Hochzeit im Schloss
von Joana Angelides
Es war vor langer
Zeit da lebte eine arme Familie am Rande des Waldes. Der Vater war Holzfäller
und die Mutter bebaute eine kleine Fläche hinter dem Haus mit allem was die
Familie so zum Essen brauchte.
Sie hatten zwei
Kinder. Ein Mädchen namens Maria und einen Sohn namens Jakob.
Jakob half dem Vater
schon fleißig im Walde, Maria war nicht kräftig genug um schwere Arbeit
erledigen zu können. Sie half der Mutter im Garten hinter dem Haus und außerdem
war es ihre Aufgabe die Blumen am Rande des Gartens zu gießen. Die Mutter
verkaufte die Blumen immer am Wochenmarkt, der am Samstag im Dorf stattfand.
Außerdem liebte sie
es zu kochen und war im ganzen Dorf dafür bekannt. Immer, wenn Feste gefeiert wurden,
oder Hochzeiten stattfanden. Ganz besonders geschätzt wurde ein Pudding aus
ihrer Küche, der immer als Nachtisch serviert wurde und allen wunderbar
schmeckt.
Sie war ein
wunderschönes Mädchen, mit langem blonden Haar, das sie zu zwei Zöpfen zusammengebunden
trug, und hatte wunderschöne blaue Augen, die wie zwei Sterne leuchteten.
Sie war ein
fröhliches Kind, das immer lächelte und immer ein Lied vor sich her summte.
Auch heute sang sie
ein wunderschönes Wiegenlied als sie mit der für sie viel zu großen Gießkanne
unterwegs war. Sie zog die Kanne hinter sich her und achtete darauf, nichts zu
verschütten. Denn dann müsste sie nochmals zurückgehen um neues Wasser zu
holen.
Ganz erschöpft kam
sie endlich bei den Blumen an und setzte sich auf einen Stein, der dort lag, um
auszuruhen.
„Hallo!“
Sie schaute
erschrocken auf. Wer hatte denn da gerufen? Niemals kamen Fremde zu dem kleinen
Haus beim Walde.
Doch sie konnte
niemand sehen. Sie war aufgesprungen und schaut angestrengt über den Zaun.
Da, hinter dem Baum stand
ein wunderschön gekleideter Jüngling. Er trat hervor und schwenkte seinen Hut
vor ihr.
„Mädchen, ich komme
vom Schloss mit dem Auftrage, dich zu fragen, ob du bereit bist anlässlich der
Hochzeit unseres Prinzen deinen berühmten Pudding zuzubereiten. Es soll dein
Schaden nicht sein. Du wirst fürstlich bezahlt.“
Das Mädchen wurde rot
vor Erschrecken und auch vor Freude. Das bedeute für ihre Familie eine
Aufbesserung des Einkommens, auch wenn es nur einmalig war und außerdem konnte
sie vielleicht Prinz Georg bei dieser Gelegenheit ganz aus der Nähe sehen. Ihr
gefiel der Prinz sehr und sie hatte ihn schon öfter, versteckt hinter einem
Baum oder anlässlich des Wochenmarktes, angeschaut. Sie hatte auch geträumt,
wie es wohl sein musste, am Schloss zu leben und ihn täglich sehen zu können.
„Ja, ich will,“ sagte
sie.
„Dann komm morgen in
der früh ins Schloss und melde dich in der Küche. Dort wirst du dann alles
Nähere erfahren. Aber richte dich ein, dass du zwei Tage dort bleiben musst.“
Mit diesen Worten zog
der Jüngling wieder seinen Hut und ging zurück.
Vor lauter Glück
zitterten ihr die Knie und sie musste sich wieder setzen.
Da neigten sich die
Sonnenblumen zu ihr hin und flüsterten:
„Oh, welches Glück,
du wirst den Prinzen sehen.“
Ganz erschrocken schaute
sie auf.
„Ihr könnt sprechen?“
„Ja, natürlich. Alle
Blumen können sprechen. Aber die Menschen können uns nicht alle hören. Nur gute
und glückliche Menschen können uns hören. Und du bist so ein guter Mensch. Du
hast noch nie ein böses Wort verloren, die kommst uns täglich mit Wasser
versorgen, hast noch nie geklagt über deine Mühen und hilfst immer, wenn jemand
Hilfe braucht. Aber diesmal werden wir dir helfen.“
„Oh, ihr wollt mir
helfen? Aber wie könnt ihr denn das?“
„Der Prinz muss die
böse Prinzessin Katharina aus einem fernen Land heiraten, die er gar nicht
liebt. Aber der König will es so und da muss der Prinz gehorchen. Außerdem weiß
der König gar nicht, dass die Prinzessin Katharina böse ist. Aber wir haben das
erfahren. Die Bienen haben es uns erzählt, die vom Schloss herüberflogen.
Prinzessin Katharina hat nie ein gutes Wort für die Bediensteten in ihrem Schloss
und sie mag keine Blumen. Wenn sie Blumen sieht, dann zerstört sie diese immer,
indem sie achtlos darüber schreitet. Außerdem will sie in Zukunft Musik und
Gesang verbieten und wenn sie auf der Straße in ihrer Kutsche fährt, dann
dürfen keine anderen Menschen dort gehen. Besonders das Verbot von Musik und
Gesang wird dem armen Prinzen weh tun, er macht so gerne Musik und singt dazu.“
„Oh, das ist ja
schrecklich,“ rief Maria aus und hielt sich die Hand vor den Mund, „da will ich
gar nicht im Schloss kochen, da habe ich gar keine Lust mehr.“
„Du musst aber im
Schloss kochen. Erstens hast du zugesagt und wenn man etwas verspricht, muss
man es halten. Außerdem haben wir Blumen beschlossen, dass wir Prinz Georg
helfen wollen. Du nimmst ein paar Kerne von uns Sonnenblumen und zermahlst sie
ganz fein und den Blütenstaub von den Lilien, die so rein und unschuldig sind
wie weißes Leinen und streust das in den Pudding hinein. Das bewirkt dann, dass
alle die von diesem Pudding essen, nur die Wahrheit sagen können. Wir hoffen,
dass die Prinzessin dann ihren wahren Charakter offenbaren wird.“
„Oh, ja? Das habe ich
gar nicht gewusst,“ staunte Maria.
„Ja, das ist auch
unser Geheimnis.“ Und es schien, als ob die Sonnenblumen lächelten.
„Du musst nur dafür
sorgen, dass die Prinzessin Katharina noch vor der Hochzeitszeremonie von
deinem Pudding etwas isst, denn nach der Trauung ist es zu spät!“
„Maria! Mit wem
sprichst du da?“ Rief die Mutter vom
Hause herüber.
Das Mädchen lief
sofort zur Mutter und berichtete ihr über den Besuch vom Schloss und dem
Auftrag, den sie übernommen hatte. Sie verschwieg ihr aber, was die
Sonnenblumen ihr erzählt hatten, denn das würde die Mutter nie glauben!
Als der Vater und
Jakob am Abend nach Hause kamen freuten sich auch diese sehr und Jakob zeigte
so richtig, wie stolz er auf seine Schwester war.
Am nächsten Morgen
stand Maria schon sehr zeitig auf, wusch sich am Brunnen und ihre Mutter flocht
ihr die beiden Zöpfe sehr sorgfältig. Dann ging sie ins Haus, um noch eine
Weste zu holen, da es ja frühmorgens noch sehr kühl war.
Diese Zeit nutzte
Maria um zu den Sonnenblumen zu laufen. Sie nahm sich einige Körner aus der
Mitte der Blumen und schüttelte von den Lilien ein wenig Blütenstaub in eine
kleine Dose und dann machte sie sich auf den Weg ins Schloss.
Im Schloss lief alles
durcheinander. Alle hatten es sehr eilig, es wurden Blumengirlanden überall
angebracht, im großen Saal wurde die Tafel mit einem großen weißen Tischtuch
gedeckt und goldene Teller und Schüssel, Besteck und Gläser aus Kristall wurden
arrangiert. Maria konnte einen Blick auf den Saal werfen, als sie in die Küche
ging und es stockte ihr der Atem, so schön fand sie alles.
In der Küche wurde
sie in eine Ecke geführt und der Chefkoch zeigte ihr den Platz, an dem sie
arbeiten durfte. Sie musste ihm eine Liste diktieren, welche Zutaten sie
brauchte und dann wurde sie alleine gelassen, sie musste warten.
Sie staunte nur so
über die Menge der Lebensmittel die da verarbeitet wurden. Es wurden Gänse und
Enten gerupft und in Pfannen zum Braten hergerichtet. Noch nie hatte sie so
etwas gesehen!
Da kam eine junge
Küchengehilfin und brachte ihr die verlangten Zutaten und sie konnte beginnen,
den Pudding zuzubereiten. Sie rührte die Eier und den Zucker in die Milch, ließ
alles aufkochen, Vanille kam noch dazu und einige mehrere Zutaten und auch der
Blütenstaub der Lilien und die von ihr in der Zwischenzeit zermalmten Kerne der
Sonnenblumen.
Unter langsamen
Rühren begann alles langsam zu kochen und sie schmeckte es ab und gab noch ein
wenig Vanillemark dazu.
So, jetzt schmeckte
der Pudding richtig gut. Jetzt musste er nur mehr erkalten. Dann wollte sie ihn
noch mit Früchten schmücken. Ja und außerdem musste es ihr noch gelingen, eine
Kostprobe zur Prinzessin zu bringen, wie es ihr die Sonnenblumen geraten
hatten.
Sie füllte eine
kleine Schale mit etwas Pudding und hielt sie in der Hand und überlegte. Wie
kam sie nur zur Prinzessin in deren Gemächer hinauf?
Sie schlich sich aus
der Küche und die Treppe hinauf, am dekorierten Saal vorbei und die nächste
Treppe hinauf. Dort im ersten Stock des Schlosses liefen einige Kammerzofen
herum, jede trug irgend etwas in der Hand. Die eine hielt einen Schleier, die
andere wunderschöne weiße Schuhe und wieder eine andere hielt eine Goldkette.
Alle waren sie im Dienste der Prinzessin unterwegs. Sie drückte sich gegen die
Wand, mit der Schale in der Hand, um mit niemand zusammen zu stoßen.
In diesem Augenblick
tat sich eine Türe auf und Prinz Georg stand vor ihr. Sie erkannte ihn sofort,
doch erschien er ihr noch schöner als jemals zuvor. So in der Nähe und mit
seinem weißen Hochzeitsgewande, verbrämt mit Pelz und einem großen Hut mit
Feder.
„Ja, wer bist denn
du, wie heißt du denn und was suchst du denn hier?“ Fragte er und lächelte sie
freundlich an.
„Maria, mein Name und
ich arbeiten in der Küche,“ flüsterte sie kaum hörbar und getraute sich kaum
den Prinzen anzusehen.
Da nahm er ihr Kinn
in seine Hand, hob ihr Gesicht und blickte ihr tief in die Augen und wie ein
Blitz durchfuhr es ihm als er ihr klares, unschuldiges und schönes Gesicht sah.
„Wie kommt es, dass
ich dich noch nie gesehen habe?“
„Ich bin nur heute
da, ich helfe in der Küche und habe einen Pudding für Eure Prinzessin
zubereitet.“
„Ah, ist das der
Pudding, den du gemacht hast?“ Fragte Prinz Georg und griff nach der
Schale.
„Ja, aber sie gehört
der Prinzessin.“ Sie hielt die Schale ganz fest mit beiden Händen.
„Gib sie mir, ich bringe
sie ihr, sie wird sich sicher sehr freuen.“ Er nahm die Schale aus Ihrer Hand
und wollte schon weggehen, doch er sah sie an und sagte:
„Bleibe dastehen, ich
sage dir dann, ob er ihr geschmeckt hat.“ Er lächelte sie an und ging dann in
den Raum, wo Maria die Prinzessin vermutete.
Sie getraute sich
nicht wegzugehen und hielt den Atem an. Wird der Prinz wirklich zurückkommen?
Wird er wieder mit ihr sprechen?
In diesem Augenblick
hörte sie aus dem Zimmer der Prinzessin lautes Geschrei, Prinzessin Katharina
war sehr wütend und schleuderte alle erreichbaren Gegenstände nach den
Bediensteten.
„Ihr seid alle
unfähig, ich werde auch aus dem Schloss rauswerfen lassen. Und was machen denn
diese vielen Blumen hier? Ich kann Blumen nicht leiden!“ Schrie sie.
„Aber....“ war die
Stimme des Prinzen zu hören, doch sie ließ ihn nicht zu Wort kommen.
„Du schweigst, wenn
ich mit dir verheiratet bin, dann geschieht im Schloss ausschließlich, dass was
ich sage. Und ich sage dir, keine Blumen, keine Musik und kein Gesang. Ich will
auch keine Tiere, keine Katzen und keine Vögel und alle müssen machen, was ich
will, auch du!“
Der Pudding hatte
scheinbar seine Wirkung getan, die Prinzessin zeigte ihr wahres Gesicht und das
war böse.
Es war fürchterlich
anzuhören, alle im Schloss hielten den Atem an und der König kam ganz
erschrocken aus seinem Zimmer gelaufen, hinter ihm die Königin, beide waren nur
halb angezogen und das sah sehr lustig aus. Hinter der Königin lief die
Kammerzofe und versuchte die Königin in einen übergroßen Morgenmantel
einzuhüllen, da diese in ihrer Unterwäsche dastand.
Da kam der Prinz aus
dem Zimmer der Königin gelaufen.
„Ich werde die
Prinzessin Katharina nicht heiraten, sie ist ja eine ganz böse Frau!“
„Ja, mein lieber
Sohn, ich gebe dir recht, das haben wir ja nicht gewusst.“ Jammerte der König
und die Königin raufte sich die Haare.
„Oh Gott, was sollen
wir denn jetzt machen. Wir haben die Prinzen und Prinzessinnen von weit her
eingeladen, wir sind blamiert!!“ Sie war ganz außer sich und wankte. Die Kammerzofe
kam mit dem Riechfläschchen und hielt es ihr unter die Nase.
„Diener, kommt sofort
herbei, sammelt die Habe der Prinzessin und lasst die Kutsche vorfahren, sie
soll noch heute das Schloss verlassen. Ich möchte sie nie wiedersehen.“ Rief
Prinz Georg.
„Aber die Hochzeit?“
Wandte die Königin ein.
„Die Hochzeit wird
stattfinden!“ Beruhigte der Prinz seine Mutter, die Königin.
Er blickte den langen
Gang hinab und erblickte Marie, die völlig fassungslos in eine Ecke gedrückt
dem Geschehen rund um sie folgte. Sie bekam immer größere Augen, als der Prinz
einfach auf sie zukam, sie bei der Hand nahm und in die Mitte des Ganges
führte.
„Hier, das ist meine
Braut. Ein Mädchen aus unserem Volke, schön, bescheiden und mit einem guten
Herzen.“
Er blickte ihr tief in
die blauen Augen und fragte:
„Willst du meine Frau
werden und dem Land eine gute Prinzessin?“
„Jaaa,“ sie konnte es
nur hauchen und vor Glück rollten ihr zwei große Tränen über die Wangen, die
Prinz Georg mit einer zarten Geste wegwischte.
Jetzt war der Moment
gekommen, wo die Königin in Ohnmacht fiel, der König musste sich in einen
Sessel setzen, der dort stand und die Bediensteten verstummten vor Erstaunen.
Prinzessin Katharina
kam gelaufen, hinter ihr ihre verschreckte Kammerzofe, sah auf Maria mit einem
vernichtenden Blick herab und deutete mit einer herrischen Handbewegung auf
ihre Diener, ihre Sachen zur Kutsche zu tragen.
Noch innerhalb der
nächsten Stunde verließ sie das Königreich unter Buhrufen der Bevölkerung. Die
Ereignisse im Schloss hatten sich bereits im ganzen Lande herumgesprochen und
alle waren froh, dass der Prinz diese böse Prinzessin nicht heiraten wird.
Die Eltern von Maria
und ihr Bruder Jakob wurden von einer wunderschönen Kutsche von ihrem Haus im
Walde abgeholt, Maria wurde nun von den Kammerzofen angekleidet und ihr die
kleine Krone in das wunderschöne Haar gesteckt.
Die goldene Kette
schmückte ihren schlanken weißen Hals und der lange Schleier wurde von vier
kleinen Mädchen getragen.
Es war eine
wunderschöne Hochzeit, das Volk jubelte bis spät in die Nacht hinein und es gab
viel zu essen und zu trinken. Und mancher der von dem Pudding gegessen hatte
und nun nur mehr die Wahrheit sagen konnte nahm sich vor, nur mehr gutes zu
tun.
Das erste was die
Prinzessin am nächsten Morgen tat war, dass sie zu dem kleinen Haus am Rande
des Waldes ging und sich bei den Sonnenblumen bedankte.
Sie ließ es sich
nicht nehmen, wieder eigenhändig Wasser zu holen und die Blumen zu gießen. Und
außerdem hatte sie beschlossen, dass im ganzen Lande viele Sonnenblumen
angebaut werden sollen und nahm außerdem eine Abbildung der Sonnenblume in ihr
persönliches Wappen auf.
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