Briefe, die das Leben schreibt!
Jahrelang ist Paul hier gesessen, hat seine Briefmarken
im Kegel der Schreibtischlampe unter der Lupe eingehend betrachtet und dann
sortiert.
Was ist das?
Unter der Platte außen gibt es eine
Erhebung, die sie vorher noch nie gesehen oder gespürt hat. Es ist ihr, als
würde sich der Knopf bewegen. Zaghaft zwar aber unter größerem Druck lässt er sich
verschieben und seitlich erscheint eine Lade. Sie ist bis zum Rande mit Briefen
voll. Sie sind in kleine Päckchen zu je fünf Briefen mit je einem roten Band
zusammen gefasst und sehen sehr alt aus.
Sie erkennt ihre eigene Handschrift.
Es sind Liebesbriefe, die sie ihm geschrieben
hatte, als ihre Liebe noch ganz jung war und ihre Gedanken voller Sehnsucht und
grenzenlos.
Er hat sie nie beantwortet, sagte immer, das ist „Weiberkram“, was gesagt ist, ist gesagt und bleibt gesagt für immer.
Und nun eröffnet sich hier ein kleines Fenster
in seine Seele, das er ihr nie gewährt hatte. Ein Mann ist schließlich ein
Mann!!!!
Sie hört noch immer sein tiefes Lachen, wenn
er glücklich war, wenn er merkte, dass sie glücklich war.
Aber Liebesbriefe schrieb er ihr nie!!
„Ich bin weder Napoleon und Du nicht Josephine, noch bin ich Goethe“,
pflegte er zu sagen und zwinkerte ihr zu.
Nun ist er gegangen. Ebenso leise, wie er gelebt hat.
Sie lächelt und wischt sich eine kleine Träne aus dem Gesicht!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen