Der Schlangenbaum
von Joana Angelides
Oh,
es gibt die unterschiedlichsten Hexen.
Es
gibt solche und solche und meine Hexe gehört zu den Solchen.
Zu
jenen Hexen, die dich jeden Tag neu verbrennen.
Einige Male schon konnte ich beobachten, wie Esmeralda hinter dem Haus um
einen Baum herumschlich, den ich früher noch nie bewusst gesehen habe. Oder war
er früher gar nicht da?
Der Baum hatte einen dünnen Stamm, in sanften Biegungen nach oben strebend
und dünne Äste.
Sie hob dann die Arme, lehnte sich an den Stamm und ich sah, wie sich ihre
Lippen bewegten als würde sie ihm was zuflüstern. Sie bewegte dabei ihre Hüften
ebenso, wie ihre Schultern im Takt irgendeiner Musik, die offenbar nur sie
hören konnte. Sie umschlang den schlanken Stamm abwechselnd mit einem ihrer
Beine und presste die Schenkel an. Dann bog sie sich zurück und ich konnte die
vollen festen halbrunden Kugeln ihrer Brüste sehen.
Am Ende ihres Tanzes warf sie sich dann auf den Boden zu den Wurzeln des
Baumes und blieb dort eine Weile liegen. Dann stand sie wieder auf und tat als
wäre nichts geschehen und schlenderte ins Haus.
„Was machst Du denn immer bei dem Baum?“, fragte ich sie einmal neugierig.
„Es sind der Schlangenbaum und ich hole mir da Energie und Kraft, ich werde
es heute Abend beweisen!“
Diese Antwort erregte mich natürlich immer. Den ganzen restlichen Tag
konnte ich an nichts Anderes denken und meine Augen suchten, meist vergebens
den Körper oder doch wenigstens den Schatten meiner Hexe irgendwo im Haus.
Es war auch heute so. Der Abend war schon weitgehend fortgeschritten und
die letzten Gäste verließen das Lokal, Ich beeilte mich und ließ einiges
einfach für Morgen stehen. Ich hatte es eilig ins Schlafzimmer hinauf zu
kommen.
Als ich die Türe öffnete, brannte zwar die kleine Lampe am Fußende, doch
von Esmeralda war noch nichts zu sehen. Auch als ich aus dem Bad kam, konnte
ich sie nicht entdecken. Da hörte ich ihr leises Summen von draußen hereindringen
und schaute aus dem Fenster. Da sah ich, wie sie sich förmlich um den Baum
gewunden hatte, beide Schenkel umfassten den schlanken Stamm und sie bewegte
sich verhalten, aber sehr intensiv im Rhythmus irgendeiner Melodie. Sie war
lediglich mit einem dünnen grünen Schal bekleidet, ihre dunkle Haut schimmerte durch.
ihr schwarzes Haar bedeckte ihren Rücken und die eingeflochtenen Glöckchen
klirrten mit jeder Bewegung.
Ich rief leise ihren Namen, doch sie schien mich nicht zu hören!
Meine Erregung stieg ins Unermessliche, ich wollte an ihrer Ekstase
teilhaben, wollte die Hitze spüren, die da immer von ihr ausging und lief,
nackt wie ich war hinunter. Sie hörte mich nicht kommen, war vertieft in ihre
Bewegungen. Ich näherte mich ihr, bis wir Hautkontakt hatten. Ich spürte, wie
die Energie durch sie hindurch auch meinen Körper erfasste und unsere beiden
Körper vereinten sich zu einem vibrierenden Tanz. Sie warf beide Arme zurück
und zog meinen Kopf nach vor und ihre vollen Lippen schlossen sich um meinen
Mund, ihre Zunge wurde fordernd und wild. Ich spürte wie sich die Welt um mich drehte
und plötzlich begann auch der Baum sich zu biegen und zu winden und wir
landeten zu Dritt auf dem warmen, von der Sonne des Nachmittags aufgeheizten
Boden. Der Stamm des Baumes ringelte sich um uns, seine Rinde fühlte sich weich
und schuppig an und er umschlang uns mit krampfartigen Bewegungen. Die
Baumkrone schien mir wie ein überdimensionaler Schlangenkopf mit geöffnetem
Maul und seine Äste waren wie Zungen, die über mein Gesicht glitten und zwei
glühende grüne Augen versenkten ihren Blick in den meinen.
Esmeralda hatte nun ihre Beine um mich geschlungen, ihre festen Schenkel
hielten mich fest wie ein Schraubstock und ihre Brüste drängten sich an meinen
Brustkorb.
Wir waren ein Knäuel aus Beinen und Armen, das Züngeln der Schlange und
unsere Küsse wurden zu einem Inferno, das Blut rauschte in unseren Adern und
die Luft begann mir auszugehen. Die unzähmbare Lust begann meinen Körper zu
erfassen und als sich unsere beiden Körper vereinigten kam es zu nicht
endenwollenden Explosionen und Entladungen, zu einem Feuerwerk und züngelnden
Flammen, die uns ringsum einschlossen und wir verglühten, ohne zu brennen.
Wir beruhigten uns nur langsam, erst der sanfte Nachtwind der Sommernacht
ließ uns langsam wieder zu uns finden. Wir standen da, angelehnt an den schlanken
Stamm des Baumes, rangen nach Atem und hielten uns aneinander fest, als würden
wir ertrinken.
„Oh, was war das denn? Der Baum wurde lebendig……“, ich schrie es fast.
„Nein, das dachtest du nur, es ist eben der Schlangenbaum, denn die Sage
nachsagt, dass eine ungehorsame Schlange vor vielen Jahren von einer Hexe
verflucht und in diesen Baum verwandelt wurde. Sie muss nun für alle Ewigkeiten
hier als ein Baum aufrecht stehen und darf sich nur in Neumondnächten ein wenig
bewegen. Ist aber nur eine Sage.“
Sie schnippte mit den Fingern, hob ihren grünen durchsichtigen Schal auf
und zog mich hinter sich her, hinauf ins Schlafzimmer. Dort warf sie mich auf
das Bett und schwang sich leidenschaftlich über mich.
„Aber heute werden wir nachholen, was wir gestern versäumten, weil ich zu
spät kam und du schon eingeschlafen warst!“
Die Nacht fand ihre Fortsetzung bis wir die ersten Vögel aus dem Garten
hörten. Es war eine dunkle Nacht, denn es war Neumond und der kurze Schlaf
danach war tief und voll wilder Träume.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen