Es kommt immer auf die Perspektive an
Ein Mann verkauft sein Haus
Makler: Sie wollen dieses Haus verkaufen?
Eduard: Ja, na deshalb sind Sie ja hier!
Makler: Und, was haben Sie sich so als Verkaufspreis
vorgestellt?
Eduard: Vierhunderttausend
Makler: Peseten?
Eduard: Was erlauben Sie sich? Euro natürlich! Es
ist aber komplett ein-
gerichtet.
Makler: Wird trotzdem schwierig
Eduard: Weiß ich auch, weswegen denken Sie, habe ich
mich an Sie gewandt?
Makler: Naja
Sie müssten einen Nachlass gewähren. Das Haus befindet sich
sehr weit entfernt von jeglicher
Infrastruktur, einsam am Rande des
Waldes.
Eduard: Wir können über 10% reden
Makler: Ohja!
um zehn Prozent könnte ich einen Käufer finden
Eduard: Sind Sie verrückt, das wäre der Nachlass
Makler Sie sind aber ein harter Partner. Naja
schauen wir einmal an, ob wir
die Vorteile herausstreichen
können. Also der Garten ist einmal total
verwildert, könnte man sagen, Natur belassen
und biologisch
Eduard: Klingt logisch
Makler: Die Fassade bröckelt ab und die Außenwände
schauen feucht aus.
Vielleicht könnten sie das vorher noch
überstreichen lassen?
Denn
wissen Sie, der erste Eindruck ist immer wichtig.
Eduard: Ja, das ließe sich machen. Ich kenne da so
einen Graffiti-Künstler.....
Makler: Das muss aber ein sehr guter sein, der alle
blanken Stellen wirklich
in das Bild integriert. Naja er
sollte vielleicht einen Ozean malen, mit
Viel Plankton und Fischen,
hahaha
Eduard: Sie machen sich über mich lustig??
Makler (leise): Nein mir ist eher zum weinen zumute!
Makler (lauter): Die Eingangstüre ist aber sehr dürftig, kann
jeder mit einer
Gabel aufmachen.
Eduard: Die stammt noch von meinem
Großvater, ist eigentlich fast 100 Jahre alt
Makler: Also notieren wir: Antike
Eingangstüre aus der Gründerzeit.
Nun
gehen wir rein ins Haus und schauen es uns von Innen an.
Eduard: Aber Vorsicht beim Türe
schließen, wenn Sie sie zuschlagen, kann sein, dass sie aus dem Rahmen fällt.
Makler: Da muss man eben immer galant
die Türe halten, wenn der Kunde
eintritt und er darf sie erst
selbst schließen, wenn er das Haus gekauft
hat.
Eduard: Oh, Sie bedenken auch alles,
wunderbar!
Makler: Soooooooo und wo ist die
Küche, die will ich als erstes sehen.
Also die Küche ist wohl auch 100
Jahre alt, wenn ich mir die Kästchen
so anschaue, und der Kochherd
stammt noch von Billy the Kid´ s Mum
Eduard: Wir wollten ja schon einen
neuen Kochherd kaufen, aber für die neuen
Herde ist die Stromleitung zu
schwach. Diesen hier kann man mit Holz
befeuern
Makler: Sensationell! Naja schreiben
wir, nostalgische, rustikale Küche,
gesundes Kochen. Knisternde Wärme in der Küche. Leben mit
alten Holzbalken. Und wo ist nun der
Wohnraum?
Eduard: Hier bitte, aber Achtung beim
Eintreten, die Türstöcke sind niedrig
Makler: Aber sehr niedrig und auch
schief, wenn ich das so betrachte.
Eduard: Dafür gibt es aber einen
gemütlichen Kamin.
Makler: Der aber sehr desolat wirkt
und die Wände sind geschwärzt. Wie viele
Leute sind denn hier schon an
Rauchgasvergiftung gestorben?
Eduard: Naja man konnte nie was
nachweisen, müsste ich am Friedhof nach
schauen.
Makler: Na das verschweigen wir. Aber
ich sehe, es ist überall feucht. Wird,
wie gesagt, sehr schwierig, das Haus zu
verkaufen!
Also schreiben wir: Fließendes Wasser in
allen Räumen.
Dort
oben sind die Schlafräume und der Dachboden?
Eduard: Ja, bitte folgen Sie mir nach
oben, aber geben sie auf das Geländer
acht, es wackelt.
Makler: Wir werden vielleicht noch
anführen, dass das Haus in dem Film
„Psycho“ mitgespielt
hat. Haha
Eduard: Kenne ich nicht
Makler: Oh, hier oben ist es aber ein
wenig windig, woher kommt das?
Eduard: Naja, ein paar Dachziegeln
fehlen, die hat der letzte Sturm abgedeckt.
Kann man aber ersetzen.
Makler: Also schreiben wir: Haus gut
durchlüftet, Weitsicht
So, jetzt vielleicht in den Keller?
Eduard: Ja, wenn es sein muss, nur
ist der voll geräumt mit Gerümpel
Das kann der Käufer dann
entsorgen, deswegen ist das Haus ja auch
billiger
Makler (wieder leise): Das wird ein
Fiasko, ich sehe das schon.
dann lauter: Meinen Sie? Ich hoffe, sie haben keine
Leichen im Keller.
Eduard: Wo denken sie hin! Also wenn ich sie nachdenke, mein Großvater
und
auch der Onkel Fred sind nach einem
Wochenende bei Tante Amalie
niemals wiederaufgetaucht.
Diesen Spaß machen wir seit Jahren. Hahaha
Makler: Sehr makaber. Also wir werden
folgende Anzeige aufgeben:
Romantisches, nostalgisches Haus mit
Echtholz-Türen und Fensterrahmen, jahrzehntelang getrocknet und mit Patina,
interessante Fassade, ruhige Lage mit ungehindertem Weitblick, Naturgarten,
luftige Räume, fließend Wasser, uralte Deckenbalken in heimeliger alter uriger
Küche, knisternde Herdstelle.
Ein Juwel aus der Vergangenheit,
erholsames ruhiges, filmreifes Ambiente
Der Preis wird dem Haus gar nicht
gerecht, ist jedoch verhandelbar. Eventuelle Änderungen der Baulichkeit
möglich, steuerlich absetzbar.
Eduard: Jaaaaa wunderbar, genauso ist
es ja auch. Sie werden das schon
machen.
Makler zu sich selbst: Tja, es kommt immer auf die Perspektive an!