Wie betrunken kann
man sein?
von Joana Angelides
Die
alte Nemecek unsere Hausbesorgerin stützt sich auf den Besen und schaut mich
missbilligend an.
Also,
wenn ich heute betrunken bin, dann bin ich sicher morgen wieder nüchtern. Die
alte Nemecek ist aber heute hässlich und wird es auch morgen sein, war sie
eigentlich schon immer. Ich stütze mich auf meinen Ellbogen und schaue zu ihr
auf. Also, so von unten nach oben gesehen, konnte man meinen sie ist Pallas
Athene. Nur der Helm fehlt ihr.
Mein
Gott, muss ich betrunken sein!
Wir
kennen uns schon eine halbe Ewigkeit, sie hat sich im Laufe der Zeit kaum
verändert, außer in der Breite. Wobei ich natürlich auch der schlanke und gutaussehende
Junggeselle geblieben bin, der ich immer war. Das bisschen Bauch und dass viel
Glatze kann da auch nichts dran ändern.
Zumindest
Junggeselle bin ich immer noch. Aus Überzeugung und völlig freiwillig, eh
klar!!
Lach,
einmal waren wir beide, die Nemecek und ich, auf einem Maskenball beim
Kugelwirt. Ich als Rosaroter Panther und sie als Hexe. Sie hatte nämlich kein
Geld für ein Kostüm.
Ein
dicker Korsar war den ganzen Abend hinter ihr her. Von hinten sah sie ja zum
anbeißen aus. Als er jedoch dann um Mitternacht zur Demaskierung schreiten
wollte, schlug sie ihm mit dem Besen in die Flucht. Nach Hause ging sie dann
mit mir.
Wie
heißt es so schön? In der Nacht sind alle Katzen grau.
Mein
Gott, musste ich betrunken gewesen sein!
Im
Laufe der Jahre wurden ihre Haare immer kürzer, ihre Nase immer länger, ihr
Mund immer breiter und die Zähne immer weniger. Eine Frau der Superlative also.
Aber
ich erkannte sie immer, auch wenn ich nüchtern war, was ich ja hin und wieder
bin.
Wenn
sie auch äußerlich wie eine Vogelscheuche aussieht, innerlich ist sie ein
Diamant. Zwar ein Rohdiamant, ungeschliffen und kantig, aber strahlend.
Sie strahlt
totale Intoleranz, Neugierde und Sensationslust aus.
„Nemecek,
ich lade dich morgen wieder zum Maskenball beim Kugelwirt ein, hast du noch
dein Kostüm?“ War das ich, der das lallte?
Mein
Gott, muss ich betrunken sein!
„Nie
und niemals nicht, ich war einmal mit dir, du hast mir danach die Ehe
versprochen und bis heute nicht eingehalten!“
Ihr
Besen fuchtelt vor meiner Nase herum.
Waaas
hatte ich? Ich glaube, ich werde schlagartig nüchtern!
Mein
Gott, musste ich betrunken gewesen sein, damals vor dreißig Jahren.
Aber,
haben wir nicht Fasching, da ist alles möglich!
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