Der
Mitbewohner
Jetzt suche ich schon
seit drei Monaten ein ruhiges Appartement um zu schreiben. Es sollte am Rande
der Stadt liegen, diese jedoch leicht erreichbar sein. Etwas im Grünen, mit
einem kleinen Garten, viel Sonne, aber im Sommer nicht zu heiß! Und natürlich
zu einem vernünftigen Preis. Vernünftig heißt, meinen finanziellen
Möglichkeiten entsprechen. Mit einem Wort, fast nicht machbar.
Ich parkte mich am
Gehsteigrand ein und kontrollierte nochmals die angegebene Adresse. Sah ja ganz
nett aus. Es war ein Häuschen mit gemauertem Sockel, oben mit Holzverkleidung
und einem kleinen Balkon unter dem Dach. Das wird wahrscheinlich das
Schlafzimmer sein.
Rundherum ein kleiner
Garten, der scheinbar hinter dem Haus
größer war.
Ich stieg aus und
läutete an der Gartentüre. Sofort wurde die Haustüre geöffnet und eine kleine
rundliche, weibliche Person öffnete.
„Oh, da sind sie ja.
Pünktlich! Das habe ich gerne!“
Ihre Freundlichkeit konnte die neugierigen Blicke nicht überdecken. Sie
musterte mich von oben bis unten und schien zufrieden zu sein.
Ich betrat das Haus
und es gefiel mir sofort. Die kleine Vorhalle war einladend und nicht zu klein,
rechts davon ging es in die Küche, daneben führte eine Treppe in das
Obergeschoss, und geradeaus in ein sehr großes Wohnzimmer.
Dort war ein sehr
schöner, grüner Kachelofen in der Ecke. Er hatte eine Ofenbank und rechts einen
Stapel Holz gelagert. Es sah sehr heimelig aus. Das Wohnzimmer war hell und
freundlich, nicht zuletzt wegen des großen Fensters, das den Garten
zeigte. Oh, es war eine grüne Oase, mit einem kleinen Gartenhäuschen
ganz rückwärts und einer üppig grünenden Wiese mit einem Obstbaum in der Mitte
und einer Sitzbank mit Tisch darunter. Dort würde man sicher sehr gut schreiben
können!
Mein Herz schlug
heftig. Ja, das war genau das was ich suchte. Ich wandte mich an die
Vermieterin, um sie nach dem Mietpreis zu fragen, da kam er herein. Er war
groß, so in mittleren Jahren, hatte einen grauen Bart und sehr wache Augen, mit
denen er mich genau betrachtete. Es war nur ein kurzes Nicken seines Kopfes,
das eine Begrüßung andeutete dann durchquerte er das Wohnzimmer und ging in den
Garten hinaus steuerte auf das Gartenhäuschen zu und verschwand darin, ohne die Türe zu schließen.
Die Vermieterin sah
mich an.
„Das ist ein
Mitbewohner, das Häuschen ist nur mit ihm zu mieten. Er stört aber nicht, ist
ein sehr ruhiger Mitbewohner. Meist schläft er bei Tag, geht am Abend aus und
ist sehr ruhig. Er war der Begleiter der Vormieterin. Sie ist ausgezogen, er
ist geblieben. Sie hatten am Schluss glaube ich, ein gestörtes Verhältnis.“
Ich dachte kurz nach.
Eigentlich wollte ich ja alleine hier wohnen. Aber wenn er im Gartenhaus wohnte, bei Tag nicht störte
und schlief und am Abend ausging, würden sich ja unsere Wege nicht oft kreuzen!
Nach einem kurzen
Gespräch waren wir uns über den Mietpreis einig und ich zog am Wochenende ein.
Die ersten Tage waren
ausgefüllt mit viel Arbeit. Ich musste meine Bücher einordnen, meine gesamte Habe
im Haus verteilen. Meinen Mitbewohner sah ich äußerst selten! Er saß zwar
manches Mal auf der Bank unter dem Baum, doch wenn ich den Garten betrat
verschwand er in dem Gartenhäuschen. Manches mal hörte ich ihn nachts weggehen,
doch er war sehr leise, kaum zu hören. Wann er dann zurückkam konnte ich nie feststellen.
Mit der Zeit gewöhnte
ich mich an ihn. Ich schrieb gerne im Garten und er saß immer öfter neben mir
auf der Bank und schaute mir interessiert zu. An der Haltung seines Kopfes,
oder wie er ihn hin und her bewegte konnte ich erkennen, ob ihm das
Geschriebene gefiel oder nicht. Ich las es ihm auch manches Mal vor und er
nickte wohlwollend. Er war aber nicht dazu zu bewegen, von sich aus Vorschläge
zu machen.
Der Sommer ging und es wurde kühler. Wir hatten uns
inzwischen sogar angefreundet und er kam
nun immer öfter zu mir in das Wohnzimmer. Das Schlafzimmer war natürlich tabu!
Zumindest vorläufig noch.
Wenn ich doch hin und
wieder kochte, lud ich ihn zum Essen ein. Eigentlich war er Selbstversorger und
aß meist auswärts.
Danach setzte er sich
nun immer öfter auf die warme Ofenbank, rollte seinen Schwanz ein, schloss seine
smaragdgrünen Augen und schnurrte behaglich. Wie das eben Kater so machen.