Nächte der Rosen in
Marrakesch
von Joana Angelides
In der
Hoffnung, meine Liebe heute bei mir zu sehen,
fang
ich den Tag an, schicke ihr eine schöne Rose und wünsche,
daß
ihr meine Neigung immer so schön vorkommen möge,
als
diese Blume aussieht".
(aus: Briefe an Charlotte von Stein von
Johann Wolfgang von Goethe)
Beim Lesen dieser Zeilen, steigt in mir die Erinnerung an eine nie
vergessene Zeit der Leidenschaft wieder empor und das sehnsuchtsvolle Ziehen in
meiner Brust betäubt mich fast.
Du weißt, wie sehr ich kühle Blüten auf meiner nackten Haut liebe. Wie
oft schon hast du das Bettlaken mit Blütenblättern überschüttet, deren Duft
mich betäubt hat, deren Kühle mir angenehme Schauer schenkten.
Du hast spielerisch kleine Blüten in meinem Haar verteilt, mich mit den
zitternden Blütenknospen der Mimose an den Ohrläppchen und an der Nasenspitze
liebkost.
Und ich liebte diese Spiele.
Doch du hast meine ganze Leidenschaft und Lust an die Oberfläche
geholt, wenn du mit einer Schale loser, dunkelroter Rosenblätter neben mir kniend
die Blätter zwischen deinen Fingern zerriebst, mir den Duft einatmen ließest
oder sie auf meinem Bäuchlein verteiltest. Meine erregten Brustspitzen mit
einer Knospe necktest oder die Blätter auf meine Brüste nieder rieseln ließest.
Der betörende Duft dieser Blüten lassen die Sinne sich schärfen und
wenn ich eine Rose berühre, sehen meine geschlossenen Augen die Gärten von Marrakesch
wieder, mit ihren vielen Rosenbäumchen und flüsternden Springbrunnen.
Die Rose, die Blume des Orients, mit ihrem Ursprung in Persien, sie ist
für mich die Blume des Eros schlechthin. Und wenn jemand sie nur als Blume mit
Dornen sieht, dann ist er zu bedauern.
Wir waren auf einer Tagung dort, konnten tagsüber unsere Hände und
Augen nicht voneinander lassen und berührten uns so oft es möglich war.
Ich sehe mich wieder mit dir auf dem Dach des kleinen Pavillons in der
Hotelanlage in Marrakesch, über uns nur den Mond und der mit Millionen Sternen
bestückte Nachthimmel. Der Boden war mit dicken Teppichen ausgelegt, die jedes
Geräusch schluckten. Der breite Divan stand in der Mitte und war mit seidenen
Teppichen über und über belegt. Rundherum standen hölzerne, mit Schnitzereien
durchbrochene Paravents, aus dem rötlichen Rosenholz, die natürlich aus miteinander
verbundenen Ranken der Rosenstöcke bestanden.
Durch die Hitze des Tages wird die Kühle der Nacht als angenehm
empfunden und man kann überall auf den Dächern der Häuser solche
Freiluftwohnzimmer sehen.
Es standen rund um den Divan getriebene Metallteller mit Früchten und
süßen Leckereien, sowie Krüge mit kühlen Getränken bereit. Und diese stark
duftenden Schalen mit Rosenblättern! Sie beeinflußten meine Sinne, holten das
Zittern hervor und machten alles intensiver.
Du erinnerst dich?
Es waren drei wunderbare Nächte, in denen wir uns von der Hitze des
Tages erholen konnten und die Hitze unserer Sinne von der Kühle der Nacht
erträglicher gemacht wurde.
Rund um uns flatternden im leichten Abendwind weiße Vorhänge auf
schwarzen Vorhangstangen, die Ringe der Vorhänge erzeugten ein seltsames
Geräusch.
In der Dunkelheit des großen Parks standen noch einige dieser Pavillons
und wir glaubten unterdrücktes Lachen und leise, temperierte Stimmen mit
gelegentlichen Höhepunkten wahrzunehmen.
Ich war in diesen Nächten von der ungewohnten Atmosphäre sehr erregt
und du wußtest das, sahst es in meinen Augen, erkanntest es an meinen
geöffneten Lippen, die von der Zunge unruhig benetzt wurden.
Wir begannen damit, die Erdbeeren gemeinsam zu essen und wenn sich
unsere Lippen endlich berührten, vermählten sich unsere Zungen und du begannst
die Rosenblätter auf meinem Körper zu verteilen. Die Kühle der Blätter im
Gegensatz zu deinem heißen Körper erzeugten Kaskaden von Verlangen.
Die dünnen weiten Kaftans, die wir beide anfangs anhatten waren kein
Hindernis für unsere suchenden Hände und wurden irgendwann Opfer unserer
Begierde, den anderen zu fühlen und zu berühren.
Deine Lippen auf meinen Brustspitzen, deine suchenden Fingerkuppen in
der Tiefe meiner Lust, ließen mich seufzen und mich winden, der Kopf zurückgebogen,
die Augen geschlossen glitt ich langsam in eine Ekstase, die du immer mehr
verstärktest und die von uns ausgekostet wurde bis sie nicht mehr von dieser
Welt zu sein schien.
Wie konnte es geschehen, dass wir minutenlang auf diesen sanften Wellen
ritten, glitten und dahin glühten, bis es dann mit einem Schlag zu einer alles
verschlingenden Explosion kam?
Es waren
die Nächte der Rosen, der Blütenblätter, der fremden geheimnisvollen Düfte und
Laute. Der Sehnsüchte und Verschmelzung mit dir.
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