F wie FRÜHLING
von Joana Angelides
Es ist Frühling!
Laut Lexikon ist der
Frühling der Schnittpunkt der Ekliptik mit dem Himmelsäquator und eine Frühlingsrolle
ist eine chinesische Vorspeise.
Ich frage mich, was am
Frühling denn so erstrebenswert sein soll, dass man darüber Lieder schreibt,
Frühlingshüte kauft und den Pelzmantel einmottet, obwohl es am Abend noch immer
sehr kühl sein kann.
Was ist die
Frühjahrsmüdigkeit genau? Ich bin
scheinbar ein richtiger Bär. Meine Trägheit des Winters, geht nahtlos in die
Frühjahrsmüdigkeit über und beginnt bereits in dem Augenblick, wenn der Wecker
am Morgen läutet.
Sogar der Wecker fliegt
irgendwie gebremst durch die Luft, wenn ich ihn an die Wand befördere.
Ein Blick in den Spiegel
im Badezimmer lässt mich zurückschrecken, so dass ich mich umdrehe und den
müden Greis hinter mir suche, der mich gerade angestarrt hat. Auch die Zahnpasta
Tube kann ich nur aufklappen, wenn ich mich mit der anderen Hand aufstütze.
Der Kaffee muss
geschlürft werden, da auch er so träge ist, dass er nicht selbst aus der Schale
kommt.
Die Natur allerdings lässt
sich so einiges einfallen. Die Gräser schießen aus dem Boden und die Bäume
schlagen aus. Naja, ich setze mich ja nie in die Wiese und an einen Baum
angelehnt habe ich mich auch schon sehr lange nicht. Da kann mir also nichts passieren.
Irgendwie allerdings
erinnere ich mich an Birken, im Stamm eingeritzte Anfangsbuchstaben umschlossen
von Herzen. Aber das war in einem anderen Leben, scheinbar vor meiner
Reinkarnation.
Da war ich ein junger
Mann, mit einem Fahrrad und meinem Lieblingsbuch am Gepäckträger. Damals
lächelten mir noch Mädchen an der Straßenkreuzung zu.
In meinem jetzigen Leben
mit dem BMW ohne Gepäckträger, ist wohl auch kein Platz für ein Buch.
Eventuelle Lächeln prallen außerdem an der getönten Scheibe des Wagens wie
Wassertropfen ab.
Also, wozu brauche ich
den Frühling?
Ahja, da soll es ja auch noch
das Frühlingsgefühl geben. Wer hat denn im täglichen Leben sowas und was ist
denn das überhaupt?
Es könnte aber auch sein,
dass Frühlingsgefühle ansteckend sind, so eine Art Epidemie? Mein Gott,
vielleicht habe ich diesen Virus schon? Das würde meine Müdigkeit erklären und
die aufwallende Hitze, die mir manchmal zu Kopf steigt!
Vielleicht sind alle im
Büro schon infiziert, würde diese dünnen Kleider und Blusen erklären.
Doch die Kleine aus der
Buchhaltung ist im Winter nicht aufregender als jetzt, im sogenannten Frühling,
finde ich halt.
Obwohl, na gestern als
sie so gegen das Licht der Eingangstüre stand, wunderte ich mich schon, wieso
ihre Beine so hoch hinaufgehen und nicht ersichtlich ist, wo sie denn aufhören.
Daran trägt wahrscheinlich das dünne Kleidchen Schuld, dass sie anhatte. Sie
wird sich sicherlich noch verkühlen!
Ich habe das nur aus den
Augenwinkeln gesehen, war viel zu müde um mich mit dem Bürosessel zu drehen.
Ich werde vielleicht doch
den Wagen ein paar Blocks vor dem Büro verlassen, und durch den Park gehen!
Frische Luft soll ja gesund sein, der Körper wird gereinigt.
Naja, nun bin ich im
Park, umgeben von frischer Luft, grüner Wiese mit gelben Punkten darin und es
was geschieht? Ich muss niesen, niesen,
niesen.
Ich habe auf meine
Allergie gegen Birken und Blüten vergessen. In den nächsten Tagen werde ich
niesen, meine Augen werden tränen und auf meiner Haut werden sich rote Flecken
ausbreiten.
Also, wozu brauche ich
einen Frühling?
Man sollte einen Antrag
stellen können, um ihn abzuschaffen.
Die Einzigen, die ihn genießen,
sind scheinbar Hunde, Vögel und Eisverkäufer. Die Hunde laufen verbotener Weise
über die Wiesen, hinterlassen (lt. Statistik) tonnenweise Hundekot und
markieren ihre Reviere, die ihnen gar nicht wirklich gehören.
Die Vögel in den
Baumkronen vor meinem Haus wecken mich täglich um 4.ooh morgens auf, was meiner
Müdigkeit nur noch förderlicher ist.
Ja und dann gibt es ja
auch die Hasen, die plötzlich Eier legen; Kinder die Schokolade und Bonbon mit
Cremefüllungen auf den Polstern verteilen und der Postbote, der immer auf der
Treppe pfeift und singt.
Angst erfasst einen, wenn
man in schwindelnder Höhe fleißige Hausfrauen Fenster putzen sieht. Nur nicht
hinschauen, es fällt womöglich noch eine vom dritten Stock herunter. Daran
sieht man, dass der Frühling sogar gefährlich sein kann, wenn der Hausputz so
richtig in Schwung kommt. Viele Unfälle passieren im Haushalt, besonders in der
Woche vor Ostern! Man sollte sie Frühjahrsunfälle nennen.
Daher ist der Frühling
richtig gefährlich und eine Jahreszeit, die man ohne Weiteres verschmerzen
könnte.
Der Frühling ist
widersprüchlich, unbeständig im Wetter, kommt wann er will, verführt junge und
alte Böcke zu Sprüngen, lässt Blumen und Bäume blühen, Bienen herumfliegen und
bringt Hormone durcheinander.
Nicht bei mir, bei den
Anderen, denn ich mag den Frühling nicht!
Wo ist nur mein
Telefonbuch mit den privaten Nummern unter „F“.
„F“ wie Frauen, nicht „F“
wie Frühling!
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