Der Tanz der Vampire
von Joana Angelides
Ob er heute wieder da sein
wird? Sie schlendert durch den bereits in Dunkelheit versinkenden Park
gegenüber ihres Hauses. Um
zu ihrem Haus zu gelangen, musste sie den Park durchqueren, um nicht einen großen Umweg in Kauf
nehmen zu müssen.
In den vergangenen Tagen
hatte sie immer um die gleiche Zeit eine seltsame Begegnung mit einemsehr einsam wirkenden Mann,
der wie ein Schatten aus dem nichts auftauchte. Er war sehrschüchtern, sehr
zurückhaltend aber ausgesprochen freundlich.
Er musste sie schon von
weitem hören, denn sie sah ihn jedes Mal von der Parkbank aufstehen und inRichtung der Biegung des
Weges blicken, wenn sie den Park am oberen Ende betrat.
Sie tat dies sehr leise,
sich an das Tor drückend, um von ihm nicht gleich bemerkt zu werden. Undtrotzdem stand er jedes Mal
auf, schon wenn sie den ersten Schritt in den Park setzte.
Am ersten Tag ihrer
Begegnung hätte sie ihn fast übersehen. Er saß ganz am Ende der Bank, fast vonGebüsch verdeckt. Sie wäre
an ihm vorbei gegangen, ohne ihn zu bemerken, wenn ihr nicht die
Tasche von der Schulter
gerutscht wäre und zu Boden fiel.
Er sprang aus der
Dunkelheit hervor und hob die Tasche auf und überreichte ihr diese mit einerelegante, sehr altmodisch
wirkende Verbeugung.
Seine dunklen brennenden
Augen nahmen sie sofort gefangen. Sie lächelte ihn dankend an. Sokamen sie ins Gespräch.
Er liebt den Park, nachts
wenn es dunkel ist, wenn die Schatten undurchdringlich werden und eskleine Geräusche geben,
undefinierbar und verhallend.
Sie erzählte ihm, dass sie
sich eigentlich im Park fürchtet und bisher immer versuchte noch vor Eintrittder Dämmerung diesen zu
queren, um zu ihrem Haus zu kommen. Vor allem hatte sie Angst vor den
Fledermäusen, die immer um
die Lampen herum schwirrten und so seltsame Geräusche von sichgaben.
Sein Lachen war kehlig und
es kam ihr einen Augenblick lang irgendwie unheimlich vor.
Eigentlich fand sie es ja
sehr ungewöhnlich, dass er jeden Abend hier saß und scheinbar auf etwas wartete, das nie eintraf.
Auch heute war er wieder
hier und schien zu warten. Sie steuerte auf die Bank zu und setzte sichneben ihn, ließ aber einen
größeren Abstand zwischen ihnen beiden.
„Es wird kalt werden, der
Winter kommt“, sagte sie.
„Ja, die Blätter sind schon
teilweise abgefallen und gelb gefärbt. Die Kälte umgibt uns und der Windzerrt an unseren Kleidern.
Auch die Tage werden kürzer und die Nebel kriechen in Bodennähe“. Ersagte das völlig
leidenschaftslos, ohne besondere Betonung und doch spürte sie, dass es ihm
Angstmachte.
„Wo wohnen Sie denn?“
Er machte eine vage
Bewegung in Richtung des alten verfallenen Fabrikgeländes.
Sie wusste, dort lebten
einige Obdachlose, hatten sich eingenistet in den zugigen Gängen und Hallen der alten Sargfabrik.
Sie schaute ihn mit einem
verstohlenen Blick von der Seite an. Eigentlich sah er gar nicht wie ein Obdachloser aus. Seine
Kleidung war schwarz, sein Umhang ebenfalls, seine Schuhe waren zwar altmodisch, waren aber
völlig in Ordnung.
„Dort können sie doch nicht
wohnen, das Gebäude ist ja halb verfallen!“
„Ich habe Freunde dort, die
ich täglich besuche. Wenn sie möchten, könnten wir hinüber gehen und ich stelle Sie vor?“
„Naja“, sie war sehr
unentschlossen.
Er ignorierte ihr Zögern
und stand auf.
„Aber ich werde sie tragen,
dort ist der Boden aufgeweicht und der heutige Regen machte den Boden dadurch grundlos“.
Bevor sie sich dagegen
wehren konnte, hatte er sie auf den Arm genommen. Er trug sie mit einer Leichtigkeit, er schien zu
schweben. Oder schwebten sie wirklich?
Am großen Tor der Fabrik
setzte er sie behutsam ab und ging vor ihr in die Dunkelheit.
Um nicht alleine am Tor
stehen zu bleiben bemühte sie sich unmittelbar hinter ihm zu gehen und nirgends anzustreifen, es
war alles voller Spinnweben und irgendwo hörte sie Wasser tropfen. Das
Geräusch ihrer Schritte
hallte nach.
„Ich möchte wieder zurück“
flüsterte sie.
„Wir sind gleich da, haben Sie keine Angst!“ Er drehte sich zu ihr um und sie konnte sein bleiches
Gesicht mit den dunklen
brennenden Augen im Halbdunkel sehen.
In diesem Moment kamen aus
eben diesem Halbdunkel der großen Halle zwei weibliche Gestalten in ungewöhnlich langen
Kleidern auf sie zu und aus einer der beiden Türe an der Seite trat ein sehr großer, hagerer Mann heraus
und begrüßte sie beide mit einem Kopfnicken.
„Du kommst spät, die Party
läuft längst“. Er sprach ebenfalls kehlig, mit einem leisen Vorwurf in der Stimme.
Die beiden Frauen nahmen
sie in die Mitte und zogen sie tiefer in die Halle hinein und erst jetzt konntesie sehen, dass sich
mehrere Menschen im Hintergrund aufhielten und einige eng umschlungen tanzten. Rechts waren
einige Nischen, in denen sich Pärchen aufhielten, die eng umschlungen dasaßen und die Welt um sich
vergessen hatten.
Es sah alles sehr
unwirklich und irgendwie desolat aus.
Pärchen hielten sich eng
umschlungen die Gesichter jeweils auf den Hals des anderen gedrückt und so lagen sie halb in den
Sitzgarnituren, scheinbar völlig bewegungslos, da. Während dessen spielte im Hintergrund eine Musik,
die scheinbar aus dem Nichts kam.
Im fahlen Licht der
Fabrikslampen konnte man nichts Genaueres erkennen. Die Lampen hingen sehr hoch oben und schwangen hin
und her und erzeugten bewegliche Schatten an den Wänden, so dass es schien, als wären viel
mehr Menschen im Raum, als tatsächlich da waren.
Die Lampen warfen auch
Schatten an die Wände und manches Mal schien es, als würden schwarze
Gestalten, Fledermäusen
nicht unähnlich durch den Raum schweben.
Manche der Anwesenden waren
ganz in schwarz gekleidet, andere wieder waren jene typischen Obdachlosen, die kurios
anmutende Kleidungsstücke kombiniert hatten.
An den Wänden lehnten
einige der Tänzer, bleich und völlig ermüdet, hielten sich kaum noch aufrecht und schauten mit völlig
leeren Augen in den Raum.
Sie befreite sich aus den
Armen der beiden Frauen und suchte mit den Augen nach dem Mann der siehier her gebracht hatte.
Doch sie konnte ihn nicht finden und geriet in Panik.
Sie wurde auch einige Male
zum tanzen aufgefordert, doch es gelang ihr immer wieder sich zu verweigern.
Das Gefühl der immer
stärker aufsteigenden Panik in ihr trieb sie den Weg, den sie gekommen war zurück und sie verlor dabei
einen ihrer Schuhe, als einer der schwarz gekleideten Männer sie am Arm festhalten wollte. Um
besser laufen zu können, warf sie auch den zweiten Schuh weg.
Endlich hatte sie den
Ausgang des Gebäudes erreicht und atmete auf.
Dann lief und lief sie
durch den Morast des Geländes ohne stehen zu bleiben und ließ die ohnehin leise Musik hinter sich.
Sie blieb erst wieder stehen, als sie im Park war und die Lichter der Häuser am anderen Ende sehen konnte.
Jetzt erst merkte sie, dass
sie die ganze Zeit den Atem angehalten hatte.
Sie holte nun tief Luft und
lief auf diese Lichter zu. Endlich stand sie völlig verschmutzt, zitternd und ohne Schuhe vor ihrem
Wohnhaus. Mit bebenden Fingern fand sie endlich das Türschloss und begann erst wieder normal
zu atmen, als die Türe hinter ihr ins Schloss fiel.
Was war das? Hatte sie eine
Vision, war das eine Täuschung der Sinne im dämmrigen Park?
Völlig erschöpft ließ sie
das Wasser in der Badewanne ein und gab sich einem heißen,
wohlriechendes Bad hin.
Als sie am Morgen beim
Frühstück saß und der Duft des frisch gebrühten Kaffe durch die Wohnung zog, erschien ihr das
Erlebnis des vergangene abends so unwirklich, dass sie überlegte ob es nicht doch ein schrecklicher
Traum war.
Doch die Tatsache, dass sie
ihre Schuhe nicht finden konnte und der Mantel im Vorraum sehr verschmutzt am Boden lag,
holte sie in die Wirklichkeit zurück. Sie nahm sich vor in den nächsten Tagen doch lieber den Umweg
zu wählen, anstatt durch den Park zu gehen.
Wie immer kaufte sich ihre
Zeitung am Kiosk und stieg in den Bus ein. Er war nicht sehr voll und sie fand einen Platz und begann
zu lesen.
Der Schrei der ihr entfuhr
veranlasste alle Mitfahrer sie anzustarren.
Sie musste es immer und
immer wieder lesen:
„In den frühen
Morgenstunden wurde eine Polizeistreife auf das stillgelegte Firmengelände der Sargfabrik Mühlmann &
Co aufmerksam, da dort seltsame Musik, Licht und viele Stimmen zu hören waren. Sie forderten
Assistenz an und betraten das Gelände.
Die Polizei fand zahlreiche
Obdachlose die auf Gerümpel und alten Möbeln lagen und saßen. Sie waren teilweise betrunken,
teilweise völlig apathisch oder bewusstlos. Sie wiesen zahlreiche Wunden am Hals und den
Handgelenken auf. Diese Tatsachen geben viele Rätsel auf, die Vorkommnisse werden untersucht. Die
aufgefundenen Opfer verschiedener Altersstufen konnten noch nicht einvernommen werden und
befinden sich in ärztlicher Betreuung.
Die oberen Stockwerke mit
dem noch vorhandenen Sarglager wurden versiegelt. Das Gelände wurde geräumt und abgesperrt“.
Es gibt zahlreiche Kurzgeschichten, einige Romane und Gedichte von mir! Fast alles in e-Books zusammengefasst! Download von amazon, Thalia Libri und allen Großhändlern! Großes Lesevergnügen um wenig Geld!
In Google und allen Suchmaschinen sowie meine Blog:
https://joanasgeschichten.blogspot.co.at
https://joanasgeschichten.blogspot.com
und
In Google und allen Suchmaschinen