Wald im Nebel
von Joana Angelides
Oh, es gibt die
unterschiedlichsten Hexen.
Es gibt solche und solche
und meine Hexe gehört zu den Solchen.
Zu jenen Hexen, die dich
jeden Tag neu verbrennen.
Seit einigen Tagen
ist das Haus leer. Esmeralda ist weg, ich spüre das!
Kein Vorhang bewegt
sich. Keine der Kerzen, die ich aufgestellt habe, flackert. In mir steigt
langsam Panik auf.
Wenn ich abends im
Bett liege und ihren Polster an mein Gesicht drücke, spüre ich noch den Duft,
den sie durch ihre Wärme und ihren Körperkontakt hinterließ. Auch ein Armreifen liegt auf ihrer Seite des
Bettes auf dem Nachtkästchen, doch sie ist weg, sie muss den Armreifen
vergessen haben.
Man kann sich so
rasch an etwas Schönes und Angenehmes gewöhnen und so schwer ist es, darauf
wieder verzichten. Hat doch nicht jeder eine Hexe im Haus, die seine Sinne
aufpeitscht, den gesamten Gefühlshaushalt durcheinanderbringt und Ströme von Glücksgefühlen
ausbrechen lässt?
Gestern Abend stand
ich am Fenster des Schlafzimmers und starrte in die Dunkelheit. Es war mir, als
bewegten sich am Waldrand gegenüber Schatten und Schleier und als würden kleine
Irrlichter, wie Glühwürmchen durch das Unterholz irren. Doch bei näherem
Hinsehen, löste sich alles wie in einem Nebel auf. Es war nur reine Einbildung
meiner verwundeten Seele. Ich warf mich aufs Bett und trommelte mit den Fäusten
darauf herum. Flüsterte ich ihren Namen? Nein. Ich schrie ihn hinaus.
Wo waren diese langen
Finger, deren Fingerkuppen normaler Weise auf meinem Rücken Kreise zogen, nach
vor glitten, meine empfindlichen Brustspitzen erhaschten und wild daran
drehten, bis ich vor Erregung den Verstand zu verlieren glaubte und ihren Namen
schrie.
Verdammt, sie fehlt
mir!
Die Dämmerung mit
ihrem porzellanartigen Licht versickert langsam in der Dunkelheit der Nacht und
ich habe Angst hinauf zu gehen, das Schlafzimmer zu betreten und in der Leere
des Raumes zu ertrinken.
Sollte ich nicht das
Licht anmachen? Die Schatten kriechen langsam in die Mitte des Raumes und
lassen die umstehenden Silhouetten in der Tiefe verschwinden.
Ich stehe nun schon
eine Weile am Fenster und überlege, wie mein Leben in Zukunft ohne Esmeralda
aussieht wird, als ich wieder diese Schleier und Irrlichter zwischen den Bäumen
am Waldrand bemerke.
Was ist, wenn es
Esmeralda ist und sie aus irgendeinem Grund nicht herüber findet in meine,
unsere Welt? Wenn sie irgendwelche Mächte da festhalten? Werde ich langsam
verrückt?
Ich nehme meinen
Umhang und stürme hinaus.
Die Kühle des Abends
streicht über meine Stirn und meine glühenden Wangen und weckt meinen Geist.
Ich muss sie finden, koste es was es wolle.
Der Wald ist dunkel
und es sind seltsame Geräusche darin. Es ist mir, als würden mich viele Augen
misstrauisch ansehen und höchstwahrscheinlich ist es auch so. Aus allen Höhlen
und kleinen Nestern starren sie mich an, abwägend, furchtsam, vielleicht sogar
feindselig.
Die Äste knacken
unter meinen Füßen, das Moos wiederum ist weich und gibt meinen Schritten nach.
Der kleine Bach weiter oben flüstert und raunt, als wollte er mich warnen.
Irgendwo raschelt Laub, als würden tausend kleine Füße darauf herumlaufen. Ich
bleibe stehen, bin außer Atem und horche in die Dunkelheit hinein.
Ich lehne mich an
einen starken Baum, stütze mich an einem tiefen Ast ab und warte ab, ob sich
mein Herzschlag wieder normalisiert. Der Wald lebt, auch der Baum lebt, wie ich
plötzlich zu spüren glaube.
Seine Äste stützen
mich nicht nur, sie halten mich auf geheimnisvolle Weise fest. Irgendwo fliegt ein Vogel auf und es fallen
kleine Eichel zu Boden.
Was knackt da? Ich
bin anscheinend nicht alleine im Wald, außer den Tieren muss noch jemand hier
sein.
„Wo warst du denn so
lange?“
Wer hat das
geflüstert, oder bilde ich mir das nur ein?
Die Äste drücken mich
noch fester an den Stamm, ich bin sein Gefangener.
Von rückwärts kommen
zwei Arme und nesteln ungeduldig und ungeschickt an meinem Umhang.
Oh, Esmeralda, mein
Herz wird spürbar schneller. Sie ist wieder da.
Plötzlich lässt sie
mich wieder los. Wo ist sie hingekommen?
Ich wende und drehe meinen Kopf in alle Richtungen, doch es ist dunkel
und durch den leichten Wind bewegen sich Zweige, Büsche und Farne. Es kann
nicht nur alleine an Esmeralda liegen, sie hat sicher ihre Freundinnen
mitgebracht um mich zu irritieren und zu necken.
Plötzlich springt sie
von oben aus dem Baum herunter. Sie hat den Rock geschürzt, die Beine gespreizt
und die Arme erhoben. Ihre rote Mähne umrahmt ihren Kopf, die Ketten, Reifen
und Ohrringe glitzern im Dunkeln. Sie nähert sich ganz langsam, ihr Becken
ruckt und zuckt im Takt. Ihre langen Finger schieben sich zwischen den Knöpfen
meines Hemdes und reisen die Knöpfe ab. Sie streicht über meine Brust und lässt
mich aufstöhnen vor Lust. Sie schaut mir dabei in die Augen, Irrlichter tanzen
in den ihren.
Dann senkt sie den
Blick, ihre Lippen gleiten über meinen Hals hinunter und ihre Zunge reizt meine
Haut, es fühlt sich an, als wäre sie eine Schlange. Immer tiefer und tiefer
kommt diese Kobra, sie züngelt und stößt und ich beginne langsam zu zittern.
Noch immer hält mich
der Baum mit seinen gebogenen Ästen und Zweigen fest, ich bin angebunden, wie
an einen Pfahl, einen Pfahl der Leidenschaft, total ausgeliefert. Sie öffnet
meinen Gürtel, reißt ihn mit einem Schwung weg und lässt ihn in der Luft
kreisen. Ich höre das Sausen durch die Luft, schließe die Augen und erwarte,
dass er mich trifft.
Doch es ist nur das
Sausen zu hören und mein Herz, das wild schlägt.
Sie gurrt leise und
zufrieden und ihre warmen Handflächen kriechen von meinen Lenden nun langsam
zwischen meine Beine. Stehe ich noch auf eigenen Beinen, oder hält mich noch
immer der Baum wie in einem Schraubstock fest?
Während ihre
Haarmähne über meinen nackten Bauch streicht, ihre Zunge den Nabel erkundet und
ihre Hände an meinen Lenden einen Tanz vollführen, spüre ich noch andere
Fingerkuppen und Fingernägel, die sich von meinen Nacken rückwärts abwärts
bewegen und jeden einzelnen meiner Rückenwirbel drücken und bewegen. Die Hände
gleiten bis zu meinem Po, krallen sich da fest, streichen durch die Spalte und
ich stehe in Flammen.
Inzwischen hat
Esmeralda den heikelsten Punkt erreicht und die Stromstöße nehmen an ungeahnter
Stärke zu. Sie durchlaufen mich, lassen mich stöhnen und immer lauter schreien,
es hallt durch den Wald, schauerlich und lustvoll.
Der Baum hält mich
noch immer fest.
Ich spüre den
leichten pulsierenden Körper dieser unglaublichen Hexe im Schutze des mich
umgebenden Umhanges an mich gepresst und sie saugt sich an mir fest und lässt
mich kaum atmen. Ich werde für alle Ewigkeit mit diesem Baum zusammenwachsen,
für ewig den fordernden Liebkosungen dieser leidenschaftlichen Hexen
ausgeliefert sein.
Geschüttelt von
unglaublichen lustvollen Erschütterungen, völlig aufgelöst und bebend gleite
ich nun zu Boden. Der Baum hat mich nun doch frei gegeben, plötzlich und
unerwartet.
Ich liege im weichen
Moos, zitternd und orientierungslos.
Höre ich da erregtes
Kichern, ein Knistern von Seidenröcken und ein leises Klirren von Ketten und
Armreifen?
Ich versuche meine
Kleidung halbwegs zu ordnen, das Hemd hat keine Knöpfe mehr.
Mich am Stamm halb
aufrichtend, versuche ich wieder Boden unter den Füßen zu bekommen.
Mein Blick versucht
die Dunkelheit zu durchdringen. Wo ist sie nur, diese wundervolle, grausame
Hexe und wieso brennt Licht dort drüben in meinem Haus?
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