Sonntag, 7. Februar 2021

Drehtüre in die Vergangenheit, unheimlich, unwirklixh.

 





Drehtüre in die Vergangenheit

Von Joana Angelides




 

Nachdem Albert Gabini das Hotel durch die breite Drehtüre betreten hatte, saß er nun in der Hotellounge in einer der Fauteuile und betrachtete die sich ihm darbietende Geschäftigkeit und die sich rundum bewegenden Personen. Die Geschäftigkeit in der Hotellounge erstaunte ihn. Irgendwas war anders, als in den vergangenen Tagen. Er konnte das beurteilen, denn er las jeden Abend noch in den herumliegenden Zeitungen, bevor er sich in seine Suite begab.

Nachträglich schien es ihm, als wäre die Drehtüre heute schlecht eingestellt, denn er wurde zweimal hindurch geleitet. Es war wie ein großer Schwung, der ihn hineinführte, wieder hinaus und dann gleich wieder hinein.

Er fand außerdem, dass sich ungewöhnlich viele Personen in der Halle und auf der Treppe befanden.

Manche der Personen gingen aneinander vorbei, als würden sie sich nicht sehen, andere wieder grüßten sich, blieben stehen und sprachen sogar miteinander.

Irgendwie paßten einige nicht herein; sie waren in einer Art gekleidet, die ihn an frühere Zeiten erinnerten, die er nur von Bildern oder alten Filmen kannte.

Teilweise schienen sich einige Gäste langsamer, wie zeitverzögert zu bewegen. Oder doch nicht? Dies betraf vor allem jene Gäste und auch das Personal, welche so anders gekleidet waren.

Es mußte an der Hitze liegen die seit einigen Tagen die Stadt lähmte, dass er solche Eindrücke hatte, anders war das nicht zu erklären.

Durch die Drehtüre, die dauernd in Bewegung war, trat nun eine Dame, eine junge sehr elegante Dame ein, gefolgt von einem Mann im Chauffeur-Livree, der vier Koffer schleppte. Zwei kleinere hatte er unter den Armen eingeklemmt und zwei große schob er vor sich hin.

Die junge Frau würdigte ihm keines Blickes, sondern ging langsam und sich ihrer Wirkung bewußt auf die Rezeption zu.

Sie war groß gewachsen, hatte ein knöchellanges, enges Kleid an, dass vorne etwas kürzer war und ihre schlanken Beine ahnen ließ. Ein langer Pelzschal war um ihren Hals geschlungen und hing ihr rückwärts bis zur Kniekehle hinab.

Sie trug eine enge Kappe, glitzernd und funkelnd mit einer schräg angebrachten Feder, in der Hand einen langen Zigarettenspitz aus Jade. Sie wirkte wie aus einem Film über den Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts.

Er sah sich um, vielleicht wurde auch wirklich hier ein Film über diese Zeit gedreht, das würde diese seltsamen Kostümierungen erklären.

Es bewegten sich zwei Hotelpagen in der Mitte der Halle. Er bemerkte, wie einer der beiden sofort mit seinem Kofferwagen zu dem Mann mit den vielen Gepäckstücken eilte, der andere schien ihn gar nicht zu bemerken, ja er blickte einfach durch ihn hindurch.

Die junge Dame war inzwischen an der Rezeption angelangt und schlug mit der Hand auf die Klingel. Einige der Gäste, aber ausschließlich jene die ein wenig nostalgisch gekleidet waren, drehten sich um, die anderen wieder beachteten sie gar nicht, als würden sie sie nicht einmal sehen.

Es schienen sich zwei verschiedene Ebenen gleichzeitig in einem Raum zu bewegen. Es war unfaßbar!

In der Rezeption waren zwei Angestellte tätig. Der eine war ein etwas älterer Mann, der Portier, mit einem Schnurrbart und enger gestreifter Weise, der andere war ein junger Mann, etwas salopper gekleidet, mit offenem Hemdkragen, Schal und schwarzer Weste.

Zu seiner Überraschung beachtete der jüngere Angestellte die wirklich sehr attraktive junge Dame gar nicht und beschäftigte sich weiter mit dem Einordnen von Briefen in die Fächer der Gäste. Der Ältere jedoch begrüßte die junge Dame überschwenglich, als würde er sie schon lange kennen.

Der Chauffeur stellte die Koffer nun ab und bedankte sich bei dem Pagen und er konnte sehen, wie er ihm einen Geldschein gab. Dann drehte sich der Chauffeur um und ging durch die Drehtüre nach draußen.

Albert stand sofort auf und ging ebenfalls durch die Drehtüre nach draußen, um zu sehen, welchen Wagen er fuhr.

Die Hitze schlug ihm entgegen, es flimmerte die Luft. Der Chauffeur war nirgendwo zu sehen. Er schloß für einen Moment die Augen und beschloß, wieder in das Hotel zurück zu gehen. Er konnte auch keinen Wagen sehen, der wegfuhr, oder sich am Parkplatz einparkte. Er schüttelte den Kopf und verstand gar nichts mehr.

Als er durch die Drehtüre wieder die Hotelhalle betrat, blieb er verwundert stehen.

Es waren nun nicht mehr so viele Gäste da, auch der zweite Page war verschwunden und der junge Rezeptionist war auch nicht zu sehen.

Vielleicht träumte er auch nur? Doch auch nach einigen Augenblicken und zweimaligem tief Einatmen, war die Situation unverändert.

Die Gäste unterhielten sich und bewegten sich wie vorher, bedächtig und langsam, doch sie waren nun alle in dieser nostalgischen Mode gekleidet, die er schon vorher registriert hatte. Die anderen Gäste waren nicht zu sehen.

"Gehen Sie mit mir auf einen Drink in die Bar?" Sie stand vor ihm, jung und elegant, wie sie ihn bereits vorher beeindruckt hatte Sie hatte wieder diesen langen Zigarettenspitz aus Jade in der Hand, hielt ihn mit ihren weißen kräftigen Zähnen fest und lächelte. Sie hatte grüne Augen und erinnerte an eine Tigerin.

"Ja, ich würde mich freuen!" Sagte er das wirklich?

Sie hakte sich unter und sie gingen in die kleine Bar links neben der Rezeption.

Sie schwang sich auf den Barhocker und dabei rutschte ihr enges Kleid ziemlich weit nach oben und ihre Beine schienen überhaupt nicht enden zu wollen.

War es hier immer so heiß?

"Wir möchten zwei Gläser Champagner, Kellner!" Ihre Stimme war etwas schrill und eine Spur zu laut.

"Monsieur Alfredo hat schon nach Ihnen gefragt, Mademoiselle!" Der Kellner hatte einen tiefen warnenden Ton in der Stimme. Oder täuschte er sich da?

"Achja? Ich bin eben erst gekommen. Nun habe ich aber keine Zeit, habe einen Freund getroffen, sehen sie das nicht?"

Der Kellner zuckte mit der Achsel und wendete sich seinen Gläsern zu. Er konnte bemerken, wie ihm der Kellner einen Blick aus den Augenwinkeln schenkte und seine linke Augenbraue leicht nach oben zog.

Die junge Dame hielt das Glas in ihrer Hand und schenkte ihm ein charmantes Lächeln.

"Prost, mein Freund! Wie heißen Sie eigentlich?"

"Mein Name ist Albert, Albert Gabini, auf Ihr Wohl", er verneigte sich leicht und stieß mit ihr an.

"Michelle Rochas", sie neigte leicht den Kopf zu Seite und schenkte ihm ein kleines Lächeln.

Sie setzten beide das Glas an die Lippen und er spürte das Kribbeln des Champagners auf seiner Zunge.

In diesem Augenblick flog die Glastüre der Bar auf und es betraten drei Männer den Raum.

Er wußte sofort, der Mann in der Mitte war Alfredo!

Sein weißer Anzug saß tadellos, sein Hut hatte eine etwas größere Krempe, die tiefrote Blume an seinem Jacket hatte die selbe Farbe, wie sie die Lippen von Michelle zeigten.

In der Hand trug er einen schwarzen Stock mit einem Silberknauf, den er nervös drehte.

Seine Füße steckten in schwarzweiß gemusterten Schuhen und er wippte leicht von vorne nach rückwärts.

Die beiden Männer hinter ihm blickten streng und wie es ihm schien, drohend in seine Richtung und hatten jeweils beide Hände lässig in den Jackentaschen.

Es war wirklich heiß hier drin!

Michelle war von Barhocker gerutscht. In einer Hand hielt sie nach wie vor das Glas, in der anderen Hand ihren Zigarettenspitz.

"Wer ist das?" Alfredos Stimme war leise und drohend und sein Blick verhieß nichts Gutes.

"Ein sehr charmanter und lieber Freund!" Sie warf den Kopf nach hinten und lachte laut.

"Ja, ist schon gut, Du bist betrunken, wie immer! Verabschiede Dich und komm her!" Seine Stimme war nun lauter, herrischer und klang, als würde sie keinen Widerspruch vertragen. Er schnippte mit den Fingern und drehte sich halb um.

"Komm´ doch Du her, ich stelle Dich vor! Und außerdem will ich Dir sagen, dass ich keine Lust mehr habe, immer sofort zu kommen, nur, wenn Du mit den Fingern schnippst. Ich bin ja kein Schoßhündchen!"

Albert hielt die Luft an und seine Blicke gingen zwischen den beiden hin und her. Es war eine ungeheure Spannung im Raum.

Er griff in seine Jackentasche auf der Suche nach dem Feuerzeug. Eine Zigarette war im Moment das Einzige für ihn, um die Spannung abzubauen.

Er hat es nicht bemerkt, als gleichzeitig der Mann im weißen Anzug in die Tasche seines Jackets griff und einfach durch den Stoff hindurch auf ihn schoß.

Doch Michelle hatte es bemerkt, vielleicht sogar erwartet. Sie warf sich dazwischen und sank im nächsten Moment getroffen zu Boden.

Der Schuß war laut und sein Widerhall blieb sekundenlang im Raum.

Albert beugte sich über Michelle, schob seinen Arm unter ihren Rücken und hielt ihren Kopf.

"Sie haben zu lange gezögert, sie hätten schneller schießen müssen!" Flüsterte sie, bevor das Leben aus ihr entwich.

"Kellner, so holen sie doch die Polizei und einen Krankenwagen, sie stirbt!"

Der Kellner beugte sich über die Theke und sah ihn fragend an.

"Was machen Sie denn da unten? Sind sie vom Barhocker gestürzt?"

Albert schaute erstaunt um sich und erhob sich. Er war der einzige Gast in der Bar. Der Kellner war herbeigeeilt und stützte ihn besorgt.

"War ich nicht mit einer jungen Dame an der Bar, und waren da nicht gerade noch drei Männer an der Türe?"

"Nein sie waren alleine, haben aber seltsamer Weise zwei Gläser Champagner bestellt. Ich dachte sie erwarten jemand."

Der Gast legte eine Banknote auf die Theke und wandte sich der Türe der Bar zu. Als er in die Hotelhalle hinaustrat bot sich ihm ein verändertes Bild dar.

Es war noch immer ein lebhaftes Treiben in der Halle. Doch die Leute von der Filmgesellschaft waren scheinbar alle verschwunden.

Er trat an die Rezeption.

"Meinen Schlüssel bitte, Zimmer 332", bat er den jungen Rezeptionisten, der ältere Portier war scheinbar auch nicht mehr da.

"Hier bitte! Ist ihnen nicht gut, sie sehen so blaß aus?"

"Ich war eben in der Bar, dort ist es ein wenig dunkel."

"Ach, in unserer Michelle-Bar!" Der junge Mann lächelte geheimnisvoll.

"Michelle-Bar?" Seine Neugier war geweckt.

Es war wirklich heiß hier drin!

"Ja, so heißt sie", er senkte die Stimme zu leisem Flüstern, "es wird erzählt, daß im Jahre 1923 in dieser Bar Michelle, die Frau des damaligen Hotelbesitzers Monsieur Alfredo, erschossen wurde. Es wurde nie eindeutig geklärt, wer sie erschoß. Man nahm an, es war ein Fremder, der in der Bar war. Doch der Fremde konnte flüchten und wurde nie gefunden. Monsieur Alfredo verkaufte in der Folge das Hotel. Er verschwand dann irgendwann und wurde niemals wiedergesehen. Man sagt, Michelle spukt noch immer im Hotel, weil ihr Tod nie gerächt wurde".

"Eine sehr interessante Geschichte!" Er nahm seinen Schlüssel und begab sich zum Lift. Das Feuerzeug in seiner Tasche fühlte sich kalt und fremd an.







Mittwoch, 3. Februar 2021

KRIMIS

 


Meine neue Leidenschaft sind KRIMIS!

e-Books mit 170 - 700 Seiten




Es gibt inzwischen 10 Krimis,

Tat-Orte:  

Österreich,  da besonnders Wien

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Flieder auf nackter Haut, erotische Kurzgeschichte

 

FLIEDER AUF NACKTER HAUT

von Joana Angelides

 


 

Es gibt nichts Schöneres für sie im Frühling, als mit dem Gesicht in einen großen Strauß Flieder einzutauchen. Die sich kühl anfühlenden Blüten und Blätter zauberten eine herrliche Atmosphäre von Frische und geheimnisvollen Düften herbei.

 Immer, wenn sie eines dieser kleinen, filigranen Fliederbäumchen oder einen Strauß Flieder sah, tauchte auch ein geheimnisvoller Mann aus ihrem Inneren auf, der untrennbar damit verbunden ist.

 Es war einer jener Tage, fast schon Frühsommer, an denen sie nachmittags gerne am Ende der Wiese hinter dem Haus auf einer Liege lag und las. Die Erde war feucht und roch wunderbar. Es gab keinen Zaun, dichter Grünwuchs begrenzte die Wiese und eine Böschung fiel ab zu dem kleinen Bach.  Über ihr stand der kleine Fliederbaum in voller Blüte und strömte diesen wundervollen, unverwechselbaren Duft aus.

Sie liebte damals wie heute, bodenlange, weite Kleider, die den Körper zwar umhüllen, aber nicht einengen und Bewegungsfreiheit gewähren.

Sie hatte einen kleinen Zweig mit Fliederblüten abgeschnitten und drehte ihn zwischen den Fingern. Hin und wieder führte sie ihn zum Gesicht und atmete den Duft ein.

 Sie musste eingeschlafen sein, dann sie merkte nicht, dass sich ihr jemand von der Seite her   näherte.

„Erschrecken Sie nicht, ich will Sie nicht stören, ich werde Sie malen!“

 Ein Schatten fiel über sie und sie blickte in das Gesicht eines jungen Mannes mit einem dunklen Kinnbart, dunklen Augen und längerem Haar das ihm bis auf die Schultern fiel.

 Er hatte etwas weiter weg eine Staffelei aufgebaut, ein kleines Tischchen daneben gestellt und darauf seine Utensilien abgelegt. Er hatte die Sonne im Rücken, sie konnte seine Gesichtszüge daher nicht klar erkennen.

 Seine Stimme war ruhig, weich und dunkel, sein Ton jedoch sehr bestimmt, als würde er keine Widerrede dulden.

 Sie mußte lächeln. Ja, warum nicht? Sie hatte Muße und irgendwie gefiel es ihr, gemalt zu werden.

„Ich werde Sie Flor nennen. Das ist spanisch und bedeutend Blume, Blüte. Das paßt so schön zu Ihnen.“ 

 Sie nickte, es war ihr alles Recht. Erst jetzt bemerkte sie seinen Akzent, er war scheinbar Spanier.

 Er brach noch einige Blütenzweige zusätzlich ab und legte sie ihr in den Schoß. Einen kleinen Zweig steckt er ihr hinter das Ohr und richtete wie selbstverständlich eine kleine Haarsträhne so, dass der Zweig gehalten wurde. Dazwischen wich er immer wieder einen Schritt zurück und kontrollierte das sich ihm bietende Bild.

 Sie lehnte sich an die Rückenlehne der Liege und betrachtete ihn amüsiert.

Welche Leichtigkeit er doch an den Tag legte, unbekümmert und doch selbstbewußt.

Er begann nun die Umrisse zu skizzieren und seine Blicke waren teils abwägend, teils forschend und teilweise nachdenklich auf sie gerichtet.

Nach zwei Stunden, in denen sie weiter in ihrem Buch las, die Blüten in ihrer Hand und im Schoß immer wieder hin und her schob, war die erste Sitzung beendet.

Er packte seine Staffelei und seine Utensilien zusammen und sie vereinbarten, morgen die Sitzung fortzusetzen.

Er verbeugte sich vor ihr sehr galant, deutete einen Handkuß an und ging die Böschung hinunter.

 Sie blieb noch eine Weile in ihrer Stellung und drehte den Flieder in ihren Fingern hin und her.

Sie hatte ihn gar nicht nach seinen Namen gefragt und er hatte ihn auch nicht genannt.

 Am nächsten Tag fand sie sich wieder rückwärts unter dem Bäumchen ein und setzte sich aufrecht hin, als sie ihn schon kommen hörte.

 „Ach Flor, sie sehen wunderbar aus! Sie erinnern an die Blumenfeen aus den Erzählungen der Poeten!“ Er lächelte sie an und seine Augen sprühten vor Bewunderung.

 Er suchte wieder die Lage ihres Kleides und die Haltung ihres Körpers so zu arrangieren, wie sie gestern waren und berührte sie dabei einige Male. Bei jeder dieser Berührungen schaute er sie groß und fragend an. Seine Blicke begannen bei ihr Wirkung zu zeigen, sie errötete leicht und konnte seinen Blicken nicht immer ausweichen.

Verlegen räusperte sie sich.

„Sie nennen mich Flor, ihren Namen aber weiß ich gar nicht! Wenn Se eines Tages ein berühmter Maler sein werden, werde ich es gar nicht wissen.“

„Entschuldigen Sie, das ist meine Schuld, ich heiße Jaime! Jaime de Gordes!“ Er verbeugte sich wieder leicht und nahm wieder ihre Hand, um einen Handkuß darauf zu hauchen.

„Schön Jaime, ich werde es mir merken!“

Er ging wieder zu seiner Staffelei und nahm den Pinsel zur Hand. Nach einigen Pinselstrichen kam er jedoch wieder zurück.

„Mein Bild soll nicht nur die Schönheit der Blumenzweige zeigen, sondern auch Ihre Schönheit. Es ist eine so zarte, duftige, in sich ruhende Schönheit. Der Eindruck entsteht, dass ihre Schönheit wie eine halb geöffnete Knospe nur auf den Tau der Liebe wartet, um sich zu öffnen.“

Diese so unerwartet offenen Worte von einem fast Fremden ließ ihr das Blut in den Kopf steigen. Sie wußte gar nicht, was sie da erwidern sollte. Eigentlich sollte sie nun die unangenehm Berührte herauskehren. Doch das Gegenteil passierte. Sie fühlte sich plötzlich wie genau diese halboffene Knospe, die er genannte hatte. Neugierde auf diesen Mann stieg in ihr auf und sie lächelte hilflos.

Er hatte inzwischen noch einige zusätzliche Fliederzweige abgebrochen und arrangierte sie rund um sie. Er öffnete wie selbstverständlich ihr Kleid vorne und legte diese zwischen ihre offen und nackt daliegenden Brüste.

Die kühlen Blüten und die Berührung der Zweige und Blätter erregte sie sehr und ließ ihre Haut erzittern.

Er streifte mit seinem Zeigefinger eines der Blätter, welches ihre linke Brustspitze verdeckte, weg und berührte sie dabei.

Plötzlich war die Welt nur mehr Flieder!  Vergessen war die sie umgebende Welt, die noch fast leere Leinwand, die erst Konturen und vereinzelte Blüten zeigte. Vergessen auch die Einsehbarkeit des Ortes.

Unversehens hielt er sie zärtlich in seinen Armen und sie küßten sich leidenschaftlich. Zwischen ihren beiden Körpern wurden die Fliederblüten zerdrückt und dieser Geruch berauschte sie noch zusätzlich. Er war einfühlsam, zärtlich und seine Leidenschaft war wie glühende Lava, die sie langsam und verzehrend umfloß. Es waren Momente, wo sie darin in jäh auflodernden vereinzelten Flammen aufging.

Das Bild machte fast keine Fortschritte, immer, wenn er Blüten zwischen ihren Brüsten arrangierte, konnten sie sich nicht mehr voneinander lösen.

Es war ein wunderbarer Sommer, ausgefüllt mit leidenschaftlichen Gefühlen, Hingabe vermischt mit Ruhepausen und neckischen Spielen mit Blüten und Blättern. Der Flieder ging ihnen aus, dann kamen die Pfingstrosen und im Laufe des Sommers die restlichen Blüten des Gartens an die Reihe.

Dann kam der Tag wo sie vergebens auf ihn warteten. Der Sommer war schon fast zu Ende, die Tage kürzer.

Auf der Liege lag das fertige Bild und einige Blütenblätter waren darüber verstreut. Sie hörte nie wieder von ihm.

Immer, wenn im Frühjahr der Flieder zu blühen begann, kam auch die Erinnerung zurück.



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Der Tennisspieler, erotische Kurzgeschichte

 

Der Tennisspieler

von Joana Angelides


                                  oder das Gold des Tages

 

Liebste Freundin,

 

seit Neuestem haben wir im Tennisklub einen jungen Mann mit verträumten Augen, einer überaus sportlichen Figur und einem tollen Aufschlag.

Seine wechselnden Partner erscheinen gegenüber diesem lebendig gewordenen Apoll, farblos und peinlich nichtssagend.

 

 

Seine gesamte Erscheinung ist ein harmonisches Ganzes aus Schönheit und Lebendigkeit.

Ich mag die Art seiner Bewegungen, seines Muskelspieles oder wie er die üppige, halblange Haarmähne zurückwirft und sich mit dem Schweißband am Handgelenk über die Stirne streicht, in mich aufzunehmen.

 

Sein Körper ist mit dem eines im Sprung befindlichen Gepards zu vergleichen. Von meinem Platz unter der Linde des Clubcaffees kann ich das unbeobachtet genießen. Vor allem, wenn ich meine große Sonnenbrille und den weichen Strohhut trage, den man ein wenig ins Gesicht ziehen kann.

Ich sitze dann in meinem weißen Tennisdress bewegungslos da, nur meine Lippen ziehen am Strohhalm meines Longdrinks. Hin und wieder hört man das Summen einer Biene und dazwischen regelmäßig die Aufschläge der Bälle.

 

Immer öfter schaut er in meine Richtung und ich weiß, dass er meine Begehrlichkeit spürt, meine langsam entstehende Erregung bemerkt.

 

Mein letztes erfüllendes Erlebnis lag nun schon wieder einige Tage zurück und der ereignislose Ablauf der letzten Tage war enervierend.

Paul war seit Tagen bei einer Konferenz in London und ich begann mich zu langweilen.

 

Hier sehe ich eine neue Abwechslung auftauchen, die ich unbedingt wahrnehmen will. Ich sehe mich in der Rolle des Jägers, der das Wild in der Ferne ausgemacht hat.

 

Durch das weiße Tennishirt hindurch blickend, sehe ich dem Spiel seiner Muskeln zu. Sie bewegen sich im gleichmäßigen Rhythmus seiner Bewegungen, mit Ruhepausen dazwischen.

Dieses Wechselspiel zwischen Anspannung und Ruhe weckt eine ungeheure Sehnsucht in mir. Ich liebe es sehr, wenn meine Sinne und mein Körper durch ausdauerndes Berühren und darüber Streichen empfindlicher Punkte fast zum Glühen gebracht wird und dann plötzlich, aber nur für Sekunden, eine kleine Ruhepause folgt. Das neuerliche Berühren danach ist vergleichbar mit dem Feuerwerk am nächtlichen Himmel von Rio.

Ich weiß, dass solche Vergleiche hinken, doch glaube mir, diese Feuerwerke finden dann tatsächlich in meinem Inneren statt. Die mehrfache Wiederholung dieses Wechselspieles versetzt mein Ich außer jeglicher Kontrolle.

 

Vor einigen Tagen war es so weit, dass sich unsere Blicke begegneten und einen Moment ineinander versponnen haben. Ich hatte die Sonnenbrille in der einen Hand, mit der anderen Hand rührte ich in meiner Tasse, unnötig lang und ganz automatisch.

Als er vor mir stand, sein Schatten auf das kleine Tischchen fiel, hörte ich auf, den Löffel zwanghaft zu bewegen und legte ihn weg.

 

Er ließ seinen Blick langsam zu meinem Hals hinab gleiten und es schien mir eine Ewigkeit zu dauern, bis er meinen Brustansatz fand. Ich spürte seine Augen auf meiner Haut brennen und konnte nicht verhindern, dass sich die Spitzen meiner Brüste langsam durch die Bluse hindurch bohrten. Ich fühlte mich nackt. Aus der Anspannung heraus und einer gewissen Verlegenheit fuhr ich mit meiner nun freien Hand in einem gleichmäßigen Rhythmus über die am Tisch liegende Serviette, immer und immer wieder. Er beobachtet dies fasziniert und schien nun ebenfalls unruhig zu werden.

 

Als er seinen Blick wieder hob, war eine einzige Frage darin:

„Wann?“

 

Ich stand langsam auf und nahm aus meiner Handtasche eine Visitenkarte, die ich neben die Tasse legte. Schweigend, etwas hektisch, verließ ich den Tennisplatz und ging zu meinem Wagen.

 

Ob er dieses Zeichen aufnehmen wird?

 

Es dauert fünf ewige Stunden, bis sein Anruf kam.  Ich war so angespannt und unruhig in dieser Zeit, dass ich mir allen Ernstes überlegte, wer nun in der Rolle des Opfers und wer in der Rolle des Jägers war!

 

„Kennen Sie die Bogner-Appartments? Top 3, ich erwarte Sie!“

 

Er wartete meine Antwort gar nicht erst ab und legte auf.

 

Meine Brustspitzen waren bereits seit fünf Stunden in derselben Position und ich überlegte, was ich anziehen sollte, um es nicht so augenfällig werden zu lassen.

Ich entschied mich für ein lindengrünes Seidenkleid, das vorne in Falten gelegt und rückwärts einen Ausschnitt bis zum Ansatz meines Po´s hatte. Es wurde gehalten durch ein breites Band, das um meinen Hals geschlungen war. Es verschaffte mir Platz und war doch sehr erregend. Ich verzichtete auf jegliche Unterwäsche, man würde die Konturen durch den dünnen Stoff sehen. Ich hatte dieses Kleid schon in Situationen wie dieser getragen und es hatte jedes Mals seine gewisse Wirkung.

 

Das Apartment war leicht zu finden, ich stand davor und wollte eben läuten, als die Türe aufging und er mich anlächelte.

 

„Es war wie eine Ewigkeit für mich, meine Liebe!“

Er nahm meine beiden Hände und drehte sie so, dass er die Innenseite küssen konnte.

 

Glaube mir, in diesem Moment begann der Boden unter mir in wenig zu wanken.

 

Die Spitzen einiger Finger nahm er zart zwischen seinen Zähnen, mit einer Hand umfasste er meine Hüfte und die andere Hand schob er langsam durch den tiefen Rückenausschnitt meines Kleides. Seine Fingerkuppen erreichten den Punkt genau über meiner Pospalte, wo er langsam auf und abfuhr. Er öffnete leicht seine Lippen und gleichzeitig kam freudige Erstaunen in seinen Augen auf, als er merkte, dass ich darunter nichts trug, als meine dünne Haut und JOOP.

 

Ich denke, in diesem Moment müssen meine Knie nachgegeben haben, denn er fing mich auf und trug mich in die Tiefe des Raumes.

 

Ich weiß heute nicht mehr, wann ich das Kleid abgestreift habe, ich spüre jedoch noch immer seine Fingerkuppen auf jeder Stelle meines Körpers. Ich wand mich und drehte mich, konnte jedoch seinen Berührungen nicht entkommen; wollte es auch gar nicht ernsthaft.

Ich genoss diese ungeheure Erregung, sie ist mein Leben.

 

 

„Ich weiß, dass Du es genauso willst, ich sehe es in deinen Augen!“

War er einer jener Menschen, die durch andere Menschen wie durch Glas hindurchsehen und jede Faser erkennen können?

Ich stürzte, glitt und flog von einem Höhepunkt zum anderen, es gab keine Pause, nur kurze Intervalle, wo seine Berührungen sanfter ausfielen, er den Körper mit Geduld und Einfühlung von Bergspitzen zu Tälern geleitete und dann unbarmherzig wieder zu den Höhen der Ekstase führte.

In all diesen Augenblicken zwang er meinen Blick in den seinen; selbst in Momenten seiner höchsten Anspannung und der anschließenden Verschmelzung löste er diesen nicht. Er wollte es sehen, es erleben, wie ich völlig aufging in meinen Gefühlen, geschüttelt und gerüttelt wurde von ihnen. Selbst mein erlösendes Lächeln nahm er in sich auf, als wären es kostbare, seltene Momente.

 

Es wird niemals wieder enden, waren meine Gedanken, mein Körper wird sich auflösen.

Doch er verstand es immer wieder, diesen Körper zusammenzusetzen, ein Ganzes aus ihm zu machen, nur um ihn wieder langsam zu flüssigem Gold werden zu lassen, das ihm durch seine Finger ran.

 

Inzwischen war es Abend geworden, das Gold der untergehenden Sonne schien sich mit uns zu vereinen. War der Raum schon zu Anfang so groß gewesen, oder schien es mir nur jetzt so.

War dieses Bett schon immer so breit, die Bilder an den Wänden in diesen hellen Pastellfarben hingen schon vorher hier?

 

Wir lagen auf dunkelbraunen Seidenlaken, zusammengerollt und entspannt. Er spielte mit meinem Haar, meine Finger fuhren zärtlich über die herumliegenden Polster.

 

Es müssen Stunden vergangen sein.

 

Irgendwann war ich wieder zu Hause. Doch das Gold dieses Tages hat mich noch tagelang begleitet.


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Montag, 1. Februar 2021

Zimmer im Kittchen gesucht! Satire

 

Zimmer im Kittchen gesucht

von  Joana Angelides

 

   

Ist es zu viel verlangt, wenn man als langjähriger Steuerzahler einmal ein Zimmer, kurzfristig ein Dach über dem Kopf vom Staat braucht? Ein Zimmer mit Verpflegung und Heizung?

 Eh´ nicht lange, nur so lange es eben kalt und winterlich ist.

Offenbar ist es aber gar nicht so leicht, so vorübergehend einzusitzen.

 Ich habe es einige Male versuche
n müssen, gleich drei Anläufe hat es gebraucht, bis es endlich so weit war. Eine Schande ist das. Die Polizei wird da immer
unaufmerksamer und schnell laufen können die auch nicht, es geht ihnen rasch die Puste aus. Obwohl ich immer nach rückwärts geschaut habe, ob er es nicht doch schafft, hat es der Polizist irgendwann aufgegeben, er war außer Atem. Außerdem glaube ich, war sein Dienst gleich aus. Es gilt die Unschuldsvermutung.

 Es begann mit einem kleinen harmlosen Streit mit Susi und eskalierte dann zu einem Rauswurf meiner Person samt meinen Habseligkeiten aus der gemeinsamen Wohnung. Da stand ich nun und wusste nicht wohin. Freunde hat man nur, wenn man sie nicht braucht und Verwandtschaft kann man sich auch nicht aussuchen.

 

Die zündende Idee kam mir, als ich die Bankfiliale gegenüber bemerkte. Ich ging hinein und schrieb auf die Rückseite einer Banküberweisung:

 

DAS IST EIN ÜBERFALL, GELD ODER LEBEN

 

Den Spruch kenne ich noch aus einem Kinderbuch vom Räuber Hotzenplotz.

Als ich diesen Zettel beim Schalter hinlegte, sah mich der Beamte an und fing an zu lachen.

Da ging ich frustriert wieder raus und ins nächste Kaffeehaus und wartete. Aber offenbar hatte der Bankbeamte meinen Überfall nicht bei der Polizei gemeldet, niemand kam. Irgendwas musste ich da falsch gemacht haben.

 

Zweiter Anlauf. Ich besorgte mir in einem Spielzeuggeschäft eine Plastikpistole und eine Räubermaske und stürmte wieder die Bank. Diesmal sah mich der Bankbeamte schon beim Betreten der Bank und drückt einen Alarmknopf. Darauf machte ich kehrt und lief davon, ein Polizist hinter mir her. Resultat, siehe oben. Ich landete wieder im Kaffeehaus. Ich wartete zwei Espressos ab, aber es kam keiner, um mich zu verhaften.

 

Im dritten Anlauf, ist es mir endlich gelungen. Wieder zurück in die Bank. Diesmal reichte mir der Beamte ein paar Scheine, wieder raus, zurück ins Kaffeehaus und warten. Aber diesmal kam dann endlich die Polizei!  GESCHAFFT! Auf den Rechtsstaat ist doch Verlass!

 

Im Kittchen ist doch ein Zimmer für mich frei!

 

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KARNEVAL IN VENEDIG, erotische Kurzgeschichte

 

Karneval in Venedig

JOANA   ANGELIDES




 

Sie steht am Fenster und schaut auf das winterliche Wien. Der Morgenmantel umhüllt ihre schlanke Gestalt, betont die Konturen sanft und doch deutlich.

 

Es ist noch früh am Morgen, die Morgendämmerung beginnt sich aufzulösen und der Himmel hat eine zart rosarote Färbung angenommen, die nach oben hin verblasst.

 

Ihre kleine Mansarde liegt ganz oben in dem Miethaus und erlaubt einen weiten Blick über die Dächer von Wien.  Ganz weit weg sieht man den Donauturm wie eine spitze Nadel in den Himmel ragen, die neue UNO-City zeichnet sich als ein dunkler Block gegen den Himmel ab und der Mileniumstower mit seinem Licht ganz oben, blinkt herüber. Auf der anderen Seite sieht man den Stephansdom als dunklen Schatten gegen das Licht. Man sieht auch schon vereinzelt Lichter in den Häusern, der Morgen dämmert heran.

 

 

Das Pfeifen des Teekessels aus der Küche läßt sie aufschrecken. Sie eilt in die Küche und bereitet ihr Frühstück vor.

Leicht duftet der Earl-Grey in der Kanne und die Brötchen sind knusprig. Nach dem Frühstück zieht sie sich ihren bequemen Hausanzug an und schlendert wieder in den kleinen Wohnraum ihrer Mansardenwohnung hinüber.

 

Inzwischen hat sich die Dämmerung verkrochen und ein sonniger Wintermorgen ist angebrochen. Das unschuldige Weiß der Schneedecke auf den Straßen wird wahrscheinlich braun und unansehnlich werden, wenn die Menschen darüber hasten, ohne die Schönheiten ringsherum zu sehen. Heute wird das ein wenig später sein, da heute ja Sonntag ist.

 

Besonders schön sind die Parks rund um die Innenstadt, der Stadtpark, der Burggarten und auch der Rathauspark. Die Äste der Bäume dort behalten ihren kleinen Schneehäubchen, und nur wenn ein Vogel sich daraufsetzt, oder sie im Fluge streift, fallen sie lautlos zu Boden, wie reiner, weißer Staub. Ach, sie liebt diese Stadt, mit ihrem Flair, ihren Stimmungen, ihrer Schönheit zu jeder Jahreszeit und den Menschen da.

Sie geht gerne vom Ring, der Prachtstraße Wiens, durch den Burggarten in das Zentrum, wenn es die Zeit zuläßt. Aber meist ist es unerläßlich mit dem Auto einfach durchzufahren, die Hektik des Tages erfordert es.

Doch heute ist eben Sonntag und sie kann die Hektik für ein paar Stunden vergessen.

 

Sie holt sich den Brief vom Schreibtisch, der nun schon zwei Tage dort liegt, über den sie sich ungeheuer gefreut hat und macht es sich auf der breiten Sitzbank bequem.

Sie lehnt sich an ihr übergroßes Kuschelpolster und zieht die Beine an, ihre Füße sind nackt und sie spielt leicht mit den Zehen.

Sie liest den Brief immer wieder. Alissa, eine Freundin aus der Studienzeit, die seit ihrem Abschluß in Venedig lebt, hat sie für ein paar Tage eingeladen bei ihr zu wohnen und zwar genau in jener Woche, wo der weltberühmte Karneval in Venedig stattfindet.

 

Als sie beide die Kunstakademie in Wien besuchten, gab es viele Wochenenden, an denen sie sich einfach in den Zug setzten und nach Venedig fuhren. Diese Stadt, Serenissima, die Perle an der Adria, hatte es ihnen angetan. Sie standen gerne auf der Rialtobrücke und ließen Blütenblätter ins Wasser fallen oder flirteten mit den Gondolieri, die unter ihnen durchfuhren und manchmal schickten sie ihnen sogar Kußhändchen, um sie aus der Fassung zu bringen.

 

Sie wohnten immer in einer kleinen Pension in der Calle Modena.

Die Pension war sauber und billig, der Ausblick von den unverhältnismäßig großen Balkonen war überwältigend. Man hatte den Blick frei bis zum Canale Grande, rechts und links auch auf einigen Kirchen und alten Paläste. Die pastellfarbenen Fassaden der alten Palazzi sahen bezaubernd aus, man übersah die oft abbröckelnden Ecken über all diesem Charme, den die Stadt ausstrahlt.

Die Wirtin war eine kleine runde Person mit freundlichem Wesen und brachte immer irgendetwas extra für die „armen Studentinnen“ auf den Tisch.

 

 

Und nun lebt Alissa in Venedig, war dort verheiratet, arbeitet nun als freie Künstlerin und besitzt selbst eine Galerie in S.Polo, in der Nähe der Rialtobrücke, in einer schmalen Calle beim Canale Grande, nicht weit weg von ihrem damaligen Studentendomizil.

 

Sie freut sich aufrichtig über diese Einladung und war in Gedanken schon mehr in Venedig als sonst irgendwo.

 

Die Tage bis hin zur Reise nach Venedig wollen ganz und gar nicht schnell vergehen, doch heute war es soweit. Sie steht am Hauptbahnhof von Venedig, Santa Lucia, und hält Ausschau nach ihrer Freundin.

 

„Susanne!  Hallo, herzlich Willkommen!“ 

Bevor sie noch antworten kann, hat sie eine quirlige kleine Person bereits um den Hals genommen, küßt sie wild und glücklich und hängt an ihrem Hals.

 

„Ich freue mich, du! Mein Gott, gut schaust du aus!“

 

Susanne wehrt nun die Freundin lachend ab.

„Du läßt mich ja gar nicht zu Wort kommen, ich kriege keine Luft“, ruft sie lachend.

 

Alissa hat sich fast gar nicht verändert, ihre schulterlangen dunklen Haare sind nach wie vor wunderbar voll und glänzend. Sie wirkt elegant und gepflegt und ihre Kleidung ist wie sie immer war, teuer und nach der neuesten Mode.

 

Susanne nimmt ihre Reisetasche und die beiden Frauen haken sich unter und streben dem Ausgang zu.

 

Sie nehmen eine Taxe und fahren so weit es eben geht in die Stadt rein und nehmen dann eines der schwimmenden Boote am Canale Grande bis ins Zentrum.

 

Dort ist es nicht weit bis zu dem kleinen Palazzo, in dem Alissa wohnt und auch ihre Galerie hat.

 

Die Freundinnen haben sich eine Menge zu erzählen. Während der Fahrt sprudeln sie nur über vor Neuigkeiten.

Nachdem Susanne das Gästezimmer in Besitz genommen, ihre Kleider in dem entzückenden Renaissanceschrank verstaut hatte, ruht sie sich ein wenig aus.  Alissa wird die Galerie heute etwas früher schließen und sie haben vereinbart, einen kleinen Bummel durch das abendliche Venedig zu machen.

In zwei Tagen wird der Karneval beginnen und sie haben beide noch immer kein Kostüm.

 

Trotzdem der kühle Abend eigentlich gegen einen Spaziergang sprach, wollen sie in einen anderen Stadtteil Venedigs gehen, in ein Geschäft mit der Bezeichnung „Maschere a Venezia“. Dort gibt es die schönsten Kostüme und Masken der ganzen Stadt.

 

Sie schlendern durch die engen Gassen, überqueren kleine Kanäle über entzückende Brücken und konnten hin und wieder schon Menschen mit Masken vor den Gesichtern und dunklen Umhängen sehen, die darunter verschiedene Kostüme zu verbergen suchen.

 

In dem gesuchten Geschäft fühlt Susanne sich in eine andere Welt versetzt. Ein Arlecchino mit weißer Gesichtsmaske steht regungslos gleich neben dem Eingang. Plötzlich bewegt er sich und fragt nach ihren Wünschen. Er verweist sie in das Innere des Geschäftes, das sich weit bis nach hinten erstreckt.

 

Überall starren sie Masken an, von der Decke baumelnd, oder an den Wänden befestigt. Puppenhafte Gesichter, phantasievolle Federngebinde, die im Luftzug leicht wippen und reich gestaltete Kostüme aus Taft und mit Pailletten bestickten Stoffen, in vielen Farben, mit Gold und Silber verziert. Da fällt die Wahl schwer.

Susanne entscheidet sich für ein Kostüm der Colombina, in Gold und Rot, das viel Bewegungsfreiheit hat.

Alissa entscheidet sich für ein prächtiges Kostüm in tiefem Blau und einer weißeren Maske, das einer Comtesse zu aller Ehre gereichen würde, mit aufwendigem Kopfschmuck und vielen Perlen.

Man könnte die Kostüme kaufen, aber auch leihen und sie entscheiden sich dazu, die Kostüme zu leihen.

Als sie dann wieder zu Hause sind und die Pakete abgeladen hatten, hat Susanne nur einen Wunsch, sie will ein wenig in der Galerie stöbern, sehen welche Objekte und Bilder da zum Verkauf angeboten werden.

 

Alissa geht mit ihr hinunter und führt sie durch die Räume. Es sind große Räume im Renaissance Stil, mit schweren Brokatvorhängen, üppig gerafft mit schönen Sesseln und Bänken, die zum verweilen und betrachten der ausgestellten und beleuchteten Bilder einladen. Der Fußboden ist in Schwarz und Weiß gehalten, im Schachmuster angelegt und unterstreicht den klassischen Stil des Raumes.

 

„Ach, du! Die Räume sind ein wunderschöner Rahmen für deine Bilder!“ Susanne ist begeistert.

 

„Danke, ja mir gefällt es auch hier, ich fühle mich richtig wohl.“

 

„Ja aber sag, gibt es denn da keinen Conte oder Princippe oder irgendwas Männliches in deinem Leben? Nie hast du mir etwas geschrieben, nur einmal Geheimnisvolles angedeutet?“ Die beiden Freundinnen sahen sich an.

 

„Ja doch, gab es. Aber irgendwie ist mir alles entglitten und er verschwand in den engen Kanälen und Gassen von Venedig.“ Sie sah traurig aus.

 

„Ach, schau nicht so traurig, jetzt beginnt der Karneval und da werden wir lustig und übermütig sein und vielleicht finden wir ihn dann, eben irgendwo in den kleinen Gassen oder auf einer Brücke?“ Sie legt den Arm um die Freundin. Diese lächelt.

 

„Und, wenn wir schon dabei sind, wo ist denn dein Traummann? Bist ja auch alleine gekommen?“

 

„Naja, ich glaube mir ging es wie dir, nur daß es die engen Gassen von Wien waren, die Hektik des Alltags und…, naja ich weiß es auch nicht!“ Sie lachen beide.

Nun ist er da, der Karneval!

 Ganz Venedig ist eine Bühne. Am Marcusplatz drängen sich die schönsten Kostüme. Auf jeder Brücke in jeder kleinen Gasse Venedigs, mit Vogelmasken, mit weißen Masken, riesigen Hüten mit Federgestecken, blauen, roten und grünen Taft- und Seidengewändern, glitzernd und glänzend, mit Glöckchen und Schellen.

Prinzen und Könige in samtenen und seidigen Wamse, alle mit Masken. Niemand kennt den Anderen, alle waren ausgelassen und gut gelaunt.

Auf kleinen Plätzen, wie auf der Piazza S.Polo, sind kleine Bühnen als Straßentheater aufgebaut, Musik aus alten Instrumenten ist zu hören. Sie spielen alte Stücke von Goldoni, alte venezianische Possen.

 Man wird umarmt, gestoßen und gezogen. Lachen dringt von allen Seiten heran, es ist ein Rausch der Farben und Sinnen. Sektgläser machen die Runde, es wird einander zugeprostet und fremde Menschen sprechen sich an, gehen dann wieder weiter.

Am Canale Grande fahren die Wasserbusse, voll besetzt mit lachenden Menschen in Masken vorbei, halten an den Stationen an und Massen von Menschen steigen ein und aus.

Alissa und Susanne halten sich an den Händen um ja nicht getrennt zu werden. Sie prosten einigen Masken zu, tanzen über den Markusplatz und versuchen, sich nicht aus den Augen zu verlieren.

 

Ein ausgelassener Capitano reißt Alissa jedoch irgendwann von ihrer Seite und sie ist in dem Getümmel alleine. Sie ruft zwar noch einige Male nach ihr, aber es ist vergebens.

 

Doch da wird sie schon wieder von einer Maske herumgewirbelt, bekommt ein Glas Sekt und wird weiter gegeben an eine Maske mit Vogelgesicht, mit der sie einen Tanz lang verbunden ist.

Völlig außer Atem lehnt sie sich dann an einen der Lichtmaste im Zentrum des Markusplatzes. Alles dreht sich um sie, sie kann nur mehr Gestalten sehen, der Ton tritt in den Hintergrund und sie schließt die Augen. Ihre Brust hebt und senkt sich und sie glaubt wie ein Ballon aufzusteigen.

Sie war unglaublich erregt und trunken vom Fest der Farben und Sinne.

Als nun auch noch irgendwo Feuerwerk abgeschossen wird und sich der Himmel in allen Farben darbietet, fühlt sie sich endgültig emporgehoben.

 

„Hallo, schöne Colombine! Tanzen wir quer über den Platz?“ Eine Stimme hinter ihr reißt sie aus diesem ekstatischen Gefühl.

Bevor sie noch etwas sagen kann, nimmt sie ein Conte mit rotem Wams, goldenen Applikationen und schwarzer enger Hose, einem hohen Samthut mit breiter Krempe und einer weißen Maske, die den Mund frei lässt, in den Arm und fliegt mit ihr über den Platz. Sein Umhang wirbelt um sie beide herum. Das heißt, soweit es möglich ist, da der Platz ja voller Menschen ist.

 

Wo war nur Alissa? Sie wird sie in diesem Getümmel sicher nicht wiederfinden.

„Sie sind die schönste Colombine von Venedig! Drehen sie sich, springen sie, fliegen sie mit mir!“ Ruft der Conte und lacht laut und übermütig.

Irgendwann kam er ihr abhanden, flog davon mit einer schönen Sizilianerin mit tiefem Dekollete.

 Der Campanille läutet, ein neues Feuerwerk beginnt und die Sektkorken knallen. Susanne ist gefangen in einem Tornado von Geräuschen, Lichtern, und Eindrücken

Sie wird mit Blumen beworfen, die Menschen winken ihr zu. Venedig ist wie eine sich drehende Kugel, mit glitzernden Steinchen und Spiegeln.

 Irgendwann findet sie ihre Freundin Alissa in dem Getümmel wieder. 

 Es waren Tage voller Lebensfreude und Erinnerungen.


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Freitag, 29. Januar 2021

Eine Liebe am Himmel, Kurzgeschichte

 

Eine Liebe am Himmel

von Joana Angelides






Wenn ich so im Gras lag, einen langen Grashalm zwischen den Lippen und mit den bloßen Füßen wippte, konnte ich es genau sehen! Am Himmel vergnügten sich spielerisch der Westwind und der Südwind!

Sie küssten sich, sie trieben die Wolken vor sich her, berührten sich zärtlich und schwebten wieder auseinander, nur um wieder zurückzukehren und sich mit den Wolken zu vereinen! Ich fragte mich, was sie sich denn so zuflüsterten?

Denn, man hörte förmlich das Säuseln des Südwindes und die raue tiefe Stimme, vor Erregung zitternde, des Westwindes.

Wenn der Westwind den Südwind (der weiblich ist) liebt, dann bewegt das nicht nur die Beiden, sondern die Kronen der Bäume und die Zweige und die Blätter.

Mit heftigen Böen kam er von den Azoren, trieb Wolken vor sich her, wirbelte die Blätter und Blütenköpfe der Blumen auf und überschüttete den Südwind damit.

Der Südwind lehnte sich dann leicht in den Wolken zurück, rückte eine besondere Wolke zurecht, um das Haar mit den Blättern und Blüten, die ihr der Westwind gebracht hat, darauf zu verteilen und verhielt sich ganz ruhig in der süßen Erwartung dessen, was nun kommt. Nur ein leichtes Säuseln war zu hören.

Der Westwind wurde langsamer, verteilte in der Umgebung weitere Blüten und streut sie auf den zarten Schleiern des Kleides, das den Südwind umspielt.

Doch dann blies er kräftiger und ließ die Schleier des Kleides wehen und den Körper des Südwindes sich im kräftigen Windstoß aufbäumen. Er berührte die zarten Knospen mit seinen Lippen, die sich aus seinen geblähten Wangen abhoben und der heftige Sturm der Gefühle des Westwindes machten, dass der Südwind sich mit zarten Schwingen emporhob, über den Kronen der Bäume Kapriolen schlug und seufzte und lockte.

Sie spielten mit dem Kornfeld, ließen die Wellen des Flusses sich kräuseln und verfingen sich in den Büschen, die die Ufer säumten.

Nur dann, wenn es dem Westwind gelang, den Südwind ganz zu umarmen, ihn bis hinauf in das strahlende Azur des Himmels zu heben, konnte man das erlösende Seufzen und Klingen des Südwindes hören.

Sie haben sich kurz vereint und trennten sich wieder, aber nur für kurze Zeit. Sie werden immer wieder zueinanderstreben und die Natur ein wenig verwirren.

 

 

 

Donnerstag, 28. Januar 2021

EinFremder im Märchenwald, Märchen

 

Ein Fremder im Märchenwald

von  Joana Angelides

 

 






Große Aufregung im Märchenwald. Auch im Schloss verbreitete sich die Nachricht in Windeseile. 

Auf der Lichtung wurde ein fremder Vogel gesichtet. Er saß am Baumstumpf, auf dem normaler Weise nur die Feenkönigin sitzen durfte und piepste vor sich hin.

 

„Er ist ganz gelb.“ Sagte Fari, die Waldfee.

„Er war noch nie da.“ Sagte das Eichhörnchen und ließ vor lauter Schreck eine Haselnuss fallen.

„Er ist vielleicht eine Gefahr für uns?“ Fragte der kleine Molch und versteckte sich hinter seinem mit Moos bewachsenen Stein.

Birr die Schlange schlängelte sich vom Baum herunter, wo sie ihr Mittagschläfchen gehalten hatte und öffnete nur das linke Auge.

„Auf jeden Fall ist es ein Fremder.“ Zischte sie, richtete ihren Kopf auf und züngelte Richtung des gelben Vogels.

 

Dieser saß auf dem Baumstumpf und piepste ganz leise.

 

Fari die Waldfee getraute sich einen Schritt näher und betrachtete den Vogel eingehend. Sie konnte keine Gefahr entdecken, die von ihm ausging.

Silja, die ebenfalls im Wald war um Netze der Spinne Arachne für die Schlossgärtnerei zu holen, um die Beerensträucher abzudecken, beäugte den Vogel ängstlich.

 

„Was will er denn bei uns?“ Fragte sie Fari, da diese schon eine ältere Waldfee war und mehr Erfahrung hatte.

„Ich weiß es nicht, aber wir müssen es im Schloss  melden. Man kann nicht wissen, wenn der Vogel fremd ist, was er wohl im Schilde führt.“

 

Und wieder piepste der gelbe Vogel leise.

 

Die Schlange Birr hatte sich nun vom Baum runterfallen lassen und schlängelt sich auf die Wiese.

 

„Bleib´ da.“ Sagte der Kobold, der unter dem Farn geschlafen hatte. „Wir sollten ihn einmal fragen, was er denn eigentlich  hier will und woher er kommt.“

 

Der gelbe Vogel sah die Schlange auf sich zukommen und war sehr erschrocken. Er konnte ja nicht wissen, dass Birr erstens niemand etwas zu leide tat, und zweitens schon so alt war, dass sie keine Zähne mehr hatte.

 

Er erhob sich und flog zur großen Tanne am Rande der Lichtung, um sich in Sicherheit zu bringen. Er landete direkt neben dem Specht, der dort neugierig oben saß und alles beobachtete.

„Das ist mein Ast, da hast du gar nichts zu suchen.“ Sagte er zu dem gelben Vogel, „such Dir einen anderen Ast. Ich möchte meinen Ast nicht mit Fremden teilen.“

 

Der gelbe Vogel bekam es mit der Angst zu tun und er flog noch einen Ast höher und schaute ganz ängstlich hinunter zu dem Specht.

 

„Ich will  auch nicht, dass du über mir sitzt, fliege weiter, suche dir einen anderen Baum.“ Und um seine Worte zu unterstreichen ließ er seine Flügel auf und zu klappen und hämmerte mit seinem Schnabel gleichzeitig auf den Baumstamm.

 

Inzwischen hatten sich am Fuße des Baumes schon sehr viele Waldbewohner versammelt und schauten alle hinauf zu dem fremden gelben Vogel.

Da saßen die Häschen und wackelten mit den großen Ohren und schnupperten mit der Nase, das Eichörnchen  hatte wieder seine Haselnuss gefunden und hielt sie fest in der Hand.

Der schlaue Fuchs lehnte sich an den Baumstamm und dachte nach. Er musste aufpassen, was er sagte, er galt ja allgemein als schlau.

Einige Borkenkäfer liefen den Stamm auf und ab und versteckten sich hinter der Baumrinde.

Der Grashüpfer saß am Fliegenpilz und musste aufpassen, dass er nicht hinunterfiel.

Nur der große braune Bär blieb neben seiner Höhle liegen und öffnete die Augen nur einen Spalt. Der Vogel war so klein, da spürte er kein Verlangen, sich in die Debatte einzumischen.

 

Da kam auch Mo, der Elfe herbei geflogen und setzte auf der Lichtung auf.

„Was ist den los hier? Wieso starrt ihr alle  auf den Baum hinauf?“  Fragte er ganz erstaunt.

„Da sitzt ein fremder Vogel am Baum, den keiner kennt und wir wissen nicht, von wo er herkommt und was er will. Vielleicht ist er gefährlich?" Sagte Fari, die Waldfee.

 

„Wie kann ein so kleiner Vogel denn gefährlich sein?“ Mo musste lachen.

„Außerdem seht ihr nicht, dass er mehr Angst hat wie ihr alle zusammen? Wir werden sofort die Eule holen. Sie ist ja schließlich die Lehrerin hier im Wald und sie muss wissen, was das für ein Vogel ist.“

 

Mo erhob sich in die Luft, um die Eule zu suchen.

Inzwischen kam auch Samantha, die kleine Hexe an der Lichtung vorbei und stellte ihren Korb mit den neuen jungen Pflanzen ab, die sie auf die Lichtung pflanzen sollte.

 

Sie schaute auch ganz neugierig zu dem gelben Vogel hinauf und wusste auch nicht, welcher Vogel das war.

 

„Aber ich kenne  da einen Zauberspruch......“ begann sie zu sprechen, aber alle fielen über sie her, und baten sie, nicht zu zaubern. Denn jedes Mal, wenn die  kleine Hexe etwas zauberte, passierte etwas Unvorhersehbares.

„Na, dann halt nicht.“ Sagte sie.

 

Mo hatte inzwischen die Eule gefunden, sie hatte es sich im Baumwipfel bequem gemacht und wollte gerade an einer Jacke für den Kobold zu stricken beginnen. Sie legte Ihre Brille weg und steckte das Strickzeug in eine Baumhöhle und flog herbei.

 

„Also, wo ist jetzt der gelbe Vogel?“ Fragte sie laut.

 

„Dort oben,“ riefen alle gleichzeitig und  sandten ihre Blicke hinauf zu dem Ast,  wo der gelbe Vogel saß.

 

„Also, meine Lieben, das ist ganz eindeutig ein Kanarienvogel.“ Stellte sie fest.

„Und wieso habt ihr vor diesem kleinen Vogel Angst? Seht ihr nicht, dass er viel mehr Angst vor euch und der fremden Umgebung hat?“

 


Sie blickte hinüber zu dem anderen Baum, auf dem der Vogel saß und  winkte mit ihrem rechten Flügel.

 

„Also, mein lieber Kanarienvogel, sag uns jetzt wie du in diesen Wald kommst und was du hier willst.“

 

Der kleine Vogel schaute ängstlich von einem zum anderen und piepste.

 

„Also, mit piepsen alleine werden wir nichts erfahren können, du musst schon mit uns sprechen.“ Sagt da die Eule streng, wie sie es auch in der Schule machte.

 

Der gelbe Vogel erhob sich wieder und flog auf die Lichtung zu und setzte sich auf den Baumstamm.

 

Er richtete sich ein bisschen auf um größer zu erscheinen, blickte in die Runde und begann zu sprechen.

 

„Ich habe mich verflogen. Eigentlich wohne ich in der Nähe in einem Haus, außerhalb des Märchenwaldes. Aber ich war neugierig und wollte ein bisschen die Welt sehen. Als das Fenster offen stand, bin ich raus geflogen.  Und jetzt finde ich nicht mehr zurück. Ich habe Hunger und Durst und bin schon ganz müde.“

Und wieder piepste er leise, seine Füße trugen ihn nicht mehr, er musste sich niedersetzen.

Da saß er nun und wirkte ganz klein und hilflos.

 


Alle schämten sich plötzlich, dass sie ihn so schlecht behandelt hatten. Einige kamen näher um sein schönes gelbes Federkleid zu betrachten. Die Amsel flog rasch zum See und holte in ihrem Schnabel ein bisschen Wasser und träufelte es dem Armen in den Schnabel.

 

Eine Meise brachte einige Körner und legte sie auf den Baumstamm neben ihm hin.

 

„Also,“ sagte die Eule, “Da seht ihr es wieder. Man muss mit allen Wesen dieser Welt nur reden und versuchen sie zu verstehen. Dann braucht man keine Angst zu haben. Wie ihr seht ist das ein kleiner Vogel, wie viele andere in unserem Wald. Und du Mo, als Waldelfe, wirst dem kleinen Vogel nun voraus fliegen und ihm zeigen, wie er aus dem Wald hinaus kommt und wieder nach Hause findet.“

 


Alle  Tiere und Feen und auch der Kobold und die kleine Hexe gingen nochmals zu dem kleinen gelben Vogel hin und verabschiedeten sich von ihm.

Er hatte inzwischen die Körner zusammen gepickt und verabschiedete sich mit kleinen Flügelschlägen von allen und flog hinter dem Waldelfen Mo aus dem Wald um nach Hause zu kommen.

 


Mittwoch, 27. Januar 2021

John Maynard, Ode/Ballade

 John Maynard!

von Theodor Fontane




"Wer ist John Maynard?"
"John Maynard war unser Steuermann,
aushielt er, bis er das Ufer gewann,
er hat uns gerettet, er trägt die Kron',
er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard."

Die "Schwalbe" fliegt über den Erie-See,
Gischt schäumt um den Bug wie Flocken von Schnee;
von Detroit fliegt sie nach Buffalo -
die Herzen aber sind frei und froh,
und die Passagiere mit Kindern und Fraun
im Dämmerlicht schon das Ufer schaun,
und plaudernd an John Maynard heran
tritt alles: "Wie weit noch, Steuermann?"
Der schaut nach vorn und schaut in die Rund:
"Noch dreißig Minuten ... Halbe Stund."

Alle Herzen sind froh, alle Herzen sind frei -
da klingt's aus dem Schiffsraum her wie Schrei,
"Feuer!" war es, was da klang,
ein Qualm aus Kajüt und Luke drang,
ein Qualm, dann Flammen lichterloh,
und noch zwanzig Minuten bis Buffalo.

Und die Passagiere, bunt gemengt,
am Bugspriet stehn sie zusammengedrängt,
am Bugspriet vorn ist noch Luft und Licht,
am Steuer aber lagert sich´s dicht,
und ein Jammern wird laut: "Wo sind wir? wo?"
Und noch fünfzehn Minuten bis Buffalo. -

Der Zugwind wächst, doch die Qualmwolke steht,
der Kapitän nach dem Steuer späht,
er sieht nicht mehr seinen Steuermann,
aber durchs Sprachrohr fragt er an:
"Noch da, John Maynard?"
"Ja, Herr. Ich bin."

"Auf den Strand! In die Brandung!"
"Ich halte drauf hin."
Und das Schiffsvolk jubelt: "Halt aus! Hallo!"
Und noch zehn Minuten bis Buffalo. - -

Noch da, John Maynard?" Und Antwort schallt's
mit ersterbender Stimme: "Ja, Herr, ich halt's!"
Und in die Brandung, was Klippe, was Stein,
jagt er die "Schwalbe" mitten hinein.
Soll Rettung kommen, so kommt sie nur so.
Rettung: der Strand von Buffalo!

Das Schiff geborsten. Das Feuer verschwelt.
Gerettet alle. Nur einer fehlt!
Alle Glocken gehn; ihre Töne schwell'n
himmelan aus Kirchen und Kapell'n,
ein Klingen und Läuten, sonst schweigt die Stadt,
ein Dienst nur, den sie heute hat:
Zehntausend folgen oder mehr,
und kein Aug' im Zuge, das tränenleer.

Sie lassen den Sarg in Blumen hinab,
mit Blumen schließen sie das Grab,
und mit goldner Schrift in den Marmorstein
schreibt die Stadt ihren Dankspruch ein:

Hier ruht John Maynard! In Qualm und Brand
hielt er das Steuer fest in der Hand,
er hat uns gerettet, er trägt die Kron,
er starb für uns, unsre Liebe sein Lohn.
John Maynard."


Vorlage für diese Ballade Fontanes war eine themengleiche Ballade des Amerikaners Horatio Alger aus dem Jahre 1875. Dieser wiederum lag ein reales Schiffsunglück vom 9. August 1841 zugrunde. Auf dem Eriesee (Nordamerika) geriet damals das Schiff "Erie" fernab des Ufers in Flammen, wobei 249 Menschen ums Leben kamen. Der Steuermann, Luther Fuller, überlebte das Unglück und starb im Jahre 1900.




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