Ein Wintertraum
von Joana Angelides
Nun war er endlich da,
der lang ersehnte und schwer erkämpfte Winterurlaub.
Ich war total erledigt. Die letzten Tage waren nervenaufreibend und der Stress
war allgegenwärtig.
Meine Beziehung mit Frank war in eine Phase getreten, die nach Auflösung, nach
einem Auslaufen der Gefühle hinauslief.
Doch nun wollte ich einmal Urlaub machen, eine schöne Woche verbringe,
abschalten und an nichts denken, als an Schnee, Berge und Skilaufen.
Ich saß mitten in meinem Wohnzimmer auf meinem Koffer und bemühte mich
verzweifelt ihn zu schließen. Sicher habe ich wieder viel zu viel eingepackt,
wie das eben bei Frauen meist so ist und werde die Hälfte er
Kleidungsstücke wieder unbenutzt zurückbringen. Doch ich konnte mich nicht
entschließen, irgendetwas davon hier zu lassen.
Also, der Koffer musste
doch irgendwie zu schließen sein!
Na also, endlich war das Schloss eingeschnappt und ich konnte aufstehen.
Da stand er nun, prall gefüllt, bereit jeden Moment zu platzen. Ich blickte ihn
drohend an. Mach das nur ja nicht! Nach einigen Sekunden, in denen nichts
geschah, atmete ich tief auf. Es war also tatsächlich geschafft.
Erst als am frühen Morgen das Taxi vor der Türe stand und der Koffer, meine
Skier und meine Reisetasche verstaut waren und es anfuhr, begann das
Urlaubsgefühl in mir tatsächlich Platz zu ergreifen.
Die Stadt lag noch im Schlaf, die Straßen waren schneebedeckt und nur wenige
Spuren unterbrachen das strahlende Weiß.
Am Bahnhof war schon emsiges Treiben. Alle wollten ihre Züge erreichen, hatten
Probleme mit dem Gepäck, oder suchten jemand.
Ich hatte endlich alles verstaut und konnte mich in meinen Sitz im Waggon
fallen lassen. Ich schloss für einen Moment die Augen und rekapitulierte
die letzten Stunden. Hatte ich auch nichts vergessen?
Ich musste unwillkürlich lächeln. Das erinnerte mich an meine Mutter, die das
auch immer fragte. Doch das war schon sehr lange her. Damals konnte man am
Urlaubsort nicht alles kaufen. Das war heute ja anders. Sollte ich was
vergessen haben, dann konnte ich es ja in St. Anton besorgen.
Es ist nicht das erste Mal, dass ich nach St.Anton fahre. Ich liebe diesen
Wintersportort, mit seinem internationalem Flair, seiner Rodelpiste und
den Ski-Pisten, von leicht bis schwer für die Könner, zu denen ich ja nicht
zähle.
Der tiefblaue Himmel und der Schnee, der sich oft meterhoch türmt, die
Schlittenfahrten mit einer Pferdekutsche und all die freundlichen Menschen, sie
machen aus mir einen anderen Menschen, da fühle ich mich frei und
glücklich.
Eigentlich interessiert mich ja mehr das Apres-Ski Vergnügen. So am Abend in
den verschiedenen Bars, urigen Hütten und den Hotelstuben voller Lachen und
Übermut, da fand für mich eigentlich der richtige Winterurlaub statt.
Seit einigen Jahren fahre ich immer alleine, genauer gesagt, seit es Frank
vorzieht mit seinen Freunden in die Karibik zu Tauchertreffs zu fliegen. Wir
haben uns auch dieses Jahr wieder geeinigt, dass ich nach St.Anton
fahre und er in die Karibik.
Unsere Beziehung hatte sich in letzter Zeit außerdem irgendwie verändert. Die
Gefühle für einander sind abgekühlt, wir unternehmen immer öfter etwas alleine,
jeder für sich. Es kommt oft dazu, dass wir uns mehrere Tage nicht sehen. Ich
kann aber definitiv nicht sagen, woran das liegt.
Nun wird plötzlich die Abteiltüre aufgerissen und es stürmen vier junge
Mädchen herein, offensichtlich auf der Suche nach Sitzplätzen.
Sie verstauen ihr Gepäck, das jeweils nur aus einer Reisetasche besteht und
suchen sich jede einen Sitzplatz.
Die Fahrt verging in angenehmer Atmosphäre, wenn man von der lauten
Musikberieselung absieht.
Der Zug fährt durch eine wunderschöne winterliche Landschaft, alle Geräusche,
die von draußen hereinkommen sind gedämpft und vermitteln Ruhe und
Nachdenklichkeit.
Die Städte und Dörfer die vorbei gleiten sehen durch die alles bedeckende
Schneedecke, märchenhaft aus.
In St.Anton angekommen, beginnt der Stress wieder bis das Gepäck am
Schlitten des Hotels ist, die Skier vom Gepäckwaggon ausgelöst und vom
Hotelpagen ebenfalls übernommen wurden.
Meinen Schlitten sind zwei hellbraune Haflinger-Pferde vorgespannt, die völlig
ruhig dastehen und an den Wirbel rund um sie gewöhnt sind.
„Ach, Gnädige Frau, wieder da?“ Eduard, der Hotelpage lächelt mich an und ich
sehe in seinen Augen ein kleines amüsiertes Lächeln. Er erinnerte sich
sicher an den Spaß, den einige von den Gästen, mich eingeschlossen, voriges
Jahr im Hotel hatten und wo er dann letztlich auch ein wenig teilnahm. Um meine
Stellung ihm gegenüber zu betonen und mich zu distanzieren, erwiderte ich
dieses Lächeln nur leicht.
Wir fuhren durch den Ort, an den wunderschön gepflegten Häusern und Hotels
vorbei. Ich wohne wie immer in einem der renommierten Hotels, mitten im Herzen
des Ortes. Die Besitzer sind sehr bemüht, es ihren Gästen so angenehm wie
nur möglich zu machen und ich fühle mich hier immer sehr wohl. Besonders liebe
ich die Hotelbar am Abend, wenn man es sich in kuscheligen Nischen und Ecken so
richtig gemütlich machen kann.
Der restliche Nachmittag diente mir zum Ausruhen und Organisieren meiner Sachen
in allen Kästen und Schubladen.
Das Hotel hat im Erdgeschoß ein schönes Hallenbad, mit Säulen, Palmen und
Ruhebetten. Genau das brauchte ich nach der Hektik des Tages.
Ich zog mein Badekostüm an und nahm den Bademantel, der immer im Bad des Hotels
vorhanden war und begab mich in das Erdgeschoß zum Hallenbad.
Es waren nur wenige Gäste da. Sie ruhten auf den bereitstehenden Betten, im
Becken selbst war niemand. Leise Musik kam aus den diskret versteckten
Lautsprechern, die Luft war gesättigt von Wohlgerüchen.
Ich zog meinen Bademantel aus und legte ihn auf eines der Ruhebetten zusammen
mit den anderen Dingen, die ich mitgenommen hatte, ging zum Becken und ließ
mich vom Einstieg aus langsam in das Wasser gleiten. Es war ein
wunderbares Gefühl. Ich lag auf dem Rücken, machte gleichmäßige runde
Bewegungen und schwamm mehrmals von einem Ende des Beckens zum anderen.
Dann hielt ich inne und stützte meine Arme auf die Metallführung rund um das
Becken.
„Nein bitte, machen sie weiter. Es ist ein so schöner Anblick, ihre schlanke,
ausgewogene Gestalt durch das Wasser gleiten zu sehen. Ihr gleichmäßiges Atmen
im Einklang mit ihrem Brustkorb und den wunderbaren Brüsten zu beobachten.“
Ich erschrak und drehte mich suchend um. Doch da war niemand, dann hob ich den
Kopf und blickte unmittelbar direkt in zwei dunkle, große Augen, die vom Rand
des Beckens auf mich herunterschauten.
Was bildet der sich ein, so einfach von meinen Brüsten zu sprechen, war mein
erster Gedanke.
Ich hatte noch immer beide Arme auf der Metallführung verschränkt,
bewegte leicht meine Beine im Wasser und öffnete den Mund, doch kam kein Ton
heraus.
„Ich werde zu Ihnen ins Wasser kommen!“ Er erhob sich aus der Hocke Stellung in
der er sich am Beckenrand befand, dadurch schien er mir so von unten gesehen
noch größer, als er vielleicht in Wirklichkeit war. Er ging betont langsam zum
Einstieg des Beckens und ließ sich ebenfalls ins Wasser gleiten.
Wie ein folgsames Kind blieb ich in meiner Position und ließ ihn auf mich
zukommen, ich hätte ja eigentlich weg schwimmen können, tat es jedoch nicht.
„Gestatten, dass ich mich vorstelle, mein Name ist Alexander Bernhard, von
meinen Freunden Alex genannt.“
Es sah irgendwie komisch aus, als er versuchte im Wasser eine kleine Verbeugung
zu machen und wir mussten beide lachen und der Bann war gebrochen.
„Ich heiße Manuela Straub. Von meinen Freunden Manu genannt.“
Ich streckte ihm nun meine Hand entgegen, er nahm sie galant in die seine und
deutete einen Handkuss an.
Scheinbar ein Kavalier der alten Schule.
„Ich weiß nicht ob es wirklich zum guten Benehmen gehört, wenn wir beide, fast
zur Gänze unter Wasser und nur mit Badekostümen bekleidet, solche Höflichkeiten
austauschen, aber ich bin sehr erfreut!“ Seine Stimme war angenehm und tief und
sein Lächeln einnehmend und sympathisch.
„Schwimmen wir noch eine Runde?“ Ich sah ihn fragend an. Ja, genau deswegen bin
ich ja zu Ihnen herabgestiegen, wie zu einer Meerjungfrau. Dann müssen wir uns
sowieso fürs Abendessen fertig machen.“
Wir lagen nun beide am Rücken und schwammen einige Male nebeneinander die ganze
Länge des Bassins ab, hin und wieder zurück.
Er war der erste von uns beiden, der hinaufstieg und reichte mir dann galant
seine Hand und zog mich schwungvoll hinauf.
Der Schwung war so stark, dass wir am Beckenrand zusammenstießen und
einige Sekunden lang presste er mich an sich und hielt mich am Rücken
fest. Er verstärkte den Druck und ich spürte wie sich meine Brust an
seinen Brustkorb presste und mir das scheinbar angenehm war.
Seine Augen waren ganz dicht vor mir und sein Blick wollte mich nicht
loslassen.
Mir wurde die Situation erst bewusst, als ich laut die Glocken läuten hörte.
Er ließ mich wieder los unsere Blicke lösten sich und das Läuten der
Glocken war wieder verstummt. Ich blieb stehen und überlegte, was das Läuten
von Glocken in diesem Hotel bedeuten könnte.
Da drückte er mein Kinn mit dem Zeigefinger nach oben und zwang mich, ihn
wieder in die Augen zu schauen. Und da waren die Glocken wieder. Sie dröhnten
laut und deutlich durch das Hallenbad, aber keiner außer mir schien sie zu
hören.
„Kleine Manu, meine Meerjungfrau, Du bist ja eine ganz bezaubernde Person!
“, flüsterte er.
Ich stand da, mein Herz schlug bis zum Hals und ich konnte mich nicht bewegen.
Waren das Glücksgefühle, die mich da durchströmten?
Eigentlich war er ein völlig fremder, zugegebener Maßen ein bezaubernder, Mann.
Dann ließ er mich wieder langsam, zögernd los und wir gingen zu den
Liegebetten. Er hob meine Sachen auf, legte mir den Bademantel um und geleitete
mich zum Lift. Dort verabschiedete er sich wieder mit einem Handkuss und ich
nahm, ohne ein weiteres Wort zu sagen den Lift nach oben.
In meinem Zimmer angekommen, befreite ich mich vorerst einmal von meinen nassen
Sachen, duschte und ließ mich dann quer über das Bett fallen.
Was für Augen! Dunkel und groß, tief wie eine Schlucht, vor der man sich
eigentlich fürchten sollte. Es war das gleiche Gefühl in mir, wie damals als
ich auf einem wackeligen Steg stand der über eine Schlucht führte und
dieser zu schwanken begann.
Ob ich ihn wiedersehen werde? Er hat mich schließlich fast wortlos mit dem Lift
nach oben fahren lassen.
Nun stehe ich vor dem Kleiderschrank und nehme schon das dritte Kleidungsstück
heraus.
Ja, das werde ich zum Dinner heute abends anziehen. Es ist ein
cremefarbener Hosenanzug mit ovalem Ausschnitt, der meinen Hals frei
lässt und an den Schultern rechts und links fixiert werden kann.
Der breite, legere Gürtel lag auf meinen Hüften und betont jede Bewegung beim
Gehen.
Meine langen Haare steckte ich auf und ließ sie rückwärts als dunkelbraune
Kaskade auf meinen Rücken fallen.
Ich fuhr dann mit dem Lift hinab in den Speisesaal. Ich ging langsam, mit
erhobenem Kopf und einem Lächeln im Gesicht. Es war teilweise die Vorfreude auf
meinen ersten freien Abend in angenehmer Umgebung und dann war es auch die
Neugierde, wie sich der Abend entwickeln wird.
Franz, der langjährige Kellner des Hotels, kam auf mich zu und begrüßte mich
freundlich, aber zurückhaltend, wie es sich für einen gut geschulten Kellner
gehörte.
„Wollen Sie wieder wie im vergangenen Jahr an Ihrem Tisch, dort am
Fenster Platz nehmen?“
Er deutete mit der Hand eine kleine Bewegung an und ich nickte. Ich liebte
diesen Tisch. Man sah hinaus auf den verschneiten Hauptplatz, sah die
Kandelaber der Straßenbeleuchtung in deren Schein die Schneeflocken tanzten und
wie sie auf dem Straßenpflaster einen runden Lichterkranz bildeten.
Franz rückte mir den Sessel zurecht und legte mir die Speisenkarte auf den
Tisch, dann zog er sich zurück.
Ich vertiefte mich in die Speisekarte und merkte nicht, dass jemand hinter mich
trat.
„Nehmen Sie den Kalbsbraten, der war Mittag besonders gut.“
Ich ließ die Karte sinken und schaute auf. Da stand er vor mir, in einem sehr
eleganten sportlichen Anzug, mit einem weißen Rollkragenpullover und lächelte
mich an. Darf ich mich zu Ihnen setzen?“
Ich machte eine einladende Bewegung, mein Herz schlug mir wieder bis zum Hals
und ich war sicher, dass ich rot wurde.
Er setzte sich rasch nieder und winkte dem Kellner herbei.
„Franz, wir nehmen beide den Kalbsbraten mit Allem was dazu gehört und eine
Flasche weißen Chablis, gut gekühlt.“
Wie selbstverständlich hatte er die Bestellung übernommen und rückte alles auf
dem Tisch so zurecht, damit er mit seinen Händen quer über den Tisch reichte
und meine dort liegenden nervös hin und her gleitenden Hände in die
Seinen nehmen konnte.
„Kleine Meerjungfrau, Du bist das bezauberndste Wesen im ganzen Raum!“
Er küsste ganz sanft meine Fingerspitzen und als er mir dabei tief in die Augen
schaute war es wieder da, das Läuten der Glocken. Ich konnte kein anderes
Geräusch wahrnehmen, es war allgegenwärtig.
Während des Abendessens hatten wir eine angeregte Unterhaltung, wir
lachten und scherzten sehr viel. Dann gab es wieder Momente wo wir ganz still
wurden und uns nur ansahen. Ich bemühte mich, trotz einsetzenden Läutens
der Glocken, ihn auch zu verstehen.
Nach dem Abendessen standen wir dann in der Hotelhalle und beschlossen, ein
wenig spazieren zu gehen.
Ich holte meinen dicken Umhang aus dem Zimmer und wir traten hinaus in die
winterliche Nacht von St. Anton.
Es schneite noch immer. Der liegen gebliebene Schnee dämpfte jeden Schritt und
wir gingen schweigend von einer Straßenleuchte zur anderen.
Plötzlich blieb er stehen, hob wieder mit seinen Zeigefinger mein Gesicht
zum Licht empor und küsste mich. Es geschah so plötzlich, so
selbstverständlich, ich wehrte mich keinen Moment.
Seine Hand glitt unter meinen Umhang, an meinem Rücken rauf und runter,
verweilte für eine Weile an meiner Hüfte, dann glitt seine Hand
nach vorne, die andere Hand verweilte auf meiner, vibrierenden Taille. Er zog
mich an sich und küsste mich. Mit diesem Kuss vergaß ich die Welt um mich
herum. Wir merkten gar nicht, dass sich einige der Vorübergehenden umdrehten
und lächelten.
Wir standen noch immer still da, eng umschlungen und weltvergessen, bis eine
übermutige Gruppe von jungen Leuten lachend um uns herum tanzten, in der
Hand große Sternen Sprüher.
Wir winkten ihnen zu und gingen, ohne uns loszulassen, weiter.
Nachdem wir noch eine Weile durch den Ort schlenderten, kehrten wir ins
Hotel zurück.
Wir nahmen jeder unseren Schlüssel in Empfang und ließen uns vom Lift
hinauftragen.
Wir sprachen nicht sehr viel und schauten uns nur an. Es war eine unglaublich
prickelnde Situation.
Der Lift hielt. Er sah mich an und lächelte, dann nahm er wieder meine Hände
und küsste meine Fingerspitzen.
„Sehen wir uns morgen Früh beim Frühstück?“
Ich nickte. Ich war ihm unglaublich dankbar, dass er mir Zeit ließ, die
Stimmung nicht weiter ausnützte.
Als sich die Lift Türe schloss, lehnte ich mich an die Rückwand und spürte
wieder das Zittern meiner Knie.
Ich machte in meinem Zimmer nur das kleine Licht beim Bett an. Ich wollte nun
kein helles Licht, ich war benommen und verwirrt und über meine Gefühle nicht
klar. Ich hatte den ganzen Abend nicht an Frank gedacht und in diesem
Augenblick war er auch nur ein dunkler Schatten irgendwo, so weit weg, wie er
nur sein konnte.
Und nicht nur, weil er in der Karibik war.
Als ich dann auf dem Rücken auf meinem Bett lag und versuchte meine
Gedanken zu ordnen, läutete das Telefon.
„Ja?“
„Ich bin´s, Alex. Schläfst Du schon?“
„Nein“
„Sag, kleine Meerjungfrau, zitterst Du immer so stark, wenn man Dich küsst?“
„Ich werde nicht oft so geküsst, wie heute Abend!“ Ich wurde rot. Nur gut dass
er es nicht sehen konnte.
„Deine Antwort macht mich zu einem glücklichen Mann. Ich frage mich nur, ob
denn alle Männer blind sind. Du betrittst den Raum und er scheint zu leuchten,
scheint sich zu bewegen. Ich bin so fasziniert von Dir, ich kann heute sicher
nicht schlafen. Ich sehe Dich vor mir und es schmerzt, Dich nicht berühren zu
können.“
„Du bist ein sehr empfindsamer Mann. Du hast mich derartig verwirrt, dass meine
Welt plötzlich nur mehr ein Raum mit vielen bunten Glasscheiben im grellen
Sonnenlicht ist. Trotzdem, lass mir bitte ein wenig Zeit.“
„Ich muss es Dir aber noch heute Abend sagen, es war Liebe auf den ersten
Blick, so im Vorbeigehen, wie das Ausbrechen eines Vulkans. Wenn Du noch
einmal vorbei gehst, stehe ich in Flammen!“
Er war wirklich ein faszinierender Mann.
„Gute Nacht Alex, wir sehen uns morgen früh!“
Es war wie die Flucht vor mir selbst, ich wollte nun nichts sagen, was mir
vielleicht morgen früh Leid tat.
Ich legte auf und beschloss zu schlafen.
Der nächste Tag war ein wunderbarer Wintertag. Die unglaubliche Landschaft
rundherum war beeindruckend.
Ich stand auf meinem Balkon und sah hinab auf die vielen Menschen, die
lachend und gut gelaunt mit ihren Skiern zu den Skiliften strömten.
Das Läuten der Glöckchen auf den Schlitten, die hin und wieder vorbeifuhren
rundete das Bild noch ab.
Als ich den Frühstücksraum betrat, sah ich Alex schon an unserem Tisch sitzen.
Er rührte in einer Tasse Kaffee und las die Zeitung. Er hatte mich noch nicht
bemerkt, ich konnte ihn also in aller Ruhe betrachten.
Er musste so zwischen vierzig und fünfzig Jahre alt sein, sein dunkles Haar war
mit einigen wenigen weißen Haaren durchzogen, seine Schläfen waren jedoch schon
ein wenig mehr weiß.
Es hatte einen dunkelblauen Skipullover an, seine Winterjacke lag auf dem
Sessel neben ihm und er sah unglaublich sportlich und elegant aus.
Er sah von der Zeitung auf und bemerkte mich, wie ich so da stand und ihn
verträumt anblickte. Er legte die Zeitung weg, stand auf und wartete auf mich,
bis ich zum Tisch kam.
Das Läuten der Glocken war jedes Mal wieder zu hören, wenn ich ihm in die Augen
blickte.
Wir frühstückten zusammen und er berührte immer wieder meine Hände und am
Schluss küsste er wieder meine Fingerspitzen.
„Ich stehe vor Dir in
Flammen, will aber nicht, dass irgendjemand diese Flammen löscht!“
Und wieder begannen meine Knie weich zu werden. Es war ein wunderbares, lang
vermisstes Gefühl.
Wir freuten uns auf den Abend, denn wie jeden Samstag gab es eine große Party
für das ganze Dorf, mit Getränke-Ausschank an den Pisten, beleuchtet von
Fackeln. Dann gab es Musik und ausgelassene Stimmung. Die Skilehrer werden ihr
Können zeigen und von der längsten Piste in verschiedenen Formationen abfahren
und dabei auch Fackeln in Händen tragen.
Wir trafen uns wieder in der Hotelhalle, beide freudig erregt und in bester
Stimmung. Wir gingen dann hinaus in die herrliche Winternacht und mischten uns
unter die vielen Menschen, die ausgelassen feierten und lachten. Verschiedene
Hotels hatten auch vor ihren Türen im Freien bereits solche improvisierten Bars
aufgestellt und der Punsch roch fantastisch.
Immer wenn wir wieder nebeneinander standen, mussten wir uns berühren. Sei es
nur mit den Händen, oder ich legte meinen Kopf an seine Schulter und wir
lächelten uns dann an.
Der Abend wurde zur Krönung unseres Wintertraums. Wir schlenderten durch den
Ort, der mit vielen Lichtern erleuchtet war, wir tranken hin und wieder einen
Punsch oder aßen kleine Häppchen, die ebenfalls dargeboten wurden.
Dann kam der Höhepunkt des Abends. Von der höchsten Piste herab, die mit
rotierendem Flutlicht beleuchtet war, kamen alle Skilehrer aus der Umgebung auf
Skiern in gleichmäßigen Schwüngen herab. Dabei spielte Musik, die Menschen
klatschten, die Kinder schrien vor Begeisterung und den Abschluss machte dann
ein riesiges Feuerwerk um Mitternacht.
Als ich dann in meinem Bett lag, die letzten Tage Revue passieren ließ, konnte
ich es nicht verhindern, dass mir Tränen des Glücks über die Wangen liefen.
Morgen früh nach dem Frühstück ist Abreise. Diesmal werde ich aber nicht mit
der Bahn fahren, sondern ich fahre im Wagen von Alex, meinem Wintertraum,
zurück nach Wien.
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