Der unbedeutende Schattenmann.
von Joana Angelides
Auszug aus dem e-Book "Erotique Fou"
Ja, wir waren drei Freundinnen, die in vielen
Dingen sehr ähnlich waren, in manchen Dingen aber total verschieden.
Während Lisa und ich in unserem Beruf sehr intensiv
aufgingen, so hatte Eve das nicht unbedingt nötig, sie hatte ein kleines
Vermögen hinter sich und brauchte nicht unbedingt zu arbeiten. Sie bekam eine
jährliche Apanage aus einer Stiftung ihrer Eltern und außerdem verdiente Emile,
ihr Ehemann als Börsenmakler, sehr gut.
Es gab zwischen uns keine Geheimnisse, also auch
totale Offenheit von Eve über die Beziehung zu Emile. Bisher hatten wir Emile
als Anhängsel in unserer Dreierbeziehung gesehen, der so am Rande mitlief und
hin und wieder an den routinemäßigen lesbischen Nachmittagen von Lisa und Eve
teilnahm, wenn er einmal früher nach Hause kam. Er war wie ein Schatten im
Hintergrund, ohne eigene Meinung und irgendwelcher Bedeutung. Wenn er und Eve
alleine war, wurde dieses Thema niemals angeschnitten, es war tabu, weil es Eve
offenbar so wollte.
Er verstand die Beziehung zwischen Eve und Lisa
nicht, wie er des Öfteren betonte, tolerierte es aber. Wie selbstverständlich
fand er es aber, sich wortlos zu ihnen zu gesellen und sich an ihren
Aktivitäten zu beteiligen.
Eve erzählte, dass sie es als äußerst belebend
ansahen, dass er es liebte, sich neben sie zu knien, wenn sie und Lisa es mit
dem Doppeldildo trieben, was oft über eine Stunde dauern konnte. Sie lagen dann
quer über das breite Bett, der Dildo verschwand zwischen ihnen und wurde nur durch
ihre gegenseitigen Bewegungen in ihnen aktiv. Je härter sie gegeneinander
stießen, desto tiefer drang er ein und je erregte sie waren, desto schneller
ging das vor sich. Sie keuchten oft beide und stöhnten, was wieder die andere
antrieb. Emile kniete in der Mitte und liebkoste oder streichelte sie dann,
biss manchmal auch in ihre Nippel, oder hielt den Dildo fest. Dann schrien sie
auf, sodass er wieder losließ.
Er umrundete sie auch manchmal, sodass Eve mit der
Zunge auf seinem Penis auf- und abgleiten konnte und ihm auch erlaubte, zu
kommen. Offensichtlich gefielen ihm diese Spiele, denn er beteiligte sich ohne
Worte daran.
Es kam auch vor, dass Lisa sich auf den Gyn-Stuhl
legte und er auch sie bis zum Orgasmus lecken musste, während Eve seine
Brustnippel drehte oder Krokodil-Klammern anbrachte, was ihm zum jedes Mal
Wimmern brachte. Sie öffnete diese biestigen Dinger dann immer wieder, ließ sie
aber wieder zuschnappen und er heulte jedes Mal wie ein Wolf auf. Eve liebte
sein Aufheulen und Lisa seine Zunge, denn dann wurde er schneller und
intensiver! Eve war eigentlich die wirkliche Lesbe von ihnen Dreien, bzw. war
erklärte Bisexuelle und genoss Beides. Es kam erst ein einziges Mal vor, dass
wir es alle Drei gleichzeitig trieben, das dauerte aber dann auch Stunden und
wir waren völlig verausgabt.
Lisa sah danach gerne zu, wenn er sich außer
Kontrolle bebend, auf Eve stürzte und sie in der Missionarsstellung nahm. Es
erregte sie! Regelmäßig verschwand er dann im Bad und die beiden Frauen
liebkosten und leckten sich noch eine ganze Weile. Von Emile war dann meist
nichts mehr zu sehen.
Natürlich erweckte Emile immer wieder meine
Neugierde, aber nur, wenn wieder die Rede auf ihn kam, wenn Lisa und Eve von
solchen Sessions erzählten. Im Allgemeinen war er, wie schon gesagt ein grauer
Schatten im Hintergrund.
Bis zu jenem Abend im November, als ich im Regen am
Straßenrand stand und vergebens nach einem Taxi Ausschau hielt. Als mich ein
vorbeifahrendes Auto mit einem Wasserstrahl endlich total durchnässte und ich nach
rückwärts sprang und fast gefallen wäre, blieb ein dunkler Wagen neben mir
stehen und die Beifahrertüre ging auf.
„Magritt, um Gottes willen, wie schaust Du denn
aus, steig ein!“ rief eine bekannte Stimme, es war Emile. Dankbar nahm ich an.
Er fuhr mich nach Hause und drückte sein Bedauern
aus, dass ich so durchnässt war.
„Komm, ich trage Deine Pakete, ich gehe mit Dir
nach oben!“, sagte er besorgt. Und ich war wirklich froh.
Im Appartement angekommen schickte ich ihn in den
Salon und bat ihn zuwarten, ich musste mich unbedingt abtrocknen und umziehen,
die nassen Kleider loswerden.
„Nimm bitte Platz, ich mache uns einen Tee!“, rief
ich aus dem Schlafzimmer hinüber. Er schien mich nicht zu hören.
Als ich nach einigen Minuten, nur mit einem
Frotteemantel bekleidet aus dem Bad kam, stand er schon im Vorraum und hatte
meine Teekanne in der Hand.
„Ich habe alles gefunden, der Tee ist fertig!“
sagte er mit einem kleinen, verlegenen Lächeln im Gesicht.
„Oh, das ist ja fantastisch!“, lächelte ich zurück.
Ich nahm die Teetassen aus dem Schrank und stelle
alles auf das Tischchen. Er schenkte wie selbstverständlich ein und setzte sich
neben mich auf die Couch. Mir war noch immer kalt und ich zitterte ein wenig.
Mit beiden Händen hielt ich die heiße Tasse in der Hand und nippte daran.
Wie selbstverständlich begann er, meinen Rücken zu
massieren, mich trocken zu reiben. Es tat gut.
Langsam kehrte wieder Wärme in mich zurück, er
hörte aber nicht auf und rieb weiter, immer langsamer und intensiver, bis seine
Hände auch nach vorne kamen und wie zufällig auf meine nackte Haut
trafen. Ich schloss die Augen und genoss es. Es war angenehm und
belebend, erregend!
„Magritt, Du hast etwas Magisches an Dir“,
flüsterte er.
Es kam überraschend, aber ich wollte es hören, was eigentlich
verrückt war. Wir kannten uns schon viele Jahre und es hat noch nie irgendeinen
Funken zwischen uns gegeben, der das berechtigt hätte.
Doch es war sein warmer Atem, seine zärtliche, aber
bestimmte Art, die mich dahinschmelzen ließen.
Seine Hände umfassten meine Brüste, sein Mund
strich an meinem Hals entlang, seine Zunge zog eine heiße Spur bis zu meinen
Brustnippeln und umrundete sie. Tausende Ameisen begannen in mir munter zu
werden, ich schrie auf, doch er verschloss mir mit seiner Hand den Mund.
„Bitte, genieße es, lass es zu!“ flüsterte er.
Und an diesem Abend konnte auch ich diese Zunge
genießen, von der Lisa so hingerissen sein dürfte. Er drang mit ihr tief in
mein Innerstes, ließ meine Klitoris aufheulen, ließ mich keuchen und hecheln
und brachte mein Blut zum Kochen. Alles geschah anfangs unheimlich langsam,
steigerte sich zu einem Sturm an Gefühlen und Impulsen und endete einige Male
in einem Tornado, von ungeheurem Ausmaß. Das also war der scheue,
zurückhaltende Emile! Er war wie ein Vulkan mit glühender Lava in seinem
Inneren, der unvermutet ausbricht. Davon hatte Eve noch nie berichtet! Wie ein
kurzer Spot fiel mir die Schilderung von Eve ein, wie sie ihn mit der
Möwenfeder aus der Fassung gebracht hatte! Ich hatte aber keine!
Ich lag da, mit geschlossenen Augen, überließ mich
seiner kraftvollen Zunge, seinen langen, gefühlvollen Fingern und seinem
glühenden Schwert, das in mir tief wütete. Es war eine dunkle, dumpfe Lust,
tief und nicht enden wollend. Sie grub sich in mein Innerstes ein und erzeugte
einen Wirbelsturm mit Donner und Blitz: irgendwie beängstigend. Ich klammerte
mich an ihn, hatte Angst nicht mehr aufzuwachen.
Irgendwann dazwischen dürfte Serge, mein Nachbar,
nach Hause gekommen sein. Er spielte am Klavier das Warschauer Konzert von
Addinsell, mit einer Vehemenz, wie man es selten hört. Es passte genau!
Ich löste mich dabei in den Armen von Emile auf,
ging in Wellen von Musik, Lust und Leidenschaft unter. Im Vergleich zu meinen
letzten Episoden, Erlebnissen und Hingaben war dies das Tiefgreifendste was ich
bisher erlebt habe. Emile, der Unscheinbare, der Schattenmann hatte es mir
beschert.
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