Brücke über den schwarzen Fluss
von Joana Angelides
Wenn man den dichten
Wald hinter sich gebracht hat, tut sich der Blick auf den Fluss auf, der träge dahinfließt
und besonders nachts immer unheimlich wirkt. Auch bei Tage ist er dunkelgrün,
fast schwarz, weil sich an einer Seite hohe Tannen bis an das Ufer drängen und
an der anderen Seite eine Felswand aus dem Wasser aufsteigt, die das Tageslicht
weitgehend abhält. Alle nannten ihn den „schwarzen Fluss“
Rechts, wo die
Felswand ein wenig zurücktrat, stand ein altes unbewohntes Fachwerk-Gebäude aus
dem 16.Jhdt.
Zu diesem Haus führte
eine alte teilweise überdachte Brücke. Teilweise deshalb, weil diese
Überdachung große Löcher aufwies und von niemandem je repariert wurde.
Eltern warnten ihre
Kinder die Brücke zu betreten; sie sei baufällig und außerdem spuke es
angeblich im alten Fachwerkhaus. Tatsächlich sah man in mondlosen Nächten
Lichter im Haus und die Fensterläden waren einmal offen und ein andermal wieder
geschlossen, ohne dass man wußte, ob dort jemand wohnte oder nicht.
Das waren natürlich
die Gründe, warum es unter den Kindern als Mutprobe galt, über die Brücke auf
die andere Seite zu laufen und von drüben herüber zu winken und ebenso schnell
wieder zurückzulaufen. Die Brücke ächzte und stöhnte unter jedem ihrer Schritte
und das entlockte den Kindern immer wieder kleine Schreckensschreie. Doch mit
der Zeit verloren die Menschen das Interesse an der Brücke und dem alten Haus.
Auch die wenigen Kinder, die noch im Ort wohnten hatten ganz andere Interessen.
Doch seit einigen
Tagen hallten laute Hammergeräusche durch den Wald und neue Bretter wurden
angeliefert. Die Brücke wurde augenscheinlich repariert. Schlagartig traten die
Brücke und das alte Haus wieder in den Mittelpunkt des Interesses.
Man hörte, dass sich ein neuer Eigentümer gefunden
hätte. Es soll ein Mann aus Osteuropa sein, der das alte Gemäuer und die Brücke
am anderen Flussufer vom geheimnisvollen, irgendwo in England lebenden Eigentümer,
gekauft hätte.
Niemand kannte diesen
Mann, doch erschien er manchmal abends bevor die Arbeiter nach Hause gingen, mit
einer schwarzen Kutsche und einem Pferd davor gespannt aus dem Nichts und
blickte gebannt auf die Brücke. Ohne etwas zu sagen fuhr er dann wieder davon.
Eines Tages, als die
Reparaturen schon weit fortgeschritten waren, betrat er spätabends das
abgelegene Gasthaus am Ufer des Flusses und verlangte ein stilles, abgelegenes
Zimmer.
Sein Gepäck bestand
aus zwei großen schwarzen Taschen und einer länglichen Truhe, die mit einer
schwarzen Plane abgedeckt war.
Wie von Geisterhand
gelenkt, verschwand seine Kutsche mit dem schwarzen Pferd danach wieder in der Dunkelheit und wurde nicht mehr
gesehen.
Er bat, ihn tagsüber
auf keinen Fall zu stören. Trotz intensivem Lauschen an der Türe konnte das
verängstigte Hausmädchen tagsüber auch kein Geräusch aus seinem Zimmer hören.
Er war ein sehr
ruhiger Gast, der tagsüber das Zimmer nicht verließ und nur abends mit dem
Pferdegespann des Wirtes zur Brücke fuhr, um den Fortgang der Arbeiten des
vergangenen Tages zu überprüfen.
Anschließend
verschwand er wieder im ersten Stock des Gasthofes. Man konnte die ganze Nacht
schwaches Licht durch die dichten, vorgezogenen Vorhänge sehen.
Natürlich erweckte er
die Neugier der Menschen. Gleichzeitig jedoch wahrten sie Distanz zu ihm. Seine
hohe dunkle, elegant wirkende Gestalt mit dem schwarzen Hut und dem weiten
Mantel flößte ihnen so etwas wie ängstlichen Respekt ein.
Nach ungefähr zwei
Monaten waren die Arbeiten abgeschlossen und er bezog das alte Haus am anderen
Ufer des Flusses.
An diesem Abend erschien wieder diese schwarze
geschlossene Kutsche mit einem Kutscher am Kutschbock, der das schwarze
unruhige Pferd im Zaume hielt.
Der schweigsame Gast
trug seine beiden Koffer und die große schwarze Truhe selbst aus dem Haus und
lud alles hinten auf, setzte sich in die Kutsche und sie fuhren durch den Wald
und über die Brücke zum Haus. Die Pferdehufe hallten laut und unheimlich weit
ins Land hinein.
In dieser Nacht gab
es ein schreckliches Unwetter, es donnerte und blitzte gewaltig und der Regen
ergoß sich in Strömen über den kleinen Ort.
Niemand getraute sich aus dem Haus. Alle Fensterläden waren geschlossen.
Die Dorfstraße wurde zu einem reißenden Bach.
Und doch glaubten die
Dorfbewohner einige Pferdekutschen draußen vorbei fahren zu hören, sie
schattenhaft auch zu sehen. In das
Donnergrollen mischten sich die Geräusche von Pferdehufen auf der Holzbrücke.
Es klang wie eine wilde Jagd, die Pferde wieherten und dazwischen war auch Hundegebell
zu hören.
Am nächsten Morgen,
es war ein Sonntag, stellten man fest, dass das Unwetter besonders am Friedhof
einigen Schaden angerichtet hat. Neben der Friedhofsmauer waren einige frische
Grabhügel weggeschwemmt, die Särge anscheinend von den Fluten davongetragen.
Sie wurden weiter unten wiedergefunden. Doch die Leichname waren verschwunden
und konnten trotz intensiven Suchens nicht wiedergefunden werden.
Nach der Sonntagsmesse
sah man die Leute tuschelnd am Kirchplatz zusammenstehen und als der Pfarrer zu
nahe herankam, verstummten sie oder wechselten das Thema. Die Stimmung war
allgemein gedrückt.
In der
darauffolgenden Nacht waren wieder Pferdehufe von der Brücke zu hören und
einige beherzte Männer aus dem Dorf machten sich auf den Weg durch den Wald.
Sie wollten sich Klarheit darüber beschaffen, was dort geschah.
Aus der Ferne hörte
man die Geräusche des Waldes, ein Käuzchen ließ seinen Ruf erschallen und
irgendwo heulte ein Wolf. Um die Höhlen des aufsteigenden Felsens flogen
Fledermäuse unruhig hin und her und es kam wieder Wind auf.
Der am Himmel
stehende blasse Mond legte sein bleiches Licht auf dieses Schauspiel und so
manchem liefen kalte Schauer über den Rücken. Manche stahlen sich unbemerkt
davon und liefen zurück ins Dorf.
Diejenigen, welche
geblieben waren, blickten zögernd auf die andere Seite hinüber. Das Haus war
beleuchtet, es standen auch drei Pferdekutschen davor, sie Pferde unruhig und
schnaubend. Sie zögernden kurz und sahen sich fragend an.
Da sie nun aber
einmal da waren, entschlossen sie sich doch, zu dem Haus hinüber zu gehen. Sie
gingen über die Brücke, an den Pferdefuhrwerken vorbei und standen vor der
Eingangstüre, die nur angelehnt war.
Es schien als wären
sie erwartet worden, denn das große schwere Tor wurde plötzlich weit geöffnet und
sie konnten ungehindert eintreten. Niemand begrüßte sie, es war als ob niemand
besonders erstaunt war, dass sie so plötzlich da waren.
Der Tisch in der
Mitte des Raumes war mit einem
dunkelroten Tischtuch bedeckt, es standen Gläser mit Rotwein auf dem Tisch und
die Gesellschaft unterhielt sich angeregt. Es handelte sich um drei Männer und
zwei Frauen. Die Männer waren mit dunklen Anzügen und blütenweißen Hemden
bekleidet, die beiden Damen trugen unter ihren schwarzen Umhängen weiße lange
Kleider mit üppigen Rüschen an den Oberteilen.
Die Beleuchtung
bestand aus sehr vielen brennenden Kerzen, die in Leuchtern am Tisch standen,
jedoch auch am Boden, in den Fensternischen, waren brennende Kerzen willkürlich
angeordnet. Das flackernde Licht warf bewegliche Schatten an die Wände.
Die staunenden
Dorfbewohner wurden nun doch herbeigewunken und mußten auf den leer stehenden
Sesseln Platz nehmen. Es wurde ihnen Rotwein eingeschenkt und sie wurden genau
betrachtet, einige sogar berührt. Man berührte ihre Haare, strich über ihre
Nacken und Arme und mit stechenden Blicken zwangen sie sie, regungslos sitzen
zu bleiben.
Es wurde jedoch
anfangs nichts gesprochen, es war als würden sich alle zeitverzögert bewegen
Der Abend entwickelte
sich jedoch in der Folge sehr angenehm unter kultivierter Unterhaltung, dauernd
wechselten die Sitzpartner und langsam verschwamm Wirklichkeit und Halbtraum.
Sie wurden von den leicht schwebenden Körpern der weiblichen Teilnehmer
abwechselnd gestreift, diese flüsterten und raunten ihnen Dinge ins Ohr, die
sie teilweise nicht verstanden oder glaubten nicht richtig zu verstanden zu
haben. Ihre Fantasien, oder war es Wirklichkeit, spielten ihnen süße
schmerzhafte Vereinigungen mit fast körperlosen Wesen vor, sie spürten heißen
Atem und dann wieder kühlen Todeshauch auf ihrer Haut. Sie fühlten sich in
einem Moment körperlos und energielos, im anderen Moment voll Energie und
Bewegung. Die Luft war geladen mit Düften und Aromen. Sie glaubten leise,
tragende Musik zu hören, dann wieder hereinbrechende Melodien, wie die Urgewalten
des Universums. Ihr Gehör war geschärft und imstande die leisesten Schwingungen
und Wellen im Raum wahrzunehmen.
Der Raum war erfüllt
von Farben und silbernen Schleiern und sie glaubten sich manchmal emporgehoben
und gewichtslos, aller Kraft und Energie beraubt.
Für diese einfachen
Menschen aus dem Dorf, Bauern und Handwerker war es eine fremde faszinierende,
bisher nicht gekannte Welt. Manche vergaßen woher sie kamen, dass sie Familie
hatten, oder Handwerksbetriebe. Sie wollten nur noch, dass es nie wieder
aufhörte und stürzten in tiefe, dunkle, dann wieder hell leuchtende Tiefen und
Strudel.
Als sie am Morgen
erwachten, lagerten sie wieder, ein wenig benommen, am anderen Ende der
Brücke. Sie richteten sich auf und
versuchten, sich zu orientieren, sich zu Recht zu finden in der Realität, die
vergangene Nacht erschien ihnen wie ein Traum.
Das Haus gegenüber
sah aus wie immer, dunkel und geheimnisvoll. Die Fuhrwerke vor dem Hause waren
verschwunden, alle Fensterläden geschlossen.
War es nun Traum oder
Wirklichkeit?
Sie gingen in das
Dorf zurück doch sie erzählten niemand von den Ereignissen der vergangenen
Nacht, als hätten sie das vereinbart.
Und außerdem wußten
sie ja selbst nicht, was sie eigentlich erzählen sollten.
In den
darauffolgenden Nächten, und ohne es vorher zu vereinbaren, traf sich die
kleine Gruppe der Männer aus dem Dorf immer wieder bei der Brücke. Sie überquerten sie stumm und tauchten wieder
ein in diese Welt der Geheimnisse, die nun gar nicht mehr so geheimnisvoll
schien.
Sie erlebten die
körperlose Existenz in ihrem Halbbewußtsein und wurden immer mehr gefangen von
dem sie erfassenden Gefühl von Unsterblichkeit. In ihrem halbwachen Zustand
sahen sie sogar die vertrauten Gesichter und Gestalten der erst kürzlich
Verstorbenen rund um sie tanzen und wunderten sich seltsamer Weise gar nicht
darüber.
Sie ließen sich
umarmen, festhalten, starrten in teilnahmslose Gesichter mit glühenden Augen
und ließen es zu, dass ihnen diese langsam aber stetig das Blut aus den Adern
saugten. Es waren fordernde kraftvolle Küsse, die sich langsam von ihren Lippen
zum Hals zogen und dann genau dort, wo das ängstliche Pumpen des Herzens zu
spüren war, ihre Zähne wie Nadelspitzen in sie eindrangen. Sie spürten, dass
sie immer schwächer, ja leerer wurden.
Wenn sich die Nächte
dem Morgen näherten, begannen sich die dunklen Gestalten teilweise aufzulösen,
sie verschwanden in Nebenräumen oder gingen zu den offenen Fensterflügeln und
waren plötzlich von der Nacht verschluckt.
Die Menschengruppe,
die sich jeden aufkommenden Morgen über die Brücke in Richtung des Dorfes es in
Bewegung setzte, wurde von Nacht zu Nacht immer länger und langsamer, Manche
stützten sich gegenseitig, manche hielten sich am Gelände fest und schoben ihre
kraftlosen Körper voran.
Allmählich wurden
alle Bewohner des Dorfes in den Bann des alten Schlosses gezogen, es wurden nur
die wichtigsten Dinge erledigt und alles Leben verlegte sich in die Abend und
Nachtstunden.
Reisende blieben fast
keine mehr stehen, alle Menschen fuhren durch den Ort ohne anzuhalten. Er
erschien den meisten unheimlich und auch unbewohnt. Wenn doch einmal jemand anhielt, dann wurde
auch er in den Bann der nächtlichen Ereignisse gezogen. Manche konnten sich
rechtzeitig aus diesem Teufelskreis retten, indem sie sich einfach in ihr Auto
setzten und rasch wegfuhren. Einigen gelang das nicht und sie blieben für
immer.
Der Pfarrer der
kleinen Gemeinde verschwand eines Tages ebenfalls und keiner konnte sagen, ob
er ging oder ob er nur von niemand mehr wahrgenommen wurde. Mit ihm verschwanden
auch das Kreuz am Kirchturm und das Inventar im Kirchenschiff.
Eine einzige Familie
widersetzte sich dem allgemeinen Trend. Es war ein Bergbauer, der nur einmal im
Monat ins Dorf kam, um Vorräte zu kaufen. Er bemerkte die Veränderung natürlich
und sie machte ihm Angst.
Durch die vollkommene
Lethargie der Dorfbewohner waren die Geschäfte fast alle geschlossen, der
Bäcker backte nur mehr einmal die Woche Brot, im Gasthaus schliefen die
Menschen vor Müdigkeit an den Tischen ein. Der Müll türmte sich auf der
Hauptstraße und die Tiere in den Ställen brüllten vor Hunger und Durst.
Er lief von Haus zu
Haus und konnte nur völlige Teilnahmslosigkeit der Menschen feststellen. Bis
zum Abend lag das Dorf vollkommen menschenleer da, nur abends kamen sie aus
ihren Häusern und gingen wie Marionetten Richtung Brücke davon. Einige Freunde
gingen an ihm vorbei, als würden sie ihn nicht kennen. Erst als er einen dieser
Freunde an der Schulter rüttelte und ihn dieser aus leeren Augen anstarrte, ohne
in zu kennen, erfaßte ihn das Entsetzen.
Er wußte nicht, was hier
vor sich ging, er wußte nur, dass er seine Familie in Sicherheit bringen und
die Veränderung der Menschen hier irgendwo melden mußte.
Am nächsten Tag fuhr
er mit seiner Frau und den beiden Kindern mit seinem Pferdewagen und seinen
wenigen Habseligkeiten die Hauptstraße entlang um aus dem Dorf hinaus zu
kommen. Es war schon später Nachmittag, denn es war nicht so einfach, ein
ganzes Leben auf einen Pferdewagen zu packen.
Er trieb die beiden
Pferde an. Wie es kam, wußte er nicht. Doch plötzlich brach das linke hintere
Rad ab, der Wagen schwankte bedrohlich und drohte zu kippen. Sie stiegen vom
Wagen und begannen die schweren Kisten und Pakete abzuladen, um nachsehen zu
können, wie der Schaden behoben werden konnte. Einige Nachbarn und Freunde
gingen an ihnen vorbei und schenkten ihnen keine Aufmerksamkeit, als würden sie
sie gar nicht wahrnehmen. Er schrie er winkte, er wandte sich Hilfe suchend an
sie, doch sie gingen mit leerem Blich, alle in Richtung des Schwarzen Flusses
und der Brücke, weiter. Es war eine lange Kolonne, Männer Frauen und Kinder,
eingehüllt in dunkle Mäntel.
Inzwischen war es
dunkel geworden, die Gestalten nur mehr von rückwärts zu sehen. Sie
entschwanden in der sich senkenden Dunkelheit und verschmolzen mit den Bäumen
und der Brücke.
Die rückwärtige Achse
war gebrochen. Es war aussichtslos zu hoffen, heute noch weiter fahren zu
können.
Sie beschlossen, im
Pfarrhaus Zuflucht zu suchen und gingen ein Stück weiter die Straße hinauf zur
Kirche. Die Frau und die Kinder warteten vor der Kirche, er wollte gerade die
Stufen zum Pfarrhaus hinaufgehen, als einige schwarze, große Vögel krächzend
der Dorfstraße folgend auf sie zuflogen.
Sie versuchten die
Vögel abzuwehren, doch sie kamen immer wieder näher, versuchten an ihren
Kleidern, an ihren Kappen zu zerren. Der Stoff am Arm seiner Weste war bereits
zerrissen, sein Unterarm hatte Kratz- und Bißspuren, sein rechtes Auge begann
anzuschwellen. Die Frau hatte ihre beiden Kinder in den Arm genommen und
versuchte sie zu schützen und wurde ebenfalls verletzt. Das laute Krächzen der
Vögel und das Schreien der verängstigten Menschen hallten durch die Nacht.
Da waren plötzlich
die Geräusche eines Pferdefuhrwerkes und das Wiehern von Pferden zu hören und
da ließen die Vögel plötzlich von ihnen ab.
Das Fuhrwerk hielt
neben ihnen und der geheimnisvolle Fremde beugte sich herab.
„Steigen sie ein, ich
bringe sie in Sicherheit!“ Der Mann
konnte sein Gesicht nicht genau sehen, die schwarze Kapuze verdeckte es fast
bis zu den Lippen. Er konnte nur vage die Augen ausnehmen, glühende stechende
Augen. Die Angst würgte jeden Ton in seinem Hals ab, er wehrte sich und
stolperte. Die Frau eilte mit den beiden Kindern herbei und wollte ihrem Mann helfen,
doch diese unheimliche Gestalt war vom Wagen herabgestiegen und packte den
Gefallenen mit beiden Armen und hob ihn in den Wagen, dann schwang er sich auf
den Kutschbock und fuhr einfach davon. Er wußte, dass die Frau mit den Kindern
dem Wagen folgen würde.
Die Frau lief, die
beiden Kinder hinter sich herziehend, hinter dem Wagen her, überquerte mit ihm
die Brücke und kam erst zur Ruhe, als er vor dem erhellten Schloß zum Stehen
kam.
Sofort wurden sie
umringt von stummen, dunklen Gestalten in langen schwarzen Mänteln, gierigen
Blicken und halb geöffneten Mündern.
Sie schrie den Namen
ihres Mannes, so laut sie konnte. Doch es war als würde ihr Schrei lautlos
sein. Erst als sie spürte, dass zwei starke Arme nach ihr griffen, sie in einem
wilden Tanz über die Treppe hinauf in das Schloß trugen und sich der Mund mit
den scharfen Zähnen auf ihren Hals senkte, verlor sie das Bewußtsein.
Das Schreien der
Kinder konnte sie nicht mehr hören.
Der wilde Tanz im
Schloß dauerte die ganze Nacht, die Kerzen brannten hinunter und erst als sich
der Himmel hell zu färben begann, löste sich die Gesellschaft auf.
Die schwarze,
kraftlose Menschenschlange bewegte sich langsam wieder über die Brücke zurück
und die Bewohner des Hauses zogen sich zurück. Unter ihnen auch der Bergbauer
mit seiner Familie.
Langsam sprach es
sich in der Umgebung herum, dass der Ort ein Geheimnis hatte und man mied ihn,
ja man vergaß sogar, wo genau dieser Ort eigentlich lag.
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