon lange Gang und Gebe. Und auch
Menschen die oft ratlos davorstehen und immer wieder von vorne starten.
Sollte man
Sehschwierigkeiten haben, muss man, um vorher die Anweisungen auf den Automaten
lesen zu können, eine Brille aufsetzen. Diese kann sich natürlich bei kaltem
Wetter auch beschlagen, also empfiehlt es sich immer Papiertaschentücher oder
Brillenputztuch bereit zu haben.
Außerdem ist darauf
zu achten, dass man Geldscheine immer mit der richtigen Seite nach oben
einführt, sonst leuchtet irgendein Lämpchen rot auf, oder der Apparat spuckt
den Schein gleich wieder aus.
Also, alles wieder
von vorne. Auch wenn inzwischen schon der dritte Zug in unsere Richtung
abgefahren ist.
Man darf aber bei einigen Fehlversuchen keinesfalls
wütend auf den Automaten schlagen oder ihn treten, denn es könnte sein, dass
dann gar nichts mehr geht. Was macht man nun, wohnhaft in einem kleinen Ort,
wenn man in die nahe Stadt fahren will und der Automat, aus welchem Grund auch immer,
defekt ist?
An der geschlossenen
Kasse im Foyer des kleinen Bahnhofes lehnt eine Tafel: „Außer Betrieb, benutzen
Sie unseren Automaten“
Also, wieder zurück
zum Automat. Es empfiehlt sich nun, die gesamte Aufschrift genau zu lesen.
Was ist Strecke 1 und
Strecke 2?
Was heißt: Strecke
Regional, oder VOR?
Welche Karte muss ich
wählen, um den für mich günstigsten Tarif zu nehmen?
Oder soll man doch
lieber wieder nach Hause gehen?
Da man ja den
direkten menschlichen Kontakt mit dem Kunden abgeschafft hat, denkt der
Schaffner im Zug gar nicht daran, so wie es früher möglich war, uns eine
Fahrkarte zu verkaufen, es fällt nicht mehr in sein Revier! Da kann man mit
erhobenen Händen vor ihm knien und betteln, er steigt über den Kunden einfach
drüber und dann kassiert er eine Strafe!
Eine Strafe zuzüglich Bahnkarte. DAS darf er jetzt schon!
Es soll ja schon
Pläne geben, die Kassierer an den Kassen des Supermarktes zu streichen. Jedes
Wagerl hat dann einen Scanner und der Kunde muss die Preise selbst einscannen.
Bezahlen kann man dann an der Kasse nur mehr mit der Kreditkarte, denn
Wechselgeld gibt’s keines.
Bald werden wir
keinerlei Kontakt mehr zu irgendwelchen Menschen haben. Alles kommt
elektronisch ins Haus, Zahlungen werden im Internet erledigt. Telebanking ist
das Zauberwort.
Irgendwann werden wir
aus dem Fenster schauen, nur leere Straßen sehen, Autos die keine Fahrer mehr
brauchen, Straßenbahnen und U-Bahnen die völlig automatisch funktionieren.
Dann werden wir uns
auch einen kleinen japanischen Blechhund kaufen, den wir „Robbi“ nennen. Er hat
viele Vorteile, er frisst nicht und Stoffwechsel hat er daher auch nicht,
Gassigehen erübrigt sich!
Auch über https://www.bookrix.de/-joanavienna/
Großes Lesevergnügen um wenig Geld! Auch über https://www.bookrix.de/-joanavienna/
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