Eine Symbiose auf dem See.
Von Joana Angelides
Es kündigte sich ein
eher ruhiges Wochenende an. Meine Texte habe ich nach New York verschickt, Lisa
und Eve waren bei irgendeiner Vernissage an der Riviera und ich lag faul
herum.
Serge nebenan dürfte
sich ebenfalls dem Fallenlassen ergeben haben. Nur hin und wieder drangen leise
tragende Töne von nebenan zu mir herüber, dann entstanden wieder längere
Pausen. Es waren vorwiegend leise Passagen mit der Geige, die dann wieder
abrupt abebbten und nur ein paar flinke Oktaven am Klavier dahin perlten. Diese
seichten Musikfetzen konnten meine Lust nicht wirklich wecken, wo es ja
außerdem sehr früh am Morgen war!
Ich nahm meine Schale
mit dem Kaffe und begab mich auf den Balkon und setzte mich neben der uns
trennenden Balustrade einfach auf den kühlen Boden und schlürfte ihn in kleinen
Schlucken. Ich genoss die Musikfragmente von nebenan und das leise Zwitschern der
nun auch erwachenden kleinen Vogelstimmen von rundum.
Die Stille wurde
durch das Telefon unterbrochen. Es war Emile mit seiner leisen tiefen Stimme,
der aus Boulonge-Billancourt anrief und wissen wollte, wie es mir geht und ob
ich schon wach war.
„Sag, Kleines, was
machst Du eigentlich jetzt? Komm nach Billancourt heraus, der See ist
spiegelglatt, die Sonne erhebt sich ganz langsam aus dem Dunst und ich habe
Sehnsucht nach deinem Duft, deinen kleinen Lauten in meinem Ohr und Deiner
heißen Haut!“ flüsterte er etwas heiser. Offenbar war er erregt. Ich antwortete
nicht gleich, wollte ausloten, ob ich heute bereit war, mich von diesem
bedächtigen, starken und doch so zärtlichen Mann in seine magische Welt
entführen zu lassen. „Nimm Serge mit, ich mag ihn! Wir könnten auf den See
rausrudern und wir könnten Dich beide ein wenig verwöhnen. Wir waren doch
kürzlich so eine erotische Einheit, ergänzten uns so wunderbar!“
Das überraschte mich
denn doch! Ja, es war ein wunderbares Erlebnis, so in den Armen von zwei so
unterschiedlichen Männern die Erfüllung zu erleben und von beiden getragen zu
werden.
Obwohl ich nicht
gleich antwortete, wartete Emil geduldig ab, ich konnte nur seinen Atem hören
und leise Musik im Hintergrund.
„Warte einen
Augenblick, ich frage Serge!“, sagte ich schlussendlich doch.
Ich stand auf und
beugte mich zu Serge hinüber.
„Serge, bist Du da?“
rief ich leise.
Er kam sofort heraus,
hatte nur seine Pyjamahose an und die kleine Geige in der Hand.
„Meine Muse! Guten
Morgen, habe Dich atmen gehört! Wer war das denn am Telefon?“
Als ich ihm den
Wunsch von Emile unterbreitete sah er mich einen Augenblick forschend an, dann
nickte er, gar nicht sonderlich erstaunt, wie mir schien.
Als wir in
Billancourt ankamen und wir uns sehr innig, wie alte Freunde begrüßt hatten,
halfen wir Emil das Boot zu Wasser zu lassen. Emile hatte nicht übertrieben,
der See lag ruhig, wie ein Spiegel da, der Dunst des frühen Vormittags lag noch
auf ihm und das leise Plätschern am Ufer spielte eine leise Melodie.
Als wir so im Boot
saßen, erinnerte mich das an eines der Bilder von Monet. Die Bäume am Ufer
ließen ihre Zweige fast bis auf den Spiegel des Wassers hängen, die kleinen
Wellen kräuselten sich am Boot. Ich nahm in der Mitte des Bootes Platz, mein
etwas großer Sommerhut warf Sonnenkringel auf mein Gesicht und eine meiner
Hände hing ins Wasser, ich spürte das kühle Nass, wie es meine Hand umspielte.
Emil hatte sich am
vorderen Ende des Bootes gesetzt, tauchte das Ruder ein und begann uns mit
leichten Schlägen vom Ufer zu entfernen. Serge saß am anderen Ende und hielt
ebenfalls ein Ruder lässig in der Hand. Wir glitten fast lautlos hinaus und
sprachen kein Wort. Doch Serge wurde von der Sonne geblendet und so setzte er
sich nun neben mich, wir hatten nun die Sonne im Rücken. Ich lehnte mich an ihn
und schloss die Augen. Ich genoss seine Nähe, die Wärme die von seinem Arm
ausging, als er ihn um mich legte.
Da, was war das?
Serge führte eine
Panflöte an seine Lippen, die er offenbar mitgebracht hatte und diese süßen
Töne verzauberten alles. Es waren hohe Töne, die sich einschmeichelten, die
über den See tönten und die Natur hielt den Atem an.
Mit einer Hand hielt
er die Flöte mit der anderen Hand strich er über meine Haut und ließ meinen
Körper weich wie Schleiergewebe werden, meine Brüste wurden hart vor Erregung,
er verstärkte das durch Berührung meiner Knospen und versetzte dadurch meinen Körper
in Aufruhr. Während dessen tauchte Emile seine Ruder in das Wasser, gab sich
Mühe das Boot ganz ruhig zu halten.
Serge fühlte sich
wohl, ich spürte das! Es war sicher das ruhige Wasser rund um uns, das leise
Plätschern und der Einklang der Natur mit seinen Flötentönen. Und die Magie des
Augenblickes.
Seine Lippen glitten
über meine heiße Haut, seine Hände wurden fordernder und plötzlich war die
Panflöte still, Serge richtete sich auf und in seiner unnachahmlichen sanften,
aber eindringlichen Art, drang er in mich ein, richtete sich auf, umschloss meine
Lenden mit beiden Händen und bewegte sich im sanften Rhythmus immer tiefer in
mich, er hob seinen Kopf, er und Emile sahen sich dabei in die Augen und
krallten sich mit je einer Hand aneinander fest. Wir waren wieder im Moment
meines Orgasmus eine Einheit. Beide beugten sich über mich und Emile wühlte in
meinen Haaren, hielt mit der anderen Hand eine meiner Schultern fest und ich
verlor mich im Geiste in den Wellen des Sees und fühlte mich wie eine
Seejungfrau.
Sie hielten mich beide
fest, beide genossen meine Auflösung!
Offenbar hatte Emil
den Anker hinuntergleiten lassen, wir lagen völlig ruhig in der Mitte des Sees,
nur die Wellen schaukelten uns.
Als sich Serge von
mir trennte und aufrichtete nahm Emil seinen Platz ein, ohne mich nur einen
Moment los zu lassen, ohne sich nur einen Moment von meinem Körper zu trennen.
„Du bist magisch, Du
bist ein Zauberwesen“, flüsterte mir da Emil ins Ohr und ich spürte wieder
seine unheimliche Ausstrahlung, die mich jedes Mal tief in das Dunkle in mir
geleitete, über mir schlugen wieder die Wellen zusammen, ich fühlte diese Glut,
die von ihm ausging und die mich so faszinierte. Bei ihm war nichts von der
Leichtigkeit von Serge zu spüren, hier gab es keine Panflöten oder leichte
Zärtlichkeiten, hier tobte der Sturm der Leidenschaft über mich hinweg.
Serge hatte nun die
Führung des Bootes übernommen und hielt nur hin und wieder meine Arme fest,
oder flocht seine Finger um die meinen. Er wollte ebenfalls spüren, wenn unsere
beiden Orgasmen sich über uns zusammenschlossen. Er tauchte ebenfalls in die dunklen
Augen von Emile ein, wenn dieser den Kopf hob und sein Gesicht in Ekstase sich
verdunkelte. Ich hörte Serge flüstern, tief atmen und keuchen.
Ich weiß nicht mehr,
wie lange wir da draußen auf dem See waren. Als wir zurück kamen waren wir
jedenfalls erschöpft, keiner weiteren Konversation mehr fähig und sanken im
Schatten einer Ulme ins Gras, hielten uns alle Drei bei den Händen und dösten
eine Weile vor uns hin.
Diese Symbiose
zwischen uns hielt sehr lange Zeit an und es ergaben sich noch viele wunderbare
Tage, in allen nur erdenklichem Ambiente.
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