Sonntag, 17. Februar 2019

Im Harem, erotisch


IM HAREM

von Joana Angelides


Hallo, mein Freund
Du kennst doch Ildiko, meine ungarische Freundin?
Sie hat nun anlässlich ihres letzten Urlaubes in Bahrein irgendeinen arabischen Scheich kennen gelernt und  hat sich bereit erklärt, seine Einladung für einige Zeit bei ihm in Bahrein zu bleiben, anzunehmen.
Wir alle haben von ihr nun wochenlang nichts gehört, bis gestern dann endlich ein Brief kam.
Stell Dir vor, dieser Scheich hat einen richtigen Harem!  Ildiko war schon immer verrückt nach Abenteuern und hat sich nun darauf eingelassen.
Er hat ihr  seinen Hang für westlich erzogene Frauen gestanden, für Frauen, die garantiert nicht beschnitten und erotisch selbstbewusst sind.
Sie hat seine Zusicherung, den Harem  verlassen zu können, wann immer sie  will. Ich bin da sehr skeptisch, aber sie schrieb, der Scheich hat ihr das zugesichert und sie glaube ihm. Na wollen wir es hoffen, dass er sein Wort hält!
Sie schildert nun ihre ersten Wochen so:
Das große Anwesen von Scheich Armin befindet sich inmitten eines riesigen Parks, der ununterbrochen von unzähligen Wasserfontainen besprüht wird. Der Garten soll paradiesisch sein,  saftig und grün, mit unzähligen Springbrunnen und kleinen Pavillons bestückt. Wie es außerhalb der hohen Mauern aussieht weiß sie nicht. Sie schreibt, alles dort erinnert sie an die Geschichten über die hängenden Gärten der Semiramis. Ein blühender Garten inmitten einer endlosen  Wüste.
Sie bewohnt nun einen der Bungalows, die verstreut in diesem Garten liegen. Er ist mit allen modernen, technischen  Finessen ausgestattet, die man sich nur vorstellen  kann.
Außerdem hängen und liegen unzählige Burnusse und Schleiergewänder mit dazu   passenden Pantoffeln und Dessous in verschiedenen Farben, mit und ohne Spitzen und wunderbaren Stickereien, in den Schränken. Manche sind sehr raffiniert, durch Öffnungen in den Bustieren vorne, treten  die Brustspitzen hervor, was sehr anregend und aufregend sein soll, da sie jederzeit berührt werden können. Stelle ich mir auch sehr erregend vor.
Die dazu passenden Höschen sind unterhalb des Bauches  bis nach rückwärts zu den Pobacken offen und gewähren ebenfalls freien Zugriff. Sehr raffiniert und erotisch!
Leise Musik durchflutet die Räume und die herumstehenden Blumenarrangements strömen einen betörenden Duft aus. Man kann die Musik allerdings abstellen, den Duft natürlich nicht!
Sehr freundliche Mädchen oder Frauen kommen mehrmals täglich vorbei, bringen Obst, Süßigkeiten und kleine Geschenke mit und haben tausend Fragen, wie es denn nun in Europa so ist und was sie so bisher gemacht habe. Es sind sehr aufgeschlossene gebildete Frauen, die ungeheuren Hunger nach Wissen haben, meint Ildiko. Sie denkt, es sind insgesamt fünf oder sechs  auf dem Anwesen, vermutlich alles Frauen und Nebenfrauen des Scheichs.
In den ersten Tagen sah sie den Scheich gar nicht, was sie schon sehr wunderte.
Am dritten Tag holten sie die neuen Freundinnen gemeinsam ab und geleiteten sie in die zentralen Baderäume. Also, wie sie das schildert, ist es ein ungeheuer großer Raum, mit einem kleinen Schwimmbad, anschließendem Dampfbad und vereinzelten kleinen, in den Boden eingelassenen Marmorbadewannen. Alles in allem ein opulentes Ambiente, mit Säulen und Vorhängen, herumstehenden Euphorien, die  mit Badeölen und betörenden Duftessenzen gefüllt sind. Massagetische und Ruhebetten stehen herum. Dienerinnen in großer Zahl bieten ihre Dienste von Massage bis Körperpflege an. Also ein üppiges orientalisches Hamam, wie man es so aus Filmen kennt.
Sie halfen ihr beim Ausziehen und bürsteten ihren Körper mit weichen, aber kräftigen Strichen, gossen Öle in das Wasser, dann hüllten sie sie in weiche, warme Badetücher ein und nachher begannen sie sie, zu ihrem Erstaunen, am ganzen Körper zu rasieren. Sie übten einen sanften Druck auf sie aus, mit Kichern und Lachen und betonten, dass das viel angenehmer und außerdem so üblich sei.
Zu ihrem weiteren Erstaunen reinigten sie sie „Innen und Außen“, schenkten allen ihren Körperöffnungen intensive Beachtung und Behandlung, was immer das heißen soll.
Große Aufmerksamkeit widmeten sie der Tatsache, dass sie als Europäerin nicht genital beschnitten war. Die ganze Atmosphäre war freundlich und offen und  erotisch geladen. Nach dem Empfinden von Ildiko verstrichen dabei Stunden und ihr Körper war danach mehr als zittrig und matt.
Als sie dann endlich auf einem der Ruhebetten lag und von einer etwas älteren Dienerin sanft massiert wurde, beugten sich die neuen Freundinnen  über sie und wollten ihre Klitoris sehen und berühren.
Ich weiß nicht, ob ich das ausgehalten hätte, oder ob ich versucht hätte, aus dem Bad zu flüchten, doch Ildiko meinte, dass man da irgendwie total hilflos ist.  Es läuft eben alles in einer sehr leichten, fast fröhlichen Atmosphäre ab.
Als sich nun zwei der jungen Frauen ihren Platz nahe bei ihr erobert hatten und die Masseurin ihre beiden Beine etwas auseinander hielt, begannen die beiden langsam aber stetig ihre Klitoris zu streicheln, sie zu drehen und zu massieren.
Ildiko beschreibt die folgende  Stunde als etwas, was sie noch nie erlebt habe. Der inzwischen matte Körper begann aufgrund der stetigen, gleichmäßigen, abwechselnden Berührungen der Beiden zu summen, vibrieren und zu zucken.
Während die eine die Klitoris mit ihren Fingern umkreiste, in die Tiefe ging und dann wieder nach oben an die Spitze, befasste sich die andere mit den Brustspitzen und steigerte die Empfindungen ins Unermessliche. Dann wechselten sie sich ab. Sie beachteten in keiner Weise die in kurzen Abständen ablaufenden Orgasmen, sondern machten unbeirrt weiter. Die Masseurin griff manchmal ein, in dem sie an der Fußsohle entlang strich dabei aber eisern die Beine hielt. Unter Kichern und leisem Lachen trieben sie sie so zu einigen Höhepunkten.
Irgendwann gab ihr Körper nach, die Muskeln zuckten nur mehr und die bunten Spiralen wurden immer schneller. Gibt es tatsächlich einen Orgasmus, der sich über Stunden hinziehen kann?  Der abebbt und wieder von vorne beginnt und das Blut zum Kochen bringt?
Ildiko bejaht es aufgrund ihrer jüngsten Erfahrung. Sie ließ sich total bis zu völligen Aufgabe fallen, anfangs nicht wirklich freiwillig aber dann zuletzt doch. Sie meint, dass sich in solchen Harems die Frauen wahrscheinlich vielfach, mangels ausreichend statt findender Befriedigung durch den Scheich,  ihren lesbischen Neigungen hingeben; dass Liebesspiele zwischen Frauen nicht ungewöhnlich sind und sie wahrscheinlich ihre Sehnsüchte nach Zärtlichkeiten untereinander ausleben. Wie oft kommt denn so ein Scheich zu jede seiner Frauen?
Sie geleiteten sie dann liebevoll zu ihrem Bungalow, wo bereits ein sehr exquisites Mahl auf sie wartete. Danach verfiel sie in einen erschöpften Schlaf.
Gegen Morgen wurde sie geweckt, angekleidet aufwendig frisiert, geschminkt und geschmückt  und traf  den Scheich zum ersten Mal wieder.
Er betrat ihren Bungalow mit ausgestreckten Armen und einem herzlichen Lächeln. Er war in sehr gelöster  Stimmung, leger in einen weiten seidenen Kaftan gehüllt, sehr erfrischt und gut duftend. Er begrüßte sie überschwänglich, fragte nach ihrem Befinden und ob sie auch von allen anderen gut aufgenommen wurde. Sie  bedankte sich, betonte die freundliche Art der Frauen im Hause und beteuerte ihre Zufriedenheit mit dem Bungalow.
In der Mitte seines Bungalows, der nach zwei Seiten offen war und in den Garten mündete, stand ein sehr großes, rundes Bett. Mit unzähligen Polster und herabhängenden weißen Vorhängen und Quasten. Darüber einen großen langsam rotierenden Ventilator, der die Luft langsam bewegte.
Er bat sie, auf dem Bett, das die einzige Sitzmöglichkeit im Raum war, Platz zu nehmen und begann sie nett und zärtlich zu füttern.
Es gab frische Früchte, Pfefferminztee  in kleinen  Schalen, Süßigkeiten und Datteln.
Sie musste sich hinlegen und er schob ihr, mit Bitterschokolade überzogene Fruchtstücke in den Mund, indem er die eine Hälfte abbiss und ihr die andere Hälfte zwischen die Lippen schob.
Gleichzeitig glitten seine Hände unter ihren weiten Kaftan  und ertasteten ihre erogenen Stellen. Sie stellte wieder einmal fest, dass die Haut das größte Sinnesorgan des Körpers war. Der Körper war noch vom Abend vorher aufgeheizt und erregt und es entstanden elektrisch geladene Verbindungen, die durch den ganzen  Körper liefen.
Er genoss die Faszination ihrer Erregung, die aktiven Reaktionen ihres Körpers, er konnte nicht genug bekommen von den Höhepunkten, die er alleine durch die bedingungslose Stimulans ihrer Klitoris und der äußeren Bereiche ihrer Vagina erreichte.
Er flüsterte ihr immer wieder seine Bewunderung, seine Begeisterung ins Ohr. Er beteuerte ihr, wie einmalig und erfüllend sie als fühlende und aktive Geliebte für ihn war.
Lieber Freund, es muss ein intensives, sinnliches Erlebnis gewesen sein, wenn Ildiko es so schwärmerisch erzählt. Denn ich kenne sie,  sie war schon bisher sehr offen und  erlebnisbereit, aber so begeistert habe ich sie noch nie erlebt. Irgendwie beginne ich sie um ihre Bereitschaft, sich so ausleben zu können, zu beneiden.
Ach, sie beschreibt auch dann noch, wie sie sich  im Angesicht der untergehenden Sonne leidenschaftlich liebten. Die Dämmerung drang langsam  in den Garten ein und tauchte alles in ein goldenes Licht. Wie er in sie eindrang, sie seine Stärke und seine Bewegungen tief in ihr auskostete und sie ihre gemeinsamen Höhepunkte minutenlang genießen konnten. Er soll ein Meister der Beherrschung seiner Kräfte sein, seine Ausdauer wäre bemerkenswert, aber wohl dosiert und er fachte sie, mit kleinen Pausen und Erholungsphasen dazwischen, immer wieder neu an.
So laufen die Tage dahin, schreibt sie.  Sie weiß noch nicht, wann sie wieder zurückkommt. Möglich erst, wenn sie wieder auf neue, andere Abenteuer neugierig sein wird.
Ich bin schon sehr neugierig auf ihre nächsten Briefe.




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Die Frau vom Riff, unheimlich


Die Frau vom Riff.
von Joana Angelides 



 Unheimliche Geschichten

Vom Boot aus gesehen, lag das Haus hoch oben am Fels, einem Adlerhorst gleich. Man konnte meinen, es balancierte auf der Spitze des Felsens und der kleinste Windstoß könnte es herabwehen.

Weiter draußen, in Richtung  offenes Meer, schlugen die Wellen ans Riff und weiße Gischt schäumte auf. Es war wie eine Barriere,  davor würde  sein kleines  Boot erbarmungslos daran zerschellen.

Er saß im Boot und blickte schon eine ganze Weile nach oben. Sina, die Labradorhündin saß dort am Rande der ins Meer ragenden Terrasse und beobachtete ihn. Immer, wenn er die Hand hob, stand sie auf und er konnte sehen, wie sie den Schwanz hin und her bewegte. Sina hasste Salzwasser und blieb daher, wenn er mit dem Boot hinausfuhr immer an Land,
Das Ruder tauchte in das klare Wasser ein und erzeugte ein sanftes Kräuseln der Wellen. Er ließ sich treiben, wie jeden Tag um diese Zeit zwischen Tageslicht und Dämmerung.

Er nahm sich vor, das in Arbeit befindliche Bild morgen endlich fertig zu stellen. Eigentlich war es ja schon seit Tagen fertig, doch es gab immer wieder jenen und diesen Pinselstrich um es zu vervollkommnen.
Doch konnte er das nur in den Vormittagstunden, wenn  die Sonne schräg am Himmel stand und das Licht  hell und fluoreszierend war.

Sein Blick tauchte  gedankenverloren in die sanft an die Planken des Bootes schlagenden Wellen, bis auf den Meeresboden zu den Spuren im Sand, die die kleinen Krebse auf ihren Wanderungen  dort  hinterließen.

Da war  plötzlich das Gesicht dieses Mädchens wieder. Es lag an der Wasseroberfläche, als wäre sie ein Spiegel. Es war ein schönes, ebenmäßiges Gesicht.
Ganz am Anfang, als es ihm nur hin und wieder erschien, drehte er sich im Glauben, sie stünde hinter ihm, um. Doch dem war nicht so.

Das blonde Haar wurde von den Wellen auf und ab bewegt und umschloss ihr Gesicht wie ein Bilderrahmen. Die Augen waren halb geöffnet und sahen ihn fragend an. Ihre Lippen öffneten  sich, als wollten sie ihm etwas sagen, das er  nicht verstehen konnte.

Er vermied immer das Ruder zu bewegen um das Bild nicht zu zerstören. Sie schien seinen Blick festzuhalten und ehe er es sich versah, war er des Öfteren schon viel zu weit hinaus getrieben worden. Um wieder zurück zu kehren, musste er dann doch das Ruder mit voller Kraft einsetzen und das Boot wenden. Das Bildnis war dann jedes Mal  verschwunden.

Er redete sich dann  ein, dass es nur  Einbildung war und versuchte das Geschehen zu verdrängen.

Doch dieses Gesicht drängte sich sogar in seine Träume. Es lockte ihn aufs Meer hinaus und er folgte ihm willenlos und fand sich in manchen Nächten tief unten am  Meeresboden, von sich bewegenden Schlingpflanzen umgeben, kämpfend mit Blätterranken, die ihn festzuhalten schienen. Er konnte sich nur unter allergrößter Anstrengung freimachen. Es gab da Muränen, die aus dunklen Höhlen der Felsen hervor schossen, die kleinen runden Augen gefährlich auf ihn gerichtet und das Maul mit den starken Zähnen zum Biss weit geöffnet.  Und immer war das Gesicht vor ihm, das ihn lautlos lockte und rief.

Er ruderte zurück, vertäute das Boot am Steg und ging langsam, immer wieder nach rückwärts aufs Meer hinaus blickend, zu dem Haus hinauf. Sina kam ihm auf halbem Wege entgegen und zusammen gingen sie ins Haus.

Die Nacht kam fast unvermittelt, die Sonne versank blutrot in den Fluten und die Dunkelheit hüllte ihn nun ein. Die Lampe rückwärts im Raum spendete gedämpftes fast orangefarbenes Licht und die Schatten der Möbel im Raum tanzten im Licht des flackernden  Feuers im Kamin. Er versank in dem tiefen Lehnsessel davor, streckte sein Beine aus und führte das Glas an den Mund. Der  Duft  des alten Kognaks stieg ihm in die Nase und seine Hand versank im Fell von Sina, der neben ihm liegenden, zufrieden knurrenden  Labradorhündin.

Das flackernde Feuer fesselte seinen Blick und die züngelnden Flammen erinnerten ihn wieder an das im Wasser schwebende helle Haar rund um das Mädchenbildnis.
In dieser Nacht ließ ihn der Gedanke daran nicht mehr los und bereits am frühen Morgen stand er auf seiner Terrasse und begann  mit einigen flüchtigen Pinselstrichen dieses Mädchengesicht aus dem Gedächtnis zu skizzieren. Vergessen war der Vorsatz, das andere Bild fertig zustellen, die letzten Pinselstrichen zu machen. Es lehnte vergessen an der Wand.

Zwischendurch schloss er immer wieder seine Augen, um sich das Bildnis in Erinnerung zu rufen und versuchte es dann auf die Leinwand zu bringen. Er arbeitete wie besessen und vergaß darüber Zeit und Raum völlig.

Erst Sina erinnerte ihn daran, dass es Zeit war etwas zu essen. Lustlos bereitete er für sich und Sina einen kleinen Imbiss zu und setzte sich dann gegenüber der Staffel, um die Zeichnung prüfend anzusehen.
Sina schien nicht zu gefallen was sie sah, sie knurrte leise.

Auch er war mit dem halbfertigen Bild, eigentlich mehr eine Skizze,  unzufrieden. Die Zeichnung wirkte flach und unwirklich, es fehlte ihr jenes gewisse Flair, welches das Bildnis im Wasser hatte. Es fehlte ihm an Leben. Die Augen waren seelenlos, der Mund formte keine Laute.

Er musste wieder hinaus, er musste versuchen, das Bildnis wieder zu finden, schwebend an der Oberfläche der Wellen. Musste in ihre Augen tauchen, hören was sie ihm zu sagen hatte.

Die Ruder tauchten regelmäßig und kraftvoll in das klare Wasser und seine Blicke streiften suchend über die Oberfläche. Die Sonne lag über dem Wasser und schickte Sonnenkringel in die Tiefe.
Einige Meter vor ihm sah er dann plötzlich die goldene Mähne des Mädchens auf und abtauchen. Er versuchte ihr näher zu kommen, ruderte schneller und angestrengter. Doch der Abstand verringerte sich in keiner Weise.

Die Hündin Sina, hoch oben auf der Terrasse  hatte sich aufgerichtet und ihr Blick erfasste das Boot, welches sich immer weiter entfernte. Sie lief nervös hin und her und versucht durch Bellen auf sich aufmerksam zu machen.

Er ruderte noch immer hinter seinem Traum her, versuchte die Worte zu verstehen, die sie flüsterte, doch er kam ihr niemals nahe genug.

Ihre goldenen Haare schienen sich im Ruder zu verfangen, ihr Gesicht tauchte weg und kam auf der anderen Seite des Bootes herauf. Ihre Augen blickten ihn groß und fragend an.

Er hatte längst jedes Maß verloren, entfernte sich immer mehr vom Land und das Haus am Felsen wurde immer kleiner, doch er beachtete es kaum. Er wollte ihr Gesicht aus der Nähe sehen, hören was sie sagte.

Und wenn er selbst hinabtauchen würde, mit ihr  gemeinsam ein Stück schwimmen würde?

Er zog die Ruder ein und legte sie neben sich, richtete sich auf um über den Rand zu springen, hinenzutauchen in die aufgewühlten Fluten

Er bemerkte nicht die gefährliche Nähe des Riffs, merkte nicht die tödliche Gefahr.

Sina war längsseits aufgetaucht, sie hatte ihre Abscheu dem Wasser gegenüber überwunden, schwamm um ihr und um sein Leben. Sie bellte laut und fordernd.

Doch er konnte sie nicht mehr hören. Er war hineingetaucht in die Wellen, das Boot rammte krachend den Felsen, eine der Planken traf seinen Kopf, seinen Körper, die Brandung verschluckte ihn und trieb ihn zwischen den  Felsen in das offene Meer. Das  Sonnenlicht legte goldene Lichter über die Schaumkronen, sie tanzten wie eine goldene Mähne hin und her.

Möwen zogen ihre Kreise und ihr lautes Schreien vermischte  sich mit den Geräuschen rundherum.

Sina hatte sich auf einen der Felsen gerettet, schüttelte ihr Fell und warf traurige, verzweifelte Blicke hinaus auf das Meer. Sie war zu spät gekommen.

Sie wurde am nächsten Morgen von Fischern mitgenommen, die vorbeifuhren. Sie sahen die zerschellten Reste des Bootes und nickten wissend.

„Wahrscheinlich hat ihn die Frau aus dem Riff geholt! Sie hat wieder ein Opfer gefunden!“



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